Kapitel 3,3
Tiff weiß, dass sie in einem Auto zurückgefahren ist, zurück nach Hause. Sie weiß nicht, wie sie es geschafft hat, den Rock abzustreifen und sich ins Bett zu legen. Der Schock hat ihr Gehirn umwoben, mit dichten, klebrigen Spinnenweben. Hat alles dunkel und stechend klar gemacht, unwirklich und schmerzlich real. Aber als sie zu Hause war und im Bett lag und an Isa gedacht hat, war die Erinnerung scharf, so gespitzt, dass sie sich in ihr Herz bohrte. Immer dieselben Geräusche, Gefühle und Gedanken im Kopf, ein ewiger Film.
Der immerzu vorführt, wie Isa fast angewidert vor ihrer besten Freundin zurückweicht. Tiff hat versucht, es auf den Alkohol zu schieben, aber er allein war es nicht. Es tat ihr weh. Gleich zweimal. Einmal, als sie erfuhr, dass Isa ihre Sehbehinderung in vollkommene Blindheit verlieren würde und das zweite Mal, dass Isa nicht werden wollte wie Tiff. Gern hätte sie sie jetzt gefragt, was genau sie damit meinte. Vielleicht nur das Blindsein an sich.
Aber nein, auch hier schwang etwas anderes mit. Nicht so unsicher, unselbstständig und unnormal zu werden.
Isa meldet sich nicht. Nicht heute und auch nicht am Tag darauf. Dafür ruft Marc an. Seine sonst so sorglose Stimme ist ungewohnt bedrückt. Als hätte sie ihre Leichtigkeit verloren. Tiff fällt ein, dass Marc alles mitbekommen hat. Er fragt sie, ob es ihr gut geht. „Halb.", ist ihre Antwort, sie weiß nicht, ob er versteht, was sie meint. Zur Hälfte seelisch verletzt und zur anderen Hälfte körperlich unversehrt. Er sagt nichts, vielleicht nickt er, dann wird ihm bewusst, dass sie das am Telefon nicht sehen kann und erst dann, dass sie es sowieso nicht sehen kann.
„Weißt du noch, wie du reagiert hast, als du blind wurdest?", fragt er.
„Woher weißt du, dass ich nicht seit Geburt blind bin?", fragt Tiff überrascht.
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