Kapitel 1 - Tethys Lesage
Mein Blick wich zu dem rotblonden Jungen, der neben mir am Boden lag. Ich konnte es bis jetzt nicht glauben, was passiert war, er hätte tot sein müssen. Joshua Rosfield, der Dominus des Phönix wurde von dieser anderen Esper des Feuers, getötet. Aber er hatte es überlebt, jedoch war er weiterhin ohne Bewusstsein. Ich hatte seine Verletzungen so gut ich konnte versorgt, mehr konnte ich in diesen Moment nicht tun. Joshua musste von hier weg, er musste an einen Ort, wo er sich ausruhen konnte. Doch wo war dieser Ort? Ein Geräusch riss mich aus meinen Gedanken und ich sah von meinem Versteck hinab in den Innenhof der Festung, oder besser gesagt, was vom Kampf der beiden Espers davon übrig geblieben war. Meine Augen weiteten sich, als ich einen Hauptmann der kaiserlichen Armee sah, dieser sich in den Trümmern aus herabgestürzten Mauerteilen, verbrannten Leichen und eingestürzten Türmen suchend umsah. Er suchte jemanden, etwa mich? Nein, mich hielten alle für tot, was ich auch sein sollte, doch war ich es nicht. Erneut überkam mich die Erinnerung an diesen einen Tag.
Ich versteckte mich hinter einer der Fässer auf dem Sanbréque Schiff. Dieses bereits mit Lebensmitteln und verschiedenen Waffen beladen war, wofür und wo die Reise hinging, wusste ich nicht, doch es war mir egal. Für mich zählte nur, dass mich dieses Schiff aus Oriflamme hinausbrachte und das würde es tun. Meinem Bruder hatte ich einen Brief hinterlassen, er würde es verstehen, das wusste ich. Doch Vater würde es nie verstehen, er verstand mich nicht, hat es nie getan, für ihn war ich eine Schande, weil ich nicht wie Dion ein Dominus war. Doch hatte ich ebenfalls magische Fähigkeiten, aber dies dürfte er nicht erfahren, ich war somit ein Träger und die wurden in Sanbréque nicht gerne gesehen. Dabei waren sie doch nicht anders als die Dominus, oder sahen nur, Dion, Terence und ich das so? Sahen mein Vater und das Volk in Trägern nichts mehr als billige Arbeitskräfte?
Ein Seufzer entwich meinen Lippen, als ich plötzlich ein Geräusch hörte.
„Ist alles an Bord?“, hörte ich jemanden fragen und duckte mich noch mehr, um nicht gesehen zu werden.
„Ja Captain. Wir können in See stechen, aber ich denke, bis wir an unserem Ziel ankommen, wird der meiste Spaß bereits vorbei sein."
„Am Phönix-Tor bestimmt, aber unsere Waren sind auch für unsere Soldaten in Rosaria, dort werden wir auch noch auf Widerstand treffen, und denkst du wirklich Soldat, dass die Eisernen nicht auch ihre Chance ergreifen werden, wenn der Großherzog und seine Armee tot sind?“
„Das werden sie bestimmt, da habt ihr recht. Aber soviel wir wissen, befindet sich doch auch der Dominus des Phönix am Tor. Was geschieht mit ihm?“
„Auf Geheiß des Kaisers soll der Junge verschont bleiben, seine Mutter hat darum gebeten, der Junge soll auch mit der Tochter unseres Kaisers vermählt werden.“
„Was soll er? Also ich verstehe, dass Großherzogin Annabella Rosfield die Blutlinie des Phönix bewahren will, aber den Jungen mit der Göre zu vermählen, er tut mir jetzt schon leid. Aber vielleicht kann er ihr noch Manieren beibringen, anders sehe ich schwarz.“
„Tja, unser Kaiser sieht so in ihr noch einen Nutzen, sie kann aber froh sein, dass Prinz Dion ihr Bruder ist und er ein Dominus, sonst hätte der Kaiser sie bereits verjagt. Doch jetzt genug geredet, setzt die Segel, wir brechen auf“, verfolgte ich das Gespräch zwischen den kaiserlichen Soldaten, dem Captain des Schiffes und einem Hauptmann der kaiserlichen Armee. Dieser drehte sich in meine Richtung, als die anderen beiden Männer gegangen waren, und sah eine Weile zu meinem Versteck, ehe er anschließend mit einem Grinsen das Schiff verließ. Ich atmete erleichtert aus, doch musste ich mir ein anderes Versteck suchen, zu meinem Glück war die Luke zum Frachtraum geöffnet, zu dieser ich mich schlich und hinabsprang. Dort suchte ich mir hinter den bereits gelagerten Fässer ein neues Versteck und dachte über das nach, was ich gehört hatte.
