Kapitel 11 - Immer
Die Sonne blendete den Tränkemeister, als er über die große Freitreppe den Park betrat. Er atmete tief ein. Ein Duft von Rosen und Wildblumen lag in der Luft. Erst jetzt fiel Severus auf, dass er die letzten drei Tage das Haus nicht einmal verlassen hatte. Er liebte den Spätsommer. Schon als Kind war es ihm die liebste Jahreszeit. Damals wie heute bedeutete es, dass er bald wieder im Zug nach Hogwarts saß. So sehr ihn auch die Angriffe der Rumtreiber belasteten, das Schloss war immer sein Zuhause. Hier hatte er Freunde und war weit weg von seinem Vater. Langsam wurde dem Lehrer klar, wie eng seine Vergangenheit mit der Harrys verbunden war. Langsam lief er in Richtung See, ihm war durchaus klar, dass das folgende Gespräch sein Leben und das des Jungen vollständig ändern würde.
Draco und Harry lagen noch immer auf der Decke und starrten in den azurblauen Himmel. Langsam setzte sich nun Draco auf. Es gab noch etwas, dass er wissen wollte. Zögernd begann er zu reden: »Harry was ist bei den Muggeln geschehen? Ich meine...letzte Nacht es war...also es muss schlimm gewesen sein, oder?« Harry setzte sich nun auch auf und sah den Slytherin traurig an. Es war noch immer nicht einfach, über das alles zu sprechen aber Severus und Regulus hatten dafür gesorgt, dass es leichter wurde. Sein Blick wanderte wieder in die Ferne, dann begann er zu erzählen:
»Sie haben mich gehasst Draco von dem Tag an, an dem ich auf ihre Schwelle gelegt wurde. Ich kann mich nicht an alles erinnern, aber ich kannte nur den Schrank unter der Treppe, in dem ich lebte. Ich kannte nur Schläge und Hunger, bis ich zur Schule kam. In der Muggelschule verfolgten und piesackten mich die anderen Kinder, weil mein Cousin sie aufhetzte oder einfach, weil ich in Lumpen herumlief. Kein Lehrer half mir. Mein Onkel und meine Tante schlugen mich ohne Grund. Sie schlugen mit allem, was sie finden konnten. Je älter ich wurde, desto schlimmer wurden die Schläge. Sie sperrten mich ein und beschimpften mich. Ich war ihre Hauselfe. Ich führte den Haushalt, kochte das Essen, kümmerte mich um den Garten und wusch die Wäsche. Essen bekam ich selten und wenn dann nur Reste. Als ich nach Hogwarts ging, war das der glücklichste Tag in meinem Leben. Zum allerersten Mal in meinem Leben hatte ich Freunde. Menschen, die sich etwas aus mir machten. Ich genoss jede Minute und jeden Sommer musste ich zurück und jeden Sommer wartete ich darauf, dass ich wieder in den Zug steigen konnte. All die Sachen, die in den Jahren in Hogwarts passiert sind, all die Dinge sind nur halb so schlimm gewesen wie ein Sommer bei den Dursleys. Als Sirus dann auftauchte, hatte ich wieder Hoffnung ihnen zu entkommen aber dann...« Harry stockte und schluckte schwer. Draco hatte ihm gedankenverloren die ganze Zeit über den Rücken gestrichen. Er konnte kaum glauben, was ihm Harry erzählte. In seinem Leben waren seine Eltern immer für ihn da. Sie liebten ihn, er besaß viel zu viele Sachen, nie hatte er gehungert, nie wurde er körperlich bestraft und der Retter der Zauberwelt musste so leben?
»Warum hast Du es nie jemandem gesagt? Ron und Hermine wussten nichts, oder?« Langsam schüttelte Harry den Kopf.
