Kapitel 28 - Verbündete?
Harry öffnete ruckartig die Augen. Er atmete tief ein und begann sogleich zu husten. Sofort war jemand bei ihm und half ihm, sich aufzusetzen. Er spürte ein Becher an den Lippen und trank vorsichtig den warmen Tee. Er jetzt erkannte er, wer ihm da gerade half und schreckte zurück.
»Ganz ruhig, i-ich tu dir nichts«, Gregory Goyle hatte sich aufgerichtet und war einige Schritte vom Feldbett zurückgetreten.
»W-was machst du hier? Wo ist Draco ... wo ...«
»Ruhig Potter, es ist alles in Ordnung«, Mad-Eye Moody stand plötzlich vor ihm und nahm ihm die Tasse ab.
»Mad-Eye? A-aber was ... wo ist Draco?«, stotterte Harry und sah wieder zu Goyle, dem offensichtlich nicht wohl in seiner Haut war.
»Er schläft noch, ihn hat es etwas schlimmer erwischt, aber er wird wieder«, sagte Goyle und wies auf ein Feldbett am anderen Ende des Zeltes, welches offenbar Mad-Eye und dem jungen Mann als Unterschlupf diente. Harry sah auch seine Umhängetasche und das Schwert auf einem Tisch liegen und nickte dann.
»Du hast uns gerettet?«, wollte er von Goyle wissen. Dieser rieb sich nachdenklich den Nacken.
»Äh ... ja, also ich habe Draco rausgeholt und Mad-Eye dich.«
»Ja, und ich hasse Wasser«, sagte der Ex-Auror und warf Harry einen trockenen Pullover zu.
»Aber woher wussten Sie, wo wir sind?«, wollte er wissen, streifte sich das Kleidungsstück über, stand auf und setzte sich zu Draco ans Bett. Dieser war blass, aber schien sonst in Ordnung zu sein.
»Wir wussten es nicht ...«, sagte Goyle zögernd.
»Nein, bei Merlin wir haben ja nicht mal nach euch gesucht, aber den leuchtenden Hirsch konnte man ja nur schwer übersehen«, grummelte Mad-Eye und nahm einen Schluck aus seinem Flachmann.
»Na ja, wir sind ihm gefolgt und haben gerade noch gesehen, wie du ins Wasser gesprungen bist. Als du dann nicht wieder kamst, hat Mad-Eye das Eis gesprengt und wir sind hinterhergesprungen. Wir haben euch dann hierher gebracht und aufgewärmt«, erklärte Goyle. Harrys Blick huschte zu dem jungen Mann. Dieser hatte sich sehr verändert. Er hatte sicher mehr als zwanzig Kilo Gewicht verloren. Seine Haare waren länger, sein Arme muskulös und sehnig. Sein Blick war sanft, so sanft, wie Harry es nie zuvor gesehen hatte. Alles in allem stand ein komplett anderer Mensch vor ihm, so schien es auf jeden Fall. Mad-Eye Moodys Blick ruhte auf Harry und wanderte dann zu Goyle. Der Junge, welchen er seit bald einem Jahr bei sich hatte, schien nicht so recht zu wissen, was er tun sollte. Mad-Eye fand, dass er ihm einen kleinen Schubs geben sollte. Stöhnend erhob er sich aus seinem Stuhl und steckte den Flachmann in seinen Mantel.
»Ich geh und hole trockenes Holz. Unseres geht zur Neige«, sagte er.
»D-das kann ich doch machen!«, sagte Goyle sofort und war schon auf dem Weg nach draußen, aber Mad-Eye hielt ihn zurück.
»Nein, du und Potter bringt euch auf den neusten Stand ...«
»Snape, ich heiße inzwischen Snape«, warf Harry ein. Moody nickte.
»Ja, stimmt. Also dann Harry würde ich sagen«, sagte Mad-Eye, klappte seinen Kragen hoch und humpelte aus dem Zelt. Goyle drehte sich zu Harry und setzte sich dann zögernd auf den Stuhl, auf welchem Mad-Eye eben noch gesessen hatte. Harry sah noch einmal zu dem schlafenden Draco, dann stieß er sich ab, stand auf und ging ebenfalls zum Tisch. Er seufzte und ließ sich auf den anderen Stuhl sinken.
»Also ...«, sagte er und sah Goyle herausfordernd an. Dieser schluckte schwer und rutschte etwas unruhig auf dem Stuhl hin und her.
»Also ... also ich weiß, du hast keinerlei Grund, mir zu verzeihen oder ... aber ich möchte, dass du weißt, dass es mir sehr leidtut alles, was ich getan habe«, sagte er und starrte auf das graue Holz des Tisches.
»Ja, du hast recht. Ich kann dir das nicht verzeihen. Du hast mich zweimal beinahe umgebracht, mich verprügelt und meinen Verlobten gedemütigt. Du hast versucht, Dumbledore zu töten und was weiß ich noch alles, nein verzeihen kann ich das nicht, aber verstehen will ich es doch«, sagte Harry tonlos. Goyle sah auf und nickte kaum merklich.
