Kapitel 31 - Strafe
Remus Lupin stand im Ligusterweg und beobachtete das Haus Nummer 4 nun schon eine gute Stunde. Es war später Nachmittag und ein kühler Wind zerzauste ihm die honigblonden Haare. Sofort, nachdem er Harry an die Weasleys übergeben hatte, war er hierhergekommen. Eine Weile war er durch den Magnolienring geschlendert, bis er im Ligusterweg das Haus gefunden hatte, in dem Harry über Jahre gequält wurde. Es unterschied sich nicht von den vielen anderen Häusern in dieser Straße. Ein gepflegter Vorgarten, ein Auto in der Einfahrt und geputzte Fenster. Nur eines war anders und passte so gar nicht zum Rest des Hauses. Es waren die Gitter vor dem Fenster im ersten Stock, die seltsam deplatziert wirkten. Der Werwolf seufzte tief und zog sich etwas weiter in den Schatten der Mauer, an der er lehnte, zurück. Er wusste, er musste etwas tun, sonst würde sein Wolf sicher nicht zur Ruhe kommen. Diese Muggel hatten seinen Welpen misshandelt und das konnte er nicht unbestraft lassen. Er hatte einen Plan, aber nun hier alleine im Ligusterweg überkamen ihn leise Zweifel.
»Du wirst unvorsichtig!«, Remus fuhr herum und hielt seinen Zauberstab zur Verteidigung ausgestreckt. Er lächelte, als er seinen Besuch sah.
»Und du solltest dich nicht an einen Zauberer heranschleichen, der zu allem bereit ist«,
»Pass auf sonst stichst du noch jemandem das Auge aus!«, Nymphadora Tonks grinste ihren Freund frech an. Der trat auf sie zu und küsste sie innig.
Kurz nach Sirius Tod waren die beiden sich nähergekommen. Tonks gab sich die Schuld an dessen Tod und Remus versuchte sie aus ihrem Tief zu befreien und gleichzeitig über den Verlust seines besten Freundes hinwegzukommen. Er liebte sie und doch hatte er anfangs bedenken. Er war ein Werwolf und eine Liebesbeziehung schien ihm unerreichbar fern. Aber die sture Hexe, hatte ihn eines Besseren belehrt und nun genossen sie die Zeit zusammen, auch wenn ein neuer Krieg bevorstand.
»Was machst du hier?«, wollte der Werwolf nun wissen.
»Ich dachte, du bräuchtest Unterstützung und ich soll dir sagen, dass sich Kingsley um alles gekümmert hat«, Tonks strich sich durch die nun roten Haare.
Die hatte sie nur dann, wenn sie wirklich wütend oder erschüttert war.
»Danke aber du solltest gehen. Ich schaff das schon!«,
»Remus hör auf, immer alles alleine schaffen zu wollen. Du bist schon genau wie Harry. Ich bleibe! Du bist nicht mehr alleine!«
Der Honigblonde lächelte und zog Tonks wieder in seine Arme. Nie hatte er sich so sicher und geborgen gefühlt wie mit der Jüngeren.
Wieder sah er zum Haus, gab sich einen Ruck und zog seine Partnerin mit sich.
»Halt mich bitte zurück«, flüsterte er ihr zu, als sie vor der Eingangstür standen. Tonks nickte kurz, zog ihren Zauberstab und blieb verborgen hinter Remus stehen. Der Werwolf klopfte an der Tür. Es dauerte eine Weile, bis ihnen eine dünne, pferdegesichtige Frau öffnete.
»Was wollen Sie hier?«, abschätzig betrachtet sie den Mann in dem abgewetzten, alten Anzug vor sich. Erst dann sah sie den Zauberstab, den er in der rechten Hand hielt. Ihre Augen wurden groß und sie wich etwas zurück.
»W-was wollen Sie? Sie haben den Bengel doch!«, zischte sie.
»Das würde ich ungern hier draußen besprechen. Ich darf doch?!«,
Ohne weiter auf die Frau zu achten, drängte der Blonde sich an ihr vorbei ins Haus.
Tonks folgte, was Petunia einen kurzen Aufschrei entlockte. Als der Werwolf gefolgt von seiner Freundin das Wohnzimmer betrat, schreckte ein Mann, der sehr viel Ähnlichkeit mit einem Walross hatte auf. Ein Junge, welcher seinem Vater schon jetzt nachschlug, schrie auf und drückte sich in die hinterste Ecke des spießigen Wohnzimmers. Remus sah sich um, nichts deute darauf, dass in diesen Wänden ein Junge über Jahre hinweg misshandelt und vernachlässigt wurde. Der Werwolf spürte die Wut in sich kochen, sah immer wieder den abgemagerten und blassen Harry vor sich. Plötzlich spürte er Tonks Hand auf seinem Arm. Sie sah ihn mahnend an.
