
Kapitel 9 - Morgenrituale
Severus erwachte erstaunlich erholt. Trotz allem spürte er, wie sehr ihm die letzten Tage zugesetzt hatten. Er drehte sich zu Seite und sah Regulus noch friedlich neben sich schlafen. Gedankenverloren studierte er das Gesicht den Jüngeren. Er fragte sich, wie das alles so schnell passieren konnte. Er mochte den jungen Black schon immer. Sie hatten ähnliche Interessen und Regulus war ähnlich einsam wie der Tränkemeister selber. Beide verbrachten viel Zeit miteinander, wenn Severus im Manor war, aber wann war es Liebe geworden? Letztendlich wusste er, es genau er hatte sich in dem Moment unsterblich in Regulus verliebt, in dem er sah, wie der Heiler um das Leben von Harry kämpfte. In diesem Moment war ihm klar geworden wie sehr er ihn - nein wie sehr sie ihn brauchten.
»Woran denkst Du?« Der Tränkemeister schreckte auf und sah sich den tiefdunklen Augen von Regulus gegenüber. Schnell hatte er sich wieder im Griff.
»Nichts weiter nur, dass Du heiß aussiehst mit Deinen Augenringen.« Empört schnaubte der junge Black und schälte sich aus den Decken. »Du kannst mir mal den Umhang falten. Übrigens Du siehst auch nicht aus wie das blühende Leben. Die letzten Tage sind an uns allen wohl nicht spurlos vorbeigegangen.« Während er sprach, war Regulus an den Kleiderschrank getreten und suchte nach frischen Sachen. Warme Arme legten sich von hinten um ihn und Severus hauchte ihm ein Kuss auf den Hals.
»Okay gewonnen. Wir sehen beide bescheiden aus und ich bin froh, wenn es Harry endlich besser geht. Lass uns nach ihm sehen!« Der Heiler drehte sich zu seinem Partner, nickte und küsste ihn kurz aber leidenschaftlich. »Ich geh ins Bad. Vielleicht holst Du Dir auch frische Sachen und wir treffen uns in 20 Minuten bei Harry.« Kaum hatte er das gesagt, war er auch schon im angrenzenden Badezimmer verschwunden. Severus seufzte, nahm seinen Morgenmantel und verließ das Zimmer. Regulus wusste, wie man jemanden zappeln ließ. Kaum hatte er den Flur betreten, stand ein feixender Lucius vor ihm.
»Na gut geschlafen?« War das Einzige, das er sagte und sah seinen besten Freund dabei aber forschend an. Dieser rollte mit den Augen, konnte aber nicht verhindern, dass er rot anlief.
»Lucius Abraxas Malfoy keine Ahnung was in Deiner schmutzigen Fantasie vorgeht, aber ich habe lediglich BEI Regulus geschlafen, weil sein Zimmer näher an Harrys ist und hör bitte auf zu grinsen wie ein pubertierendes Schulmädchen! Warum bist Du überhaupt schon wach, es ist gerade sechs Uhr morgens. Brauchst Du nicht Deinen Schönheitsschlaf?«
Lucius grinsen erstarb. »Ich wollte nach Harry schauen so wie Du. Wir...also wir haben ihn heute Nacht schreien gehört. Narzissa und ich sind gleich hin, aber haben gesehen, das Ihr beide Euch gekümmert habt. Draco kam kurz darauf dazu, er völlig verstört von den panischen Schreien seines Freundes. Er hat das erste Mal, seit er sechs war, wieder bei uns geschlafen. Glaub mir, meine Nacht war auch nicht angenehm. Mein Sohn scheint nachts mit Trollen zu kämpfen. Ich war gerade bei Harry, er schläft noch tief und fest. Sag Sev, was hast Du gesehen?« Severus lächelte nun sanft und legte Lucius die Hand auf die Schulter. »Später Luc! Lass mich duschen und anziehen. Ich schau nach Harry und dann reden wir.« der blonde nickte und machte sich auf dem Weg zu seiner Frau und Draco, welche noch schliefen. Die Nacht war schlimm für alle. Die panischen Schreie des Jungen waren allen durch Mark und Bein gegangen. Natürlich hatten er und Narzissa sofort gesehen, das Severus in den Geist des Jungen eingedrungen war. Lucius Malfoy ahnte warum. Offenbar konnte Harry über das Erlebte nicht sprechen und so zeigte er es Severus. Es musste wirklich schlimm gewesen sein. Das Bild von Regulus mit einem panisch weinenden und schreienden Harry in den Armen würde Lucius so schnell nicht vergessen. Nachdenklich stieg er in den ersten Stock.
