Kapitel 3
Evans wütendes Knurren riss Brooke aus dem Schlaf. Noch halb im Traumland, schaffte sie es nicht, ihre Augen zu öffnen. „Was ist los, Evan?", fragte sie verwirrt und keuchte, als sie einen Schlag auf die Brust bekam. Entsetzt riss Brooke ihre Augen auf und bemerkte, wie wütend Evan aussah. Seine Augen funkelten zornig.
„Du warst letzte Nacht bei einem Mann, du Miststück!", knurrte er und setzte sich auf ihre Beine, sodass sie sich nicht bewegen konnte. Zusätzlich packte er sie an den Händen. „Wo warst du?".
Bis Brooke verstand, was er ihr vorwarf, brauchte sie einige Sekunden. Hastig versicherte sie, dass sie nur arbeiten gewesen war. Sein verärgertes Verhalten machte ihr Angst und sie rührte sich nicht, weil sie wusste, dass er sonst zuschlug.
„Woher kommt dann dieser Aftershave Geruch? Glaubst du, ich bin blöd?", fragte Evan zornig.
„Da war ein Mann, der mir zu nahe gekommen ist, als ich ein Tablett vom Tresen geholt habe! Es ist nichts passiert, bitte glaube mir!", flehte sie den Tränen nahe. Alles, was Brooke im Moment wollte, war Schlaf. Daran war allerdings nicht zu denken.
Evan warf ihr vor, sie zu betrügen und nicht zu lieben. Sie schwörte, dass es nicht der Wahrheit entsprach und schrie auf, als Evan sie zu sich nach oben riss.
„Dann beweise es mir, Brooke", sagte ihr Freund, drückte sie wieder in die Kissen zurück und fuhr mit seinen Händen unter ihr Oberteil.
Brooke biss sich auf die Lippen. Seine Massage war alles andere als liebevoll. Dieses Quetschen und Drücken mochte sie überhaupt nicht. Sie schloss ihre Augen. In der Hoffnung, dass alles bald vorbei war.
Evan nahm sich keine Zeit, sie zu erregen, sondern fiel sofort über sie her. So wie immer. Es interessierte ihn nicht, ob sie Schmerzen hatte, auch wenn Brooke es ansprach. Dann wurde er meist sogar noch brutaler, weshalb sie lieber schwieg und alles über sich ergehen ließ. Er war immerhin der Einzige, der überhaupt mit ihr schlief.
Die nächsten Wochen vergingen rasant und ohne große Vorkomnisse. Ihr Alltag blieb gleich, doch Brooke fiel auf, dass Nathan öfters in der Bar auftauchte. Allerdings nicht regelmäßig. Zum Glück ließ er sie in Ruhe und verlangte nicht mehr nach ihr, doch Brooke hatte oft das Gefühl, dass er sie beobachtete. Bediente sie seinen Tisch, stellte sie ihm automatisch einen Whisky Sour hin. Bei ihm wusste sie mittlerweile, was er bevorzugte.
Stets bekam sie großzügiges Trinkgeld, das sie einsteckte und am nächsten Tag Michael gab. So, wie sie es nach Nathans Auftritt abgemacht hatten. Brooke brauchte zwar das Geld, aber sie wollte die Arbeit gerne behalten. Ein paar Stunden von Evan getrennt zu sein, tat ihr gut. Er war in letzter Zeit ziemlich launisch.
Eines Nachts wollte Nathans Tisch das erste Mal getrennt zahlen. Verwirrt darüber brauchte sie länger, um jeden einzelnen abzukassieren. Sie fragte sich, was der Grund war. Nathan hatte bisher immer für alle bezahlt. Heute winkte er auch nicht ab, als Brooke das Wechselgeld herausholte und ihm gab.
Während sie den anderen einen schönen Abend wünschte, bemerkte sie, dass Nathan auf den Schein sah und sich seine Augen verengten.
