Kapitel 7 - Aussprache
Kurz nach dem Draco das Zimmer verlassen hatte, war Harry wieder in einen tiefen Schlaf gesunken. Severus war an das Fenster getreten und sah in die sternenklare Nacht. Die Regenwolken hatten sich endgültig verzogen. Noch immer konnte er kaum fassen, wie sehr er sich in dem Jungen getäuscht hatte. All die Jahre hatte er ihn schlecht behandelt und trotzdem schien es so, als sei er derjenige dem der Retter der Zauberwelt mehr vertraute als jedem anderen Erwachsenen. Harry hatte so viel von seiner Mutter. Dies sah nun auch der Tränkemeister – zum ersten Mal in all den Jahren. Er hatte ihre Wärme, ihre Opferbereitschaft, er war klug und mutig. Harry Potter war mehr als die Summe seiner Eltern - er war Harry. Traurig schüttelte Severus den Kopf. Sie mussten sich aussprechen, sonst würde ihn die Schuld auffressen.
Der Lehrer versuchte, es sich in einem der Stühle so bequem wie möglich zu machen. Er wusste, er musste schlafen, aber seine Gedanken überschlugen sich – nein er würde erst wieder richtig schlafen können, wenn ihm Harry verziehen hatte. Trotz allem fielen ihm in den frühen Morgenstunden die Augen zu und er sank in einen unruhigen Schlaf.
Sonnenstrahlen fielen in das Zimmer. Harry blinzelte. Er drehte den Kopf nach links und entdeckte seine Brille, die auf einem Nachtisch neben dem Bett lag. Die Schmerzen in seiner Brust waren wieder da und so stöhnte er auf, als er versuchte, diese zu erreichen.
Severus Snape schreckte aus seinem leichten Schlaf. Er rieb sich die Augen und stand sogleich neben dem Bett seines Schülers. Besorgt sah er in das schmerzverzerrte Gesicht des Jungen: »Du hast wieder Schmerzen!« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. Schnell griff Severus nach einer Phiole, die Regulus auf dem Nachttisch platziert hatte. Vorsichtig verabreichte er Harry den Schmerztrank. Die Züge des jungen Gryffindor entspannten sich.
»Danke!« hauchte er und ließ sich wieder in die Kissen sinken.
»Sir? Darf ich Sie etwas fragen?« Verlegen spielte der Teenager mit der Bettdecke.
Severus setzte sich wieder neben das Bett und nickte.
»Warum? Also Sie sagten, Sie hassen mich nicht und sie haben mich von den Dursleys weggeholt. Aber woher wussten Sie das und wieso machen Sie sich solche Sorgen um mich. Ich meine, selbst wenn Sie mich nicht hassen, dann bin ich Ihnen doch sicher egal und jetzt nennen Sie mich sogar bei meinem Vornamen...«
Severus atmete tief durch und zog sich den Stuhl wieder an das Bett. Das Schuldmonster in seiner Brust brüllte. Was der Junge gesagt hatte, führte ihm schmerzlich vor Augen, wie sehr er ihn in all den Jahren verletzt hatte. Als er begann, zu sprechen, zitterte die Stimme des Tränkemeisters leicht: »Hör zu Harry, das ganz ist schwer zu erklären und eigentlich gibt es keine Erklärung dafür, dass ich Dich die bisher schlecht behandelt habe. Wie Du in meinem Denkarium gesehen hast...« Harry wurde rot und spielte erneut mit seiner Bettdecke. Severus legte ihm einen Finger ans Kinn, damit er ihn wieder ansah. »...es ist okay Harry. Also ich kannte Deine Eltern sehr gut. Ich wuchs mit Lily auf. Wir wohnten dicht beieinander und als Kinder spielten wir oft zusammen. Ihre Eltern kümmerten sich oft um mich. Mein Vater war jähzornig und naja...was ich sagen will ist, dass Deine Mutter in all den Jahren mir immer eine gute Freundin war. Als wir dann zusammen nach Hogwarts kamen, war es perfekt. Leider kamen wir in unterschiedliche Häuser und Lily lernte James kennen. Er war charmant, klug und ein sehr guter Quidditchspieler. Sie mochte ihn nicht von Anfang an. Er war ihr zu prahlerisch und sie hasste es, wenn James und seine Freunde mich triezten. Ich war unauffällig, lief in alten Sachen herum und war außer, in Zaubertränken und dunklen Künsten eher durchschnitt. James wurde allerdings über die Jahre vernünftiger und weniger arrogant. Er und Lily wurden Schulsprecher, gingen ein paar Mal miteinander aus und sie verliebte sich in ihn. Du weißt, ich hab Dich beschützt, weil Dein Vater mir einmal das Leben rettete, aber das ist nicht alles. Ich...ich habe Deine Mutter immer geliebt ich habe ihr einmal sehr wehgetan, das weißt Du, aber ich habe sie immer geliebt. Ich wurde zum Doppelagenten und tat alles, um Euer Leben zu schützen, aber es gelang nicht. Ich war damals nach Voldemorts Angriff im Haus....ich hielt Lily in meinen Armen und ich schwor Dich zu beschützen, ich versprach es ihr und vor ein paar Tagen hätte ich mein Versprechen beinahe gebrochen...es...es tut mir so leid Harry. Ich sah nur Deinen Vater, nie sah ich nur Dich. Mein blinder Hass auf einen Toten hätte Dich beinahe das Leben gekostet. Ich hoffe, Du kannst mir irgendwann verzeihen.« Schluchzend brach Severus ab und vergrub sein Gesicht in den Händen. Unaufhörlich liefen Tränen über die fahlen Wangen. Plötzlich spürte er, wie eine Hand sanft über seinen Kopf strich.