Zwanzig Minuten später stand Severus vor Harrys Zimmer. Der Tränkemeister hatte schnell geduscht und sich eine bequeme Hose und ein schwarzes Button-Down Hemd angezogen. Leise betrat er den Raum. Regulus war noch nicht da. Harry schlief. Seine Atmung war ruhig. Trotz allem sah man ihm auch im Schlafen die Strapazen der letzten Nacht an. Er hatte sich klein zusammengerollt und seine Augen waren rot und geschwollen. Besorgt strich Severus dem Jungen einige Strähnen aus der Stirn.
»Hey Kleiner aufwachen!« Langsam öffnete der junge Gryffindor die Augen. Kurz blinzelte er in das Licht, das durch das Fenster ins Zimmer fiel. Harry fühlte sich besser. Die Schmerzen waren völlig verschwunden und er hatte das Gefühl, jemand hätte ihm eine tonnenschwere Last von den Schultern genommen. Vorsichtig richtete er sich im Bett auf. Jemand hielt ihm seine Brille hin. Er sah in die besorgten Augen seines Lehrers.
»Wie geht's Dir? Hast Du noch Schmerzen?« Harry schüttelte den Kopf. »Mir geht's gut. Wirklich Prof...ich meine Severus. Danke für letzte Nacht ich glaube, ich meine, ich weiß nicht, ich denke, das hat geholfen irgendwie. Wie geht es Regulus?«
»Mir geht's gut.« Der junge Heiler war unbemerkt in den Raum getreten und stand nun lächelnd am Bett seines Patienten.
»Aber Du solltest aufhören immer nur an Andere zu denken und mehr an Dich! Einmal Frühstück für unseren Patienten.«
Vor Harry erschien ein Tablett mit Porridge und Früchten. Er sah das Essen skeptisch an. »Du musst essen Harry und wenn Du Dein Frühstück mit Blicken erdolchst, es wird nicht verschwinden. Ich weiß Du bist es nicht gewohnt ausreichend und vollwertig zu essen. Ich verspreche Dir, dass Du Dich aber deutlich besser fühlen wirst, wenn Du jetzt damit anfängst!« Auffordernd hielt Severus dem Jungen den Löffel hin. Langsam begann dieser dann auch zu essen. Im Gegensatz zum letzten Mal, gelang es Harry den Löffel alleine zu halten. Es fühlte sich wirklich besser. Der Haferbrei und die Früchte schmeckten ihm und er merkte sofort, dass sein Magen nicht rebellierte, wie so oft, wenn er nach den Ferien in Hogwarts das erste Mal wieder etwas Vernünftiges zu essen bekam. Bei den Dursleys erhielt er meist nur wenige Reste oder trockenes Brot. Nach der Hälfte konnte er allerdings nicht mehr.
»Na immerhin. Narzissa wird sich freuen!« Lächelnd nahm Regulus Harry die Schüssel ab.
»Was wird mich freuen?« Narzissa war mit Draco im Raum erschienen. der blonde Malfoy sah verschlafen aus, lächelte Harry aber zu. »Guten Morgen Harry wie ich sehen scheint es Dir viel besser zu gehen. Nun...« Die Hausherrin schwang ihren Zauberstab und Harry leuchtete kurz weiß auf.
»...also alles bestens. Die Verletzungen sind so gut wie vollständig verheilt. Die Rippen sind noch empfindlich, aber das wird. Vielleicht versuchst Du es heute mal mit Aufstehen. Das Wetter ist wunderbar und Draco nervt mich, seit Du hier bist. Er will Dir unbedingt den Park zeigen.«
»Meinst Du, das ist nicht zu viel für ihn?« Zweifelnd sah Snape zu Narzissa.
»Severus Du klingst wie ein überbesorgter Vater. Es ist alles okay. Glaub mir.« Lächelnd wandte sich die blonde Frau zum Gehen. »Ach und Lucius ist in seinem Arbeitszimmer mit Blick auf den Park.« Noch einmal zwinkerte sie Harry zu, dann ging sie.
