Kapitel 9,3
Leise öffnet sie die Tür, denkt an den Schwan, der die Szene still beobachtet hat, wünscht ihn sich zurück. Dann fällt die Tür zu, lauter als gedacht, und der Knall verfolgt sie all die Stufen nach unten. Vor Verwirrung und Frust hat sie vergessen, die Schritte mitzuzählen. Bedächtig gleitet sie mit dem Fuß an der Kante entlang, tritt auf, setzt den Nächsten.
Eine Taubheit festigt sich in ihrem Inneren, ein Betäubungsmittel, dessen Wirkzeit sie an einer Hand ablesen kann. Fünf Minuten und ihr Körper kann sie nicht mehr schützen vor Gedankenprasseln und Unverständnis. Die Zeit dehnt sich, eine unendliche Strecke, jeden Moment denkt sie, die Treppe sei zu Ende, jede Sekunde hört sie Marc die Tür aufreißen und sie zurückholen. Sie will einfach nur rennen.
Mit Lux wäre sie schon an der Straßenecke. Er fehlt, als hätte er mit seinen Krallen einen Teil aus ihrem Herzen gerissen und es mit sich genommen. Marc hat sich gerade auch einen Teil behalten. Was soll der Mist? Sie braucht ihr Herz vollkommen.
Endlich ertasten ihre Füße keine Senkung mehr, und sie läuft eilig los. Zu eilig und ohne Kopf. Tiff knallt gegen die Tür. Wenn sie den Kopf noch nicht verloren hätte, wäre er jetzt weg. Sie wimmert, die Schwärze dreht sich, seltsam, dass sie das erkennen kann, wenn doch sowieso alles gleich dunkel ist. Sie schließt die Augen, versucht sich irgendwo zu stützen, das Gleichgewicht zu behalten.
Nach ein paar Minuten kann sie die Tür aufreißen. So steht sie da, und fragt sich, warum ihr Leben nur aus Hochs und Tiefs besteht. Keine einzige Gerade, nur Sinuskurven- und zur Abwechslung mal ein Cosinus.
Dabei weiß doch jeder, dass der Cosinus einfach nur ein verschobener Sinus ist.
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