Schnell huschen ich und Alicia, meine Zwillingschwester, die Treppe hinunter. Wir haben Mama schreien gehört. Was ist nur los? Wir kommen an die Tür des Wohnzimmers und rütteln an der Türklinke. Aber die Tür öffnet sich nicht. Sie ist abgeschlossen. Scheiße! Weil wir nichts anderes machen können, halten wir unsere Ohren an die Tür.

,,Ich habe Angst.", flüstert mein Zwilling. ,,Ich auch.", antworte ich. Was geht hier vor sich? Was ist, wenn ein Mörder hier ist und uns alle töten will? Oder vielleicht ein Dieb? Wahrscheinlich werden wir hier gerade bestohlen oder sogar ermordet und ich und Alicia können einfach nichts machen.

Doch als wir genauer hinhören, atmen wir mehr oder weniger erleichtert aus. Es sind nur Mamas und Papas Stimmen zu hören. Also kein Einbrecher.

,,Ich liebe dich.", sagt unser Vater zu unserer Mutter und es hört sich irgendwie komisch an. Was machen die beiden nur da drinnen?

,,Ich dich auch.", stöhnt Mama zurück. Was geht vor sich? Verwirrt und verstört zugleich schauen Alicia und ich uns in die Augen. Obwohl wir jetzt wissen, das kein Einbrecher in unserem Haus ist, haben wir immer noch Angst.

,,Du gehörst nur mir!", hören wir noch, dann denke ich, dass wir aufhören sollten, zuzuhören.

,,Was macht ihr da?", schreie ich. ,,Was für Erwachsene. Geht sofort schlafen, Kinder.", antwortet Mama. Alicia und ich schauen uns ratlos an, gehen aber schließlich doch wieder die Treppen hoch.

Im Badezimmer putzen wir uns schnell unsere Zähne und machen uns nachtbereit. Noch immer muss ich darüber nachdenken, was wir gerade gehört haben. Was haben Mama und Papa da nur gemacht?

In unseren Schlafanzügen gehen wir wieder in unser Zimmer. ,,Irgendwie bin ich noch gar nicht müde.", meint meine Schwester. ,,Ich auch nicht und ich muss die ganze Zeit darüber nachdenken, was eben gewesen ist." ,,Ich auch." 

Puh, wenigstens bin ich damit nicht alleine. Es ist schön eine Zwillingsschwester zu haben, denn sie denkt fast immer das gleiche wie ich. Von uns zweien bin ich sowas wie die Chefin und es ist sehr schön über jemanden bestimmen zu können. ,,Zieh meine Schuhe aus.", befehle ich ihr also gleich mal zum Test und sofort kommt sie herbeigeeilt und nimmt sie von meinen Füßen.

Wir setzen uns in unsere Betten und unterhalten uns noch, denn wie schon gesagt, wir sind wie hellwach.

,,Schau mal, es schneit.", merkt Alicia auf einmal und wir stürmen beide ans Fenster, um das Winterspektakel besser beobachten zu können. Ich schaue in Richtung des Waldes und plötzlich entdecke ich etwas. Da sind Augen! Sie leuchten in grünen und roten Farben und machen mich ganz neugierig.

,,Guck, die Augen! Was ist das wohl?", frage ich meine Schwester. ,,Ich sehe nichts, willst du mich verarschen?", fragt sie jedoch, also lasse ich es dabei und wir wenden uns vom Fenster ab. Ich könnte aber schwören, dass ich da etwas gesehen habe.

Wieder auf ihrem Bett sitzend, fragt Alicia: ,,Wann bekommen wir wohl unsere Gaben und was werden sie sein?" ,,Keine Ahnung, ich hoffe bald. Soulin, diese hochnäsige Zicke hat ihre Gabe angeblich schon, aber ich weiß nicht, was sie ist." ,,Bestimmt lügt sie wieder und hat sie noch gar nicht und wenn, dann ist es wahrscheinliche etwas langweiliges." ,,Ja.", stimme ich ihr lachend zu und wir beginnen über Soulin zu lästern.

Plötzlich kommt Mama in unser Zimmer. ,,Schläft ihr immer noch nicht, ihr undankbaren Kinder?"

Ich und Alicia erschrecken uns. Wieso muss Mama uns auch immer beleidigen? 

,,Wir wollen nicht.", antwortet Alicia frech und Mama holt zum Schlag aus. ,,Aua.", heult Alicia und Mama schaut nur noch drohender. 

Um sie nicht weiter zu provozieren, legen wir uns also hin, sie macht das Licht aus und verlässt unser Zimmer. Dann fangen die Geräusche von vorher wieder an. Ich halte mir ein Kissen über die Ohren, damit ich es nicht mehr so stark höre und schließlich fallen meine Augen doch zu.