»22« Das lodernde Feuer im Herzen
Dᴀᴋᴏᴛᴀ
„Hey."
Ich zucke zusammen und öffne blinzelnd die Augen. Noan lehnt an meinen Türrahmen und starrt mich an. Ich hebe fragend die Augenbrauen und setze mich auf. Eigentlich wollte ich nach diesen schwierigen Tagen nur noch ins Bett und habe gerade erst die Augen geschlossen, da er auch duschen wollte, doch scheinbar hat liegt ihm noch etwas auf dem Herzen, so deute ich zumindest sein Gesichtsausdruck.
„Hey", murmle ich und lächle ihn müde an. Vielleicht lockert er sich dann ein wenig. Was hat er nur, dass er so angespannt ist?
„Ich..." Er stockt. Dann seufzt er, schüttelt den Kopf und dreht sich um. „Vergiss es einfach. Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken."
„Nein, du hast mich gar nicht geweckt, ich bin noch wach gewesen. Hey, ist alles in Ordnung?", beeile ich mich zu sagen, um ihn aufzuhalten. Ihm liegt eindeutig was auf dem Herzen und ich will unbedingt wissen, was es ist. Natürlich möchte ich ihn zu nichts drängen, aber wenn ich endlich die Chance bekomme, dass er mir mehr von sich erzählt und mir somit zeigt, dass er mir vertraut, dann will ich sie nicht so einfach entwischen lassen.
Noan hält den Kopf gesenkt. Seine Hand befindet sich auf der Türklinke, nimmt sie fest in den Griff, sodass seine Knöchel weiß herausstechen, ehe er wieder nur seufzt.
Aber dann dreht er sich zu mir um und kommt auf mich zu. Ich bewege mich nicht, befürchte ich doch, dass ich ihn verscheuche und beobachte stattdessen ruhig, wie er sich zu mir ins Bett setzt.
„Bei mir ist alles in Ordnung. Ich möchte aber nun ehrlich zu dir sein. Ich will dir sagen, wer ich bin." Aus dunklen Augen erwidert er meinen Blick, blinzelt nicht einmal, während ich bloß mit dem Kopf nicken kann. Eine Gänsehaut bezieht meinen Körper, während ich gespannt und auch auf unerklärlicherweise nervös auf seine Worte warte.
„Ich habe sehr jung meine Mutter verloren. Sie starb an einer einfachen Erkältung. Wir waren arm, hatten nicht das Geld für die Medikamente und so erlag sie eines Abends dem Fieber. An diesem Abend starb nicht nur einfach eine Frau, nein, es starb das Dach einer Familie. Wir waren ungeschützt vor Donner und Blitzen. Mein Vater hat für uns alles gegeben. Er zeigte nie, wie traurig er war, dass sahen wir nur, wenn er nicht wusste, dass wir ihn gerade beobachten. Dann funkelten die Tränen in seinen Augen, die von Falten überzogen waren, wie auch sein restliches müdes Gesicht. Er arbeitete hart für ein wenig Brot, damit mein Bruder und ich nicht verhungerten, doch eines Tages traf er einen Geschäftsmann, der bei meinem Vater, welcher in dem Augenblick auf dem Bazar Taschentücher und Blumen verkaufte, für seine Frau Blumen bei uns kaufte, die wir in unserem Garten pflegten und friedlich heranwachsen ließen. Seine Frau war sofort ganz vernarrt in die Blumen und zum Teil auch von der Geste ihres Mannes, dass sie nur noch bei uns Blumen kauften. Wir wurden ganz plötzlich bekannt und mein Vater war so unglaublich glücklich."
Noan lächelt für einen Moment ein friedliches Lächeln, während er in die Ferne starrt, als würde er gerade das Lächeln seines Vaters vor Gesicht haben. Schluckend lausche ich weiterhin seinen Worten.
„Weißt du, er hatte dieses Lächeln auf den Lippen, es war... Ich habe es so sehr geliebt, wenn er gelächelt hat. Das war mein Sonnenaufgang", seufzt er. Mein Herz zieht sich bei seinen Worten zusammen, denn ich weiß genau, wovon er spricht, doch noch immer sage ich nichts. Ich will ihm bloß zuhören. „Dann hatten wir endlich etwas Geld. Einen Moment lang mussten wir uns keine Sorgen mehr um das Essen machen und es wurde nicht besser, denn mein Vater ging zur Bank und nahm einen Kredit auf, um sein Blumenladen zu eröffnen. Es hatte alles geklappt, der Laden war geöffnet, die Existenzsorge nicht mehr vorhanden. Ich war ganz verrückt nach süßem Gebäck. Wenn ich alleine unterwegs war, dann habe ich mich gerne vor der Tür einer Bäckerei gesetzt und den wundervollen Duft eingeatmet oder aber dabei zugesehen, wie es zubereitet wird. Mein Bauch hat dann gar nicht mehr so laut geknurrt und ich fühlte mich gleich besser. ›Wenn ich groß bin, werde ich all das Süßzeug kaufen‹, schwor ich mir, doch plötzlich musste ich gar nicht mehr dafür groß werden, denn Papa hatte jetzt Geld und er kaufte mir jeden Abend Prigadeiros, Pão de queijo oder Alfajores! Zuerst hatte ich mich furchtbar gefühlt, dass er sein Geld für mich verschwendet, doch er hatte mir versichert, dass wir nun genug Geld haben und ich alles essen kann, was ich auch will. Es war so wunderschön... Ehe es mir genommen wurde. Der Laden lief nicht mehr, der Kredit konnte nicht mehr gezahlt werden, die Bank wurde ungeduldig. Mein Vater sagte uns, dass die Bank Probleme mache, doch er hatte uns nicht gesagt, was für Probleme sie machen. Er hat uns nichts gesagt, wie es in Brasilien läuft. Er hätte uns warnen müssen, doch stattdessen versteckte er uns eines Nachts in den Schrank, denn der Direktor der Bank stand plötzlich vor unserer Tür, in Begleitung von zwei Männern. Papa hatte mir gesagt, dass ich auf keinen Fall den Schrank öffnen darf, ich darf mich auf keinen Fall bemerkbar machen und ich hörte auf ihn, ich blieb still im Schrank mit meinem Bruder und hielt ihm die Ohren zu, als er zu laut wurde und der fremde Mann in unserem Haus meinen Vater anschrie. Und dann war da dieser Moment; ein Gefühl, das mir sagt, dass ich jetzt aufstehen muss. Dass ich mich zeigen muss, etwas stimmte nicht, ich hatte plötzlich so Bauchschmerzen, so ein übles Gefühl! Ich öffnete den Schrank mit der Stirn einen kleinen Spalt breit und sah nur noch, wie der Banker den Revolver zog und meinen Vater erschoss."