Der Honigblonde atmete tief durch und wandte sich an die Dursleys, welche inzwischen auf dem Sofa saßen. Dudley hockte in einer Ecke und wagte es nicht, sich zu bewegen.
Remus setzte sich auf einen Sessel den beiden Erwachsenen gegenüber, während Tonks an der Tür stand und die Muggel nicht aus den Augen ließ.
»Als Erstes möchte ich sagen, das weder Harry noch sein Vater wissen, dass ich heute hier bin. Mein Name ist Remus Lupin und ich kannte James und Lily sehr gut«,
Petunia setzte an, etwas zu sagen, aber der Werwolf brachte sie mit einer schnellen Geste zum Schweigen.
»Lassen Sie mich ausreden. Sie haben den Jungen, der Ihnen anvertraut wurde, auf schlimmste Art und Weise misshandelt und vernachlässigt. Er wird sein Leben lang darunter leiden. Er hat bis zu seinem elften Geburtstag nie Zuneigung und Liebe erfahren. Was das mit einer Seele macht, sollten Sie sich eigentlich selber ausmalen können. Im letzten Winter versuchte er, sich das Leben zu nehmen aus Angst vor Ihnen«, Tonks holte hörbar Luft. Ihre Haare verfärbten sich blutrot. Tränen schossen ihr in die Augen. Sie wusste, dass Harry von seinen Verwandten schrecklich behandelt wurde, aber dass sie ihn um ein Haar in den Selbstmord getrieben hatten, das hatte sie nicht geahnt. Sie machte einige Schritte auf die Couch zu, was die Dursleys dazu veranlasste mit schreckgeweiteten Augen, noch enger aneinander zu rutschen.
»Tonks!«, sagte Remus eindringlich, aber doch sanft und die Hexe blieb stehen, ohne dabei die Dursleys aus dem Blick zu lassen.
»Nun Sie werden einsehen, dass Ihre Taten nicht unbestraft bleiben sollten«, sprach der Werwolf ruhig weiter. In Petunias Augen spiegelte sich jetzt die blanke Panik, sehr zur Zufriedenheit von Remus.
»Ich...wir könnten Sie ohne Weiteres dem Zaubereiministerium überlassen. In unserer Welt steht auf die Misshandlung von Kindern der Kuss eines Dementors. Was mit dem Tod gleichzusetzen, ist. Aber meines Erachtens ginge das zu schnell. Keine Angst ich will Sie nicht foltern, aber ich will, dass Sie sich einmal in Ihrem Leben in Harry hineinversetzen können!«, den letzten Satz sprach der Honigblonde, betont langsam und etwas lauter als zuvor aus. Er hob seinen Zauberstab und die Dursleys rutschten schreiend von der Couch. Dudley wimmerte in seiner Ecke, bewegte sich aber nicht.
»Sentiunt!«, sprach Remus. Für einen Augenblick erstarrten Vernon und Petunia. Mit glasigen Augen blickten sie ins Nichts. Plötzlich begannen sie zu weinen und zu stöhnen. Petunia schlang die Arme um Ihre Beine und wiegte sich hin und her. Vernon Dursleys Augen zuckten wild hin und her. Es versuchte sich, unter dem natürlich viel zu kleinen Couchtisch zu verstecken.
»Mum? Dad?«, schrie ein aufgelöster Dudley. Weinend versuchte er, mit Worten seine Eltern zu erreichen. Tonks tat er fast ein bisschen leid. Sie ahnte, dass der Junge nur das Produkt der Erziehung seiner Eltern war.
»Remus, Liebling ich denke, es reicht«, sanft legte sie dem Zauberer eine Hand auf die Schulter. Dieser nickte und sprach:
»Non Sentiunt«, die Dursley sahen sich verwirrt um. Zitternd und bleich setzten sie sich wieder. Remus sah sie schweigend an. Es schienen endlose Minuten zu sein. Irgendwann räusperte sich Petunia Dursley.
»W-w-was war das?«, wollte sie mit brüchiger Stimme wissen.
»Was denken Sie? Es waren Harrys Gefühle. Sie haben das gefühlt, was ihr Neffe fühlen musste all die Jahre. Angst, Hunger, Schmerz, Einsamkeit, Kälte. Dinge, die kein Kind fühlen sollte. Dinge die ihr Sohn«, der Werwolf deutet auf den immer noch wimmernden Dudley in der Ecke. »...wohl nie fühlen musste.«
Wieder kehrte Stille ein. Inzwischen hatte sich Dudley aus seiner Ecke getraut und kauerte sich neben seine Mutter auf die Couch. Abwesend strich sie dem feisten Jungen über den Arm.
»E-e-es tut uns leid«, es war kaum ein Flüstern, das aus dem Mund von Vernon Dursley kam. Petunia nickte schwach. Remus Lupin stand auf und steckte seinen Zauberstab weg.
