- 5 - Magie
PoV Tim
„Wie viel hat er denn zu sich genommen?"
„Äh...das müssten so 5 oder 6 Cocktails gewesen sein"
„Hat er irgendwelche Vorerkrankungen?"
„Nicht, dass ich wüsste"
Hä? Was? Was war passiert? Und woher kamen diese Stimmen?
Mühsam schlug ich die Augen auf. Alles war etwas verschwommen, aber ich erkannte die groben Umrisse zweier Menschen. Mehr aber auch nicht, denn die grellen Lampen, die genau über mir hingen, schienen mir so stark ins Gesicht, dass ich die Lider sofort wieder zupresste.
Was war das bitte für ein Licht?
Und wo war ich überhaupt?
Das, worauf ich lag, fühlte sich so gar nicht nach der gewohnten Matratze an, die mich sonst jeden Morgen begrüßte. Diese hier war viel härter und unbequemer. Aber wenn ich nicht Zuhause war, wo dann? War ich gestern vielleicht bei Jan eingeschlafen? Seit wann hatte der denn so helle Lampen?
Krampfhaft versuchte ich mich an den gestrigen Abend zu erinnern, doch mein Kopf war wie ausgesaugt.
Wenn ich weder bei mir, noch bei Jan Zuhause war, wo denn dann?
Ich sammelte alle Kraft zusammen, die irgendwie noch in mir steckte, öffnete schwerfällig nocheinmal die Augen und richtete mich unter größter Anstrengung auf. Einer der Umstehenden musste mich wohl bemerkt haben.
„Ah, Herr Lehmann, wie ich sehe sind sie wieder bei Bewusstsein. Wie geht es ihnen denn jetzt?"
Die Frage war wohl an mich gerichtet, aber ich beachtete sie nicht weiter. Mein Schädel brummte und mein Nacken hätte auch mal wieder geölt werden können. Ich wollte mich einfach nur in mein Bett zu Hause fletzen und mal so richtig ausschlafen.
„Hallo? Herr Lehmann verstehen sie mich?"
Was wollte dieser Typ denn von mir? Langsam nervte mich die Fragerei wirklich. War ich hier etwa in einem Verhör? Konnte man denn nicht einmal in Ruhe wach werden ohne gleich so vollgelabert zu werden?
Ich sammelte gerade die Worte zusammen, um dem guten Herren mal gehörig die Meinung zu geigen, als es mich plötzlich wie ein Blitzschlag traf.
Die Erinnerungen waren mit einem Mal wieder da und ließen mich die heutige Nacht noch einmal im Schnelldurchlauf erleben: Rewi in seinem Auto, der kleine Club, die Cocktails, das Tanzen und Sie.
Meine Ex, die plötzlich vor mir gestanden hatte, dann Dave, die ganzen Gaffer und schließlich mein Tränenausbruch im Krankenwagen.
Alles lief wie ein Film an mir vorbei, den gerade irgendjemand vorspulte, um zur richtigen Stelle zu gelangen. Der Stelle, an der alles wieder gut werden würde.
Doch der Film endete, bevor sie erreicht war. Er endete mit der Dunkelheit, die sich über mich gelegt hatte, nachdem im RTW alle Gefühle aus mir rausgebrochen waren.
Ich war wieder in der Realität angekommen.
Die Müdigkeit von eben wandelte sich immer mehr in Panik um. Ich wollte weg von den grellen Lichtern und der harten Liege. Weg von diesem Mann, der jetzt versuchte, mich wieder zurück auf die Trage zu drücken.
Ich spürte eine Hand an meiner Brust und eine weitere an meiner Schulter. Aus den 2 Händen wurden 4, dann 6, doch ich wollte mich nicht geschlagen geben, keine einzige, weitere Sekunde hier verbringen. Mit aller Kraft werte ich mich gegen die Monster, die mir immer wieder irgendwelche völlig unverständlichen Sachen zuriefen. Alles was in diesem Moment zählte, war sich loszureißen und diesem schrecklichen Ort zu entkommen.
„Herr Lehmann, beruhigen Sie sich! Wir wollen Ihnen doch nichts Böses"
Von wegen! Auf diesen Trick würde ich garantiert nicht hereinfallen. Immer panischer kämpfte ich gegen die kräftigen Hände an, die sich unendlich zu vermehren schienen und mich, warum auch immer unbedingt hier festhalten wollten, schlug um mich, aber nichts half. Sie waren einfach zu stark.