Nervös, weil sie glaubte, falsch herausgegeben zu haben, starrte sie ihn an, brachte es aber nicht fertig, etwas zu sagen.
„Geht ihr schon mal vor, ich muss hier noch etwas klären", bat Nathan seine Freunde, die aufstanden und gingen.
Brooke wurde heiß und kalt und sie verspürte das Bedürfnis, wegzulaufen. Allerdings packte Nathan sie am Arm und ignorierte ihre Befreiungsversuche. Vorsichtig, aber fordernd, zog er sie zum Tresen, an dem Michael die Einnahmen zählte. Nathan knallte den Schein auf den Tisch und funkelte Michael erbost an. „Verdammt nochmal, Michael", knurrte. „Willst du mich verarschen? Wie kommt mein Trinkgeld in meine eigenen Hände?"
Brooke wurde blass und sie riss ihre Augen auf. Hatte Nathan etwas von ihrem Abkommen erfahren oder warum reagierte er so? Bei näherer Betrachtung des Scheins bemerkte Brooke, dass eine Ecke leicht gefärbt war. Hatte Nathan sie etwa hereingelegt?
Er packte Michael am Kragen. „Hast du geglaubt, ich habe nicht mitbekommen, dass sie dir immer noch das Trinkgeld gibt?", fragte er mit schneidender Stimme.
Völlig perplex sah Michael abwechselnd zu Brooke und Nathan. Sie schafft es, sich von ihm zu befreien. „Bitte nicht! Michael hat nichts Unrechtes getan!", rief sie aufgelöst und zitterte am ganzen Körper. Sich in andere Angelegenheiten einzumischen, lag ihr nicht. Es war das erste Mal, dass sie für jemanden so einstand. Tatsächlich fühlte sich Brooke für alles verantwortlich „Bitte lassen Sie ihn wieder herunter!" Ihre Stimme versagte und sie senkte den Blick.
Erstaunt sah Nathan sie an, bevor er Michaels Kragen losließ. „Du sagst also, es ist sein Recht, dich auszunehmen?", fragte Nathan.
Brooke nickte und trat zwei Schritte zurück, als er schnaubte. „Glaubst du ihm das wirklich? Das, was er tut, ist Ausbeutung. Ich sehe keinen Grund, warum du nicht dein hart erarbeitetes Trinkgeld nicht behalten solltest".
Brooke schluckte schwer und wagte sogar, für einen Augenblick aufzusehen. Ihre Hände ballte sie zu Fäusten, um sich selbst Mut zu machen. „Ich bin nicht hübsch und schlank wie die anderen. Es ist Körperverletzung gegenüber den Kunden, wenn ich sie bediene. Und dafür entschädige ich Michael", behauptete sie mit zitternder Stimme.
Nathan schüttelte ungläubig den Kopf, wobei er verachtend schnaubte. Für Michael hatte er einen bösen und warnenden Blick übrig. Dieser wiederum sah zu Brooke und machte eine auffordernde Kopfbewegung.
„Verschwinde Brooke. Das hier geht dich nichts an", sagte er.
Bevor sie seinem Befehl nachkommen konnte, nahm Nathan sie blitzschnell wieder am Arm und seine Stimme klang drohend. „Und ob es sie etwas angeht, Michael! Du betrügst sie um ihr hart erarbeitetes Geld, nur weil sie nicht so ist wie die anderen Bedienungen? Was soll das, zur Hölle nochmal? Ich warne dich, ich lasse deinen Laden schließen, wenn das noch einmal vorkommt", drohte er und es klang, als hätte er wirklich so viel Macht.
Brooke erschauerte bei seinen Worten und sah unwohl zwischen ihnen hin und her. Nathan drückte ihr das Geld in die Hände, wobei seine Hand sanft und fast schon beruhigend über ihren Handrücken streichelte. Hastig zog sie ihre Hand zurück und ließ das Geld fallen. Sie wollte und brauchte seine Almosen nicht! Irgendwie schaffte sie es, sich von ihm zu befreien und aus der Bar zu rennen. Noch weiter für Michael einzustehen, schaffte sie nicht. Dazu besaß sie weder den Mut, noch die Stärke. Morgen, wenn sie wieder kam, würde sie mit Michael reden.