»Ich wünschte, ich könnte glauben, dass diese Entschuldigung aufrichtig ist und nicht nur der klägliche Versuch sich weiteren Strafen zu entziehen. Aber eine Sache glaube ich Ihnen, dass Ihre Tränen echt waren und wer weiß, vielleicht werden Sie sich in den nächsten Jahren verstehen was Sie Ihrem Neffen angetan haben. Und nun sollten wir die Bestrafung abschließen«, Tonks verließ den Raum. Die Dursley starrten mit angsterfüllten Augen zu Lupin. Der hob den Zauberstab für einen wortlosen Zauber. Auf den ersten Blick sah man keine Veränderung, aber wenn man genau hinsah, erkannte man auf allen Möbeln, den Fenstern und Böden eine feine Staubschicht.
»Mrs. Dursley der Staub in Ihrem Haus wird nie wieder verschwinden, egal wie sehr Sie putzen. Sie sollten lernen, dass es mehr gibt als ein sauberes Haus und das Gefühl, dass einen die Nachbarn beneiden«, die Frau starrte den Zauberer fassungslos an. Sie strich über den Couchtisch und versuchte den Staub zu vertreiben, aber kaum war das saubere Holz zu erkennen, erschien wieder Staub genau an derselben Stelle.
»Nun zu Ihnen Mr. Dursley. Sie werden nicht länger als Direktor von Grunnings arbeiten. Fragen Sie nicht warum, das ist besser. Nun Sie werden nicht arbeitslos, aber bis zu Ihrer Pensionierung werden Sie in der Firma als einfacher Arbeiter beschäftigt sein, mit einem einfachen Gehalt. Ihr teures Auto werden Sie sich nicht mehr leisten können, aber Sie werden nicht verhungern«,
Vernon Dursley sah aus, als würde er jeden Moment in Ohnmacht fallen. Das noch vor Minuten puterrote, wütende Gesicht war verschwunden. Er war blass und starrte ins Leere. In diesem Moment betrat Tonks wieder das Wohnzimmer. In der Hand hatte sie eine Reisetasche und stellte sie vor den Dursleys ab.
Diese sahen sie fragend an, als man vor dem Haus, das Klappen von Autotüren hörte. Remus Lupin lächelte zufrieden und steckte seinen Zauberstab weg. An der Haustür klopfte es laut.
»Schatz schau doch mal, wer da ist!«, sagte er an Tonks gewandt, die sich mit einem Lächeln umdrehte und zur Tür eilte.
»Wer ist das?, Petunias Augen waren schreckgeweitet und ihre Stimme zitterte. Der Werwolf sagte kein Wort, denn im selben Augenblick betraten zwei große, kräftige Männer das Zimmer. Sie trugen eine Art Uniform. Kurz sahen sie sich im Zimmer um, dann gingen sie zielgerichtet auf Dudley zu, der sich inzwischen an seine Mutter klammerte.
»Mitkommen!«, knurrte einer der beiden den Jungen an. Aus dessen Mund kam nur ein Wimmern.
»Was wollen Sie von meinem Sohn?«, Petunia zog Dudley enger an sich. Doch die Männer sahen sich nur kurz an und bevor es die Dursley überhaupt richtig verstanden hatten, hatten sie den feisten Jungen bereits auf die Beine gezogen und zerrten den nun schreienden Sechzehnjährigen aus dem Haus. Petunia und Vernon rannten hinterher. Tonks und Lupin folgten ihnen mit Genugtuung im Gesicht.
Auf der Straße waren inzwischen die Nachbarn, von Dudleys Schreien angelockt, aus ihren Häusern getreten. Die beiden bulligen Männer, die den schreienden Jungen inzwischen in ein Auto mit der Aufschrift »St. Brutus Sicherheitszentrum für unheilbar kriminelle Jungen«, gesetzt hatten, wurden interessiert beobachtet. Tonks trat nun zu den beiden und übergab ihnen die gepackte Reisetasche. Die Männer nickten, setzten sich in das Auto und verschwanden. Vor dem Haus kniete eine weinende Petunia Dursley, während ihr Mann die umstehenden Nachbarn anschrie, sie sollen sich gefälligst um ihre Sachen kümmern. Langsam verließen alle den Schauplatz und zurückblieben die Dursleys, Remus und Tonks.
Noch einmal wandte sich der Werwolf an die beiden Muggel.
»Weinen Sie nicht um Ihren Sohn. Er hat eine Chance. Eine Chance, eventuell ein anderes Leben zu führen. Ihrem Neffen haben sie nie Mitgefühl entgegengebracht und nun weinen Sie um was? Um Ihren Sohn oder doch um Ihren Ruf, Ihren Wohlstand? Wir verlassen Sie jetzt. Ich wünsche Ihnen, dass Sie eines Tages verstehen«,
Mit diesen Worten nahm Remus Tonks bei der Hand und im nächsten Moment waren sie disappariert.
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