»20« Kriegserklärung
Nᴏᴀɴ
Ein pulsierender Schmerz macht sich in meiner Schläfe breit und ich kneife die Augen zusammen, versuche mich zu konzentrieren und zu orientieren, wage es jedoch nicht die Lider aufzuschlagen, denn es könnte gerade sonst wer auf mich achten und es sehen.
Wo zum Teufel bin ich?
Ich spüre, dass ich stehe und eisig kalte Ketten um meine Handgelenke, die meine eingeschlafenen Arme in die Höhe ziehen. Auch davon kommt ein Schmerz, den ich nicht zu beschreiben vermag. Ich bin Oberkörperfrei und es ist kalt, das bedeutet, ich bin auf jeden Fall aus dem Bett gezogen worden und stehe entweder draußen oder in einem eiskalten Raum.
Was tue ich jetzt? Was, wenn es die FBI ist? Dann muss ich sie töten, ob ich will oder nicht und wenn mein Bruder darunter ist, was mache ich dann? Verdammt!
Okay, okay, erstmal atmen. Atmen und dann lauschen, ob jemand mit im Raum ist.
Keiner da. Langsam öffne ich die Augen und erstarre.
Im Raum ist tatsächlich niemand, ich bin allein, doch der Raum ist es, der mich entsetzt. Ein Saal! Es ist ein in Gold gehaltener, opulenter Saal und ich stehe in Ketten am Platze des Throns. Seufzend schließe ich die Augen. Nein, das ist nicht die FBI.
Das ist Danny fucking Kingston.
Ich habe bereits von seinen besonderen Aufenthaltsorten gehört, auch wenn darunter noch kein Saal war, doch ich kann mir bereits vorstellen, wieso ich hier stehe und welche Art von Spielen er nun spielen will.
Die Spiele mit der Psyche. Meine Spiele.
Und das Schlimmste ist, dass ich versuchen muss ihm nicht weh zu tun, denn immerhin ist er Dakota's Bruder.
„Sieht aus, als wurdest du gefickt, Noan", murmle ich mir selbst zu und atme genervt aus. Wirklich toll. Aber wie hat er es geschafft mich zu entführen? Bei meinem kaputten Schlaf hätte ich es prompt spüren müssen und entsprechend reagiert! Lächelnd schüttle ich den Kopf. Er hat es wirklich geschafft mich zu überraschen, ich bin echt beeindruckt.
Gerade als ich das denke, öffnen sich die goldenen Tore und Danny erscheint tatsächlich.
Ein zufriedenes Lächeln erscheint auf seinen Lippen, als mein Blick den seinen trifft. Derweil versuche ich mich zu entspannen. Je mehr Anspannung er fühlt, desto besser kommt es ihm, also muss ich das schon Mal kappen.
Und dann passiert etwas ganz furchtbar peinliches.
Er beginnt seine Hände zu bewegen und meint wohl ich könne die Gebärdensprache.
„Eh, tut mir echt leid, aber ich weiß nicht, was du mir sagen willst", unterbreche ich ihn mitten in seinen Bewegungen und räuspere mich sogleich. Man, was habe ich denn für Halsschmerzen! Was hat der Kerl mir gegeben?
Als ich wieder zu ihm aufsehe, liegt kein zufriedenes Lächeln mehr auf seinen Lippen. Scheinbar kackt es ihn ganz schön an, dass ich die Gebärdensprache nicht beherrsche. Tja, ich hatte besseres zu tun, als Sprachen zu lernen. Ich beobachte ihn ruhig, während er etwas auf sein Handy eintippt und kaum eine Minute später ein weiterer Bruder von Dakota erscheint. Wie hieß der noch gleich? Alessandro? Jedenfalls ist es nicht die kleine Nutte Jason von gestern. Da hätte ich mich vielleicht sogar gefreut, denn sobald ich die Ketten losgeworden wäre, hätte ich mich auf diesen Bruder doch noch gestürzt.
„Hallo Noan, ich bin Alessandro", begrüßt er mich und nun weiß ich, dass es tatsächlich dieser ist.
