Kapitel 6 - Erwachen
Der Tag ging dahin, ohne das sich am Zustand von Harry etwas änderte. Draco und Severus blieben bei ihm. Draco nutze die Zeit und erledigte seine Hausaufgaben, während der Tränkemeister in einem Buch las. Regulus, Narzissa und Lucius kamen regelmäßig, um nach den Dreien zu sehen und um Draco und Severus daran zu erinnern ab und zu was zu essen. Am späten Abend standen die Malfoys und der junge Black wieder in der Tür und fanden Severus und Draco halb schlafend auf ihren Stühlen.
»Ihr solltet beide ins Bett gehen und Euch ein paar Stunden Schlaf gönnen. Harry geht es soweit gut. Durch den Alarmzauber merken wir sofort, wenn er wach wird.« Narzissa war zu ihrem Sohn getreten und strich ihm einige blonde Strähnen aus der Stirn.
»Nein Mum bitte ich will hierbleiben!« Flehend sah Draco zu seiner Mutter.
»Ich glaube kaum, dass sich die beiden überreden lassen.« Sagte Regulus, hob seinen Zauberstab und verwandelte die beiden Stühle in jeweils ein Feldbett samt Decke und Kissen.
»Danke Reg «, sagte Severus und lächelte den Heiler an. Dieser nickte nur knapp und verließ den Raum, ohne sich noch einmal umzusehen. Wieder war er leicht rot angelaufen, aber das hatte nur Lucius gesehen.
Draco machte es sich auf einem der Betten gemütlich und Narzissa trat seufzend zu ihrem Mann der grinsend noch immer in der Tür stand.
»Versucht aber wirklich, zu schlafen. Ihr seht beide nicht besonders gut aus. Und wenn was ist, weckt uns bitte!« Streng sah die Hausherrin zu ihrem Sohn und Severus.
»Macht lieber was sie sagt, sonst jubelt sie Euch noch einen Schlaftrunk unter.« Lucius verließ den Raum nicht ohne Draco und dem Tränkemeister noch einmal zuzuzwinkern. Kopfschüttelnd folgte ihm Narzissa.
Nun legte sich auch Severus auf das andere Bett und streckte sich aus. Erst jetzt merkte er wie verspannt und müde er war. Draco war bereits eingeschlafen. Mit einem Wink seines Zauberstabes löschte der Dunkelhaarige das Licht, nur eine kleine Lampe ließ er brennen. Harry sollte, wenn er aufwachte, nicht das Gefühl haben, immer noch in dem Schrank unter der Treppe zu liegen. So sehr er sich auch bemühte, Severus Snape fand keinen Schlaf, er drehte sich unruhig von einer Seite auf die andere, bevor er aufstand und den Raum verließ. Er brauchte Bewegung und vielleicht eine heiße Milch. Er lief den langen Flur entlang und sah, dass noch Licht in der Bibliothek war. Leise betrat er den Raum. Regulus saß in einem der bequemen Sessel und las.
»Du solltest wirklich schlafen!« Sagte der junge Heiler, ohne von seinem Buch aufzusehen.
»Woher?« War das Einzige, dass Severus antworten konnte.
Nun sah Regulus ihn an und grinste. »Du bist der Einzige, der sich beinahe lautlos durch das Haus bewegt.« Er legte das Buch zur Seite.
Seufzend setzte sich der Tränkemeister in den anderen Sessel.
»Ich kann einfach nicht schlafen. Nicht bevor Harry aufwacht und ich sicher bin, dass er wieder gesund wird.« Müde rieb er sich die Augen und starrte auf den Teppich: »Und warum bist Du noch wach?«
»Ich brauche nicht viel Schlaf und ich mache mir auch Sorgen. Nicht nur um den Jungen auch um Dich Sev. Ich hab Dich in all den Jahren, in denen wir uns kennen, noch nie so fertig gesehen. Du darfst nicht zulassen, dass Dich die Schuld auffrisst.« Regulus stand auf und ging vor dem Dunkelhaarigen in die Hocke um ihm in die Augen sehen zu können.