Brooke rannte, soweit sie konnte und blieb schließlich keuchend stehen. Erschöpft lehnte sie sich gegen eine Mauer und versuchte, sich zu beruhigen. Sie hob ihren Blick und sah in den eigentlich pechschwarzen Himmel, der durch die Großstadt eher orange erschien.
Langsam zählte Brooke bis zehn und beruhigte ihren Atem Noch war ihr schwindelig durch den Vorfall, aber ansonsten ging es ihr ein wenig besser.
„Brooke!", rief plötzlich eine ihr bekannte Stimme und sie drehte sich um. Michael war ihr nachgerannt und warf ihr das Geld zornig vor die Füße. „Du bist gefeuert, Brooke. Ich kann es mir nicht leisten, jedes Mal wegen dir Geld zu verlieren. Und den ständigen Ärger mit Nate kann ich mir auch nicht leisten. Ab morgen brauchst du nicht mehr kommen", sagte er kalt und drehte sich einfach um, ohne auf ihre Reaktion zu warten.
Vor Schock gelähmt ließ sich Brooke auf den Boden gleiten und begann, hemmungslos zu weinen. Ihre Schmerzen im Rücken waren nicht mehr wichtig. Erst als die ersten Sonnenstrahlen sie berührten, stand sie auf und machte sich auf den Weg nach Hause. Davor grauste es ihr. Evan würde bestimmt alles andere als begeistert sein, wenn er erfuhr, dass sie keinen Job mehr hatte.
Zu Hause wartete bereits Evan auf sie und warf ihr einen finsteren Blick zu. „Wo warst du solange?", fragte er seltsam klindender Stimme, die nichts Gutes verriet.
Müde und verweint sah sie ihn an. „Ich habe meinen Job verloren Evan", flüsterte Brooke und schaffte es nicht, ihm ins Gesicht zu sehen.
Mit verschränkten Armen stand er vor ihr und starrte sie fassungslos an. „Du hast was? Wie willst du dann die Rechnungen und das Haus bezahlen?", fragte er kühl.
„Ich suche sofort nach einem anderen Job", versicherte Brooke hastig. „Hier ist das Trinkgeld. Das wird für ein paar Wochen reichen. Bitte Evan, sei nicht böse", flehte Brooke und trat auf ihn zu. Sie wollte ihn umarmen und jemanden haben, der jetzt für sie da war.
Evan jedoch wehrte sie ab und meinte nur, dass sie bloß nicht wieder in einer Bar arbeiten sollte, damit er sich keine Sorgen mehr machen musste.
Von seiner Reaktion überrascht starrte Brooke ihn an und spürte ein unangenehmes Gefühl in sich aufsteigen. Dieses betrog sie nicht. Evan war plötzlich extrem nett und das war er eigentlich nur, wenn er etwas von ihr wollte.
Brooke verbrachte den Tag damit, Stellenauschreibungen im Internet und den Zeitungen zu studieren. Sie ging sogar noch einmal los, um sich direkt umzusehen. Ohne Erfolg. Entmutigt kam sie abends nach Hause. Dort erwartete Evan von ihr Liebe. Völlig ausgelaugt gab sie ihm alles, was sie konnte.
Verzweifelt versuchte Brooke in den nächsten Wochen, einen Job zu finden. Die Zeit lief davon und das Geld schwand rapide, obwohl sie darauf achtete, günstig einzukaufen. Egal, wie frustriert und müde sie war, Evan wollte jeden Tag ihre Liebe. Durch seine hatte sie täglich Schmerzen und schaffte es kaum, sich nichts anmerken zu lassen.
