-(29)- Verstehst du mich?
Irgendwann habe ich keine Lust mehr mit Harry zu diskutieren.
Anscheinend checkt er wirklich nicht, dass das für mich kein Spaß mehr ist, aber vielleicht ist es das für ihn ja auch nicht.
Zumindest verhält er sich dementsprechend mir gegenüber. Meine Augen starren den Brief weiterhin an. Vielleicht will es einfach nicht in meinen Kopf gehen, was da steht.
Ich muss hören, wie sie es mir bestätigt. Meinen Kopf lasse ich immer wieder leicht gegen die Scheibe knallen, als wäre ich irgendein Psycho, der den ganzen Tag nichts besseres zu tun hätte.
Aber im Moment kann ich ja das, was ich machen will, nicht machen, da mich dieser Spasst nicht in mein eigenes Haus lassen will.
Dass das noch Konsequenzen für ihn haben wird weiß er doch sicherlich, oder? Ich denke noch eine Weile lang nach und versuche nicht allzu viel Regen ins Gesicht zu bekommen, bis sich hinter meinem Rücken plötzlich die Türe öffnet und ich auf die Schuhe einer Person knalle.
Wow, die Herren waren so gütig und haben mir die Türen geöffnet. Wie höflich!
"Emma? Hast du geweint?", höre ich Niall verwundert fragen. Schnell richte ich mich auf und versuche zuerst den Zettel irgendwie vor ihm zu verstecken. Dann fällt mir ein, dass meine Augen total verschmiert sein müssen.
"Nein, das war der Regen", meine ich leise und stehe völlig durchnässt auf.
"Unsinn, deine Augen sind total rot. Was ist los?"
"Ich denke nicht, dass euch das interessiert", meine ich und drücke mich an ihm vorbei. Meine Klamotten hinterlassen große Tropfen auf dem Fußboden. Doch ich höre, dass Niall mit hinterherläuft.
"Wenn es wegen der Nummer hier war, ich wollte dass Harry aufhört, aber er hat das nicht zugelassen."
Ich ignoriere seine Worte. Wenn er da wirklich nicht mitmachen wollte, hätte er mir die Türe einfach so aufmachen können. Aber das hat er ja schließlich nicht, also ist sein Gerede gelogen. Meine Beine sind noch ziemlich taub, also komme ich ein wenig wie eine Schnecke voran.
"Emma, rede doch mit mir! Hör zu, es tut mir wirklich leid, ich rede mit den Anderen,-"
"Niall es ist okay. Es ist nicht wegen euch, okay? Kannst du mich bitte in Ruhe lassen?", ich versuche möglichst stark zu klingen.
Am liebsten würde ich mich jetzt in seine Arme werfen, sein Tshirt voller Wimperntusche vollheulen und ein paar tröstende Worte erhalten. Aber Niall weiß nichts, und er wird es auch nicht verstehen. Jedoch packt er mich an meinem Handgelenk und zieht mich zu sich. Etwas sprachlos schaue ich ihn einfach nur an. Seine Hände streichen mir über die Wange.
"Was ist denn los?", fragt er mich dann leise. Doch seine Augen faszinieren mich gerade zu sehr, als das ich ihm antworten kann. Ich habe so ein Blau noch nie gesehen. Es scheint, als würde es mich einfach nur beruhigen, was sich ziemlich dämlich anhören muss. Aber es ist ein blau, in das man sich verlieben kann. Sein Daumen streicht mir leicht über meine Wange, während seine andere Hand an meiner Taille liegt. Seufzend schaue ich schließlich auf den Boden und weiß nicht wirklich was ich tun soll.
"Ich denke es würde dir ganz gut tun, einmal deine krasse, harte Hülle fallen zu lassen und dir den Kummer von der Seele zu reden", meint er mitfühlend.
"Ich denke nicht, dass du das verstehen würdest", meine ich. Er seufzt genervt auf.
"Emma, wie soll ich es verstehen wenn ich nicht weiß um was es sich handelt? Hat es mit dem Brief in deiner Hand zu tun?"
Okay, er hat mich. Ohne mich irgendwie kontrollieren zu können, flenne ich wieder von vorne los und schmeiße mich dann doch in seine Arme.
So viel zum Thema Selbstkontrolle.
Aber hey, ich werde ihn einfach bitten das alles hier zu vergessen, dann stehe ich wenigstens nicht als Schwächling da.
"Okay, ganz ruhig", meint er tröstend und streicht mir beruhigend über den Rücken, "Wie wäre es, wenn wir ins Bad gehen und dir erst einmal die Schminke wegputzen? Du siehst aus wie ein Teufel", scherzt er.