Ich wusste, dass Vater mich mit einem Adeligen verheiraten wollte. Mit Joshua Rosfield hatte ich allerdings nicht gerechnet, aber wir waren beide noch Kinder, also würde die Hochzeit erst sein, wenn wir unseren achtzehnten Geburtstag hätten. Dass Großherzogin Annabella ihren Mann und Rosaria an meinen Vater verriet, schockierte mich mehr als die Nachricht, dass ich mit Joshua vermählt werden sollte. Wie kann Annabella so etwas nur tun, sie muss doch wissen, dass alle getötet werden und es würde bestimmt Soldaten geben, die sich nicht an den Befehl halten und Joshua ebenfalls töten. War ihr das alles egal? War es ihr wichtiger, die Blutlinie des Phönix zu bewahren, auf Kosten von Unschuldigen?
Wie es aussah, ja, aber ich konnte den Großherzog nicht einmal warnen, wie auch, ich würde bald auf dem Weg nach Rosaria sein, aber auf hoher See und eine Nachricht konnte ich auch keine schicken. Der Gedanke daran Joshua zu verlieren, einen besten Freund zu verlieren, machte mir Angst. Ich schickte ein stilles Gebet an Gwygor , dass sie Joshua beschützen soll. Ich setzte mich bequemer hin und schloss die Augen, kurz darauf später schlief ich.
„Das sind die Waluther, was wollen die hier?“
„Nein, das ist Barnabas Schiff. Verdammt, alle von Bord, verlässt das Schiff, das ist Odin!“, rissen mich die panisch schreienden Stimmen, der Soldaten und der Mannschaft aus dem Schlaf. Ich sah mich verwirrt um, wusste im ersten Moment nicht wo ich war. Dann fiel es mir wieder ein, ich war auf ein Schiff geflüchtet, um meine Heimat zu verlassen. Und dieses Schiff wurde in diesem Moment von Barnabas, dem König der Waluther, dem Dominus von Odin angegriffen. Ich war im nächsten Moment hellwach, ich musste von diesem Schiff runter, solange es noch ein intaktes Boot gab. So schnell ich konnte, rannte ich an Deck, die Soldaten, wie die Mannschaft nahmen, mich nicht war, sie rannten selbst um ihr Leben. Ich sah ein Boot und rannte dorthin, als ich es erreichte erschien über mir ein gewaltiger Schatten. Ich blickte hoch und sah, einen riesigen, gepanzerten, dunklen Ritter, auf einem dunklen sechsbeinigen Pferd mit dunkelblauer Mähne und Schweif, das Pferd sah mich mit seinen blauen Augen an, ebenso wie sein Reiter.
„Odin“, hauchte ich und wich einige Schritte zurück.
„Hier bist du also, habe ich dich endlich gefunden, doch jetzt wirst du sterben. Du bist eine Gefahr für meinen Gott“, hörte ich Odin sagen, ehe er sein Schwert hob. Die aufkommende Angst lähmte mich förmlich, doch als Odins Schwert zu glühen begann und er dieses auf das Schiff und mich herabsausen ließ. Bekam ich die Kontrolle über meinen Körper wieder und konnte gerade noch zur Seite springen. Somit wurde ich nicht von Odins Schwert in zwei Hälften geteilt, jedoch durch die Druckwelle, welches das Schiff in zwei Hälften teilte, ins Wasser geschleudert. Ich versuchte mich über Wasser zu halten, doch der Zog der untergehenden Schiffsteile zog mich in die Tiefe.
Odin sah ich durch das Wasser verschwommen, das helle Aufleuchten seines Schwertes jedoch deutlich, dieses er ein letztes Mal auf das Meer niedersausen ließ. Um die zu vernichten, die noch lebten, der Angriff kam immer näher, plötzlich umgab mich ein helles Licht, an diesem Odins Angriff abprallte. Ich glaubte eine riesige Seeschlange mit Flügeln zu sehen, nein das war keine Seeschlange, das war Leviathan und dieser schwamm auf mich zu, bevor er mich erreichte wurde mir schwarz vor Augen.
„Mein Beileid, euer Gnaden. Können wir etwas für euch tun?“, riss mich die Stimme des kaiserlichen Hauptmanns aus meinen Gedanken. Ich blinzelte und widmete mich dem Geschehen im Innenhof.
„Was wollt ihr noch tun, Hauptmann? Joshua war meine Welt ... und nun ist er fort“, hörte ich eine Frauenstimme sagen.
Ich sah eine Frau in einem lila Kapuzenmantel. Dies konnte nur Großherzogin Annabella sein, ich wollte ihr schon zurufen, dass Joshua noch lebte, auf die Gefahr hin, dass man erfuhr, dass ich am Leben war, aber als ich ihre nächsten Worte hörte, entschied ich mich dagegen.
