„es hat etwas hedonistisches an sich, schätze ich.", sagte venus und trat an mich heran.

in ihrer wohnung mit den hohen wänden hing eine panorama leinwand, die ich mit schief gelegtem kopf betrachtete. venus sagte schätze ich, aber ich schätze, wir beide wussten, dass sie sich sicher war. eine gelbe, nackte frau betrachtete sich in einem spiegel, umgeben von rot.

sie legte das glas an ihre lippen und sagte: „mein bruder ließ es mich aussuchen. und dann nannte er es: hedonistisch. jedes mal schaut er es düster an, wenn er mich besucht." sie lachte leise.

es waren zwei tage nach unserem gespräch in l'autre côté vergangen und nun stand ich in der wohnung einer jungen frau mit dem namen fleur merieux. es hatte mich einen kurzen moment lang verwirrt, auf der klingel nicht venus gelesen zu haben.
sie sollte mir fremd vorkommen. dieser private anblick von ihr – selbst wenn ich schon all ihres körpers gesehen habe – sollte mir fremd vorkommen, doch das tat es nicht. ihre großräumige wohnung im 7. arrondissement ließ viel vorstellungsraum übrig. das eigenzige von wahrem, modern-dunklen charakter einigte sich in diesem gemälde.

„warum hast du dich dafür entschieden?"

sie blieb länger still. schließlich zuckte sie mit den schultern. „der galerist sagte mir, es passe zu mir. ich war damit einverstanden, zu sein, was er in mir sah. hedonistisch.
modern und lustvoll."

„düster.", ergänzte ich.

venus drehte sich zu mir. „alle dinge sind düster, salomé. aber wenn du möchtest, dass ich noch düsterer für dich werde,
dann kann ich das tun."

author's note:
fun fact, das gemälde hängt eigentlich in der crone galerie in berlin :))