»Sev Du musst jetzt stark sein für den Jungen. Ich denke, Du bist der Einzige, der ihm wirklich helfen kann. Versprich mir das!« Severus sah Regulus tief in die Augen. Sein ganzer Körper prickelte, als er dem anderen Mann so nah war. Schließlich lächelte er und nickte: »Ich verspreche es!«
Zufrieden stand Regulus auf und setzte sich wieder in den Sessel. Beide Männer schwiegen eine Weile.
»Was soll mit den Muggeln geschehen?« Regulus ergriff als Erster wieder das Wort.
Severus Gesicht verfinsterte sich: »Sie hätten den Kuss verdient und sicher würden sie nach Azkaban kommen, wenn wir die ganze Sache dem Ministerium übergeben aber...« Der Tränkemeister kratzte sich nervös am Hinterkopf. »Ich brauche sie noch, und zwar in Freiheit.« Regulus zog eine Augenbraue hoch und versuchte die Gedanken seines Freundes zu lesen. »Was hast Du vor?« Wollte er nun wissen. Snape aber schüttelte den Kopf. »Es ist noch zu früh, ich möchte noch nicht darüber reden. Erst muss Harry wieder aufwachen.« Wie auf Kommando fing die Haut der beiden Männer an zu prickeln. Regulus sprang sofort auf: »Der Alarmzauber – Harry wird wach!« Sofort waren beide aus der Bibliothek gestürzt und rannten den langen Gang entlang. In der Tür zum Krankenzimmer blieben sie stehen. Im fahlen Licht sah man Draco an Harrys Bett stehen. Der Gryffindor stöhnte, seine Augenlider flatterten und er bewegte sich unruhig. Severus löste sich aus seiner Erstarrung und trat neben Draco an das Bett – gefolgt von Regulus.
»Ist alles okay mit ihm?« Verzweifelt sah Draco zu seinen Paten. Hinter Regulus erschienen Lucius und Narzissa. Die Heilerin trat neben das Bett und berührte Harry mit ihrem Zauberstab: »Soweit ist alles in Ordnung, er wird gleich wach werden. Allerdings hat er sicher Schmerzen. Durch sein niedriges Magielevel dauert die Heilung länger. Regulus!« Der junge Heiler hatte eine Phiole aus seinem Umhang gezogen und flößte den Inhalt dem Jungen ein. Harry entspannte sich ganz langsam.
»Wir warten vor der Tür. Uns alle hier zu sehen könnte ihn überfordern. Ruft bitte, wenn was ist.« Mit diesen Worten verließ Narzissa gefolgt von Regulus und Lucius das Zimmer. Severus hatte inzwischen die beiden Feldbetten wieder in Stühle verwandelt.
Nun zog er einen an das Bett und legte eine Hand auf die schweißnasse Stirn des blassen Jungen: »Harry Du musst aufwachen. Alles ist gut. Komm schon.« Draco stand noch immer neben Severus und sah besorgt auf Harry hinab. Dieser öffnete nun langsam die Augen. Er hatte das Gefühl aus einem tiefen Ozean hinauf an die Oberfläche zu tauchen. Die Schmerzen, welche er eben noch bei jedem Atemzug gespürt hatte, waren beinahe verschwunden. Er blinzelte einige Male. Wo war er? Er lag auf etwas Weichem, Wärme umgab ihn. Das konnte nicht der Schrank unter der Treppe sein oder doch? Eine sanfte Stimme drang an sein Ohr. Er roch Kräuter – es war ein vertrauter Duft. Er spürte eine warme Hand, die auf seiner Stirn lag. Er fühlte sich sicher. Er wollte nicht aufwachen, wenn das ein Traum war, dann würde er wieder auf dem harten Boden seines Schrankes erwachen und wieder würde Prügel auf ihn warten. Tränen rannen seine Wangen hinab. In seinen Ohren rauschte es. Nicht aufwachen!
Severus sprach weiter beruhigend auf Harry ein, aber er hatte das Gefühl, dass seine Worte nicht zu ihm hindurchdrangen. Der Junge weinte und seine Atmung hatte sich extrem beschleunigt. Zusehends verkrampfte er sich.
