Kapitel 34 - Auf dem Astronomieturm
»Dad?«, Harrys Blick wurde flehender.
»Um elf bist du wieder hier und wenn Filch dich erwischt, dann lebst du mit der Strafe!«, »Danke, Danke, Danke!!«, wie ein Flummi hüpfte der Gryffindor durch das Wohnzimmer, ungestüm umarmte er seinen Vater.
»Aber Harry versprich mir, dass du keine Dummheiten da oben machst!«,
»Ich verspreche es und Draco ist doch dabei. Bitte mach dir keine Sorgen!«, lächelnd nickte der Tränkemeister. Harry rannte in sein Zimmer und holte den Tarnumhang. Als er wieder ins Wohnzimmer kam, stand sein Vater mit ernstem Gesicht vor dem Porträtloch.
»Elf Uhr! Eine Minute später und ich schicke dir Dobby hinterher. Hast du deine Kette um?«,
»Ja Dad, alles okay. Ich hab die Kette und den Tarnumhang. Ich verspreche, ich bin pünktlich wieder da. Du bist der Beste!«, schnell gab Harry, Severus einen flüchtigen Kuss auf die Wange, verschwand unter dem Tarnumhang und machte sich auf den Weg zum Astronomieturm.
Kopfschüttelnd blieb Severus zurück und kochte sich einen Tee. Er vertraute Harry, aber das mulmige Gefühl, wenn er wieder auf den Turm stieg, blieb. Er würde noch mal ein ernstes Wort mit seinem Patenkind reden müssen. Doch er wusste auch, dass beide Jungen einander brauchten, und er hatte Regulus versprochen den beiden zu helfen. Der Tränkemeister hatte es sich gerade gemütlich gemacht, da erschien mit einem Plopp Trinket direkt im Wohnzimmer. Hauselfen konnten als Einzige innerhalb und nach Hogwarts apparieren und konnten einem so regelmäßig einen gehörigen Schrecken einjagen.
»Trinket! Erschreck mich doch nicht so!«,
»Trinket, tut es sehr leid. Er wird sich gleich bestrafen«, geübt entriss Severus dem Wesen mit den Fledermausohren das Buch, mit dem es sich gerade schlagen wollte.
»Trinket, lass das bitte. Ist etwas passiert, weil du direkt herkommst? Alles in Ordnung im Manor?«,
»Master Malfoy schickt mich. Ich soll Ihnen dies bringen. Master Malfoy sagte Eulen nicht sicher genug«, der Hauself überreichte dem Tränkemeister einen Brief und verbeugte sich tief.
»Danke Trinket. Sei so nett und richte allen einen schönen Gruß aus!«,
»Sehr wohl Master Snape«, mit diesen Worten verschwand der Hauself wieder.
Severus öffnete den Umschlag und herausfiel eine Kette mit einem Blitz als Anhänger. Irritiert faltete der Dunkelhaarige das Pergament auseinander und erkannte sofort Lucius fein geschwungene Schrift.
Lieber Severus,
ich hoffe dir und Harry geht es soweit gut, und ihr habt die ersten Tage gut verbracht. Ich sagte ja, dass ich eine Möglichkeit finden würde, dass Harry hier zu Regulus gelangen könnte. Erst dachte ich an Trinket, aber leider würde es im Schloss doch auffallen, wenn ein Hauself regelmäßig ins Innere appariert. Dumbledore würde es sicher merken. Die Kette, die du nun sicher in den Händen hältst, ist ein Portschlüssel - ein Besonderer. Er reagiert nur auf Harrys Berührung. Wenn er die Kette trägt und er berührt den Blitz, dann bringt sie ihn direkt ins Manor. Und umgekehrt auch wieder zurück. Regulus und ich dachten, dass er gleich morgen hierherkommen könnte. Am besten gegen 19 Uhr. Wir werden ihn erwarten.
Narzissa lässt grüßen und Regulus, der gerade hinter mir steht, möchte, dass ich dir sage, dass er dich liebt (Jetzt liest er nicht mehr mit. Du fehlst ihm wirklich, er hat sich gestern Odin ins Bett geholt. Na du kannst dir vorstellen, wie der Kater, das fand.).
Viele Grüße und auf bald Lucius
Lächelnd legte der Lehrer den Brief zur Seite und drehte die Kette in seiner Hand. Lucius hatte wieder die perfekte Lösung gefunden. Dafür war er ihm mehr als dankbar. Nun konnte Harry jederzeit ins Manor und mit Regulus sprechen. Auch Severus vermisste den jungen Black und das Odin der Kater der Malfoys, der oft tagelang nicht zu sehen war, es nicht so schön fand, das Bett mit einem Menschen zu teilen, konnte er sich lebhaft vorstellen. Der Dunkelhaarige nahm den Anhänger in die Hand, aber nichts passierte.
