-(••÷[ Kapitel 19 ]÷••)-
November, 1900
Kaiserreich Korea
Provinz Gyeongsangnam
Sancheong-gun
„Kommt, hier lang", bat Hoseok und sah mich dabei flehend und zugleich ängstlich an. Machte ich so einen gefährlichen Eindruck? Bei einem Blick zu Jungkook, wurde mir bewusst, dass auch ihm das Entsetzen ins Gesicht geschrieben stand und er nicht damit gerechnet zu haben schien, dass ich einen Menschen angreifen würde. Was hätte ich denn tun sollen? Missmutig folgte ich den beiden, wobei ich mir immer wieder über die blutverschmierte Schnauze leckte.
„Suga?" Der besorgte Ton in Jungkooks Stimme, verriet mir, dass er sich Sorgen um mich machte. Dass er Bedenken hatte, oder einfach nur völlig überfordert mit der Situation war.
„Das ist nicht deine Schuld, hörst du?" – ist es wohl! Ich knurrte, drehte den Kopf weg und tapste weiter durch den Wald. Da konnte er mir sagen was er wollte. Ich wusste, dass es meine Schuld war, denn die Japaner wollten mich – zumindest hatte Hoseok das vorhin gesagt. Was gab es da misszuverstehen?
Ein erschrockenes Grollen entglitt meiner Kehle, als ich plötzlich von den Beinen gerissen und zu Boden gerungen wurde. Fest umfasste Jungkooks Hand meine Schnauze und drückte sie unbarmherzig in den nassen und kalten Dreck. Schnaufend schielte ich dabei zu ihm, während er mich mit seinen braunen Augen und seinem kompletten Körpergewicht fixierte. Er wirkte schon fast bedrohlich auf mich.
„Sie wären so oder so gestorben ... vielleicht ein paar Jahre später bei irgendwelchen Aufständen ... Hoseok ist der Einzige, der überlebt ... Bitte, Suga. Es ist nicht deine Schuld, okay?", fuhr er mich an und machte mir mit seinen Worten mehr als deutlich, dass seine Vorfahren keine goldene Geschichte in die Zukunft getragen hatten. Das erklärte wohl auch, warum Jungkooks Vater die Namen dieser Menschen wieder hatte aufleben lassen.
Als Jungkook wieder von mir abließ, folgte ich seiner Bewegung, wobei mein Blick an Hoseok hängen blieb, der uns beide verwirrt und zugleich entsetzt ansah. Konnte es noch schlimmer werden?
„Du wusstest, dass sie sterben würden? Warum hast du sie nicht gewarnt?", fragte Hoseok erstickt, wobei sich Jungkook erhob und Hoseok eine Hand auf seine Schulter legte, doch zu einer Antwort kam er nicht, da er von tiefen, rufenden Stimmen unterbrochen wurde – zum Glück, na ja oder auch nicht.
„Sie sind hier reingelaufen!"
„Folgt ihnen, solange die Spuren noch frisch sind!"
Verdammt! Das war gar nicht gut.
„Wir müssen hier weg", hauchte Hoseok so leise wie möglich, aber immer noch merklich verwirrt und verletzt, wobei Jungkook eilig zustimmte und ich bereits in die Richtung vorgelaufen war, in die der Junge gezeigt hatte. Wir durften jetzt nur nicht wieder stehen bleiben, oder zurückblicken. Es würde ihren Tod bedeuten und dann stand ich wieder ganz allein da und hatte zum anderen die Linie der Familie Jeon gänzlich ausgelöscht. Nein das durfte nicht passieren.
Wir liefen und liefen, bis zum Morgengrauen. Wir schafften es in das nächste Dorf unterhalb des Berges, doch wir blieben nicht stehen. Wir zogen weiter, bis uns die Erschöpfung dazu zwang einen Unterschlupf zu suchen, der in dieser Nacht aus einem kleinen Lager mitten im nächsten Wald bestand. Für mich und Hoseok war das kein Problem, doch für Jungkook war es alles andere als einfach. Er hatte so oder so schon mit den schweren Bedingungen zu kämpfen und jetzt auch noch ohne Zelt im Herbst im Wald zu nächtigen, gehörte wohl nicht auf seine Wunschliste.