»Nein, niemand wusste es. Hermine ahnte was und auch die Weasleys. Daher versuchten sie ja immer, dass ich die letzten Wochen bei ihnen bleiben konnte. Mrs. Weasley schickte mir Essenspakete, aber mein Onkel schmiss alles weg. Irgendwann gab ich Hedwig dann schon vor den Ferien an Hermine oder Ron. Sie sollte nicht leiden – wenigstens sie nicht. Immer, wenn ich wieder in die Schule kam, brauchte ich gute zwei Wochen, um wieder einigermaßen richtig essen zu können. In diesem Sommer waren die Schläge schlimmer als sonst...irgendwann...also ich mein ich wollte einfach sterben und dann kam Severus und ich weiß nicht ich ließ einfach los. Ich glaube, ich war wirklich kurz tot. Ich meine es tat nichts weh oder so es war friedlich. Aber jetzt bin ich froh zu leben und dafür bin ich Deiner Mutter und Regulus sehr dankbar. Draco ich weiß nicht, warum ich nichts sagte, aber ich hätte doch stärker sein müssen, oder nicht? Ich bin ein Zauberer aber ich...ich konnte mich nicht wehren. Nach Cedrics Tod und dann Sirius ich...ich dachte einfach, ich hätte es verdient...« Geschockt starrte Draco seinen Freund an. Er ahnte, was sein Freund alles erleben musste und nur die Andeutung davon zerriss Draco innerlich fast. Aber das der Gryffindor nun auch noch der Meinung war, er hätte das verdient, das war zu viel. Er nahm Harry bei den Schultern und sah ihn streng an:
»Harry James Potter, bitte so etwas darfst Du nicht mal denken. Du wärst vor ein paar Tagen wirklich fast gestorben und ich bin mir sicher, wenn Black hier wäre, dann würde er Deinem kleinen Gryffindor Hintern einen Tritt verpassen!« Wie konnte er nur glauben, dass er verdiente, was ihm geschehen war? Draco war klar, dass Harry nie gelernt hatte, wie es war von jemandem bedingungslos geliebt zu werden oder das man Fehler machen durfte, ohne dafür bestraft zu werden. Erleichtert sah er, dass der junge Gryffindor nun lächelte. der blonde, der vor Harry kniete, sah über dessen Schulter und erkannte in der Ferne seinen Paten gemächlich auf sie zu schlendern. Langsam erhob sich Draco, drückte den Rücken durch.
»So und nun kein Trübsal blasen mehr! Onkel Sev wird Dir gleich da Selbe sagen.« Bei diesen Worten drehte sich Harry in die Richtung, in die der Slytherin blickte.
»Ich lass Euch mal allein. Er will sicher mit Dir reden. Nachher zeig ich Dir noch Dein Zimmer. Jetzt werde ich mal Mum überreden, uns zum Abendessen Pizza zu machen. Eins muss man den Muggeln lassen, Pizza ist schon ne tolle Erfindung.« Noch einmal lächelte Draco Harry zu, dann lief er seinem Onkel entgegen. Als sie auf gleicher Höhe waren, sah dieser sein Patenkind dankbar an.
»Er denkt, er hätte die Prügel verdient wegen Black und Cedric. Hilf ihm!« Flüsterte der junge Malfoy seinem Paten zu. Severus Snape nickte und lief nun zügig in Richtung Harry. Draco machte sich auf den Weg zurück ins Haus. Was er gerade erfahren hatte, nahm ihn mehr mit, als er zugab. Sein Herz hämmerte in seiner Brust. Er war wütend, wütend auf die Muggel, wütend auf Dumbledore und wütend auf die Menschen, die Harry in all den Jahren bereits Leid erspart hätten, wenn sie nur hingesehen hätten. Inständig hoffte der blonde, dass sein Pate der Mensch für Harry werden würde, den er all die Jahre gebraucht hatte. Als er vor dem Arbeitszimmer seines Vaters stehen blieb, hörte er deutlich die besorgte Stimme seiner Mutter. Draco wollte nicht lauschen, aber er hatte immer noch das Gefühl, dass die Erwachsenen in diesem Haus nicht ehrlich zu ihm waren.
Was Draco ihm gesagt hatte, war tatsächlich nichts Neues für Severus Snape. Regulus hatte einen ähnlichen Verdacht gehabt. Es schien, als könnte der junge Heiler tatsächlich die Gefühle von anderen lesen. Eine Tatsache, über die er dringend noch einmal mit ihm reden sollte. Doch nun ließ sich der Tränkemeister erst einmal neben Harry auf der Decke nieder. Der Junge sah seinen Lehrer lächelnd an.