„Ich will hier weg! Lasst mich los!", schrie ich und strampelte weiter um mich.
Doch plötzlich hörte ich etwas was mich inne fahren ließ. Ich war wie versteinert, während ich dieser Stimme lauschte, die mir so seltsam vertraut vorkam.
Sie war anders, als die der Anderen, nicht aufgebracht, sondern sanft und zärtlich.
Nicht schreiend, sondern ganz ruhig und deutlich.
Die Leute, zu denen die ganzen Hände gehörten, die mich zuvor noch fest umklammert hatten, lockerten ihre Griffe und ließen mir endlich den nötigen Freiraum. Jetzt war die Chance da! Ich könnte aufspringen und endlich abhauen!
Mit einem Satz war ich auf den Beinen, wollte schon losrennen, als ich etwas Weiches an meiner Hand spürte. Ganz klein und samtig lag eine andere Hand in der Meinen und hielt diese fest umschlungen. Allein die Berührung dieser wunderbaren Finger, verschaffte mir eine Gänsehaut am ganzen Körper.
Diese Stimme, oder viel mehr die Worte, dieser Stimme hatten etwas Fesselndes. Um uns herum war es still geworden und einzig und allein diese magische Stimme erfüllte den Raum.
„Ganz ruhig. Leg dich wieder hin, alles wird gut. Mach deine Augen zu und versuche dich zu entspannen. Du bist hier sicher, alles ist gut."
Ich konnte nicht anders, als den Anweisungen zu folgen.
„So ist's gut. Gut machst du das. Du kriegst jetzt ein Beruhigungsmittel, aber das kann dir egal sein. Du konzentrierst dich einfach weiter auf mich und entspannst dich."
Ich spürte, wie jemand meinen linken Arm hob und mit einem kleinen Stich die Nadel, mit dem Beruhigungsmittel unter meiner Haut versenkte. Durch den kurzen Schmerz verkrampfte sich meine rechte Hand erneut. Ich wollte den Arm wegziehen, doch dann spürte ich diese unglaublich weichen Finger erneut, die sanft über die Einstichstelle strichen.
Augenblicklich entspannte sich mein Körper und die Muskeln, die eben noch so verkrampft gewesen waren, lockerten sich allmählig. Auch meinem Geist, schien die fremde Hand gut zu tun. Obwohl ich die Person hinter ihr nicht zuordnen konnte, fühlte ich mich trotzdem, als würde ich sie seit Jahren kennen.
Noch immer redete diese so beruhigende und zugleich magische Stimme auf mich ein. In diesem Moment hätte es nichts gegeben, was mir mehr geholfen hätte, als genau diesen bezaubernden Klängen zu lauschen.
„Du wirst gleich einschlafen und erst wieder aufwachen, wenn du und dein Körper dazu bereit sind. Keine Sorge, du hast so viel Zeit, wie du dafür brauchst. Keine Eile, einfach nur Ruhe und Entspannung. Du wirst von tollen Sachen träumen und dich komplett fallen lassen können."
Eigentlich war es ziemlich gruselig, was allein diese Stimme bei mir auslöste, aber ich wollte jetzt nicht darüber nachdenken. Wollte mich voll und ganz auf die pure Magie konzentrieren.
Und während ich so da lag, ihr einfach nur zuhörte und ihren Arm, der mir mittlerweile über den Bauch streichelte dabei fest umschlungen hielt, hatte ich das erste Mal seit Stunden wieder das Gefühl der Sicherheit.
Ich fühlte mich so sicher, dass ich nicht mal dagegen ankämpfte, als sich die Müdigkeit, wie ein Schleier über mich zulegen und mich voll und ganz einzuhüllen drohte. Es war komischer Weise keine drohende Gefahr, nein, einfach pure Entspannung, die ich in diesem Moment genoss, wie ich es noch nie zuvor getan hatte.
Kurz bevor mich der Schleier komplett verschlang, brachte ich noch ein letztes kleines Wort heraus, es war fast nur noch ein Hauch: "Danke"
Damit schloss sich der Schleier über mir und ich tauchte endgültig in die Welt der Träume ab.
******
Armes Timmilein, ganz ruhig
Wer ist sie nur, diese Frau?
Und warum schwebt so eine Magie in ihr?
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