„Hey. Wir schaffen das", sprach Hoseok ihm Mut zu und fasste dabei an seine Schulter, wobei sich die beiden schließlich ansahen. Jungkook begann den Kopf zu schütteln, vergrub ihn schließlich in seinen Händen und unterdrückte ein Schluchzen. Er war völlig fertig, weswegen ich mich zwischen seine Beine zwängte und mich an ihn kuschelte. Ich stupste seinen Arm an, den er kurz darauf um mich schlang.
„Es tut mir so unendlich leid ...", schniefte Jungkook in mein Fell und verkrallte sich fest in diesem. Im Augenwinkel erkannte ich, dass Hoseok lediglich seinen Kopf schüttelte und sich dann zu uns legte, nachdem er seinen Mantel losgeschnürt und um sich gelegt hatte. Wir gaben ihm den Freiraum, den er brauchte und ließen ihn in Ruhe. Jungkook legte sich wenig später ebenfalls hin und zog seinen Mantel fester um den Körper, während ich mich eng an ihn schmiegte, meinen Kopf auf seinen Arm legte und leise schnaufte. Ich versuchte gar nicht erst Schlaf zu finden und bewachte die beiden stattdessen aufmerksam. Währenddessen kreisten meine Gedanken wie wild durch meinen Kopf und jedes kleine Geräusch ließ mich zucken. Ich würde sowieso kein Auge zubekommen. Das war auch gerade nicht von Bedeutung. Viel wichtiger war es, dass diese beiden überlebten und das würden sie nicht, wenn ich nicht endlich zeigte, was in mir steckte.
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„Das wird ein schwieriger und langer Weg. Ich denke, dass es besser ist, wenn wir uns nicht auf den Hauptpfaden bewegen. Das Land ist unruhig und die Japaner können uns zu jeder Zeit aufspüren ...", murmelte Hoseok nachdenklich, während er sich gerade die Hände im Fluss wusch. Wir hatten eine Trinkpause gemacht, um uns kurz auszuruhen und uns ein wenig frischzumachen. Jungkook wusch mir dabei endlich das ganze Blut ab, welches mein Fell seit Tagen besudelte. Ich ließ es über mich ergehen, aber auch nur, weil er mich dabei so liebevoll kraulte und bei mir war. Es fühlte sich gut an, auch wenn ich wusste, dass ich so einfach nicht fühlen durfte.
„Da hast du sicher recht. Was glaubst du wie lange wir bis in die Hauptstadt brauchen werden?", fragte Jungkook, während er zurück zu Hoseok ging und sich zu ihm auf den Baumstumpf setzte. Ich folgte Jungkook und verließ somit das kalte Wasser, um mich bei ihnen einmal zu schütteln. Hoseok jaulte laut auf, verzog das Gesicht und gab mir einen Klaps auf den Hintern, was mich aufknurren ließ. Was fiel ihm ein? Jungkook lachte nur und streckte sich anschließend sehnsüchtig der Herbstsonne entgegen, wobei ihm seine Haare wild im Gesicht hingen, was ihn verwegen aussehen ließ.
„Hier trink", forderte Hoseok, der Jungkook den Wasserschlauch entgegenhielt. Dieser griff danach und nahm einen kräftigen Schluck, wobei ich beobachtete wie sich sein Kehlkopf einmal auf und ab bewegte. Schnell wandte ich den Blick von ihm ab, schüttelte mich erneut und nieste. Ich sollte das lieber lassen.
„Das kann ich schwer sagen. Die Schleichpfade sind unberechenbar und wenn wir immer wieder in Dörfer oder kleine Städte für den Proviant müssen, wird es sich mindestens auf einen Monat ziehen, vielleicht weniger, wenn wir Glück haben. Wenn es richtig schlecht kommt, sind wir mehrere Monate unterwegs. Ich weiß, dass das keine rosigen Aussichten sind, also hoffen wir einfach das Beste, nach all dem Schlechten, das passiert ist." Hoseok schluckte schwer, sah uns bei seinen Worten nicht an, sondern starrte lediglich auf die Karte, die er vor sich auf dem Boden ausgebreitet hatte. Man sah deutlich, dass sein Körper bebte und ich konnte sein Herz rasen hören. Er kämpfte mit seiner Fassung, das tat er schon die ganze Zeit. Und nachts, wenn er glaubte, dass alle schliefen, weinte er sich still in den Schlaf. Ich hatte schon oft das Bedürfnis gehabt mich zu ihm zu legen, um ihm Trost zu spenden, aber ich tat es nur wenn wir eng genug beieinanderlagen, da ich Jungkook nicht alleinlassen wollte, der sich jede Nacht krampfhaft an mich kuschelte. Es wunderte mich nicht, weil die Nächte kalt wurden und ich sein einziger Halt, wie auch Wärmequelle in dieser Zeit war.