»Meine Eltern sie ... sie ließen mir keine Wahl. Ich bin so aufgewachsen. Reinblüter waren alles, was meine Eltern je akzeptierten. Sie folgten Vol ... sie folgten dem dunklen Lord und ich war auch nach dessen Sturz auf geheimen Todessertreffen, da konnte ich kaum sprechen. Sobald ich alt genug war, sollte ich auch einer werden und wurde es auch. Ich glaubte an das alles, daran, dass nur Reinblüter es wert sein, Zauberei zu nutzen und Muggel unterworfen gehören. Ich glaubte es, weil ich nie die Meinung anderer hinterfragte, weil ich es einfach nicht durfte. Irgendwann bekam ich das Mal und der Lord befahl mir, Dumbledore zu töten ... Ich war so wütend auf alles und jeden. Ich wollte das nicht tun, schon damals nicht. Ich war kein Mörder, aber ich wusste, was geschehen würde, wenn ich es nicht tun würde. Dich zu entführen, war nie der Plan gewesen. Ich tat es, weil ich dachte, dass dann das halbe Schloss nach dir suchen würde und ich freie Bahn hätte. Das schlimmste an allem war, dass wenn du und Draco nicht gewesen wärt, dann wäre vielleicht alles anders gekommen...«
»Was soll das heißen?«, Goyle und Harry fuhren herum. Draco stand mit wackligen Knien vom Bett auf. Harry war sofort bei ihm und stützte seinen Verlobten, half ihm, sich auf einen weiteren Stuhl zu setzen.
»D-du hast alles gehört?«, wollte Goyle wissen. Draco funkelte ihn wütend an und nickte.
»Ich denke schon, also was meintest du mit dem, was du als Letztes gesagt hast?«
»D-der Lord, er wollte eigentlich dich als Dumbledores Mörder haben. Er dachte, dass dein Blackwahnsinn in diesem Fall sehr nützlich sein würde. Dein Vater war dagegen und meinte, es sei zu risikoreich und dann ... ja dann habt ihr euch geoutet und du wurdest verstoßen. Der Lord kam nicht mehr an dich ran und so bekam ich die Aufgabe. Ich war wütend auf dich und Harry und auch auf Snape. In meiner ganzen Wut, wusste ich nicht, was ich tat. Draco es tut mir wirklich leid, was ich dir und vor allem Harry angetan habe. Ich wollte das alles nicht«, Goyle flehte und es war das erste Mal, dass Harry den jungen Mann so sah, und er konnte nicht anders, er hatte Mitleid. Er warf Draco einen fragenden Blick zu, dieser seufzte.
»Okay, auch wenn ich dir ebenso wenig verzeihen kann, wie Harry, so verstehe ich doch dein Dilemma, aber es ist an der Zeit, dass du deine eigenen Entscheidungen triffst«, sagte er.
»Ja, ich weiß. Mad-Eye hat das auch gesagt und ich habe mich geändert, ich will mit euch kämpfen!«, sagte Goyle entschlossen. Überrascht sahen sich Harry und Draco an.
»Ja und das kann er«, Mad-Eye war wieder ins Zelt getreten und legte trockenes Holz neben den Ofen.
»Ich habe Greg ausgebildet und ihm alles, was ich weiß beigebracht.«
»Wer sagt Ihnen, dass er sich nicht gegen uns wendet?«, wollte Harry skeptisch wissen.
»Niemand, aber auch wenn ihr beide das vielleicht nicht versteht, ich vertraue ihm. Er hatte mehr als einmal die Gelegenheit abzuhauen, er trägt wieder seinen Zauberstab und doch hat er nie etwas versucht. Vielleicht hat nicht nur er in der Zeit etwas gelernt, sondern auch ich, und zwar hin und wieder selbst den aussichtslosen Fällen eine Chance zu geben«, schloss Mad-Eye.
»Na gut, wir vertrauen dir und was tun wir nun?«, wollte Draco wissen.
»Das, weshalb ihr zwei Idioten euch bald ertränkt hättet«, grummelte Mad-Eye.
»Das Schwert, natürlich«, sagte Harry, stand auf und nahm die edle Klinge in die Hand.
»Ziemlich geistesgegenwärtig, dass Sie es rausgeholt haben«, sagte Draco, an Mad-Eye gewandt.
»Oh, das war ich nicht. Greg hat erst dich rausgeholt und ist dann noch mal reingesprungen, um das Schwert zu holen. Ich war mit Po ... mit Harry beschäftigt und damit, das Wasser aus euer beider Lungen zu bekommen«, sagte Moody und schürte das Feuer.
»Danke«, sagte Harry an Goyle gewandt und dieser nickte.
»Na schön. Lass uns das draußen machen, ich denke nicht, dass das sehr angenehm wird«, sagte Draco, griff nach der Umhängetasche und trat nach draußen.
»Er hasst mich«, sagte Goyle fast schon resigniert.