»Wäre ja auch zu schön gewesen«, sagte er, stand auf und schenkte sich seufzend Tee nach.
Verborgen unter dem Tarnumhang, schlich Harry durch die leeren Gänge der Schule. Am Abzweig zum Astronomieturm hielt der Dunkelhaarige kurz inne und lauschte. Niemand war zu hören, also stieg er die vielen Stufen hinauf. Mit jedem Schritt kribbelte es mehr in seinem Magen. Seine Arme und Beine wurden schwer. Er begann flacher zu atmen.
»Nicht jetzt, bitte nicht jetzt!«, flehte er flüsternd. Er blieb stehen und versuchte tiefer Luft zu holen und die Panik vorbeigehen zu lassen. Doch diesmal gelang es ihm nicht wirklich. Vor seinen Augen tanzten Punkte, in den Ohren rauschte es. Er zog sich schnell den Umhang vom Kopf, um wieder besser atmen zu können, aber er hatte das Gefühl unter Wasser zu sein. Das Rauschen in seinen Ohren nahm zu, ihm wurde schwarz vor Augen und dann war da eine warme Hand auf seinem Gesicht. Jemand strich ihm über die Haare. Eine vertraute Stimme rief nach ihm. Langsam ebbte die Panik ab. Der Atem den Gryffindor wurde wieder ruhiger und er öffnete die Augen. Er saß noch immer auf den Stufen, die zum Turm führten. Draco kniete vor ihm und sah ihn tiefbesorgt an.
»Harry? Ist alles in Ordnung? Geht's wieder?«, flüsterte der Blonde. Noch immer hatte er seine Hand auf Harrys Gesicht. Dieser nickte nun schwach und richtete sich zitternd auf.
»Komm, ich glaube, Filch ist in der Nähe«, Draco griff nach Harry und zog ihn sanft die letzten Stufen hoch. Er öffnete die Tür zum Turm und schon standen sie im Freien. Die kühle Septemberluft wehte schon recht stark hier oben. Draco ließ Harry noch immer nicht los. Er schloss die Tür hinter sich und sah den Gryffindor sorgenvoll an. Langsam löste er seinen Griff.
»Es tut mir so leid. Ich hab nicht nachgedacht. Ich bin ein Idiot, ich hätte dich nicht hierher bestellen sollen. Ich dachte nur, na ja hier hätten wir unsere Ruhe«, Harry schüttelte den Kopf.
»Bitte Draco mach dir keinen Kopf. Es ist nicht deine Schuld. i-ich hätte ja nicht kommen müssen. Aber vielleicht hilft mir das ja auch«, zweifelnd legte der Slytherin den Kopf schief.
»Ich weiß nicht. Onkel Sev bringt mich um, wenn er erfährt, dass du eine Panikattacke hattest. Er bringt mich auf jeden Fall um. Weiß er, dass das meine Idee war?«, entschuldigend zuckte der Dunkelhaarige mit den Schultern.
»Alles gut Dray, ich hab ihm gesagt, du hast nicht nachgedacht«,
»Na vielen Dank«, schmollte der Blonde. Harry musste lachen. Erst jetzt merkte er wie sehr ihm Draco, in den letzten zwei Tagen gefehlt hatte. Doch er spürte auch, dass zwischen ihnen noch etwas stand. Seufzend ging der Gryffindor etwas weiter auf den Turm hinauf, setzte sich auf den Boden und lehnte sich an die Brüstung.
Lächelnd hob Draco seinen Zauberstab und sprach »Calidum«, dann setzte er sich neben den Jüngeren.
»Willst du darüber reden?«, Draco sah fragend zu Harry.
»Über den Drachen?«,
»Ja, ich meine er war echt, na ja ziemlich eindrucksvoll. Im Gegensatz zu meinem Nebel. Was bedeutet der Drache wohl?«, der Gryffindor wurde rot.
»Dray, dein Nebel war schon ziemlich gut. Und der Drache also ähm Ginny meint, er steht für Umbrüche und Erneuerung. Keine Ahnung was ich glauben soll«, eine Weile blieb es still zwischen den Jungen. Draco sprach als Erster wieder.
»Wie schläfst du?«, wollte er wissen. Der Dunkelhaarige lachte bitter.
»Geht so. Letzte Nacht hab ich bei Dad geschlafen. i-ich konnte nicht alleine sein.«
»Mhm...ja das kann ich nachvollziehen. Blaise hat bei mir geschlafen...ähm, also nur neben mir....ähm«, stotterte der Blonde, dessen Gesichtsfarbe stark an eine Tomate erinnerte.
»Schon gut Dray ich weiß, dass du schwul bist. Da ist nichts Schlimmes bei und Blaise ist doch ganz in Ordnung, denke ich«, Harry meinte es ehrlich, aber doch tobte ein Eifersuchtsmonster in seiner Brust. Draco sah ihn entgeistert an.