Trotzdem machte ich mir große Sorgen um Hoseok, der das zu Beginn unserer Reise – oder eher Flucht - aufgekommene Thema nicht noch einmal angesprochen und somit keine Erklärung von Jungkook gefordert hatte. Warum, wusste ich nicht, aber ich vermutete, dass er einfach nicht darüber sprechen wollte, damit niemand sah, wie schlecht es ihm damit ging. Wie könnten wir es ihm auch verübeln. Er hatte mit einem Schlag seine ganze Familie verloren, nur weil sie Fremden Zuflucht gewährt hatten.
„Lasst uns weiter. Wir sollten so wenig Zeit wie möglich verschwenden", riss mich Hoseok aus meinen Gedanken. Die beiden packten mit wenigen Handgriffen alles zusammen, so dass wir kurz darauf wieder unterwegs in Richtung Hauptstadt waren.
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Der Weg war, wie Hoseok gesagt hatte, hart. Wir nahmen einen Pfad, der uns mitten durch den Wald führte, Berge hoch und wieder runter und an den Dörfern vorbei, über Flüsse und Bäche. Die Kälte, des nahenden Winters, erschwerte uns die Reise ungemein und zwang uns dazu immer öfter eine Unterkunft zu suchen, in der wir die Nacht verbringen konnten. Hoseok und Jungkook versuchten unsere Routen so zu planen, dass wir am Abend in einem Dorf ankamen, was uns noch langsamer werden ließ.
Wir hatten in etwa die Hälfte des Weges geschafft, doch wir wussten, dass ab hier der schlimmste Teil noch folgen würde, denn wir näherten uns den größeren Dörfern und kleinen Städten. Orte, an denen laut Hoseok, bereits seit Wochen Unruhen herrschten, die sich weit über die Ländereien erstreckten. Er hatte uns noch einmal darin unterwiesen, dass wir uns versteckt halten mussten, wenn es notwendig war und so kam es leider auch, als wir eine der Kleinstädte passierten, um neuen Proviant zu besorgen. Wir gerieten in einen Hinterhalt, einen Massenaufstand und einer Machtdemonstration der Japaner, die die Bewohner der Stadt einfach abschlachteten.
Das Grauen passierte direkt vor unseren Augen, doch wir konnten nichts dagegen tun, waren dazu verdonnert in unserem Versteck auszuharren und Ruhe zu bewahren. Während Hoseok fest seine Hände über Mund und Nase gepresst hatte, um seine aufkommenden Tränen und Schluchzer zu verbergen, kauerte Jungkook sich in die Ecke, hielt seine Beine fest umklammerte und wippte wie traumatisiert hin und her. Der Anblick war nicht schön und es zerriss mir das Herz, doch auch ich war dazu gezwungen still zu bleiben, mich so gut es ging nicht zu bewegen und das Geschehen im Auge zu behalten.
Das Grausame dabei war, dass weitere Tage einfach ins Land zogen, während wir verharrten. Unnötige Leben wurden genommen und zerstört und ich konnte nichts dagegen tun. Es machte mich wütend, sogar rasend und ich stand nicht nur einmal kurz davor einfach Reißaus zu nehmen und die Mistkerle einen nach dem anderen die Kehle aufzureißen, doch die beiden hielten mich immer wieder davon ab. Mal war es Hoseok, mal Jungkook und dann hielten wir uns gegenseitig fest, bis es wieder leichter wurde.
Als die Situation endlich ausgestanden war, zogen wir durch die Stadt, besorgten uns den Proviant, den wir brauchten und zwangen uns notgedrungen an all den verletzten und kranken Menschen vorbeizugehen, ohne sie wirklich zu beachten. Mein Herz raste dabei wie wild, während ich den Drang krampfhaft unterdrückte ihnen helfen zu wollen. Ich bemerkte jedoch auch wie schwer Jungkook an dieser Situation zu knabbern hatte. Mal ganz davon ab, dass wir alle drei nicht wirklich besser aussahen. Wir waren dürr, dehydriert und schmutzig, weswegen auch unser erstes Ziel ein Fluss oder Bach war, den wir recht schnell erreichten. Damals war es schließlich überlebenswichtig, dass eine Wasserquelle vorhanden war, vorzugsweise ein Fluss, damit auch immer frisches Wasser für die Bewohner in der Nähe war.