»Es ist wirklich schön hier. Immer wenn ich an Dracos Zuhause gedacht habe, dann hab ich mir immer eine dunkle Burg vorgestellt. Aber das hier ist toll!« Schmunzelnd sah der Tränkemeister in die leuchtenden Augen seines Schützlings. Vor ihm saß ein knapp 16-Jähriger, der von einem Park schwärmte, als sei es das Schönste auf der Welt. Schmerzlich wurde ihm bewusst, wie wenige wirklich glückliche Momente der junge Gryffindor in seinem Leben erleben durfte.
»Irgendwie seltsam«, sagte Harry nun.
»Was?« Wollte Snape, aus seinen Gedanken gerissen wissen.
»Sie...ich meine Dich lächeln zu sehen. Das ist irgendwie komisch.«
»Erzähl das bloß in der Schule niemandem. Ich brauche mein Image, sonst tanzen mir die Schüler auf der Nase herum.« Gespielt drohend hob der Lehrer seinen Zeigefinger. Harry grinste und schüttelte den Kopf. Eine Weile saßen sie so da und sahen auf den in der Sonne glitzernden See.
Der Tränkemeister ergriff nach mehreren Minuten Stille das Wort.
»Harry sieh mich bitte an.« Sein Ton war ernst und so drehte Harry erschrocken den Kopf. Schnell fuhr Severus fort: »Keine Angst es ist nichts Schlimmes. Ich...also wir haben darüber gesprochen wie es jetzt weiter gehen soll. Aber vorher will ich Dir noch alles über die Malfoys erzählen. Ich hab es Dir ja versprochen. Solange Du Okklumentik nicht beherrscht werde ich das Wissen in Deinem Kopf verstecken müssen.« Unsicher nickte Harry. Ihm wurde heiß und kalt. Sein Lehrer war sehr ernst. Trotzdem wollte er wissen, was es mit den Malfoys auf sich hatte. Also nickte er und hörte Severus zu.
»Als der dunkle Lord das erste Mal an die Macht kam, stellten sich ihm mehr Menschen entgegen, als Du vielleicht glaubst. Es gab den Orden, welchem auch ich angehörte und für den ich als Doppelagent arbeitete. Aber es gab noch eine dritte Seite. Das Ministerium war nicht so untätig, wie es scheint. Lucius und Narzissa traten als Doppelagenten für das Ministerium den Todessern bei, obwohl Narzissa nie das Dunkle Mal trug. Sie hatte die Hoffnung ihre Schwester aus den Fängen des Lords zu befreien. Dies misslang, wie Du weißt. Trotz allem sind sie weiterhin als Spione tätig, auch um Draco zu schützen. Regulus entzog sich einer Rekrutierung, wurde aber vom Lord uns seinen Anhängern gejagt und täuschte schließlich seinen Tod vor. Bei Lucius und Narzissa fand er Unterschlupf. Lucius und ich sind seit unserer Schulzeit eng befreundet und so hielt ich mich von Anfang an immer im Manor auf, wenn ich nicht in Hogwarts oder für den Orden unterwegs war. Das Manor ist hervorragend geschützt. Hier kommt auch der dunkle Lord nicht so schnell rein. Die Malfoys sind wirklich gute Menschen...sie kommen nur aus Familien, die sehr sagen wir rassistische Ansichten teilten. Aber Lucius und Narzissa waren und sind Menschen, die sich weder um Blut noch um Herkunft scheren – genau wie Draco und Regulus. Sie wirken in der Öffentlichkeit zwar recht kühl aber das gehört zum einen zur Tarnung zum anderen wurden sie eben auch so erzogen. Draco wuchs in die schwierige Aufgabe hinein, ebenfalls einmal Todesser zu werden, auch wenn nur zu Tarnungszwecken. Das belastet ihn genauso wie seine Eltern. Auch deswegen oder gerade deswegen ist es wichtig, dass der dunkle Lord nie davon erfährt. Doch wir waren uns einig, dass Du wissen solltest, warum Dir hier in diesem Haus weder Hass oder Verachtung entgegenschlägt. Ich hoffe die Fragezeichen in Deinem Kopf, sind nun etwas weniger?« Harry hatte die gesamte Zeit still zugehört. All diese Informationen musste er erst verarbeiten. Doch nun ergab vieles Sinn. Nur eine Sache brannte ihm noch auf der Seele.
