Kapitel Neunundzwanzig - Der Fund
Kapitel Neunundzwanzig - Der Fund
Dieser furchtbarer Tag begann wie jeder andere Tag auch ziemlich früh an morgen. Butch war wieder wie verrückt am bellen, da er unbedingt seinen Auslauf brauchte. Aber vermutlich war ich der einzige, der wach wurde, da ich nicht so viel getrunken hatte wie Bobby und Sam.
Ich setzte mich auf und wischte mir den Schlaf aus den Augen.
"Dad!", sagte Leah und stürmte in das kleine Gästezimmer, in dem ich pennte. Die wollte unbedingt die Nacht hier schlafen und ich tat ihr den Gefallen. Vor allen Dingen, wenn ich schon daran dachte, dass sie heute Mittag bereits wieder fahren würde. "Kommst du mit? Ich will mit Butch rausgehen. Aber wenn ich gehe, dann geht er nur wieder mit mir", lachte sie und zeigte locker auf die Schürfwunden auf den Knien, Handinnenflächen, Ellenbogen und dem Kinn. Ja, als sie gestern mit Butch draußen war, hatte er irgendwas gerochen und war ausgeflippt. Ende der Geschichte: meine Tochter wurde über die Straße gezerrt.
Ich lächelte. "Ich mach mich eben nur schnell fertig", sagte ich und schnappte mir meine Armbanduhr die auf dem Karton neben dem Bett stand. Halb Acht am Morgen. Na super.
Als Leah aus dem Zimmer lief, stand ich auf und zog mich an. Duschen kann ich auch nachher. Ich war ja erst gestern Nacht duschen.
Sam pennte immer noch auf der Couch, während Bobby in seinem Zimmer war.
Mit einer Scheibe trockenen Toast, hatte nicht so Hunger, begab ich mich nach draußen.
Leah war bereits bei Butch und spielte mit ihm.
"Dreh ihn nicht so auf, oder er geht wieder mit dir spazieren", sagte ich und biss vom Toast ab. "Butch, Platz!"
Butch gehorchte mir und und legte sich ruhig hin. Leah seufzte.
"Was?"
"Butch kann doch nicht ewig unter diesem Autodach wohnen. Was ist, wenn das Ding bei einem Sturm auf ihn fällt, oder andere Sachen. Er hat nur oben Schutz."
"Ja, dass stimmt. Aber Bobby ist ziemlich beschäftigt. Der kam nicht dazu", meinte ich und biss wieder vom Toast ab.
"Können wir nicht eine Hütte bauen?", fragte Leah mich. "Ich hab da hinten auch schon Holzbretter gesehen."
"Hm, na gut", meinte ich. "Das können wir machen. Sattel den Hund und dann gehen wir eine Runde."
Leah schnappte sich die Leine und brachte diese an dem Halsband von Butch an, dann ließ sie ihn von der langen Metallkette.
Während wir beide in der Nähe von Bobbys Unterkunft mit Butch spazieren gingen, musste ich es mir wieder einmal mit ansehen, dass Butch mit Leah spazieren ging.
"Butch! Aus! Nein!", quietschte Mina und wurde von Hund hinter sich her gezogen. Ich eilte hinter her und schnappte nach der Leine. Mina ließ sofort los und überlies mir den Hund.
"Butch!", knurrte ich und zerrte kurz an der Leine. Er fiepte kurz und blieb dann abrupt stehen. Dann drehte er sich um und kam zu mir getrottet. Wieso auch immer hörte er nur bei Bobby und mir aufs Wort.
Wenig später waren Mina und ich im Garten und schusterten aus dem vielen Holzplatten eine Hundehütte für Butch, welcher uns die ganze Zeit merkwürdig beobachtete. Saskia war schon mal dabei, Leahs Sachen zusammen zu packen.
"Leah, kannst du mir mal erklären, wieso du das Lieblings-T-Shirt deiner Mutter zwischen den Klamotten hast?"
"Kann dir doch egal sein", meinte Leah patzig und malte weiter das Holz in einem himmelblau an.
Saskia sagte nichts und blickte von den dunkelroten T-Shirt ihrer verstorbenen Schwester zu Butch, der sie anbellte.
"Was willst du, Hackfresse denn?", fragte Saskia genervt und baute sich vor Butch auf. Dieser sprang an der Kette hoch und schnappte nach dem T-Shirt, während er weiter wild am bellen und Knurren war. "Werden jetzt sogar Hunde auf meine Schwester geil?"
"Er kennt ihren Geruch und hat ihn lange nicht gerochen. Butch mochte Nia. Du freust dich doch auch, wenn du nach langer Zeit jemanden siehst, denn du gern hast, oder?", fragte Bobby, der raus kam. Dann blickte er zu Leah und mir. "Was macht ihr da?"
"Wir bauen ein Häuschen für Butch", antwortete ich auf die Frage.
Leah seufzte. "Daaaad, Butch ist nicht schwul. Das heißt nicht Häuschen. Der Hund ist ein harter Kerl. Also ist das ne Bude."
"Entschuldigung, Prinzessin", sagte ich grinsend.
"Das heißt Königin, Dad."
Bobby lachte leise, und befahl Butch, dass er die Klappe halten sollte. Aber der beruhigte sich nicht.
"Ey!", rief Saskia.
Jaulend hatte Butch Saskia das T-Shirt aus der Hand gerissen und sich damit verzogen. Anstatt es zu zerpflücken, schnupperte er daran. Einen Moment hielt er inne, als er völlig ausflippte und an der Kette zerrte. Er wollte zum Tor.