Harry hatte der Erzählung schweigsam zugehört. Nach seinem Blick in Snapes Denkarium im letzten Jahr sah er seinen Vater in einem anderen Licht. Es tat ihm weh zu sehen wie sehr James und Sirius dem Tränkemeister zusetzten und ja er war wütend auf Snape, nachdem er seine Mutter Schlammblut nannte, aber den Mann vor ihm so zusehen tat ihm weh. Seit er Severus Snape kennengelernt hatte, hatte er um dessen Anerkennung gekämpft. Nun wusste er auch warum. Auf eine seltsame Weise waren sie verbunden.
»Professor, Sie müssen sich nicht entschuldigen. Mein Vater...ich weiß er war nicht fair zu Ihnen und es tut mir leid, dass ich oftmals arrogant und trotzig auf Sie reagiert habe. Sie haben mir bereits in meinem ersten Jahr das Leben gerettet und jetzt wieder. Wissen Sie auf eine Art und Weise habe ich ihnen immer am meisten vertraut. Sie haben mich verachtet sicher, aber sie waren immer ehrlich zu mir. Danke, dass Sie es jetzt auch waren! Und auch, wenn es nichts zu verzeihen gibt, sage ich Ihnen, ich verzeihe Ihnen. Meine Mutter da bin, ich mir sicher tat es auch, bevor sie starb....« Die letzten Worte, konnte Harry nur flüstern. Tränen liefen ihm über das Gesicht. Severus sah erschrocken auf und zog den Jungen vor ihm in eine sanfte Umarmung. Harry klammerte sich in die Roben seines Lehrers und weinte. Beständig strich der Mann ihm über den Rücken. Nie wieder würde er zulassen, dass Harry jemand wehtat. Es dauerte eine Weile, eh sich der Junge wieder beruhigt hatte. Langsam löste er sich von Severus und sah ihn mit roten Augen an. »Es tut mir leid, ich wollte nicht schon wieder...« Sofort hob der Tränkemeister die Hand und wischte Harry die letzten Tränen weg. »Hör auf Dich zu entschuldigen. Es ist in Ordnung. Ich verspreche Dir, dass ich es nicht zulassen werde, dass Dir noch einmal jemand etwas antut. Verstehst Du das?« Langsam nickte Harry: »Sagen Sie Sir woher wussten Sie denn nun, dass die Dursleys also...ich meine.« Dem Jungen fiel es sichtlich schwer, über das Erlebte zu sprechen.
Milde lächelte Severus: »Draco.« Harry hob eine Augenbraue. Schnell sprach der Lehrer weiter. »Du darfst ihm nicht böse sein Harry. Nachdem Du keinen seiner Briefe beantwortet hattest, hat er sich große Sorgen gemacht. Ich denke, er spürte, dass Du in Gefahr bist. Ich tat es auch auf eine Weise, die mir erst später bewusst wurde. Anfangs offenbarte sich Draco nur einer Person, doch als die Ferien andauerten, ohne Meldung von Dir, bat er seinen Vater um Hilfe. Lucius wusste, dass ich einer der Wenigen bin, der Deinen Aufenthaltsort kannte. Auf Flehen seines Sohnes kam er schließlich zu mir und bat mich um Hilfe. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mich anfangs weigerte, nach Dir zu schauen aber Lucius hatte sehr...na sagen wir starke Argumente.« Harry hatte die ganze Zeit erstaunt zugehört. Anfangs war er wütend auf Draco. Der junge Malfoy hatte ihm versprochen niemandem etwas zu sagen, aber nach den Schilderungen seines Lehrers empfand er hauptsächlich Dankbarkeit.
»Mister Malfoy hat Ihnen geholfen?« Noch immer konnte der junge Gryffindor nicht begreifen, dass die Malfoys ihn quasi gerettet hatten.
»Harry, ich und auch Draco sagten Dir bereits, dass alles etwas anders ist, als Du denkst. Aber ich kann Dir nicht mehr erzählen, bevor Du nicht gelernt hast Deinen Geist zu verschließen. Nur so viel Lucius war mit mir zusammen im Ligusterweg und Narzissa ist eine Heilerin und hat Dir das Leben gerettet. Ich verspreche Dir, dass ich Dir alles erzähle, sobald ich Dir beigebracht habe, wie Du den Lord abwehren kannst.« Wieder nickte der Junge langsam.
»Danke.« Harry sah seinen Lehrer dankbar an. Plötzlich klopfte es an der Tür. Harry sah, wie eine Person mit einem Tablett den Raum betrat. Den Mann mit den schulterlangen schwarzen Locken und den tiefdunklen Augen kannte Harry nicht oder doch? Etwas sehr Vertrautes lag im Blick des Dunkelhaarigen. Ungläubig starrte der junge Gryffindor den Mann an. Dieser kam, den strengen Blick von Severus ignorierend, näher auf Harry zu und stellte schließlich das Tablett auf dem Nachttisch ab.
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