„Hallo. Ich würde euch ja gerne die Hand geben, aber wie ihr sehen könnt...", erwidere ich und wackle lächelnd mit den Händen. Danny setzt sich auf einen Stuhl, genau gegenüber von mir, während Alessandro bloß leicht nickt, ein entschuldigender Funke liegt in seinen Augen.
„Ich werde jetzt das sagen, was Danny dir sagen möchte, nur damit du Bescheid weißt", sagt er statt auf meine Worte einzugehen und sieht dann zu seinem Bruder. „Zuerst einmal: Hallo Noan. Ich glaube nicht, dass du dich wunderst, weshalb du hier bist, oder? Immerhin bist du nun ein Partner meiner Schwester."
„Ist das verboten?", hake ich gespielt interessiert nach.
„In dem Fall schon. Denn es ist Dakota. Sie ist meine Schwester und hat den Faden verloren, sie muss allein sein, verstehen, dass sie so nicht weitermachen kann und wieder nach Hause kommen. Stattdessen hat sich einer der gefährlichsten und größten Diebe mit ihr verbündet. So fühlt sie sich noch viel sicherer, weiß wiederum aber gar nicht, was für ein Monster du bist. So kommt sie niemals wieder nach Hause und mit dir an ihrer Seite hätte ich sie auch nicht kriegen können, deshalb bist du hier. Wir schaffen zunächst dich aus dieser Welt und dann hole ich meine Schwester wieder nach Hause."
„Ganz schön dramatisch", seufze ich und verdrehe die Augen. Alessandro's Blick spricht Bände; ich soll die Klappe halten. Das lässt mich wieder lächeln. „Schon Mal daran gedacht, dass deine Schwester dich nicht will, Danny? Sie ist so unfassbar verletzt und so tief am Boden, dass es selbst mir schwer fällt sie zu erreichen. Wenn du deine Schwester weiter zerstören willst, dann bitte. Hole sie nach Hause und mache sie zu deinem süßen kleinen Häschen." Ich gluckse.
„Ihr seid so komisch. Was genau gefällt euch an Dakota eigentlich nicht? Ich weiß es. Sie wurde urplötzlich, von einem Tag auf den anderen, ein ganz neuer Mensch. Sie wurde einer von euch und das passt euch natürlich nicht, deshalb wollt ihr sie jetzt packen, fesseln und ihre gute Seite wieder erzwingen, aber wisst ihr was? Ich habe bisher nur ihre gute Seite zu Gesicht bekommen. Mir gegenüber war sie nicht so scheiße, wie euch gegenüber. Das muss wohl heißen, dass ihr das Problem seid. Ihr seid nicht das, was Dakota braucht." Und damit hat es sich mit meiner kurzen Rede, denn schon landet Danny's Faust in mein Gesicht. Die Ketten klirren, als mein nach rechts fliegendes Gesicht leicht an meinen Körper zerrt. Meine linke Wange schmerzt. Ich lache fassungslos. So schnell kann man ihn also aus dem Konzept bringen? Das wird ja doch noch Spaßiger für mich als für ihn.
„Du hältst jetzt besser deinen Mund, Noan", warnt Alessandro mich. Ich lege den Kopf schräg und erwidere seinen Blick herausfordernd.
„Tut mir leid, aber ihr seid keine Gegner für mich, wieso sollte ich da den Mund halten? Ihr habt mir gestern Abend etwas ins Getränk gemischt, sonst hättet ihr es niemals geschafft mich zu entführen. Wie lächerlich ist das denn? Statt euch wie Männer zu benehmen, benimmt ihr euch wie Pussy's."
Und schon landet die nächste Faust in mein Gesicht und gleich darauf noch eine, sodass ich es leise knacken höre, ich weiß aber nicht, ob das Danny's Faust oder doch mein Gesicht war.
„Das reicht Noan."
Ich spucke Blut.