Wir suchten uns eine geschützte Stelle, von der wir in seichteres Wasser gehen konnten, wenn wir wollten und schlugen dort unser kleines Lager auf. Ich beobachtete die beiden, wie sie sich ihrer Kleidung entledigten und sich mit etwas Wasser den Dreck vom Körper wuschen, während ich am Ufer liegenblieb. Die Erschöpfung hatte vollkommen Besitz von mir ergriffen, weswegen ich die beiden lediglich dabei beobachtete, wie sie sich notdürftig säuberten. Sie alberten nicht herum, redeten nicht miteinander und sahen sich nicht einmal an. Ich hatte bereits bemerkt, dass ihr Verhältnis gestört war, da sie kaum noch und nur das Nötigste miteinander sprachen. Es bereitete mir große Sorge, da wir auf die Hilfe von Hoseok angewiesen waren. Da half es auch nicht, wenn ich in manchen Nächten auch ihm Wärme und Trost spendete.
„Alter mir frieren die Eier ab", riss mich Jungkook aus meiner Überlegung, wobei ich den Kopf hochgerissen hatte und ihn irritiert musterte. Jungkook hingegen interessierte sich scheinbar nicht für irgendeine Reaktion, denn er rubbelte sich bereits trocken und schlüpfte in seine Ersatzklamotten, während Hoseok ihn völlig entgeistert anstarrte. Bei dem Anblick von Hoseoks Ausdruck schossen mir so einige Gedanken durch den Kopf, die bei ‚was hat er gerade gesagt?' über ‚wer ist alt?' zu ‚den kenne ich nicht.' schweiften. Vermutlich wandte sich Hoseok deswegen ab und ließ sich, nachdem er sich selbst abgetrocknet und wieder angezogen hatte, am Fluss auf einem Stein sinken.
„Willst du dich nicht etwas waschen?", fragte Jungkook mich, woraufhin ich meinen Kopf schüttelte, nieste und über meine Schnauze leckte. Ich drehte mich stattdessen auf den Rücken und hob meine Vorderbeine an, während ich ihn auffordernd mit schräggelegtem Kopf ansah.
„Na klar. Du willst gekrault werden. So typisch." Er schnalzte mit der Zunge, hockte sich aber zu mir und begann mir massierend über den Bauch zu fahren.
„Du stinkst. Los geh dich sauber machen, oder ich mach das", drohte er und scheuchte mich auf. Knurrend und missmutig trottete ich zum Wasser. Lust hatte ich definitiv keine. Wer hatte die schon bei den eisigen Temperaturen. Durst hatte ich allerdings, weswegen ich erst einmal reichlich von dem Wasser schlabberte, bevor ich meinen Körper doch in das kalte Wasser eintauchen ließ. Weit ging ich trotzdem nicht rein, tauchte nur einmal unter und kam wieder raus. Am Ufer schüttelte ich mich kräftig, nieste mehrmals und begann mich danach sauberzulecken. Das war etwas, was ich wirklich am Katzendasein hasste, egal wie notwendig es war.
Als ich fertig war, schlich ich zurück zu Jungkook, der zusammengekauert an unserem Lager saß, wo ein kleines Feuer brannte und mir wurde wieder deutlich bewusst, dass er mit all dem überhaupt nicht gut klarkam. Er überspielte vieles, um mir keine Sorgen zu bereiten, doch wenn ich nicht hinsah, oder er glaubte, dass ich schlief, brach seine Mauer in sich zusammen und man sah die Auswirkungen der letzten Monate sehr deutlich. Er brauchte dringend jemandem mit dem er sich anständig unterhalten konnte. Da war die Distanz zwischen Hoseok und ihm überhaupt nicht hilfreich. Sie mussten ihre Differenzen endlich aus der Welt schaffen und sich annähern, sonst würde ich sie womöglich beide verlieren.
