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"Er ist echt heiß." ,fängt Mary sofort an, als Mr. Rutherford den Raum verlassen hat und lässt sich auf meinen Tisch fallen. "Extrem. Er sieht viel zu gut aus um sowas wie Mathe zu unterrichten." ,pflichtet Nadia ihr bei und sofort kichern alle. Ich versuche mich von meinen Mädels anstecken zu lassen aber so richtig wollen sich meine konfusen Gedanken nicht einstellen. Ich fühle mich irgendwie benebelt und konnte mich erneut kaum auf den Unterricht konzentrieren, doch dies mal lag diesmal nicht an den Gewissenbissen, die mich quälen, sondern viel mehr an Mr. Rutherford. Ich konnte die ganze Zeit das Gefühl nicht abschütteln, dass seine blauen Augen sich ständig auf mich richteten, mich musterten. Mein Kopf spielt mir einen ziemlich üblen Streich soviel steht fest. Ich greife nach der Coladose und nehme den letzten Schluck davon.
"Jetzt kann Mathe endlich mal interessant werden." ,fügt Isabelle noch hinzu und erneut brechen alle in Gelächter aus.
"Ja definitiv." ,gebe ich schnell dazu, damit meine Freundinnen nicht bemerken was in mir vorgeht. Vor allem nicht von der Sache mit Mike. Ich werde es ihnen morgen erzählen, heute muss ich alleine da durch.
"Ich muss ganz kurz mal an die frische Luft, bin gleich wieder da." ,hänge ich noch kurz hinterher.
"Okay, dann bis gleich." ,erwidert Nadia und die anderen nicken, während sie sich wieder in ihr Gespräch vertiefen. Ich schnappe mir meine Jacke und eile aus dem Schulgebäude. Je mehr die Zeit voranschreitet, desto mehr fühle ich mich eingeengt und meine Nervosität steigt ins unermessliche. Ich gehe hinters Schulgebäude, lehne mich an die Wand und atme einmal tief durch, bevor ich mir eine Packung Zigaretten aus meiner Tasche hole und mir sofort eine in den Mund stecke. Ich fand rauchen schon immer ekelhaft, doch gestern Abend war ich so überfordert, dass ich mir vor lauter Verzweiflung eine Schachtel gekauft habe. Ich nehme das Feuerzeug und zünde sie an, bevor ich tief an ihr ziehe und das Nikotin mich sofort schwummrig macht. Der bittere Geschmack brennt in meiner Lunge, doch ich ignoriere es. Der kalte Wind zieht durch meine Klamotten und lässt mich frösteln. Ich puste den Rauch in die Luft und ziehe sofort ein weiteres mal.
"Hat dich mein Unterricht etwa so gestresst?", höre ich plötzlich eine Stimme und ich verschlucke mich an dem Rauch. Ein Hustenanfall überkommt mich, Tränen schießen mir in die Augen und meine Zigarette fällt mir aus den Händen.
"Kein Nikotin gewöhnt?, fragt mein neuer Mathelehrer lächelnd, mit den Händen in den Hosentaschen und ich habe erneut das Gefühl, als würde sein Blick Feuer sprühen.
"Sie haben mich erschreckt." ,antworte ich, als ich endlich wieder vernünftig Luft bekomme und lege mir meine Hand auf mein rasendes Herz.
"Oh entschuldige bitte." Doch er sieht überhaupt nicht aus, als würde es ihm Leid tun. Stattdessen grinst er.
"Was machen Sie hier?" ,frage ich ihn und er zieht ebenfalls eine Schachtel Zigaretten aus seiner Tasche.
"Mich mit den Gedanken anfreunden, euch nun Unterrichten zu müssen." Er klappt die Packung auf und schiebt sich ebenfalls eine Zigarette zwischen die Lippen.
"Waren wir so schlimm?", gebe ich entrüstet zurück und Mr. Rutherford lacht leise.
"Ich zieh dich nur auf. Ich gebe viel eher meiner Sucht nach, also fang lieber gar nicht erst an damit." Typisch Lehrer. Müssen einen immer belehren, sogar außerhalb des Unterrichts. Und es dann such noch selbst machen. Ich verdrehe die Augen.
"Ich werd schon nicht..." Doch mein Satz bleibt mir im Hals stecken, den für einen Moment verschwindet sein Lächeln und etwas anderes blitzt in seinen Augen auf. Oder war es wie vorhin nur Einbildung? Dieser Mann verwirrt mich. Gott, ich muss dringend meine Probleme in Griff bekommen, meine Vorstellungskraft heute ist wirklich wunderbar unpassend.
Mein Augen richten sich wieder auf meinen neuen Lehrer, der seine Zigarette inzwischen angezündet hat und tief einatmet. Seine Brust hebt sich und ich meine zu sehen wie sich definierte Muskeln unter seinem Hemd abzeichnen.
Maddy, reiß dich jetzt verdammt nochmal zusammen!
"Warum hören Sie denn nicht auf, wenn es so schlecht ist?", erwidere ich stattdessen auf seinen Ratschlag und schiebe meine Hände in meine Jackentasche, bevor sie einfrieren. Warum ist es eigentlich so kalt heute? Es ist doch erst Herbst, doch es fühlt sich an wie Winter. Ich hätte heute morgen in den Wetterbericht gucken sollen oder am besten einfach im Bett bleiben.
