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Die Glocke klingelt zum zweiten Mal und läutet damit, das Ende der Pause ein. Trotz meines Entschlusses, den ich getroffen hab, erwische ich mich dabei, wie ich hibbelig werde, als die dritte/ vierte Stunde ansteht. Doppelstunde Mathe. Na danke schön. Als hätte ich nicht schon unter normalen Umständen keine Lust auf Mathe Unterricht. Ich höre Schritte auf dem Flur und ich kann nicht anders als an mir herunter zu schauen und mein Outfit zu überprüfen.
Nein, ich sollte mir keine Gedanken darüber machen, ob ich in seinen Augen gut aussehe. Das ist definitiv die falsche Herangehensweise.
Dennoch kann ich nicht anders, als meinen Lehrer zu mustern, als er zur Tür hereinkommt. Mr. Rutherford sieht wie immer einfach viel zu gut aus.
Warum macht das Leben, es einem auch immer so schwer?
...
Super Gedanken Maddy. Richtig Sinnvoll.
Ich kann nicht anders, als ihn während das Unterrichtes anzuschauen. Er wirkt fröhlich. Kein bisschen Wut oder sonstiges lässt in seinen Augen darauf schließen, dass er irgendwas bereut. Im Gegenteil, er lächelt mir sogar zu, wenn sein Blick auf meinen trifft. Tatsächlich hatte ich nicht damit gerechnet, dass er gute Laune hat. Und vor allem nicht so gute. Hat er plötzlich seinen Charakter geändert? Er ist doch sonst immer so abwechslungsreich, was seine Emotionen angeht.
Und vor allem, wie kann das sein? Erinnert er sich eventuell gar nicht mehr? Oder ist das seine Art, so zu tun, als wäre nichts geschehen? Er wirkt kein bisschen angespannt. Ich weiß nicht, wie ich das interpretieren soll, also denken ich mal, dass es bedeutet, dass er sich über die gleichen Dinge Gedanken gemacht hat und es so eingeschätzt hat wie ich?
Dennoch bin ich immer noch vollkommen perplex, während er uns eine Übung an die Tafel schreibt, die wir bearbeiten sollen. Ich hatte eine andere Reaktion erwartet. Eher so, wie an dem Tag, nachdem er mich bei ihm schlafen lassen hat. Warum ist er diesmal so anders? Was zur Hölle hat das zu bedeuten?
Wie immer super motiviert in diesem Fach, schlage ich mein Buch auf und versuche die Aufgabe zu verstehen. Das momentane Thema liegt mir, wie fast immer, nicht wirklich, weswegen meine Konzentration tatsächlich kurz von meinem Lehrer abschweift, da die Zahlen und Buchstaben in meinem Kopf ein einziges Wirrwarr veranstalten, das mich ablenkt. Wie soll das bitte gehen? Allein mir ein Koordinatensystem nicht mehr zwei sondern drei Dimensional vorzustellen, zu zeichnen und noch Verschiebungen darin zu erkennen, kommt mir vor, als hätte der Teufel persönlich, sich das ausgedacht. Ich wiederhole mich, aber wie soll das gehen?!
„Kommst du klar Madeleine?", ertönt plötzlich seine Stimme neben mir und ich zucke so dolle zusammen, dass ich mir beinahe mein Stift aus der Hand fällt. Wie immer ist er während der Arbeitsphase am rumgehen und versucht zumindest zu helfen. Ich hätte also damit rechnen können, aber ich hätte auch das nicht erwartet. Während sich mein Herz wieder etwas beruhigt, schüttele ich leicht den Kopf, ehe ich darüber nachdenken konnte.
Sofort färbt sich mein Gesicht rot. Will ich überhaupt, dass er mir hilft? Seine Nähe überfordert mich auf einmal irgendwie und generell ist das alles irgendwie ein bisschen viel.