»Ja«, war Harrys schlichte Antwort. Trotzdem klopfte er dem jungen Mann kurz auf die Schulter, ehe er seinem Verlobten folgte.
»Was hast du erwartet, dass sie dir einfach so alles verzeihen? Beweise dich und sie werden dich vielleicht in anderem Licht sehen«, sagte Mad-Eye und trat ebenfalls aus dem Zelt.
Harry starrte auf das Medaillon und den Kelch, welche Draco auf einen Baumstumpf gelegt hatte. Der Abend dämmerte bereits und es war klirrend kalt.
»Du oder ich?«, fragte er und sah zu Harry.
»Ich reiß mich nicht drum, aber als Gryffindor sollte ich es wohl tun«, sagte dieser und umfasste den Griff des Schwertes fester. Mad-Eye und Goyle hielten sich im Hintergrund, die Zauberstäbe bereit, um im Ernstfall einzugreifen. Harry schluckte schwer, trat auf den Stumpf zu und legte die Sachen so eng nebeneinander, dass er beides gut treffen könnte. Er hatte keinen Zweifel, dass es sich um die Horkruxe handelte. Er war sich auch sehr sicher, dass diese es waren, die ihn versucht hatten, im Teich zu ertränken. Er atmete tief durch, hob die Klinge und schlug zu. Was dann geschah, konnte er kaum begreifen. Ein Schrei war zu hören, dunkler Rauch stieg aus den Gegenständen und formte sich zu einem dunklen Mal. Harry war auf den Boden gefallen und starrte in den Qualm. Gesichter tauchten auf. Seine Eltern starrten ihn an und zeigten mit den Fingern auf ihn: »Du bist schuld, dass wir sterben mussten«, riefen sie ihm entgegen und verschwanden sofort wieder. Sirius und Cedric tauchten auf, genau wie Dumbledore und alle klagten ihn an. Harry schrie und wollte ihnen sagen, wie leid es ihm tue, aber die Anklagen verschwanden nicht. Plötzlich war Draco da, riss ihm das Schwert aus der Hand und schlug ein letztes Mal zu. Der Rauch, die Schreie und die Gesichter verschwanden. Sie waren wieder im Wald, das Medaillon und der Kelch lagen zerstört auf dem Baumstumpf. Harry schluchzte und Draco zog ihn in die Arme, küsste seine Stirn.
»Shh ... alles in Ordnung, das war nur ein Zauber, nichts von dem war echt«, murmelte er beruhigend auf ihn ein. Harry zitterte am ganzen Körper und war furchtbar blass.
»Du solltest ihn ins Zelt bringen. Er scheint eine Art Schock zu haben«, sagte Goyle zögernd.
»Ja, aber dann zu uns, es ist nicht weit«, sagte Draco und stand mit wackligen Knien auf. Das Bad im eiskalten Teich hatte ihm mehr zugesetzt, als er zugeben wollte.
»Geh mit ihnen Greg und nimm Harry, der kann kaum stehen«, sagte Moody und es war eher ein Befehl, als eine Bitte. Goyle sah unsicher zu Draco, der noch immer Harry stützte. Schließlich nickte er und Goyle hob Harry auf die Arme.
»Wir sehen uns sicher noch«, sagte Draco an Mad-Eye gewandt.
»Sicher, wir bleiben in der Nähe und sollten uns überlegen, was wir weiter tun«, sagte der Ex-Auror.
»Ja, sollten wir. Danke für heute«, sagte Draco und lief voran, gefolgt von Goyle.
»Es ist gleich hier«, sagte Draco nach einer Weile, die sie schweigend durch den Wald gegangen waren. Sie standen nun auf dem Felsplateau und Goyle sah sich suchend um.
»Ähm ... wo genau?«, Draco hob den Zauberstab und sogleich erschien das Zelt.
»Ah ja. Schutzzauber«, sagte Goyle und folgte Draco ins Innere.
»Du kannst ihn dort hinlegen«, er wies auf das breite Feldbett. Nachdem Goyle, den schlafenden Harry abgelegt hatte, setzte sich Draco zu diesem und strich ihm sanft über die Stirn.
»Es geht ihm sicher gut, er muss sich nur ausruhen«, sagte Goyle zögernd. Draco nickte stumm, deckte seinen Verlobten zu und stand auf.
»Ich hätte ihn fast nicht erkannt. Also die kurzen, welligen Haare und die unterschiedlichen Augenfarben«, sagte Goyle, einfach um irgendetwas zu sagen.
»Ja, es ist viel geschehen«, sagte Draco und fachte das Feuer im Ofen wieder an.
»Gut ... also ich sollte dann gehen«, sagte Goyle und rieb sich den Nacken. Draco sah auf und schüttelte kaum merklich den Kopf.
»Nein, bleib. Wenn ich dir vertrauen soll, dann erzähl mir alles, was du weißt und was in den letzten Monaten geschehen ist.«
»O-okay, aber wo soll ich anfangen?«, Draco wies auf einen Stuhl.
»Wie wäre es mit dem Anfang...«
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