„Was wollt ihr tun? Mich töten? Dann tut es aber jetzt, denn sobald ihr diese Tür verlässt, bin ich hier weg", teile ich ihnen mit und Danny schnaubt. Ein Grinsen stiehlt sich auf seine Lippen.
„Ach, ja? Und wieso sagst du uns das?"
„Ich stehe total auf Herausforderungen", entgegne ich und lehne mich leicht lächelnd zurück. Und es stimmt. Ich wäre wirklich hier weg. Zwar müsste ich mir das Handgelenk brechen, aber gut, dann mache ich es eben. Heilt ja wieder.
Einen Moment lang bleibt es still zwischen uns.
Bis Danny plötzlich anfängt zu lachen.
Ist der Kerl also doch nicht stumm?
Ein wenig verwirrt runzle ich die Stirn, sage jedoch nichts. Dafür kommt er mir einen Schritt näher, erwidert meinen Blick ohne auch nur zu blinzeln und hält eine dramatische Pause ein, um seinem vorherigen Lachen die gewünschte Wirkung zu verleihen.
Tja, verfehlt. Da braucht es schon ein bisschen mehr, um mich zu beeindrucken.
„Was würde dein Vater bloß sagen, wenn er dich nun sehen könnte."
Keine Bewegung, Noan. Du wusstest, dass so etwas auf dich zukommen wird.
„Was würde dein Bruder sagen? Oh, warte! Das kannst du bald herausfinden, er wird nämlich heute noch eintreffen und dich mitnehmen."
Nun entgleiten mir doch noch die Gesichtszüge.
Danny beobachtet das zufrieden. Sein Lächeln wird immer breiter. Dann beginnt Alessandro wieder das zu sagen, was Danny hinter seinem Rücken mit den Händen formt.
„Was sagst du deinem kleinen Bruder, der einst zu dir aufgesehen hat? Wie viele Jahre hast du ihn schon nicht mehr gesehen? Fünf? Zehn? Von dem Moment an, als dein Vater sich die Kugel gab?"
Wenn die Ketten mich nicht aufgehalten hätten, dann hätte ich ihm mit meiner Stirn die Nase gebrochen. Sein Lächeln verrutscht bei meiner Reaktion kein bisschen.
„Vorsicht, mein Freund. Du bist ihr Bruder, sonst wäre ich ganz anders mit dir umgegangen. Ich muss nur zwei Worte sagen und schon verlierst du den Faden, weit mehr als Dakota und wirst nie wieder mehr in dein Leben zurückfinden", raune ich. Er geht nicht darauf ein.
„Du siehst also, dass wir dich nicht töten wollen, denn das würde Dakota uns nicht verzeihen. Nein, wir haben deine Entführung so aussehen lassen, als wärst du abgehauen. Dein Bruder nimmt dich mit und somit bist du aus ihrem Leben raus. Sie wird am Boden zerstört sein, denn wir kennen unsere Schwester und dieses Funkeln in ihren Augen, als sie dich gestern angesehen hat. Ein weiteres Mal hart gebrochen, wird sie schwächen und wir - ihre Familie - sind da. Sie braucht nur ihre Familie, sonst niemanden."
Mein Magen zieht sich gegen meinen Willen zusammen. Diese Wichser haben es so aussehen lassen, als wäre ich abgehauen? So eine Nutte bin ich nicht! Dakota weiß das... Oder?
„Tut es und seht dabei zu, wie sie zu Grunde geht. Spätestens wenn sie sich das Leben genommen hat, werdet ihr verstehen, wovon ich spreche", sage ich. Meine Stimme trieft nur so von unterdrückter Wut. Sie haben mir damit den Krieg erklärt. Sie haben es wirklich geschafft mich zu reizen.
Sie haben es wirklich geschafft mich zu ficken.
♋︎♋︎♋︎♋︎
Hallöchen!
Hoffe, das Kapitel hat euch gefallen!
Tja, ade Noan 🤣
Mal sehen, wie alles nun verlaufen wird und wie Dakota mit der plötzlichen Trennung klarkommen wird 👀
Bis bald ❤️
SevenTimes-
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