Ich schlich zu Jungkook, ließ mich gegen ihn fallen und bekam somit seine Aufmerksamkeit, wobei er jedoch noch schnell über sein Gesicht fuhr und sich damit die verräterischen Tränen wegwischte. Ich brauchte sie nicht zu sehen, um zu wissen, dass sie da waren. Jeder brauchte seine Zeit mit all dem umzugehen, auch ich, obwohl ich schon vieles erlebt hatte, was das hier um Längen schlug. Der Krieg war noch einmal eine ganz andere Belastung, vor allem, wenn man halbtot in irgendeinem Graben zwischen hunderten Leichen lag und nicht wusste, ob man überlebte. Es war mein erster Tod gewesen, den ich niemals vergessen würde.
„Hey ...", hauchte er brüchig, legte seinen Arm um mich und fuhr mit seinen Fingern durch mein Fell, welches noch ganz feucht war. Ich sah zu ihm auf, streckte mich und leckte ihm über die Wange. Er jaulte leise auf, drückte meinen Kopf nach unten und stattdessen seinen Mund auf diesen. Idiot.
„Ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalte" – ich weiß! Er sah mich an, ich erwiderte seinen Blick und wandte dann meinen Kopf um, um in Hoseoks Richtung zu deuten, der schon eine Weile auf einem Stein am Fluss kauerte und auf das Wasser starrte. In seinen Händen hielt er verkrampft ein Stück traditionelles koreanisches Papier, auf dem ich jedoch nichts erkennen konnte, da ich zu weit entfernt war.
„Was?"
Ich schnaufte, legte den Kopf leicht schief und sah ihn resigniert an. Warum verstand er denn nicht? Dieses Mal dotzte ich meinen Kopf gegen seine Brust und schwenkte ihn wieder in Hoseoks Richtung.
„Oh ... du willst, dass ich mit Hoseok rede ...", schlussfolgerte er dieses Mal und entlockte mir ein zustimmendes Brummen. Na endlich.
„Aber ich weiß nicht, was ich sagen soll ... Er ist so verschlossen und ich habe Angst, dass ich ihn mit einem falschen Wort vergraule."
Ich konnte seine Ängste verstehen, aber es führte kein Weg daran vorbei dieses Problem anzugehen, weswegen ich meine Geste erneut wiederholte. Jungkook seufzte schwer, rappelte sich auf und klopfte sich den obligatorischen Dreck von der Hose. Scheinbar konnte er gewisse Gesten einfach nicht abstellen. Ich beobachtete ihn, wie er zu Hoseok hinüberging und sich räusperte, als er angekommen war. Zufrieden ließ ich mich auf den Boden sinken und schloss meine Augen. Ich wollte die beiden nicht stören und mich auch nicht einmischen, weswegen der Gedanke an Schlaf sehr verlockend war, aber ich war nicht in der Lage meine Neugierde zu zügeln und lauschte stattdessen.
„Darf ich mich zu dir setzen?", hörte ich Jungkook fragen, wobei ich jedoch nur etwas Geraschel hörte, aber keine Zustimmung. Wahrscheinlich hatte er sie ihm stumm gegeben und war ein Stück zur Seite gerutscht.
„Ist das ein Bild von deinen Eltern?" Es blieb einen Moment ruhig, weswegen ich dem Plätschern des Flusses lauschte, so wie dem Wind, der durch die Baumkronen wirbelte. „Es ist wunderschön. Hast du es selbst gezeichnet." Wieder keine Antwort. Ich gähnte, leckte mir über die Schnauze und gähnte erneut. Ich war unfassbar müde.
„Du weißt, dass ich niemals gewollt habe, dass deinen Eltern, oder deinem Bruder etwas passiert ... wirklich nicht."
„Woher ... was meintest du mit den Worten, die du versucht hast Suga zu vermitteln?" Meine Ohren zuckten, stellten sich auf und ich drehte mich ein Stück zur Seite.
„Ich ... na ja. Keine Ahnung wie ich dir das erklären soll. Sagen wir einfach ich kenne deine Familiengeschichte. Deinen Stammbaum und ich wusste deswegen, dass sie leider nie zu einem langen Leben auserkoren waren. Ihr Schicksal, hat sie früh aus ihrem Leben gerissen."
„Aber woher weißt du das? Kannst du in die Zukunft sehen? Vater meinte, dass ihr mit Magie in Berührung gekommen seid", sagte Hoseok leise, wobei seine Stimme deutlich angeschlagen klang.