"Was hat er denn?", fragte ich und ließ alles stehen und liegen, während Saskia sich das T-Shirt schnappen wollte.
Aber wieso auch immer drehte sich Butch hektisch um, und schnappte nach dem T-Shirt, um es in seinem Maul zu lassen. Dann zerrte und zog er wieder an der Kette.
Und es kam wie es kommen musste. Butch riss sich von der Kette los und raste vom Hof.
"Butch!", sagte Bobby. Ich sah ihn an, dass er keine Lust hatte hinter her zu laufen. Ganz sicherlich nicht bei diesem Wetter.
Also nahm ich meine Beine in die Hände und stürzte den Rüden hinter her.
"Dean!", es war Sam, der mir die ganze Zeit gefolgt war.
Butch blieb in mitten einer verlassenen Kreuzung Name Bobbys Hof stehen und schnupperte - immer noch mit dem T-Shirt im Mund - über den Boden. Ich blieb stehen, um Butch nicht zu verschrecken. Sam blieb neben mir stehen.
"Was hat er?", fragte Sam irritiert, während ich nach Luft rang. "Du solltest öfter Joggen gehen."
Ich würgte, da mir die Lunge brannte und spuckte Sabber auf den Boden. "Äööööh", keuchte ich und schniefte. "Ich werde alt."
"Ja, ein bisschen", sagte Sam und blickte wie ich wieder zu Butch, der inne hielt. Er legte das dreckige T-Shirt auf den Boden - direkt in der Mitte der Kreuzung und setzte sich hin. Geduldig blickte er Sam und mich an.
"Ja, okay, feiner Dicker", meinte ich. "Was macht er da? Will er jemanden beschwören?"
"Ich hab keine Ahnung", sagte Sam und ging auf Butch zu. "Ja, was ist denn da?"
Butch dachte, es wäre ein Befehl und schob mit der Nasenspitze das T-Shirt weg, ehe er anfing mit seinen Vorderpfoten auf den Boden herum zukratzen. Er buddelte ein Loch.
Sam war der erste der reagierte und Butch beim buddeln half. Nach einer Weile und einen kleinen Haufen, Schotter, Kies und trockener Erde, jaulte Butch und setzte sich wieder brav hin, während Sam irgendwas frei buddelte.
Mittlerweile hatte ich mich akklimatisiert und mich neben Sam auf den Boden gekniet. Er buddelte weiter, während ich Butch lobte. Was auch immer er da gefunden hatte.
Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Sam irgendwas dunkles aus dem Loch zog.
"Das ist eine Schachtel", bemerkte Sam. Ich wandte mich zu ihm. Noch bevor ich ihn dazu drängen konnte, dass er diese öffnen sollte, tat er es.
Sofort wurde er blass, hätte womöglich am liebsten gekotzt. Neben der widerlichen Blässe, in seinem Gesicht bildeten sich die Schweißperlen auf der Stirn - selbst Tränen bildeten sich in seinen Augen.
Dann atmete er schief ein, ehe er wieder in die Schachtel blickte.
"Was?", fragte ich ihn.
Mein Bruder presste wimmernd die Lippen aufeinander, als ich ihn ungeduldig die Schachtel aus der Hand riss.
Fassungslos starrte ich in die Schachtel. "Nein, nein, nein, nein", stammelte ich immer wieder, als ich auf dem Foto Nia erkannte.
Sie machte einen Deal. Deshalb war sie tot. Wieso machte sie einen gottverdammten Deal? Woher wusste sie das alles?
Ich starrte Sam wütend an. "Ich hab ihr nichts davon erzählt", meinte er sofort. Er wusste, was ich dachte. "Was ist mit dir?"
Entsetzt blickte ich Sam an. "Nein, dass hätte ich niemals zugelassen", sagte ich. "Bobby."
"Dean!", rief mir mein Bruder hinter her, als ich aufsprang und ich mit der Schachtel in Richtung Hof lief.
"Hast du es Nia erzählt? Hast du ihr erzählt, wie ein Deal funktioniert?", ich hatte Bobby am Kragen gepackt und ihn an die Wand des Hauses gedrückt. Saskia und Leah, die sich um die Hundehütte kümmerten, blickten zu uns.
Ich zog Bobby ins Haus.
"Ich bin doch nicht bekloppt!", sagte er panisch und schubste mich zurück. Dann riss er mir die Schachtel aus der Hand. "Nein, dass kann nicht wahr sein? Wieso hat sie einen Deal gemacht?"
"Das weißt du doch", meinte ich.
"Nein, weiß ich nicht", brummte Bobby. "Das ist einer meiner Schachteln. Es fehlt ein bisschen Friedhofserde und ein Knochenteil der toten schwarzen Katze. Ich dachte, dass du es genommen hast. Aber dann doch einen Rückzieher gemacht."
"Ich hab keinen Grund zu gehen", gab ich zu. "Bobby, wir müssen herausfinden, wieso Nia diesen Deal gemacht hat. Es muss einen Grund haben", ich riss mich zusammen, nicht wieder in Tränen auszubrechen und wandte mich von Bobby ab. Ich wollte jetzt noch nicht nach dem Grund suchen. Ich suchte erstmal die nächste Whiskey-Flasche aus der Bar und verschwand irgendwo zwischen den Autowracks, um mich den Hochprozentigen nach langer Zeit wieder hinzugeben. Und natürlich um zu heulen. Wie ein kleines jämmerliches Baby.
Immer wieder diese eine Frage in meinem Kopf.
Wieso machte Nia einen Deal? Was war der verfluchte Grund, ihr Leben ein Ende zu setzen?
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