11. Die Prinzessin
Zelda's POV
Ich rannte ungezügelt die Flure entlang und die Treppen hinunter. Ich wusste wo Link war. Ich wusste dass er noch da war, dass er noch nah war. Mein Herz raste, und ich konnte nicht sagen ob es vom Laufen oder von meiner Aufregung kam. Obwohl es nur ein paar Tage gewesen waren, vermisste ich ihn so unendlich. Wenn ich Glück hatte, hatte Link erst ab heute Nachmittag Schicht, und ich würde ihn noch in den Unterkünften der Wachleute finden. Ich kürzte den Weg durch den Dienstbotengang ab, darauf bedacht dass mich keiner sah, als ich durch die Tür schlüpfte. Mein Vater, aber vor allem auch Toku, hassten es wenn ich diese Gänge nutzte. Es geziemte sich nicht - wie so vieles. Andererseits - so ungehalten wie ich durchs Schloss stürmte, war es eh schon egal, was sich geziemte und was nicht.
Jade's POV
Jade war schon lange im Schloss tätig. Sie hatte hart dafür gearbeitet eine Anstellung im königlichen Hause zu bekommen, und als sie tatsächlich den Bescheid bekam, war ein Wunsch in Erfüllung gegangen. Es war fast wie ein kleines Wunder, und manchmal glaubte sie immer noch, sie würde aufwachen und alles wäre nur ein Traum gewesen. Aber das war es nicht. All die Jahre, die Jade sich vorbereitet hatte, all das Training, all die Anstrengung, hatten sich gelohnt. Als sie ihrer Familie damals von ihren Plänen erzählt hatte, war sie nicht auf die erhoffte Unterstützung getroffen. Ihre Brüder hatten sie verspottet: "Ein Mädchen beim königlichen Wachdienst?! Niemals!" Und ihre Mutter war bestürzt gewesen, dass Jade nicht in das traditionelle Rollenschema passen wollte. Doch sie hatte sich nicht entmutigen lassen. Und jetzt war sie hier. Die Arbeit war hart, doch sie machte Spaß und sie verdiente gutes Geld damit. In den Jahren, die sie schon am Hof lebte, war ihr so einiges untergekommen. Kollegen, die heimlich Mehl aus der Küche für ihre Familien klauten. Wachmänner die viel zu spät und noch halb im Schlafanzug zur Schicht erschienen. Angestellte, die heimlich die Mäuse fütterten, aus Mitleid mit den kleinen Nagern. Ja, Jade hatte viel gesehen. Dennoch war heute besonders.
Dabei hatte der Tag völlig normal angefangen: Sie war am späten Morgen aufgestanden, wie immer, wenn sie Spätschicht hatte. Nach dem Waschen und Umziehen war sie in den Gemeinschaftssaal gegangen, um zusammen mit den Anderen zu essen. Sie alberten herum und tauschten sich mit Mitgliedern von anderen Einheiten darüber aus, was im Dienst so passiert war. Jade genoss dieses Beisammensein in vollen Zügen. Sie war als gleichwertiger Teil der Truppe akzeptiert, sie gehörte zu den Jungs dazu - was für sie nicht selbstverständlich war. Nach dem Essen blieben sie alle noch eine Weile sitzen, da noch Zeit war, bis die Arbeit begann. Gerade, als jemand am Tisch eine lustige Geschichte über einen seiner tollpatschigen Kollegen erzählte, flogen die Türen zum Saal schwungvoll auf. Das heitere Geschwätz verstummte auf einen Schlag, und alle starrten zum Eingang. Einen Moment lang, gab niemand ein Geräusch von sich, dann ging ein Raunen durch den Raum, einige standen auf, andere flüsterten ihren Nachbarn etwas zu. Jade konnte nicht sehen, wer hereingekommen war. Aber sie wusste, dass das nicht einfach irgendjemand sein konnte. Eine solche Atmosphäre hatte