»Woher? Also ist das so offensichtlich?«, Harry zuckte mit den Schultern.
»Eigentlich nicht, Luna hat es mir gesagt. Es wissen also nicht alle?«, der Slytherin schüttelte den Kopf.
»Na ja die Slytherins wissen es mehr oder weniger und Onkel Sev natürlich. Die anderen vermuten es vielleicht einfach nur. Na und Luna ist ein Fall für sich. Aber Harry, Blaise? Nein, er ist mein bester Freund und ja er ist schwul, aber ich verrate dir ein Geheimnis, er ist mit Seamus zusammen«, der Blonde musste grinsen, als er den erstaunten Gesichtsausdruck des Anderen sah.
Das Seamus Jungs zugetan war, war auch bei den Löwen ein offenes Geheimnis, aber dass er ausgerechnet mit einem Slytherin ging, war für Harry dann doch überraschend. Aber so erklärte sich auch, warum er im letzten Jahr immer wieder das Bett des Iren leer vorgefunden hatte.
»Sag das bloß niemandem. Hörst du? Sonst hext Blaise mir irgendwas Flauschiges an den Hals«,
»Keine Angst, dass wollen wir doch nicht«, lachte der Grünäugige.
»Blaise weiß übrigens alles. Also fast alles, ich brauchte jemandem zum Reden. Mum meinte, Blaise sei der Richtige dafür. Ich hoffe, es also es ist okay?! Er wird auch nichts verraten. Ich vertraue ihm«, der Blick des Slytherins war fast schon flehend.
»Alles gut Dray. Ich verstehe das. Ich hab Ron und Hermine und du musst dich immer verstellen. Aber soll ich dir was sagen? i-ich bin auch...ich bin auch schwul. Das weiß bis jetzt keiner nur du und Dad«, und Luna fügte er heimlich in Gedanken an.
Dracos Herz machte einen Satz nach oben. Er konnte es kaum glauben. Vollkommen überrascht sah er den Anderen mit offenem Mund an. Bei dem Anblick musste Harry laut lachen. Und erst da löste sich der Slytherin aus seiner Starre.
»Ähm...tut mir leid, das war etwas überraschend. Seit wann? Also ich meine«,
»Wann ich es gemerkt habe? Mhm...keine Ahnung wann genau, aber ich mochte Oliver mehr, als angemessen gewesen wäre«, grinste der Dunkelhaarige.
»Du meinst Oliver Wood? Oh das kann ich verstehen«, Harry nickte. Dann wurde sein Gesicht traurig.
»Es war Cedric, oder?«, Draco sah ernst zu dem Grünäugigen. Der nickte schließlich.
»Es waren nur Küsse, mehr nicht. Kurz bevor wir gemeinsam nach dem Pokal gegriffen haben, da hat er..., ich wusste, dass er mich mochte und ich war noch zu jung um, ich weiß nicht, um früher auf ihn zuzugehen, und dann war er weg.«
Es wurde still. Die Jungen starrten in den Sternenhimmel über den noch immer die eine oder andere dunkle Wolke zog. Draco konnte nur ahnen, wie schlimm es für Harry war, Cedric sterben zu sehen.
»Harry? Hilfst du mir bei meinem Patronus?«, brach der Slytherin schließlich das Schweigen. Erstaunt sah Harry ihn an.
»Mhm...ich fand deine Patronus schon ganz gut. Aber ich versteh schon, du willst ihm eine Form geben. Aber Remus sagte mal, dass nicht jeder es schafft einen gestaltlichen Patronus zu erschaffen. Die Erinnerung muss stark sein, mächtig«,
Resigniert seufzte der Slytherin und ließ die Schultern hängen. Lächelnd schüttelte der Gryffindor den Kopf, stand auf und zog Draco an den Händen nach oben.
»Nun schau nicht so ich helfe dir. So schließe die Augen«,
Der Dunkelhaarige legte dem Älteren die Hand auf die Augen. Draco spürte die Berührung und hatte das Gefühl, sein Herz würde jeden Moment aus dem Brustkorb springen.