»Aber warum hat Lucius, damals Tom Riddles Tagebuch in Ginnys Kessel fallen lassen? Ich meine es hätte sie und mich töten können. Und Dobby? Der wollte mich doch vor den Malfoys schützen!«
Verlegen fuhr sich Severus durchs Haar.
»Ähm...ja, dass ich damals etwas unglücklich gelaufen. Lucius bekam das Tagebuch nur Stunden vorher von einem Kontaktmann. Er ahnte, wie gefährlich es war und wollte, es eigentlich bei Flourish & Blotts verstecken. Allerdings kamen Du, die Weasleys und Lockhard dazwischen. Ohne nachzudenken, ließ er das Buch in den Kessel fallen. Später dachte er, dass es in der Schule vielleicht ganz gut aufgehoben wäre. Er ahnte ja selber nicht, was es war und wie es funktionierte. Er schickte Dobby heimlich, um Dich zu beschützen...na ja mit mäßigem Erfolg. Als Du alles herauszubekommen hattest, mussten er und Lucius ihre Rollen weiterspielen. Na und Dobby fühlt sich ja ausgesprochen wohl in Hogwarts. Zumal Trinket und er sich nie ganz grün waren. Dobby war schon immer etwas selbstbestimmter. Er hörte eine Unterhaltung zwischen Lucius und Narzissa in der es darum ging, dass Dumbledore sich eine Gefahr ins Haus hole und das es besonders für Dich gefährlich werden würde. Sie meinten Gilderoy Lockhart, da er sich gerne mit fremden Federn schmückte und im Allgemeinen, ein eher mieser Zauberer war. Sie waren sich beide sicher, dass Du derjenige seien würdest, der darunter zu leiden hätte. Dobby hörte nur die Hälfte und beschloss auf eigene Faust zu verhindern, dass Du nach Hogwarts kämst. Als Lucius alles aufklären konnte, hatte er schon die Absperrung zu Gleis 9 ¾ blockiert. Den Rest kennst Du.«
Forschend sah Severus zu Harry. Der starrte wieder aufs Wasser und blieb eine Weile still. Dann atmete er tief durch und sah seinen Lehrer lächelnd an.
»Es ist schon seltsam irgendwie. Ich meine bis vor ein paar Tagen haben wir uns quasi gehasst oder auf jeden Fall in gewisser Weise nicht gemocht und nun sitzen wir im Garten von Malfoy Manor und Du erzählst mir das alles. Manchmal glaube ich, ich liege noch immer im Schrank unter Treppe und träume das. Und ich erwische mich dabei, wie ich mich immer wieder kneife und jedes Mal hoffe, dass ich nicht aufwache.« Das Lächeln des Jungen war verschwunden. Traurig sah nun in Richtung der Lichtung, auf der vor Kurzem noch die Hirschfamilie gestanden hatte. Severus legte ihm die Hand auf die Schulter und drehte ihn zu sich. »Harry das ist definitiv kein Traum und ich weiß, dass es schwer ist, das alles hinter Dir zu lassen aber ich möchte, dass Du mir jetzt gut zuhörst! Du bist nicht Schuld und das was Dir geschehen ist, hast Du nicht verdient, das hat niemand. Was Dir passiert ist, war Unrecht und mit nichts in der Welt wieder gutzumachen. Glaub mir bitte, es ging mir irgendwann man ähnlich, aber ich möchte, dass Du etwas verstehst. Nicht Du hast Strafe verdient, sondern die Menschen, die Dir das angetan haben – Menschen die Dich eigentlich schützen sollten. Kinder werden beschützt, geliebt, versorgt und nicht zum Sterben in einen Schrank geworfen!« Erschrocken sah Harry seinen Lehrer an. Severus Stimme war immer lauter und wütender geworden. Der Junge wusste, dass Snape nicht auf ihn wütend war, konnte, aber nicht verhindern, dass er sich etwas kleiner machte. Severus war selber erschrocken über die Vehemenz mit der er Harry versuchte zu erklären, dass er aufhören musste sich die Schuld zu geben. Er spürte wie sich das Kind zusehend verkrampfte und kleinmachte.