„Ich kann nur hoffen, dass mir, seine Heiligkeit verzeiht und wir unser Bündnis anders besiegeln können. Wahrscheinlich war es auch besser so, Joshua war zu gutherzig, zu sanft für die Neue Welt. Er würde diese nicht mit der nötigen Härte regieren können. Und ob Tethys die richtige Wahl für ihn gewesen wäre, bezweifle ich jetzt, sie hätte ihn, sein reines Blut, nur verdorben. Diese Neue Welt benötigt einen Herrscher, der mit Stärke und Gerechtigkeit regiert, der seine Herrschaft sichert, das blaue Blut in seinen Adern weiter bestehen lässt und nicht an das Reich, welches bereits verloren ist und Menschen, die es nicht wert sind, denkt.“
Bei den Worten von Annabella Rosfield ballte ich meine Hände zur Faust. Hielt sie ihren Sohn für so schwach, dass er nicht regieren könnte, nur weil er sich für das Volk und sein Reich einsetzen würde? Und ich verderbe ihren Sohn? Sie wollte die Vermählung doch.
Der Hauptmann nickte und sah sich weiter um, er stieg über die Reste einer Mauer, ehe er stehen blieb.
„Euer Gnaden, seht her. Die Trümmer müssen ihn vor den Flammen geschützt haben. Nehmen wir ihn gefangen?“, fragte der Hauptmann. Ich sah ebenfalls zu der Person, die der Hauptmann meinte und erblickte einen schwarzhaarigen fünfzehnjährigen jungen Mann, Clive Rosfield. Wie Annabella Rosfield jetzt entschied, interessierte mich, immerhin war Clive ihr erstgeborener Sohn, doch ihre Reaktion zeigte mir, dass sie perfekt zu meinem Vater passte. Beide hassten ihre Kinder, die nicht mit einer Esper gesegnet waren, die kein Dominus waren. Doch Annabella Rosfield übertraf meinen Vater bei Weitem.
„Nicht nötig, tötet ihn“, gab sie den Befehl und drehte sich um. Als der Hauptmann den Befehl ausführen wollte, stoppte ihn Annabella noch einmal.
„Wartet, mein Mann hat oft von ihm geschwärmt. Er sei ein guter Soldat. An der kaiserlichen Front wird er sich gewiss als nützlich erweisen. Alles hat seinen gerechten Platz“, wandte sich Annabella Rosfield an den Hauptmann, ehe sie ging. Zwei Soldaten folgten ihr und schnitten ihren Dienerinnen die Kehle durch, ehe sie den Platz der Dienerinnen an Annabella Rosfield's Seite einnahmen.
Der Hauptmann und zwei weitere Soldaten wandten sich an Clive und hoben ihn hoch. Durch den Helm sah ich das Gesicht des Hauptmanns nicht, aber ich konnte mir gut vorstellen, wie er grinste.
„Kopf hoch Junge, aus dir wird noch ein richtiger Soldat.“
Er hob Clives Kopf etwas an, ehe er ihn wieder losließ. Dann ging er, die Soldaten schleppten Clive mit. Bei den Worten des Hauptmanns konnte ich kotzen, ein richtiger Soldat, von wegen, Clive würde als Träger gekennzeichnet werden, wenn sie erfuhren, dass er Magie wirken konnte und die waren an der Front Kanonenfutter. Ich hörte ein Geräusch neben mir und drehte mich um. Joshua war aufgewacht und sah mich verwirrt an. Er hatte sich aufgerichtet, hielt sich jedoch den linken Oberarm.
„Was ist passiert? Wo bin ich? Du bist doch das Mädchen von gestern Abend. Welches ich begegnet bin, als ich zu Clive bin. Du bist Tethys Lesage. Wo ist mein Bruder? Wo ist Vater?“, fragte mich Joshua, seine Stimme wurde immer höher, er geriet langsam in Panik. Ich kniete mich zu dem um ein Jahr jüngeren hinunter und berührte ihn sanft an der Schulter, ich hoffte, ihn so beruhigen zu können.
„Beruhig dich, Joshua, ich erzähle dir alles, was ich weiß, aber bitte beruhig dich.“
Joshua sah mich an, atmete öfter durch, wobei er zu husten anfing. Als es wieder ging, begann ich mit meiner Erzählung.
„Wir sind am Phönixtor, es tut mir leid, aber dein Vater wie einige der Soldaten aus Rosaria wurden von den Sanbréque Soldaten getötet. Die überlebt haben, kamen im Kampf zwischen dir und der anderen Esper des Feuers ums Leben. Und die dieses Massaker überlebt haben, wurden vorhin von Sanbréque Soldaten, die alles abgesucht haben, getötet. Dein Bruder Clive, er lebt noch und ...“
Ich stockte, wie sollte ich Joshua erklären, dass Clive die andere Esper des Feuers war und er sich nicht unter Kontrolle hatte.
„Clive, er war die andere Esper des Feuers, das willst du mir sagen, oder? Aber du hast gesagt, die meisten sind gestorben, wie hast du das Feuer überleben können?“
Ich musste auf Joshuas Frage leicht lächeln.
„Ich war weit genug weg, habe aber trotzdem alles sehen können und gegen die Hitze hat mir meine Wassermagie geholfen, na ja und sie.“
Joshua musterte mich, dann weiteten sich seine Augen vor Erkenntnis.
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