Ich muss jedoch trotzdem leicht schmunzeln. Außerdem wird mir plötzlich so ekelig warm. Er nimmt mich, ohne Vorwarnung, hoch und trägt mich ins Bad. Ich hätte ihm echt nicht zugetraut dass er so stark ist, und das soll jetzt nicht heißen, dass ich so viel Wiege wie ein Walross. Aber Niall sieht nicht gerade stark gebaut aus. Vorsichtig setzt er mich auf der Badewannenkante ab und schließt die Türe.
Er nimmt ein Wattepad und wischt mir vorsichtig die Tusche weg. Ich hätte mich einfach nicht schminken sollen. Wer benutzt auch wasserlösliche Tusche, wenn es draußen in Strömen regnet. Ach ja, das bin ja ich.
"Willst du mir sagen was passiert ist?", fragt er sanft und blickt mich einfach nur an.
"Ich denke nicht, dass du-"
"Emma", unterbricht er mich seufzend, "Ich kann es nur verstehen wenn ich weiß was los ist."
Benommen nicke ich und fahre mir durch die Haare. "Okay.. Aber lach mich nicht aus, oder schau mich nicht komisch an. Ich will nur deinen ersten Gedanken zu der ganzen Geschichte hören."
Er nickt verwirrt. An seiner Stelle wäre ich das bestimmt auch.
"Okay", atme ich tief durch, "Du musst wissen, dass meine Eltern getrennt sind. Mein Dad hat uns verlassen als ich.. acht war? Ich glaube ich war acht Jahre alt. Na ja, sie haben sich eben oft gestritten. Ich glaube schon, dass es so besser ist, aber als kleines acht jähriges Mädchen versteht man noch nicht richtig, was alles vor sich geht. Für mich hieß es, dass er der tolle Vater war, der immer häufiger wegen seiner Arbeit weggehen musste. Natürlich stimmte das nicht, wieso sollte es auch? Er ist von einem Tag auf den anderen schließlich weggewesen, ich weiß bis heute nicht wirklich, was da genau passiert ist, aber meine Mutter will mit mir darüber nicht reden. Ich habe mich daran gewöhnt, dass er nicht mehr hier wohnt, aber ich kann mich nie damit abfinden, dass er nicht mehr mein Vater ist..", erkläre ich leise.
"Was meinst du damit?", fragt Niall.
"Ich bin ihm so ziemlich egal, zumindest gibt er mir dieses Gefühl. Er meldet sich so gut wie gar nicht mehr, und seit drei Jahren habe ich ihn dann auch nicht mehr gesehen, weil er, laut meiner Mum, bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Ich weiß nicht, ob du das nachvollziehen kannst. Die ganze Sache ging dann hier mit diesem Haus los. Mein Vater wollte seinen Anteil, und meine Mum hätte hier verkaufen müssen, aber dann auf einmal war nichts mehr. Ich habe mich nicht allzu sehr gewundert, einfach weil ich zu sehr in der Schule steckte. Außerdem war ich einfach ein Teenager, der sich in die Sucht in Bands reinzog und seine depressive Phase hatte. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen einfach meine ganzen Freunde zu verlieren. Du glaubst nicht, wie wütend ich auf diesen Mann war. Ich glaube, das erklärt auch warum ich mich so gemein verhalte. Vielleicht weil ich nicht wirklich jemanden an mich heran lasse, ich weiß es nicht genau."
Flüchtig wische ich mir wieder neue Tränen weg, "Und jetzt, als ich das alles so einigermaßen hinter mich gebracht habe, sehe ich auf einmal diesen Brief. Niall, mein Dad ist nicht tot, meine Mutter hat mich die ganzen Jahre eiskalt angelogen!"
Verzweifelt schlage ich mir die Hände vor das Gesicht. Ich spüre Nialls Hand auf meinem Knie. Ich bin ihm wirklich dankbar, dass er so nett ist. Vorallem gerade. Seine Arme schließen sich warm um mich.
"Willst du deine Mutter nicht einmal anrufen? Wo ist sie denn überhaupt?", fragt er leise.
Ich zucke mit den Schultern, "Zu mir hat sie gesagt, dass sie auf Geschäftsreise muss, über die ganzen Sommerferien, aber so richtig kann ich ihr das nicht glauben. Vorallem jetzt nicht."
Ich blicke wieder auf den Boden, als Niall sich von mir löst und mich anblickt. Er hebt mein Kinn, somit bin ich gezwungen ihn im die Augen zu schauen.