»Es tut mir leid Harry. Ich...ich wollte Dir keine Angst machen. Ich wünsche mir einfach, dass Du es verstehst, und versuchst vielleicht irgendwann damit abzuschließen.« Sanft strich er dem Kind neben sich über den Rücken. Harry entspannte sich langsam wieder. Einige Momente blieb es still zwischen dem Gryffindor und seinem Lehrer.
»Schon okay. Vielleicht hab ich das ja gebraucht. Draco hat etwas Ähnliches gesagt. Aber irgendwie ist trotzdem alles so unwirklich so...so unfassbar. Aber was ist mit Dumbledore, er wird doch sicher wollen, dass ich im nächsten Sommer zurückgehe?! Ich werde ja erst Ende Juli siebzehn!? Der Blutschutz...ich weiß nicht manchmal denke ich lieber Voldemort, als die Dursleys. Und wenn das Ministerium alles erfährt? Sie würden mich ins Heim stecken, oder?« Die Stimme des jungen Gryffindor war immer verzweifelter geworden. Severus zog das Kind fest an sich. Seit er ihn aus dem Haus im Ligusterweg geholt hatte, wollte er ihn nur beschützen und trotz allem hatte er Angst vor dem folgenden Teil des Gesprächs. Er wusste nicht genau wovor genau. Vielleicht einfach nur davor, wie der Junge reagieren würde. Ihr beider Leben würde sich komplett ändern, sie wären für immer verbunden – aber vielleicht waren sie das ja schon auf die eine oder andere Weise.
Severus hatte sich mit der Option beschäftigt, seit er Harry hergebracht hatte. Für ihn standfest, dass er es tun wollte, aber was war mit dem Jungen? Nach den Jahren des Streits, der gegenseitigen Vorwürfe wäre er bereit ihn, Severus Snape als Vater zu akzeptieren? Noch einmal atmete er tief durch, um seiner Stimme einen festen Klang zu geben:
»Hör zu Harry, ich habe versprochen, dass Dir Deine Verwandten nie wieder etwas tun werden und dieses Versprechen halte ich. Auch Dumbledore wird erkennen müssen, dass der Blutschutz nicht wirken kann, wenn die Gefahr für Dich im Haus ist. Eine mögliche Lösung wären die Weasleys, allerdings sind sie meiner Meinung nach nicht stark genug Dich zu beschützen und inzwischen kenne ich Dich ganz gut. Du würdest das nicht wollen, Du würdest sie nie in Gefahr bringen, eher würdest Du unter einer Brücke schlafen. Für einen aufsässigen Teenager, der Du eigentlich sein solltest, bist Du viel zu selbstlos.« Severus konnte ein kleines Lachen nicht unterdrücken, dann sprach er weiter.
»Harry es ist für Dich sicher seltsam auch wegen unserer Vorgeschichte, aber ich...also ich würde Dich gerne adoptieren.«
Fassungslos starrte der grünäugige seinen Lehrer an. Die Worte drangen nur sehr langsam in seinen Verstand. Hatte Severus Snape ihm wirklich gerade den Vorschlag gemacht, ihn zu adoptieren? Besorgt sahen in nun zwei dunkle Augen an. Der Tränkemeister wollte das Kind nicht überfordern oder überrumpeln doch leider blieb ihnen kaum Zeit für eine andere Lösung und er würde sicher nicht zulassen, dass Harry in ein Heim kam. Sanft sprach er auf den Jungen ein: »Ich würde verstehen, wenn Du nicht möchtest und Du bist auch bald volljährig aber...na ja ich dachte, Du bräuchtest auch über Deinen siebzehnten Geburtstag hinaus, jemanden zu dem Du gehörst – eine Familie...Ha..«
Weiter kam er nicht. Der Junge hatte sich in seine Arme geworfen und weinte. Es fühlte sich an, als würden die qualvollen Jahre bei den Dursleys mit einem Schlag verblassen. Bevor er nach Hogwarts kam, kannte Harry nur Einsamkeit und Schmerz. Dann lernte er Ron und Hermine kennen. Zum ersten Mal im Leben hatte er so etwas wie ein Zuhause. Und so sehr er es auch genoss, bei den Weasleys zu sein, es war anders und ja Severus hatte recht, er würde und wollte die Familie nicht in Gefahr bringen. Das sein ehemals verhasster Lehrer ihm nun anbot, ihn zu adoptieren, ihm eine Familie zu geben, das war für den misshandelten Jungen kaum zu verstehen. Sie hatten beide in den Jahren viel falsch gemacht und vielleicht würden die Verletzungen dieser Jahre noch zu Problemen führen, aber für diesen Augenblick war das Leben perfekt. Doch auch Zweifel schlichen sich in Harrys Bewusstsein.
