4. | Ida
Noch ein Fehler und Sie werden sich wünschen, Sie wären nie geboren. Diese Aussage hallte noch lange nach, auch nachdem ich im Bett lag und an die Decke starrte. Seine blau-grünen Augen verfolgten mich bis in den Schlaf. Meine beste Freundin Alexandra hätte mir bestimmt geraten, etwas mit ihm anzufangen. Ich schüttelte den Kopf.
Leider konnte ich nicht verneinen, dass ich ihn nicht attraktiv fand, aber... Das würde niemals passieren. Ich kam aus dem Jahr 2024 und er aus dem Jahr 1899 und wäre schon längst tot. Und außerdem war er unfreundlich und arrogant. Niemals würde ich ihm näher kommen.
Mir war kalt und die Decke wärmte überhaupt nicht. Ich wusste nicht, wie spät es war, und außerdem brauchte ich True Crime Podcasts, um einzuschlafen. Doch das Einzige, was ich hörte, war Friedas Schnarchen. Großartig.
Ich schloss die Augen und irgendwann schlief ich ein.
Aber mir wurde der Schlaf nicht vergönnt, denn es fühlte sich wie fünf Minuten an, als mich ein lautes Klopfen weckte. „Frieda! Ida! Aufstehen!", rief Dorothea. „In 15 Minuten gibt es Frühstück!" „15 Minuten? Haben wir verschlafen?", fragte ich Frieda erschrocken. Sie winkte ab. „Nein, das ist immer so."
Das Frühstück bestand aus einer dünnen Scheibe trockenes Brot mit Käse und dazu Milch oder Wasser. Ich hatte immer noch Hunger, aber ich versuchte mir, nichts anmerken zu lassen. Frieda und ich halfen Fräulein Meier beim Kochen des Mittagsessen.
„Der Herzog diniert heute Mittag bei dem Grafen zu Rechberg", kündigte Fräulein Meier an. „Daher ist nur seine Mutter im Hause. Heute Abend ist der Herzog zurück." Ich versuchte, nicht allzu erleichtert zu wirken. Dorothea hingegen verzog den Mund, aber nur kurz, sodass Fräulein Meier es nicht bemerkte.
Der Morgen verging wie im Flug. Frieda und ich verstanden uns sehr gut und unterhalten uns häufig. Leider unterbrach uns Fräulein Meier oft, weil sie das Gefühl hatte, wir würden nicht richtig arbeiten, was aber nicht stimmte.
Heute Mittag servierte der Hausdiener Fasting das Essen. Am Nachmittag putzten Frieda und ich die Küche, bis die Mamsell im Türrahmen erschien.
„Fräulein Kaufmann, folge mir bitte", verlangte sie und ich ging auf den Flur. Die Mamsell sah mich streng an. „Mir ist zu Ohren gekommen, dass du heute Nacht durch das Schloss gegeistert bist. Ist das korrekt?"
Ich wusste nicht, weshalb sie aufgehört hatte, mich zu siezen, aber das war mir recht. Meinen Vornamen benutzte sie allerdings nicht. „Ja", gab ich zu, „ich konnte nicht schlafen." Die Mamsell schüttelte den Kopf. „Also, so etwas habe ich ja in meinen 15 Jahren als Mamsell noch nie erlebt." Sie holte tief Luft. „Fräulein Kaufmann, an deiner Arbeit heute haben weder Fräulein Meier noch ich etwas auszusetzen. Aber so etwas darf und wird sich nicht wiederholen! Ansonsten werde ich kein Gesindebuch ausstellen. Hast du mich verstanden?"
„Ja, das habe ich", erwiderte ich. Sie sah mich noch einmal prüfend an, dann nickte sie.
„Gut, dann geh. Morgen werde ich mit dir über dein Gesindebuch und den Lohn sprechen." Mit einer Handbewegung ließ sie mich gehen. Ich war froh, dass der Herzog mich nicht herausgeworfen hatte. Jedoch schmerzten meine Arme, meine Beine und mein Rücken von der anstrengenden Arbeit.
Seit sechs Uhr waren Frieda und ich auf den Beinen und es war jetzt 16 Uhr. Wir hatten um 14 Uhr nur knapp zehn Minuten Zeit gehabt, um etwas zu essen. Ich wollte einfach nur nach Hause. Aber ich hatte keine Zeit, um mich damit zu beschäftigen, wieder ins Jahr 2024 zu gelangen.
Abends servierte Frieda dem Herzog und seiner Mutter das Essen. Mit geröteten Wangen kehrte sie zurück in die Küche.
„Ida, du kannst es dir nicht vorstellen", flüsterte sie aufgeregt. „Der Herzog sah ganz anders aus. Als wäre er von irgendetwas befreit. Und weißt du, ich finde, dass er nicht schlecht aussieht. Vielleicht siehst du ihn ja mal. Er hat sich sogar bedankt, als ich ihm das Essen serviert habe! Meinst du, er hat eine Geliebte getroffen anstatt seinen guten Freund?"
Dass ich ihm schon einmal begegnet war - wenn auch unfreiwillig - hatte ich Frieda lieber verschwiegen. „Ehrlich gesagt, ist es mir egal, ob er eine Geliebte hat oder nicht", entgegnete ich. „Das stimmt", pflichtete mir Frieda bei. „Ich persönlich finde Gustav viel besser." Sie lächelte leicht.
Das war mir auch schon aufgefallen. Immer, wenn sie den Knecht Gustav sah, hatte Frieda ihm lange hinterher gesehen. Und mir war auch aufgefallen, dass Gustav sie manchmal am Arm berührte, wenn er dachte, niemand sähe hin.
„Aber meine Mutter sagt, ich soll einen reichen Mann ehelichen. Sie ist immer noch enttäuscht, weil meine Schwester Minna einen mittellosen Kutscher geheiratet hat." „Das tut mir leid", sagte ich mitfühlend. „Weiß Gustav von deinen Gefühlen?"
Sie wurde noch roter und räusperte sich. „Ja, er weiß es. Und... Er hat mir offenbart, dass er ebenfalls Gefühle für mich hegt. Aber wir dürfen keine Liaison anfangen, wenn wir unsere Arbeitsstelle nicht verlieren wollen. Deshalb versuche ich, ihn zu ignorieren."
Jetzt sah sie immer unglücklicher aus und ich drückte ihre Hand. „Frieda, wenn ich euch irgendwie unterstützen kann..." Sie sah mich geschockt an. „Um Himmels Willen, Ida! Nein", hauchte sie. „Dann würden wir drei unsere Arbeit verlieren."
Sie schüttelte energisch den Kopf. „Es ist sehr freundlich von dir, aber das kann ich nicht annehmen." Sie schenkte mir ein unsicheres Lächeln und begann weiter zu putzen, als Fräulein Meier in die Küche trat. Heute durften wir bereits um kurz vor 21 Uhr ins Bett.
Ich war unfassbar müde und schlief sofort ein. Der Tag war schließlich anstrengend gewesen.
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