
Kapitel 1
"In 10 Minuten sperren wir auf! Bis dahin will ich alle Gläser fertig poliert und die Tische abgewischt haben", hörte ich meinen Chef aus dem hinteren Teil der Bar rufen. Seufzend polierte ich das Whiskeyglas in meiner Hand fertig und stellte es ins Regal.
"Sam? Ich mach die Tische und Sessel fertig. Hast du die Bar unter Kontrolle?", rief mein Kollege Chris mir zu, welcher unseren Chef ebenso wie ich gehört hatte. Ich war froh, dass er die Tische übernahm, denn das war die Arbeit, welche ich am wenigsten mochte und da er mich nun schon einige Jahre kannte, wusste Chris das auch.
"Die Bar unterliegt meinem Kommando wie immer", erwiderte ich schmunzelnd und nahm ein weiteres Glas aus dem Geschirrspüler. Das Letzte, was ich zu meiner Erleichterung feststellte, weshalb ich den Geschirrspüler mit meinem Fuß schloss und das Poliertuch zu trocknen aufhängte, nachdem ich das Glas sorgfältig zu den anderen gestellt hatte.
Nun musste ich nur noch kontrollieren, ob noch Eiswürfel vorrätig, genug Spirituosen hier waren und genug Wein, sowie Mineralwasser eingekühlt war. Gerade als ich zwei Flaschen Weißwein in die Kühlschublade stellte, ging unser Chef mit klimpernden Schlüsseln an der Bar vorbei, warf einen prüfenden Blick darauf und schnaubte.
"Da ist noch ein Glasabdruck", brummte er missmutig wie immer und sah mich schlecht gelaunt an. Ich schloss die Schublade stumm, schnappte mir einen Vetex und wischte den besagten Abdruck weg. War ja klar, dass ich etwas übersehen hatte. Der Chef schnaubte noch einmal, kontrollierte Chris Arbeit, woraufhin er ihn wie immer lobte und schließlich die Bar aufsperrte.
Es war acht Uhr am Abend und vermutlich würden nur einige wenige sich hier her verirren, bevor es ganz dunkel wurde. Erst ab 11 war die Bar meist gut gefühlt, nur Leute, die zum Quatschen kamen, trudelten hier früher ein.
Unsere Bar wirkte beim ersten herein kommen eher dunkel. Sie war mit dunklen, meist runden Holztischen ausgestattet mit dazu passenden, relativ gemütlichen Stühlen. Am beliebtesten war eine ausgepolsterte Sitzecke, mit eher niedrigem Tisch und vielen Polstern. An der Bar waren hohe Hocker ohne Lehne. Diese Hocker waren meist sehr gut besetzt, was ich nicht wirklich verstand, sie waren nämlich die unbequemsten Sitzgelegenheiten in der ganzen Bar.
"Tut mir leid, den Fleck hab ich übersehen", riss mich Chris aus den Gedanken, welcher plötzlich neben mir lehnte. Ich winkte ab und lehnte mich ebenfalls zurück.
"Du weißt doch, dass er bei mir immer Fehler sucht. Und wenn der Fleck nicht gewesen wäre, wäre vermutlich der Spiegel zu dreckig gewesen, oder die Gläser zu wenig poliert", antwortete ich und stieß mich von der Wand ab.
"Magst du auch etwas zu trinken?", fragte ich ihn und als er nickte, wand ich mich zu den Gläsern. Es stimmte, aus irgendwelchem Grunde mochte mich mein Chef nicht und suchte immer nach Fehler. Ich konnte mich noch so bemühen, selbst wenn ich gerade nichts übersehen hatte, fand er etwas über das er sich aufregen konnte.
Als ich hier vor drei Jahren angefangen hatte, traf mich sein Geschimpfe noch recht tief und ich versuchte verzweifelt ihm alles recht zu machen. Ich war wirklich unglücklich mit meiner Arbeit und suchte nach einer Alternative, konnte aber keine finden. Irgendwann hatte ich aber verstanden, dass ich ihm nie irgendwas Recht machen würde und von dem Moment an, konnte ich die Arbeit mehr genießen und stellte fest, dass ich gerne hinter der Theke stand und Kunden bediente.
"Einmal gespritzten Holundersirup mit Zitrone und Minzblätter, wie es der Herr gern so mag", meinte ich mit einem charmanten Lächeln und reichte Chris sein Glas. Ich hatte mir ebenfalls ein Glas davon gemacht und kostete davon, bevor ich zufrieden nickte.
"Vorzüglich wie immer. Sag mal, kann ich deine Nummer haben?", fragte Chris mich und stellte sein Glas ab, bevor er sich mit einem Grinsen durch seine braunen Haare fuhr. Ich richtete mich auf, musterte ihn und seufzte dann.