"Du wolltest meinen ersten Eindruck hören, hast du gesagt, nicht wahr?"
Ich nicke stumm.
"Ich habe gedacht; Warum verstellst du dich so, obwohl du so viel mitgemacht hast? Wieso bist du trotzdem so fröhlich und trotzdem auch verschlossen?"
Ich sage nichts. "Wie soll ich sonst sein?"
"Wie wäre es, wenn du einfach du selbst bist?"
Ich atme tief ein, "Ich denke nicht, das ich weiß wie ich wirklich bin."
"Das können wir doch einfach herausfinden, oder? Wir spielen einfach ein Spiel... Ich stelle dir eine Frage und du sagt, ob sie auf dich zutrifft oder eben nicht, okay?"
"Ist das nicht ein bisschen albern?", frage ich lustlos.
"Das kann schon sein, aber vielleicht helfen manchmal einfach die albernen Dinge."
Ich muss leicht lächeln. "Okay, okay. Dann darf ich dir aber auch welche stellen", meine ich.
Er nickt, "Gut, abgemacht. Du magst den Sommer mehr als den Winter."
"Trifft zu", sage ich, "Du bist Ire."
Er lacht, "Jap, aber das weiß doch schon jeder."
"Ich fange eben klein an, dann kann ich mich immer steigern."
"Okay", meint er,
"Du.... Wow, ich weiß echt wenig über dich", stellt er fest.
Ich wuschele ihm über die Haare. "Dafür weiß ich aber viel über dich."
Er blickt mich irritiert an, "Stalkst du mich?"
Ich lache, "Na ja, wie schon gesagt, meine Teeniephase bestand hauptsächlich darin Boybands zu stalken."
"Dann erzähl mir etwas über dich."
"Was soll ich denn erzählen, über mich gibt's nichts spannendes."
Er verdreht die Augen. "Weißt du, das sagt jeder. Über mich gibts nichts spannendes. Mein Leben ist soo langweilig! Weißt du, das kann ich nicht glauben. Irgendwas gibt es immer, sei es auch noch so unbedeutend."
"Okay, gut, wenn du es unbedingt wissen willst, dann packe ich eben ein paar Lebensgeschichten von mir aus. Ich liebe das Land Thailand, am liebsten würde ich sofort meine Koffer packen und dort hin fliegen. Ich liebe den Strand und für mich gibt es nichts besseres, als um ein Lagerfeuer zu sitzen und Lieder zu singen, begleitet von 'ner Gitarre und ein paar Freunden. Ich hasse Spinnen, es gibt nicht ekelhafteres, und ich kann es nicht leiden, wenn eine Stechmücke in meine Ohren summt. Ich finde das Geräusch wirklich ekelhaft. Ich spiele Klavier, aber ich spiele nur, wenn mir Stücke Spaß machen. Meine Lieblingsfarbe ist blau, ganz egal wie es dosiert ist. Ich hasse Physik, ich bin eine Niete in Mathe und am liebsten will ich die Welt mit 'nem Rucksack bereißen. Und ich glaube, dass ich das auch machen werde, wenn ich mein Abi in meiner Tasche habe. Leider bin ich ziemlich faul, und vorallem bin ich ironisch. Ich werde im Unterricht komischerweiße ziemlich oft mit Kreide von meinen Lehrern abgeworfen und ich liebe Tiger. Aber vorallem hasse ich es, wenn Leute meinen über mich lachen zu müssen."
Er lächelt mich einfach nur an.
"Was ist?", frage ich verunsichert, "Waren das zu viele Informationen?"
"Nein, ach Quatsch. Ich hätte das nur wirklich nie von dir erwartet. Du verstellst dich ziemlich."
"Kann sein", meine ich leise. Dann schauen wir uns einfach nur in die Augen und beginnen beide zu lächeln.
"Ich habe noch eine Frage zu unserem kleinen Spiel", beginnt er, "Du würdest mich doch jetzt bestimmt ziemlich gerne küssen, oder?"
Und ich sage, "Trifft zu."
Und dann küssen wir uns.
// ;))))))) Bin ich nicht süß? Zum nächsten Kapitel, ich weiß nicht ganz ob ich es schaffe es morgen hochzuladen, aber ich versuche es bis Mittwoch oder Dienstag zu schreiben, ich hoffe das ist okay. Findet ihr das Pairing gut oder wünscht ihr euch eher ein anderes? Es muss ja noch nichts heißen :D Alina xx//
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