"Einmal angefangen ist es schwierig, die Finger wieder davon zu lassen, also übertreib es nicht Madeleine." Seine Stimmlage klingt plötzlich so befehlshaberisch, dass es mir die Sprache verschlägt. Ich bin volljährig. Ich darf tun, was ich möchte und mein Lehrer hat darüber gar nicht zu bestimmen. Selbst wenn es nett gemeint ist. Vom Trotz gepackt, hole ich die Packung Zigaretten wieder heraus und nehme mir eine weitere.
"Es ist nett von Ihnen sich Sorgen um mich zu machen, aber ich bin volljährig und darf selber entscheiden, ob ich rauchen möchte oder nicht."
Mit diesen Worten schiebe ich den dünnen Stängel wieder zwischen meine Lippen und krame mein Feuerzeug hervor. Dieser Tag wird schon schlimm genug, da muss ich mich jetzt ein wenig runterbringen ohne, dass mein Lehrer mir eine Moralpredigt hält und es dabei selbst macht! Ich mag es nicht, wenn man mich wie ein kleines Kind behandelt und irgendwie nervt sein Verhalten mich, was wahrscheinlich durch den Stress, der mich belastet, noch viel schlimmer erscheint.
Ich knipse das Feuerzeug an und halte die kleine Flamme an den Tabak, der sofort anfängt zu glühen, woraufhin ich mein Feuerzeug wieder zurück in die Tasche fallen lasse. Doch bevor ich den ersten Zug nehmen kann, verschwindet die Zigarette aus meinem Mund und als ich auf blicke steht Mr. Rutherford auf einmal vor mir , meine Zigarette in der Hand und grinst mich an.
"Oh und wie du das darfst, aber auf dem Schulgelände sind Zigaretten verboten, also muss ich die leider einsammeln."
Mein Mund klappt auf und ich blicke in geschockt an, während er meine Zigaretten zwischen zwei Fingern zerknickt und dann zu Boden fallen lässt und dabei bloß weiter lächelt, als wäre das hier grade das lustigste auf der Welt.
"Aber, Sie rauchen doch auch hier.", gebe ich entrüstet zurück.
"Lehrer-Bonus." ,erwidert er zwinkernd und hält mir dann seine Hand hin. "Und Lehrer pflichten. Also nimm es mir nicht böse."
"Muss das wirklich sein?" ,gebe ich quengelnd zurück, immerhin ist die Packung noch halbvoll, doch als Mr. Rutherford nickt, lasse ich die Packung auf seine Hand fallen.
"Außerdem kannst du sie nach der Schule wieder bei mir abholen."
"Ich kann nach der Schule nicht." ,gebe ich zurück und seufze, als ich erneut an Mike denken muss. Wieso hat er nur vorgeschlagen, mich von der Schule abzuholen? Die Situation kann nur furchtbar werden, wenn ich ihn zur Begrüßung schon nicht küsse. Er wird durcheinander sein und wissen wollen, was los ist und dann erzähle ich es ihm sicherlich zwischen Tür und Angel auf dem Schulhof, was ich eigentlich nicht wollte. Ich wollte es in Ruhe erklären. Aber es läuft sicherlich darauf hinaus. Ich kenne Mike. er merkt wenn mit mir etwas nicht stimmt, er ist auch sehr emphatisch und aufmerksam. Verdammt, er ist der perfekte Partner. Was stimmt nur mit meinem Kopf nicht?
"Alles in Ordnung?" Mr. Rutherford blickt mich besorgt an, das Lächeln ist verschwunden.
"Du wirktest so abwesend. Wie heute morgen. Stimmt irgendwas nicht oder belastet dich etwas?"
Ich schüttel den Kopf. "Es ist kompliziert." ,antworte ich dann schließlich und seine Augen nehmen einen sanften Ausdruck an.
"Wenn du reden möchtest, bin ich gerne dafür da. Immerhin bin ich dein neuer Klassenlehrer."
"Danke schön, ich werde es mir überlegen." ,gebe ich zurück und bemühe mich zu lächeln.
"Ist doch selbstverständlich." ,meint er lächelnd und schiebt mir meine Packung Zigaretten, zurück in meine Tasche.
"Ich will dich nicht noch mehr ärgern, wenn dich sowieso schon was belastet, aber denk an meine Worte und erzähl das bloß nicht weiter, sonst krieg ich gleich am ersten Tag Ärger." Er zwinkert ein weiteres Mal, bevor er sich umdreht und gehen will. Kurz bevor er abbiegen muss, dreht er sich nochmal um. "Du hast gleich wieder Unterricht, also trödel lieber nicht und lass dich nicht nochmal erwischen." Schalk blitzt in seinen Augen auf, bevor er verschwindet.
Ich bleibe allein zurück und blicke ihm hinterher. Ohne es zu wollen, muss ich Lächeln. Er hat es tatsächlich geschafft mich etwas aufzumuntern. Er ist wirklich freundlich und kümmert sich ehrlich um einen, was man von Lehrern nicht oft erwarten kann. Er scheint echt ein guter Mensch zu sein und als ich zum Unterricht zurück gehe, schweifen meine Gedanken immer wieder zu meinem neuen Lehrer und ich ertappe mich dabei, mehr von ihm wissen zu wollen.
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