»Ähm..« Meldete sich Harry. »Ich müsste mal ins Bad...also« Severus und Regulus, die eben noch Narzissa hinterher gesehen hatten, richteten ihre Aufmerksamkeit wieder auf Harry.
Der junge Black reagierte als Erster. Die letzten Tage hatten sie das Problem mit einem Zauber gelöst, aber nun sollte der Junge ja aufstehen. Vorsichtig half Regulus ihm aus dem Bett. Harry Knie wurden weich, kurz sackte er weg. Severus war sofort an seiner Seite und stütze ihn zusammen mit dem Heiler.
»Geht schon.« Harry hatte seine Beine wieder unter Kontrolle.Severus sah ihn skeptisch an. »Mhm...trotzdem ich helfe Dir im Bad, nicht dass Du noch umkippst. Schau nicht so, da ist nichts, was ich nicht schon gesehen hab.« Der Tränkemeister grinste seinen Schüler an. Harry wusste, dass ihm nichts anders übrig blieb und ließ sich, rot wie eine Tomate von seinem Lehrer ins Badezimmer bringen. Zurück blieben Draco und Regulus.
»Sag mal Onkel Reg, was hat Harry denn da eigentlich an?« Irritiert hatte der junge Malfoy seinem Freund hinterher gesehen. Das T-Shirt, welches Harry trug, war ihm mindestens drei Nummern zu groß, genauso wie die ausgewaschene graue Jogginghose. Verlegen kratzte sich Regulus am Kopf.
»Das haben wir in seinem Koffer gefunden. Außer seinen Schuluniformen war nichts weiter darin. Also nichts was aussah, als würde es ihm passen...außer ein paar dicke Pullover mit einem großen ‚H' darauf.«
Draco warf resigniert die Arme über den Kopf.
»Nicht zu fassen. Bin gleich zurück.«
Im Bad hatte Severus Harry inzwischen unter die Dusche verfrachtet. Um dem Jungen die Scheu zu nehmen hatte er die ganze Zeit erzählt - vom Manor, den Malfoys (das meiste auf jeden Fall) und Regulus. Als Harry aus der Dusche trat, reichte er ihm ein Handtuch. Die Narben und langsam verblassenden Blutergüsse, die den Körper des Kindes zierten, ließen den Tränkemeister schaudern. Trotz allem wollte er sich nichts anmerken lassen und drehte sich zur Tür, während der junge Gryffindor sich etwas hilflos im Raum umsah.
»Ähm...Severus ich...also meinst Du, Draco würde mir etwas zum Anziehen leihen?«
Der Angesprochene drehte sich um. Harry stand mit dem Handtuch um die Hüften im Raum und sah angewidert auf die viel zu großen Sachen, welche auf dem Badboden lagen. Severus nickte.
»Warte kurz«, sagte er und wäre vor der Badezimmertür beinahe mit seinem Patenkind zusammengestoßen. Draco hatte mehrere Kleidungsstücke im Arm und grinste seinen Onkel an.
»Wenn Ihr schon bei der Auswahl von Harrys Schlafklamotten versagt habt, dann muss wohl erst ein Malfoy für ein bisschen Stil sorgen. Die Größe müsstest Du sicher noch anpassen.« Mit diesen Worten drückte der blonde, Severus die Sachen in die Hand und ließ sich dann auf dem Stuhl in der Nähe des Bettes nieder. Der perplexe Tränkemeister sah sein Patenkind dankbar an und verschwand wieder im Bad. Harry saß auf dem Badewannenrand und rieb sich gedankenverloren die Rippen. Als sein Lehrer die Tür zum Bad schloss, schreckte er auf.
»Alles in Ordnung? Hast Du wieder Schmerzen?« Besorgt kam Severus näher. Schnell schüttelte der Junge den Kopf.