"Weil du so lieb gefragt hast", flüsterte ich, schnappte mir eine Serviette und kritzelte eine Nummer darauf. Natürlich nicht meine eigene. Chris nahm die Serviette entgegen und sah mich entsetzt an.
"Sag mal gibst du immer falsche Nummern her? Kein Wunder, dass das letzte Mal eine Kathi abgehoben hat", scherzte er und wir lachten beide auf. Leider kamen solche Gespräche, jeden Abend vor. Wenn noch keiner in der Bar war, scherzten wir meist darüber, weil er, ebenso wie ich, jeden Abend so einige Handynummern kassierten und würden wir uns bei jedem der uns seine Nummer gab melden, hätten wir keine Freizeit mehr.
"Jetzt mal ehrlich Sam, hast du in den drei Jahren schon mal deine echte Nummer hergegeben oder eine Nummer angerufen, die du bekommen hast?", fragte Chris mich dann neugierig. Da ich gerade das Glas an meine Lippen gesetzt hatte, trank ich einen Schluck und antwortete erst, nachdem ich das Glas abgestellt hatte.
"Einmal ja. Und das hat mich gelehrt, es nie wieder zu tun", antwortete ich ihm und wusste, dass sich mein Gesicht etwas verfinsterte. Am Anfang noch, kam man sich sehr geehrt vor, jeden Abend zahlreiche Komplimente und Nummern zu bekommen und man freute sich auch, wenn jemand hartnäckiger war.
Da ich jeden Tag in den Spiegel blicke, weiß ich, dass ich nicht so schlecht aussehe und meine kurzen kastanienbraunen Haare mich interessanter wirken lassen wie die Mädels, welche alle mit der gleichen Frisur herumrennen. Doch durch meine eher ruhigere Art, habe ich vor diesen Job nicht wirklich viele Komplimente bekommen, weil ich nicht so auffalle, wie zum Beispiel meine Freundin. Neben dieser wirke ich nämlich wie ein Gänseblümchen neben einer blühenden Rose. Unscheinbar.
Meine damalige Kollegin hat mich von Anfang an davor gewarnt, mich auf unsere Kunden einzulassen und ich habe immer auf sie gehört, bis auf das eine Mal als Tom kam. Ein wirklich gutaussehender Kerl, welcher sich jeden Abend um meine Aufmerksamkeit bemühte, mit Komplimenten machte und viel Trinkgeld hinterließ. Was nicht heißt, dass ich käuflich bin.
Aber er hat mir imponiert, also habe ich mich schließlich auf ihn eingelassen. Auch wenn wir am Anfang eine wirklich schöne Zeit miteinander hatte, wurde er immer besitzergreifender und wollte immer wissen was ich machte.
Während meiner Arbeit wäre es ihm am liebsten gewesen, hätte ich mit keinem anderen männlichen Wesen geredet und wenn ein anderer mit mir zu flirten versuchte, hat er sich aufgespielt und nicht nur ein einziges Mal eine Schlägerei angefangen.
Als ich ihm sagte, dass er sich nicht sorgen musste, dass ich ihm mit einem anderen auf die Seite ging, drehte er komplett durch, beschuldigte mich ihn schon mit sämtlichen Barbesuchern betrogen zu haben und beschimpfte mich. Das war dann zu viel und ich machte mit ihm Schluss.
Leider hinderte ihn dies nicht daran, jeden Abend in die Bar zu kommen und mich zu stalken. Meine damalige Kollegin setzte dem Ganzen ein Ende, indem sie den Chef einschaltete, welcher Tom aus der Bar verwies und ihm Hausverbot erteilte. Lange Zeit konnte ich am Morgen nicht alleine nach Hause gehen, weil er in der Nähe der Bar auf mich auflauerte.
Erst als ich die Polizei einschaltete und er ein Verbot bekam, in meine Nähe zu kommen und mit mir zu reden, lies er mich in Ruhe. Seit dem Vorfall hatte ich keinen der Barbesucher mehr meine Nummer gegeben oder sie angerufen. Egal wie zuvorkommen sie auch waren.
Chris sah mich schockiert an nachdem ich geendet hatte und schüttelte ungläubig seinen Kopf. "Wow. Das ist mal eine Geschichte. Jetzt verstehe ich auch, dass du single bist", meinte er und blickte zum Eingang als die Türe aufging.
Chris arbeitete seit einem halben Jahr hier und mich wunderte es, dass er diese Frage nicht früher gestellt hatte, auch wenn ich ihm dankbar war dafür, denn dieses Erlebnis bereitete mir Magenschmerzen.
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Soso...
...das wäre dann mal das erste Kapitel.
Das zweite wird bald kommen und mit dem zweiten kommen dann auch unsere lieben Musiker dazu.
Danke fürs Lesen und bis zum nächsten Kapitel!!
See ya
Lomnia
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