"Was verstehst du denn nicht?" Seine Stimme ist so sanft und mein Gehirn ist erneut wie leer gefegt.
"Ähm...", beginne ich und fühl mich vollkommen dämlich. Ich bin doch sonst nicht auf den Mund gefallen, was soll das bitte immer, in seiner Nähe?! Sein Lächeln scheint ein Stück breiter zu werden und ich muss schnell meinen Blick abwenden, bevor ich endgültig zu einer stotternden Tomate mutiere. "Ich versteh einfach nicht, was das ist", sprudelt es aus mir heraus. Wow, geht es vielleicht noch etwas präziser. "Wie soll das Funktionieren? Ich kann mir das einfach nicht vorstellen." Ein paar Sekunden vergehen, ehe mir bewusst, das man das auch anders hätte auffassen können. Und scheinbar sieht das mein Lehrer auch so -oder vielleicht auch nicht, mittlerweile hab ich das Gefühl, dass ich gar nichts mehr verstehe, denn er beugt sich etwas weiter zu mir, allerdings nur um sich einen meiner Stifte zu nehmen.
"Du musst dich einfach drauf einlassen können." Ich wage es nicht den Blick zu heben, sondern lasse ihn einfach weiter auf mein Heft gerichtet. "Schau mal, ein normales Koordinatensystem, kannst du ja auch einfach zeichnen, dass andere ist nicht wirklich schwerer..." Während er weiter erzählt, zeichnet er mir eine kleine Skizze in mein Heft um es mir zu veranschaulichen. Ich versuche wirklich, zu verstehen, was er meint, doch als er irgendwelche Nummern hinkritzelt, die nicht mehr zu den gesprochenen passen, bin ich erneut vollkommen raus. Was sollen, die da denn zur Hölle jetzt bedeuten. Gerade will ich nachfragen, als er den Stift hinlegt, und ein, 'siehst du? Gar nicht so schwer' von sich gibt und zu dem nächsten Schüler weiter geht.
Verwundert bleibe ich sitzen, bevor mein Blick erneut auf die Skizze fällt und mir nun auffällt, dass einige Zahlen von seiner Hand verdeckt waren, weswegen ich es nicht sofort erkannt hatte. Es sind nicht einfach Zahlen, die zu der Rechnung passen sollen. Nein.
Es ist eine Handynummer.
Perplex starre ich auf die Ziffern, bevor mein Gehirn endlich wieder schaltet und ich schnell die Seite umblättere, damit niemand was davon mitbekommt. Nun brennen meine Wangen tatsächlich und ich will mir gar nicht vorstellen, wie ich aussehe.
Es sollte verboten sein, dass ein Menschen alleine, einen anderen so aus dem Konzept bringen kann!
Ich versuche mich nun noch stärker auf die Aufgaben zu konzentrieren. Zwinge mich beinahe schon, ihn nicht anzusehen, doch meine Gedanken sind ein einziges Chaos, dass ich nicht bewältigen kann. Die Minuten verstreichen und gleichzeitig fühlt es sich an, als wäre ich gar nicht wirklich hier.
Als Mr. Rutherford ansagt, dass wir nun die Aufgaben besprechen, gebe ich schließlich dem Drang nach und schaue ihn an, doch das macht alles nur noch schlimmer. Seine Augen treffen meine für den Bruchteil einer Sekunde und sein Grinsen zeigt mir sehr deutlich, dass er die Situation wahnsinnig amüsant findet. Macht es ihm etwa Spaß, mich so aus der Bahn zu werfen?
Sein Lächeln steckt mich an und für einen Moment sind all die Gedanken, auch die um meinen Entschluss, denn ich eigentlich verfolgen wollte, still und die Spannung zwischen ihm und mir trifft mich erneut mit so einer Wucht, dass all das negative verschwindet.
Ich grinse zurück und entfache damit ein Feuer zwischen uns, dass ich eigentlich für immer erlöschen wollte.
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