Eines Nachmittags, als Brooke ihre Haken erneut in der Stadt nach einem Job ablief, kam sie an einem Schaufenster vorbei und betrachtete eine Anzeige, die ihr ins Auge stach. Demnach wurde eine Sekretärin im Medical Center gesucht. Und, was ihrer Meinung nach noch besser war, es wurden Nachtschichten gefordert. Begeistert nahm sie den Zettel mit und schrieb zuhause ihre Bewerbung.
Evan hingegen war nicht gerade begeistert, da dort viele Männer herumlungerten. Scheinbar witterte er Konkurrenten, doch Brooke versicherte ihm, dass sie nichts anderes als arbeiten würde. Immerhin brauchten sie das Geld. Das schien ihn umzustimmen.
Anstatt die Bewerbung abzuschicken, beschloss Brooke, sie persönlich vorbeizubringen. Sorgfältig richtete sie sich her und achtete darauf, alle Merkmale von Evans Liebe zu vertuschen. Mit einem Blazer schummelte sie sich schlanker und Brooke band ihre blonden Haare zu einem Zopf zusammen, wobei ihr Pony ihr Gesicht hübsch umrahmte.
Voller Enthusiasmus machte sie sich auf den Weg. Plötzlich kamen ihr Zweifel, als sie sich dem Krankenhaus näherte. Was, wenn sie den Job nicht bekam? Lange konnten sie ohne Einkommen nicht mehr leben.
Vor der Eingangstür blieb sie noch einmal stehen und atmete tief ein und aus, während sie sich im Spiegelbild des Glases betrachtete und sich selbst Mut zusprach. Erst dann ging sie hinein.
Der Krankenhausgeruch, den sie überhaupt nicht mochte, lag in der Luft. So selbstsicher wie möglich ging Brooke zum Schalter und wollte wissen, wo sie ihre Bewerbung abgeben konnte. Die junge Schwester nickte und griff zum Telefon, bevor sie eine Nummer wählte. Den Einzeldialog konnte Brooke nicht ganz verstehen, doch gleich darauf wurde sie informiert, dass sie lediglich den linken Korridor bis zum Ende folgen und dann rechts abbiegen musste. Dadurch würde sie die Chefabteilung garantiert nicht verfehlen. Zudem sei sie gut ausgeschildert.
Nervös biss sich Brooke auf die Lippen. Sie hatte nicht erwartet, gleich in die Chefabteilung gehen zu müssen.
Dankbar nickte sie der Schwester zu und setzte ihren Weg fort. Ihre Schritte wurden langsamer, je näher das Ende des Korridors kam. Mit klopfendem Herzen blieb sie stehen und versuchte sich daran zu erinnern, was die Schwester gesagt hatte. Sie solle an Dr. Carters Tür anklopfen. Nach dem Namen suchend graste Brooke die Türen ab. Als sie diese gefunden hatte, stutzte sie. Dr. Med. Nathan Carter. Der Name erinnerte sie an den unheimlichen Mann, doch es gab viele Männer, die so hießen.
Unruhig ließ sich Brooke plötzlich Zeit und betrachtete die Tür genauer. Sie sah genauso aus wie die anderen in diesem Flügel. Eigentlich war es nicht ihre Art, Zeit zu schinden, doch sie konnte das unwohle Gefühl einfach nicht abschütteln.
Schließlich gab sie sich einen Ruck, drückte die Bewerbungsunterlagen fest an sich und klopfte an.
Auf ein tiefes: „Herein!", öffnete Brooke die Tür, trat ein und wäre am liebsten sofort wieder umgekehrt. Eisblaue Augen saen sie musternd hinter einem dunklen Schreibtisch an. Der Fremde. Nate. Ausgerechnet er.
Eine Kälte breitete sich in Brooke aus und sie blieb angewurzelt stehen. Das war doch ein Schlechter Scherz! Oder etwa nicht?
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