»Nein. Es kribbelt nur etwas. Keine Sorge.« Für Harry was es immer noch gewöhnungsbedürftig, dass sich außer Ron, Hermine und die anderen Weasleys jemand offenbar um ihn sorgte. Sein ehemals verhasster Lehrer schien auf jeden Fall äußerst besorgt und dem jungen Gryffindor war es unangenehme, das er so viele Umstände machte. Verlegen sah er nun die Kleidung, die Snape in der Hand hatte. Auch dieser hatte Harrys Blick gesehen und er ahnte, dass ihm die ganze Situation äußerst unangenehm war. So versuchte er die Sache, möglichst unzeremoniell ablaufen zu lassen. »Draco stand schon vor der Tür. Eventuell sind die Sachen etwas groß, aber das sollte wohl kein Problem sein.« Severus reichte Harry die Kleidung und drehte sich dann wieder mit dem Gesicht zur Tür. Schnell schlüpfte der junge Gryffindor in die Sachen. Die beige Stoffhose und das dunkelblaue Kurzarmhemd waren nur unwesentlich zu groß. Unsicher stand Harry eine Weile unschlüssig im Raum und räusperte sich. Severus drehte sich herum und lächelte seinen Schüler an.
»Muss schon sagen, Draco hat Geschmack. Allerdings müssen wir das noch ein wenig anpassen.« Schnell schwenkte er seinen Zauberstab und die Sachen passten Harry perfekt. Dankbar sah dieser zu seinem Lehrer und folgte ihm aus dem Bad. Regulus und Draco sahen auf, als die beiden den Raum betraten.
»Sehr gut Harry, endlich hast Du etwas Stil! Hier die hat Onkel Reg schon angepasst.« Mit diesen Worten reichte Draco dem Grünäugigen ein paar helle Leinenschuhe.
»Danke Draco...ähm ich weiß gar nicht, was ich sagen soll...« Schnell zog Harry die Schuhe an. »Kein Problem. Mum sagt, ich hab eh zu viele Sachen. Ich hab einen ganzen Haufen Klamotten oben in Dein Zimmer gebracht. Trinket, hat sicher alles schon eingeräumt.« Ungläubig sah Harry Draco an.
»Mein Zimmer?«
»Klar, dachtest Du wir lassen Dich die nächsten zweieinhalb Wochen in Mums Behandlungszimmer schlafen?! Du bekommst das Gästezimmer neben Onkel Sev und...ähm Harry alles okay?« Der junge Gryffindor stand mit Tränen in den Augen im Raum. Er hatte das Gefühl, dass ihm Jemand den Boden unter den Füßen wegziehen würde. Er spürte, wie jemand ihn in den Arm nahm. Da war der Geruch nach Kräutern. Er fühlte sich geborgen. Severus Snape löste die Umarmung und sah Harry fest in die Augen.
»Harry es gibt Menschen die sich um Dich sorgen. Menschen, denen Du wichtig bist. Denk an Deine Freunde, an die Weasleys und an die Menschen in diesem Haus. Du bist es vielleicht nicht gewöhnt, dass Jemand Dir etwas Gutes tut, ohne Hintergedanken aber glaub mir nimm es an ohne ein schlechtes Gewissen. Okay?« Harry atmete tief durch und wischte sich die Tränen weg. Er war überrascht, wie es sein Lehrer geschafft hatte, rauszufinden was in ihm vorging. Er konnte nur schwer begreifen, dass er in Malfoy Manor so herzlich aufgenommen wurde, dass er bis zum Schulbeginn hierbleiben durfte und dass sie sogar dafür sorgten, dass er nicht in Lumpen herumlief. Das alles überforderte ihn noch. Nun stand er aber lächelnd vor Draco.
»Danke Draco es ist toll, dass ich hierbleiben kann! Zeigst Du mir den Park.« Unsicher kratzte sich Harry am Kopf. Lachend schüttelte Draco den Kopf: »Na klar und hör bitte auf Dich immer zu bedanken. Für einen 16-Jährigen bist Du viel zu höflich!« Mit diesen Worten zog der junge Malfoy Harry aus dem Raum.
Snape machten Anstalten den Beiden zu folgen, wurde aber am Arm zurückgehalten.
»Lass die Beiden. Sie haben sich viel zu erzählen, ohne ihren Lehrer. Harry passiert nichts, lass uns zu Lucius gehen. Du hast doch gehört, was Narzissa vorhin sagte.« Sanft zog Regulus den Tränkemeister am Arm in Richtung des Arbeitszimmers von Lucius Malfoy.
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