»Versuch dich auf die glückliche Erinnerung zu konzentrieren, lass dich davon durchströmen, versuch das Gefühl noch einmal zu erleben«,
Harrys sanfte Stimme verursachte dem Slytherin eine Gänsehaut, aber er probierte den Anweisungen zu folgen. Er konzentrierte sich und versuchte sich wieder seiner glücklichsten Erinnerung bewusste zu werden. Doch seine Gedanken sprangen. Er dachte an den Anderen, an das erste Gespräch vor einem knappen Jahr genau an diesem Ort, an Harrys Erwachen im Manor, an die Tage am Strand, die Gespräche unter der Kastanie und die Nächte zusammen. Nie war er glücklicher. Draco atmete tief durch, ließ sich von dem Gefühl durchströmen und rief: »Expecto Patronum«
Aus der Spitze des Zauberstabes brach ein weißer Nebel, heller als Harry es je gesehen hatte. Er musste die Augen schließen. Auch der Blonde hielt sich schützend die Hand vor die Augen. Als das blendende Licht nachließ, formte sich eine Gestalt aus dem Nebel, aber bevor man sehen konnte, was es war, löste sich der Patronus auf. Enttäuscht ließ der Slytherin den Zauberstab sinken. Der Dunkelhaarige sah ihn beeindruckt an.
»Das war der stärkste Patronus, den ich je gesehen habe. Sei nicht enttäuscht, ich bin mir sicher, er hat eine Gestalt. Versuchen wir es gleich...«, Harry verstummte irgendwo aus dem Inneren des Schlosses konnte man Schritte hören. Schnell zog er den Blonden dicht an sich und warf den Tarnumhang über sich und ihn.
»Psssst«, machte er und spürte den warmen Atem des Slytherin an seiner Wange. Einige Augenblicke verharrten sie so. Doch nichts geschah. Keine Schritte waren, mehr zu hören, alles blieb still. Der Gryffindor streifte den Umhang ab.
»Glück gehabt. Oh Mist ich muss los. Dad lässt mich Myrtes Toilette mit der Zahnbürste putzen, wenn ich zu spät komme«, enttäuscht nickte Draco.
»Okay, wir sehen uns. Sag Onkel Sev, es tut mir leid«,
»Mach dir keine Gedanken. Bis bald Dray!«, er umarmte den Älteren flüchtig und griff nach dem Tarnumhang. Noch einmal drehte er sich um und lächelte, dann war er verschwunden.
Seufzend rutsche Draco an der Mauer der Brüstung hinab und zog die Knie an. Er verspürte wenig Lust, schon wieder in die Kerker zurückzukehren.
»Also das war echt beeindruckend!«, der Slytherin sah erschrocken auf. Blaise Zabini stand vor ihm und lächelte.
»Blaise bei Merlin, mir ist gerade das Herz stehen geblieben!«, der Dunkelhäutige ließ sich neben seinem besten Freund nieder.
»Tut mir leid. Du warst so in Gedanken und ich musste warten, bis Harry weg war«,
»Wie lange warst du schon da?«, wollte der Blonde ernst wissen.
»Keine Angst nicht lange. Erst als du deinen Patronus erschaffen hast. Und wie gesagt ziemlich bemerkenswert«,
»Ja danke aber ich hatte gehofft, ach weiß auch nicht. Warum bist du überhaupt hier, ich dachte, du triffst dich heute mit Seamus?!«, Blaise zuckte mit den Schultern.
»Haben wir auch, aber auch wir brauchen Schlaf und na ja auf dem Weg zurück in die Kerker wäre ich um ein Haar Filch in die Arme gelaufen. Ich musste hier nach oben fliehen. Tut mir wirklich leid, ich wollte euch wirklich nicht stören«, schuldbewusst sah er zu seinem besten Freund.
»Schon gut Blaise. Harry musste gehen. Onkel Sev hat ihm nur eine Stunde erlaubt«,
»dein Pate ist wohl ziemlich streng. Aber was erwartest du, ich hab dir gleich gesagt, dass es eine doofe Idee ist, ihn hierher zu bestellen, hier wo er sich umbringen wollte«,
»BLAISE! Ich weiß das!! Aber i-ich hab gedacht, er müsste sich seinen Dämonen stellen. Ich weiß, es war dämlich«,
»War es nicht. Du sorgst dich um ihn, das ist normal«, sanft legte der Dunkelhäutige seine Hand auf Dracos Schulter.
»Komm versuch das mit dem Patronus noch mal. Wir müssen eh noch warten, bis Filch weg ist«, der Slytherin stand auf und zog seinen Freund auf die Beine.
»Was soll das bringen Blaise? Ich schaffe es offenbar nicht«,
»Ach komm schon Draco. Versuch es noch mal, tu es für Harry. Er glaubt an dich und ich auch!«, kopfschüttelnd zog der Blonde seinen Zauberstab und schloss die Augen. Wieder versuchte er sich, von dem Glücksgefühl durchströmen zu lassen.
Er rief: »Expecto Patronum«, und wieder brach strahlend weißer Nebel aus der Spitze, doch nun formte sich eine Gestalt, so klar und deutlich, dass man meinte, man könnte jede einzelne Feder erkennen. Die große Schnee-Eule flog einige Runden und löste sich schließlich auf.
Klappernd fiel Dracos Zauberstab auf den Boden. Wie paralysiert starrte, er auf die Stelle, an der die Eule verschwunden war.
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