„So etwas in der Art. Ich kann darüber leider nicht so genau sprechen, weil ich nicht weiß, was es für Auswirkungen haben wird."
„In Ordnung", murmelte er und dann war wieder Stille, weswegen ich zu den beiden schielte, die einfach nur nebeneinandersaßen. Jedoch konnte ich beobachten, wie Jungkook mit sich haderte einen Arm um Hoseok zu legen. – tu es du Idiot! Forderte ich ihn stumm auf, stierte dabei in seine Richtung und vielleicht hörte er meine Gedanken, oder er spürte meinen penetranten Blick in seinem Rücken, denn er legte seinen Arm endlich um Hoseoks Schultern, der leicht unter der Berührung zusammenzuckte und zu Jungkook sah. Dieser zog ihn enger an sich und drückte Hoseoks Kopf gegen seine Schultern.
„Ich bin für dich da ... lass einfach los ..." Die Worte waren nur leise gesprochen, sanft, aber dennoch konnte ich hören, wie seine Stimme zwischendrin brach, weil auch Jungkook den Halt brauchte, den er begann in Hoseok zu suchen. Ein Stechen in meiner Brust ließ mich erkennen, dass es mich verletzte, dass ich nicht ausreichte. Dass ich nicht genug für ihn war, auch wenn ich wusste, dass ich ihm nicht das geben konnte, was er brauchte – jemandem zum Reden. Ich war nie genug gewesen. Nicht für meinen Vater, nicht für mein Leben und nicht für Jungkook.
Ich schnaufte, leckte mir resigniert über die Schnauze und erhob mich schwerfällig. Meine Pfoten trugen mich zum Fluss, in den ich mich fallen und - trotz der Kälte - meinen Kopf untertauchen ließ. Ich blubberte freudlos vor mich hin, in der Hoffnung, dass ich den beiden somit nicht länger zuhören musste, doch ich hörte ihre Stimmen immer noch dumpf. Erneut schnaufte ich, blubberte dadurch noch mehr und drückte mich mehr gegen Boden. Vielleicht musste ich nur lauter sein als die beiden.
Allerdings kam ich nicht weiter in meiner Überlegung, da mich jemand an den Hinterbeinen packte und kräftig an ihnen zog und mich somit aus dem Wasser schleifte. Was zur Hölle? Ich fuhr herum und knurrte den Übeltäter gefährlich an, der mir jedoch nur den klitschnassen Kopf tätschelte.
„Dir ist schon klar, dass du auch noch zwei Tage hättest weiterblubbern können und es nichts geändert hätte, oder?", fragte Jungkook und zog dabei amüsiert, aber gleichermaßen auch besorgt eine Augenbraue nach oben. Ich schnaufte, schüttelte mich und nieste, bevor ich mich aus einem Impuls heraus mit dem Kopf voraus in ihn rammte und danach einfach ging.
„Verdammte Scheiße!", zischte Jungkook wehleidig.
„Alles in Ordnung?", hörte ich Hoseok besorgt sagen.
„Nein gar nichts ist in Ordnung. Die dumme Katze hat ein verdammtes Selbstwertproblem und meine Eier zerquetscht."
Ruckartig drehte ich mich zu den beiden um und fauchte gefährlich, wobei ich meine Zähne fletschte und sich meine Haare im Nacken aufstellten.
„Ja genau! Was verdammt ist los mit dir? Scheiße Mann. Was habe ich dir getan, huh?", knurrte Jungkook und ich wich einen Schritt zurück. Mein Katzenschwanz sank zurück auf den Boden und ich zog meine Krallen wieder ein.
„Aha! Du bist echt ein riesiger Idiot. Komm schon her", forderte er mich auf, winkte mich zu sich und glitt dabei zurück, da er ohnehin schon auf den Knien gesessen hatte. Ich kam seiner Aufforderung nach und drückte mich an ihn, während er seine Arme um mich schlang und mich in eine feste Umarmung zog. Er hatte ja Recht. Ich war ein Idiot, weil ich mich zu sehr von meinen negativen Gedanken beeinflussen ließ. Das musste ich unbedingt in den Griff bekommen.
„Lasst uns ausruhen", schlug Hoseok vor, weswegen wir uns nach einem kurzen Moment zurück zu unserem kleinen Lager begaben und es uns dort gemütlich machten, wo mein Körper fast sofort seinen Tribut einforderte und ich auf Jungkook einschlief.
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