Lächelnd strich Severus ihm über das rabenschwarze Haar. Es dauerte eine ganze Weile, bis der Junge sich beruhigt hatte und sich langsam von dem Tränkemeister löste.
»Ich...ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich würde mir nichts mehr wünschen, aber das Ministerium und Dumbledore, sie würden Dir doch nie erlauben, mich zu adoptieren. Ich durfte ja nicht mal zu den Weasleys...ich«, Harry schluchzte. Das schöne Gefühl von eben verschwand bei dem Gedanken an die Hürden, die scheinbar unüberwindbar waren. Erstaunt sah er, dass Severus noch immer lächelte. Dieser wischte Harry die letzten Tränen aus dem Gesicht.
»Nun ohne Zweifel würden weder das Ministerium noch Dumbledore einer Adoption zustimmen. Aber es gibt eine andere Möglichkeit. Hast Du schon mal von der Blutadoption gehört?«
Harry kramte in seinem Gedächtnis. Tatsächlich kam ihm das Wort bekannt vor. In Geschichte der Zauberei hatte Professor Binns davon erzählt. An Details konnte sich der Gryffindor nicht erinnern nur daran, dass diese Art der Adoption sehr selten war. Snape sprach bereits weiter: »Es ist nicht ganz einfach. Du musst zustimmen genau wie Dein Vormund, also Deine Verwandten. Das Ganze muss mit zwei Zeugen und Blut besiegelt werden. Eine solche Adoption kann man nicht umkehren und sie darf nicht unter Zwang erfolgen...und also ähm ein Teil meiner DNA würde auf Dich übergehen. Das heißt, Dein Aussehen würde sich leicht verändern.« Instinktiv griff sich Harry an seine Nase. Severus Snape hob eine Augenbraue,
»Sehr nett. Aber keine Angst so gravierend wären die Veränderungen wohl nicht.« Schnell zog Harry die Hand zurück.
»Tut mir leid. Ich glaub, ich käme durchaus mit so einer Nase klar.« Der Gryffindor grinste seinen Lehrer frech an.
»Dass heißt also, Du wärst einverstanden?« Forschte Severus nach. Heftig nickte Harry.
»Aber, werden Dumbledore und das Ministerium, nicht versuchen das zu verhindern?«
»Schon daher müsste es schnell passieren. In den nächsten Tagen, wenn Du wirklich willst. Allerdings...Du also wir müssten noch einmal zu Deinem Onkel und Deiner Tante. Es geht nicht anderes. Um die Adoption abzuschließen, müssen alle Beteiligten und Zeugen in einem Raum sein.« Severus drückte die Schulter seines Schülers. Dieser schluckte schwer und versuchte seine Panik, unter Kontrolle zu bringen. Zögernd sagte er: »Wenn Du dabei bist, dann wird es schon gehen.« Der Tränkemeister nickte zufrieden, stand auf und half seinen Schützling auf die Beine.
»Ich werde da sein - ab jetzt immer!« Mit diesen Worten zog den 16-Jährigen in eine feste Umarmung. Er ahnte, dass es weder für Harry noch für ihn leicht sein würde in den Ligusterweg zurückzukehren aber es war die einzige Möglichkeit.
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