Scharf ziehe ich die Luft ein, kann es nicht aufhalten. Ein riesiger Kloß macht sich in meiner Kehle breit, lässt mich kaum atmen, während Noan bloß still auf den Boden sieht. Wut, Sorge und Trauer sammeln sich in meinen Bauch und werden zu einem unglaublich großen Ball, der zu platzen droht.
„In der Zeitung stand, dass er sich selbst erschossen hätte. Damit die Behörden oder gar die Bank meinen Bruder und mich nicht auch nicht holen kommen, haben wir uns auf den Straßen versteckt und sind dort großgeworden. Wir hatten nichts mehr, außer uns beide, doch während sich bei mir die Wut anstaute und der Wille Rache zu verüben, wollte João nicht wahrhaben zu welch einem Monster ich geworden bin." Er zuckt sanft die Schultern. „Er weiß nun mal nicht, dass unser Vater ermordet wurde. Ich habe es nie über das Herz gebracht, es ihm zu sagen. Er glaubt wirklich, dass Papa uns einfach im Stich gelassen hat."
„Noan", wispere ich und lege ihm eine Hand auf die Schulter. In dem Moment hebt er den Kopf und sieht aus geröteten Augen in meine. Seine Augenbrauen sind fest zusammengezogen.
„Deshalb tue ich das. Ich raube sie aus, bis sie alles verlieren: ihr Geld, ihr Ansehen, einfach alles. Bis sie verzweifeln. Dann werde ich sie zu mir holen und sie dazu treiben die Waffe zu heben uns sich selbst zu erschießen, ich werde das tun, was sie meiner Familie und mir angetan haben. Nicht mein Vater hat sich die Kugel gegeben, nein, er hat uns noch nie aufgegeben, aber die Ferreira werden sich die Kugel geben, dass schwöre ich", knurrt er und drückt meine Hand. Fest erwidere ich seinen Blick und nicke ihm langsam zu.
„Du hast das selbe Ziel, wie ich", raune ich. Noan nickt langsam.
„Ich kenne deinen Schmerz, Gatinha. Ich verspreche dir, ich setze alles daran, dass du bekommst, was du willst", wispert er mir gegen die Lippen. Mühevoll blinzle ich die Tränen weg und umfasse seine Hand noch fester.
„Und ich verspreche dir, dass wir sie alle brennen lassen werden. Lass uns die ganze Stadt brennen lassen, Noan."
Er sieht mir von einem Auge ins andere, als würde er feststellen wollen, ob ich das ernst meine. Ein leichtes Lächeln formt sich auf meine Lippen.
„Keine Gnade mehr", wispere ich. „Sie sollen wissen, dass wir es niemals vergessen werden, was sie uns angetan haben. Sie sollen wissen, dass wir da sind und dass wir erst gehen, wenn sie tot zu unseren Füßen liegen. Ich weiß, dass du gerne im Dunklen agierst und ich habe eine Idee, wie wir uns zeigen können ohne, dass sie uns erkennen werden, aber eine Vermutung haben. Wir werden ihre Psyche zerstören, Clyde. Solange, bis sie angekrochen zu dir kommen, denn wieso sollst du sie holen? Sie werden kommen! Kriechend. Weinend. Zerstört."
Seine Mundwinkel wandern langsam leicht in die Höhe, während er mein Gesicht betrachtet. Zufrieden grinse ich. Meine Idee gefällt ihm anscheinend.
„Das ist perfekt", raunt er mir gegen die Lippen und ich erschaudere für einen Moment, reiße mich jedoch eilig wieder zusammen und verscheuche die Bilder unseres kurzen Kusses, der erst vor wenigen Stunden geschehen ist, aus meinem Gedächtnis. Es passte zur Stimmung und hat keinerlei Bedeutung. Ich sollte nicht darüber nachdenken.
„Du bist also dabei?"
„Immer."
♋︎♋︎♋︎♋︎
Hallöchen, ihr kleinen Diebe 🦹♀️😂
Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen!
Jetzt sind die Beiden stinkig 😏 Tja, da hätten die jeweiligen Verwandten sie einfach mal machen lassen sollen, aber nein, sie mussten sich einmischen und die Beiden noch mehr reizen... schweißt sie wiederum nur mehr zusammen 😉
Jetzt bringen sie die Hölle auf Erden, höhö
Bis baaald
Fleur's SevenTimes-
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