»Draco schnell hol Deine Mutter und Regulus!« Severus stand nun am Bett und hatte eine Hand auf den Brustkorb des Dunkelhaarigen gelegt. Er versuchte, das Kind zu beruhigen. Draco rannte zur Tür und Sekunden später standen die beiden Heiler neben Severus. Regulus flößte Harry eine lila Flüssigkeit ein. Narzissa zog das Kissen unter dem Kopf des Jungen hervor und überstreckte seinen Kopf leicht, um ihm das Atmen zu erleichtern. Langsam beruhigte sich Harrys Atmung, sein Körper entspannte sich. Severus nahm das Gesicht des Jungen in seine Hände: »Harry es ist alles in Ordnung, Du bist in Sicherheit. Niemand tut Dir mehr etwas. Ich verspreche es Dir!«
Harry öffnete die Augen. Das erste was er verschwommen sah, waren dunkle Augen und dunkles Haar. Da war wieder der Geruch nach Kräutern. Er blinzelte noch einige Male und erkannte den Mann, welcher seinen Kopf hielt: »Pro...Professor?« Severus lächelte erleichtert.
»Ja, Harry ich bin es. Es ist alles okay. Erinnerst Du Dich? Ich hab Dich von Deinen Verwandten weggeholt. Du hast eine Weile geschlafen. Draco ist auch hier.« Nun trat Draco in das Gesichtsfeld von Harry und lächelte ihn an. Narzissa, Regulus und Lucius hatten den Raum leise wieder verlassen.
»Bei Merlin Harry man kann Dich auch nicht aus den Augen lassen!« Verstohlen wischte sich Draco eine Träne aus dem Augenwinkel. Inzwischen hatte Severus das Kissen wieder unter Harrys Kopf geschoben und sah den Jungen nun besorgt an.
»Hast Du Schmerzen?«
Der junge Gryffindor schüttelte langsam den Kopf. Nein die Schmerzen waren fast weg. Vorsichtig drehte er den Kopf nach links und rechts. Wo war er nur? Das Zimmer war groß. An beiden Seiten des Raumes standen Regale mit Büchern, Glasbehältnissen und verschieden anderen Geräten, die Harry nicht identifizieren konnte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er keine Brille trug. Verwirrt fasste er sich ins leere Gesicht. Der Tränkemeister hatte schnell reagiert und setzte dem Grünäugigen die Brille auf die Nase.
»Besser?« Wollte er wissen. Harry sah verwirrt zwischen Snape und Draco hin und her.
»Sie sehen nicht gut aus Professor. Sind Sie krank? Und Du Draco siehst auch nicht besonders gesund aus!« Fassungslos schauten sich Draco und Severus an. Selbst in dieser Situation machte sich der Junge mehr Sorgen um Andere als um sich selbst.
»Uns geht es gut Harry. Wir haben uns Sorgen gemacht, das ist alles.« Irritiert sah Harry seinen Lehrer an: »Sie haben sich Sorgen gemacht um mich? Ich dachte...ich also Sie hassen mich und ich...ich verstehe Sie. Mein Vater er war...« Der Junge brach schluchzend ab. Severus Snape zog den jungen Gryffindor vorsichtig in seine Arme: »Shhh...Harry alles ist gut. Ich hasse Dich nicht...das habe ich nie. Dein Vater hat Fehler gemacht genau wie ich.« Harry lehnte sich in die Umarmung. Selten hatte er sich so sicher und geborgen gefühlt – nicht mal bei Sirius. Langsam löste Severus die Umarmung und half Harry sich etwas aufzusetzen.