sie hier noch nie erlebt. Sie konnte die Anspannung und Verwirrung in der Luft förmlich spüren und ein nervöses Kribbeln durchfuhr ihre Fingerspitzen. Da Jade so klein war und dazu noch relativ weit hinten im Saal saß, konnte sie bei aller Mühe die Gestalt am Eingang nicht mal erahnen. Sie rekte den Hals und versuchte krampfhaft einen Blick durch die Menge zu erhaschen. Doch es war zwecklos. Das Flüstern zwischen den Anderen war derzeit etwas lauter geworden, und sie glaubte wiederholt einen gewissen Namen im Gemurmel zu hören. Aber erst als ein junger Mann vom Nachbartisch sich zu ihr herüber beugte, war sie sich sicher. "Prinzessin Zelda!", flüsterte er. "Es ist die Prinzessin höchstpersönlich! Ich frag mich was vorgefallen ist, dass sie hier so reinplatzt!" Jade musterte ihn mit einem Nicken, eher verwirrt als überrascht. Ja, ja das fragte sie sich auch. Es war noch nie ein Teil der königlichen Familie in den Unterkünften aufgetaucht. Wenn ein höherer Offizier oder gar ein Mitglied der königlichen Leibgarde herkam, war das schon etwas besonderes. Aber die Prinzessin? Undenkbar. Was könnte sie für einen Grund haben, herzukommen?! War es wirklich Zelda, die da in der Tür stand?! Noch immer verspürte sie ein aufgeregtes Kribbeln in ihren Fingern. Sie musste sich persönlich vergewissern. Sie musste die Prinzessin mit eigenen Augen sehen. Jade erhob sich von ihrer Bank und huschte zum Rand des Saales, wo sie sich an einigen Leuten vorbei drängelte, bis sie weit vorne im Raum stand. Auf Zehenspitzen stehend suchten sich ihre Augen einen Weg, vorbei an den Schultern und Köpfen der Anderen, bis ihr Blick sein Ziel gefunden hatte: Prinzessin Zelda. Sie stand wahrhaftig da; vor ihnen, ein gehetzten Ausdruck im Gesicht, aber dennoch schöner als alles, was Jade in ihrem Leben je gesehen hatte.
Zelda's POV
Noch immer leicht außer Atem sah ich mich um. Meine Augen suchten die Gesichter der Anwesenden ab. Ich konnte Link nirgends entdecken. Aber wie verwunderlich war das schon? Schließlich war der Saal riesig, mit vielen Tischen und Bänken und Leuten. Sie starrten mich an, irritiert, fasziniert, überrascht. Einige verbeugten sich, andere schienen sich nicht rühren zu können und gafften nur mit offenem Mund. Ich nickte - mehr um mich zu beruhigen, als zu irgendeinem anderen Zweck - und räusperte mich. "Ich würde gerne mit dem Zuständigen für den Wachdienst sprechen", sagte ich mit lauter, klarer Stimme. Mein Herz klopfte in einem raschen aber gleichmäßigen Rhythmus und meine Gedanken tanzten im Takt. Ich würde Link wiedersehen. Vielleicht schon in ein paar Augenblicken. Vielleicht erst in ein paar Stunden. Aber definitiv bald.
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Ich weiß es ist eeeewig her. Aber ich war in Italien und bin außerdem gerade am ausziehen/umziehen >_<
Auf jeden Fall danke fürs lesen und voten und kommentieren, trotz der unregelmäßigen Updates!♥ Bringt mich jedes Mal zum Lächeln :)
Und mir ist eben erst aufgefallen, dass die Art des Erzählers bei Jade wechselt und kein Ich-Erzähler mehr ist. Aber irgendwie wollte ich den Part nicht umschreiben. Der gehört irgendwie so, keine Ahnung. Bitte entschuldigt die Unannehmlichkeiten, die dadurch entstanden sind ^^
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