»Wo bin ich?« Der Junge sah sich wieder im Raum um. Sein Blick blieb an einem Gemälde hängen, welches am anderen Ende des Raumes über einem Schreibtisch hing. Es zeigte zwei elegant gekleidete Menschen. Ein Mann mit schulterlangen blonden Haaren und grauen Augen. Im Arm hatte er eine genauso fein gekleidete Frau. Sie hatte ebenfalls langes blondes Haar. Ihre blauen Augen blickten freundlich in den Raum und zwinkerten dem Grünäugigen freundlich zu. Vor den Beiden stand ein Junge mit glatten blonden Haaren und sturmgrauen Augen. Auf dem Bild war Draco vielleicht 9 Jahre alt. Sein Vater hatte ihm die Hand auf die Schulter gelegt. Der Kleine lächelte scheu. Natürlich hatte Harry Dracos Eltern erkannt. Panik stieg in ihm auf. Er war zwar mit Draco befreundet, aber über seine Eltern hatte der Blonde nicht gesprochen. Vielleicht waren sie ja doch Todesser und nun war er in ihrem Haus. Plötzlich griff jemand nach seiner Hand und drückte sie: »Ganz ruhig Harry meine Eltern tun Dir nichts. Ich sagte doch, alles ist etwas anders, als Du denkst. Bitte beruhige Dich!« Draco hatte gemerkt, wie sich Harry verkrampfte, sobald er realisierte, wo er war. Die letzte Panikattacke lag erst Minuten zurück, Draco wollte nicht, dass sich das wiederholte.
»Draco hat recht. Niemand hier in diesem Haus wird Dir etwas tun oder Dich an irgendjemanden ausliefern. Verstehst Du das?« Severus hatte seine Hand auf die Wange des Jungen gelegt und sah ihm tief in die grünen Augen – Lilys Augen. Vorsichtig nickte Harry. Noch immer hatte er das Gefühl, dass alles nur ein Traum war. Aber die warme Stimme von Snape ließ ihn das erste Mal seit Wochen wieder hoffen. Er vertraute dem Mann blind – eine Tatsache die ihn selbst am meisten überraschte. Plötzlich fühlte er sich unglaublich erschöpft und müde. Er konnte kaum die Augen offen halten. Sanft drückte ihn sein Lehrer in die Kissen: »Ruh Dich aus und schlaf noch etwas. Wir werden reden, wenn Du wieder etwas wacher bist. Komm Draco, Du solltest auch dringend schlafen.« Der Tränkemeister wand sich bereits zum Gehen, als er merkte, wie jemand an seinem Hemd zog. Harry hatte sich in den Stoff gekrallt: »Können Sie hierbleiben?« Milde lächelte der Lehrer. Er wollte den Jungen ohnehin nicht alleine lassen aber, nach dem er wach war, glaubte er nicht, dass Harry ihn unbedingt in seiner Nähe haben wollte. Nun sahen ihn die grünen Augen flehend an.
»Wenn Du es möchtest, bleibe ich natürlich. Draco geh bitte schlafen!« Draco hatte bereits etwas erwidern wollen, aber der letzte Satz seines Paten duldete keinen Widerspruch.
»Gute Nacht Harry. Ich freu mich, dass Du hier bist.« Der junge Malfoy wuschelte dem Dunkelhaarigen durch die Haare und verließ leise den Raum. Vor der Tür standen noch immer seine Eltern und Regulus. Keiner sagte etwas. Natürlich hatten die Malfoys und der junge Black mitbekommen wie Harry in Panik geraten war, als er realisiert hatte, wo er sich befand. Lucius hatte seine Frau fest in die Arme genommen. Er wusste, sie müssten dem Jungen viel erklären und er wusste auch, dass Draco unter all dem sehr litt. Nun zog er seinen Sohn in die Arme und gab ihm einen Kuss auf die Stirn: »Lasst uns schlafen gehen. Harry ist in guten Händen!« Die Malfoys liefen den Korridor entlang in Richtung ihrer Gemächer. Regulus stand noch einen Moment länger vor der Tür bis auch er sich auf dem Weg zu seinem Zimmer machte. Seine Gedanken rasten seit dem Tag als Severus mit Harry in den Armen ins Manor gekommen war. Er hatte Gefühle für den Tränkemeister, diese Tatsache konnte er nicht mehr leugnen. Vor seinem inneren Auge sah er Lucius triumphierend lächeln. Kopfschüttelnd ließ er sich auf sein Bett fallen und war nur Sekunden später eingeschlafen.
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