007 ― Es gibt einen Grund.
"Na, wie war dein erster, richtiger Tag hier?", Newt's Stimme erklang, kurz nachdem George und Stephen sich von Kaya verabschiedet hatten. Der blonde Läufer ließ sich, gegenüber von Kaya und Nick nieder.
"Ganz okay, denke ich. Naja...bis auf die Sache mit dem..wie hieß das Schädel-Tüter-Zeugs noch gleich?"
Nick lachte. Seine Lache war warm und herzlich, irgendwie süß dachte Kaya.
"Schädelfeld. Das ist der Friedhof. Eintüter, so heißt Georgie's Job.", erklärte er.
"Ja, richtig. Das...naja irgendwie beunruhigend."
Newt nickte verständnisvoll. "Keine Sorge, mit der Zeit gewöhnt man sich dran. Der Laden hier ist...Naja, ich kann nicht behaupten, ich wäre hier gerne, aber...so übel ist es gar nicht. Und...irgendwann finden wir einen Weg hier raus. Weg vom Labyrinth, den Griewern und...all dem anderen Mist hier."
Newt sah sich nachdenklich um, dann wanderte sein Blick direkt in Kaya's Augen. Sie lächelte: "Ja, bestimmt.", entgegnete sie. Die braunen Augen des blonden glitzerten im Licht der untergehenden Sonne, ein warmes, liebevolles Lächeln hatte sich auf Newt's Lippen ausgebreitet.
"Morgen wird sie Köchin", warf Nick plötzlich ein. Kaya löste ihren Blick von Newt und sah zu Nick, der neben ihr saß. "Oh, klingt klasse. Wehe, du ruinierst das Abendessen!"
Kaya sah wieder zu Newt, der nach wie vor ein breites Grinsen im Gesicht hatte. "Ja, mit voller Absicht, nur für dich, du Strunk!", lachte Kaya. "Na vielen Dank auch", beschwerte sich Newt und leerte seine Schüssel. "So, jetzt aber ab in die Federn. Morgen wird ein anstrengender Tag.", meinte Nick und erhob sich. Newt tat es ihm gleich und brachte seine Schüssel zur Küche. "Wo schlaft ihr zwei eigentlich?", erkundigte sich Kaya, und war verwundert darüber, dass sich ihr diese Frage erst jetzt stellte. "Ich schlafe in einer Hängematte, da hinten", meinte Newt und zeigte auf das andere Ende des Waldes, in der Südwestecke der Lichtung. "Und ich schlafe, so wie die meisten Hüter, im Gehöft, da hinten.", Nick deutete auf das Holzhaus in der Nordwestecke. Kaya nickte. "Also dann, gute Nacht, Greenie, schlaf gut!", meinte Newt und lief auf seine Matte zu. Nick verweilte noch einen Moment bei Kaya. "Ist wirklich alles in Ordnung? Wegen dem Schädelfeld und den Eintütern, meine ich?"
Kaya nickte: "Schon in Ordnung, keine Sorge, Nick. Schlaf gut, träum' was süßes!"
Kaya wandte sich dem gehen zu. "Also von dir?", er zwinkerte. "Ha, Witz komm raus", murrte sie und rollte mit den Augen, dann lief sie kichernd auf ihre Hängematte zu. Nick lief auf das Holzhaus, das Gehöft, zu, und verschwand kurze Zeit später aus Kaya's Sichtfeld.
An ihrer Hängematte angekommen wurde sie von Stephen's Schnarchen begrüßt und musste lachen, als sie an seine Entschuldigung im Voraus dachte.
Die nächsten Tage verliefen alle exakt gleich:
Morgens kam Kaya nur schwer aus dem Bett, die Müdigkeit saß ihr tief in den Knochen. Dann gab es Frühstück. Oft hatten Pfanne und die Köche eine Art Haferbrei mit Obst oder Brot mit Schinken, Käse oder Marmelade zu bieten. Ab und an gab es Ei, mal gekocht, mal gebraten, mal als Rührei.
Dann fing die Arbeit an:
Als Köchin hatte sich Kaya zunächst wirklich blendend gezeigt, Pfanne hatte sogar mit Nick und Jackson, einem anderen Koch, darüber gescherzt, sie sei die vom Himmel gefallene fünf Sterne-Exklusiv-Köchin, bis Kaya beinahe das Holzhaus, in dem die Küche sich befand, in Brand gesetzt hatte. "Klonk nochmal, Greenie! Du kannst doch nicht unsere Bude in Flammen setzen!"
Obwohl Pfanne besorgt klang, lachte er. Sein lachen war tief und klang ein bisschen so, wie ein Blasebalk.
Kaya entschuldigte sich tausende Male bei allen, aber Nick war in schallendes Gelächter verfallen: "Meine Güte, da haben wir ja ein richtiges Naturtalent bekommen..."
" 'Tschuldigung", Kaya ließ den Kopf hängen. "Keine Sorge, ist ja nochmal gutgegangen. Aber...dein Hüter werde ich nicht, das kann ich nicht verantworten, Kleine.", Pfanne klopfte ihr ermutigend auf den Rücken.
Schlitzer war genau der grausame Job, für den Kaya ihn gehalten hatte. Tiere füttern? Klasse. Sie schlachten? Nein danke.
Auch Eintüter war nicht gerade das, was Kaya als Traumjob betitelt hätte. Und handwerklich begabt- von wegen.
Gally gab sich zwar alle Mühe, Kaya zu zeigen, wie sie die Bretter für die neue Gehöfterweiterung anordnen und montieren musste, aber die Nägel hatten einen eisernen Packt gegen sie geschlossen und der Hammer hatte es scheinbar eher auf Kaya's Finger, als auf die Nägel abgesehen.
Am Abend des fünfzehnten Tages, den Kaya auf der Lichtung verbracht hatte, saß sie niedergeschlagen an einem der Holztische vor dem Gehöft. Sie hatte eine Schale Obst vor sich, kaute aber schon seit gefühlten Stunden auf ein und der selben Erdbeere herum.
"Was ist dir denn für eine Käferklinge über die Leber gelaufen, Kaya?"
Minho's Stimme wirkte fast wie eine Erlösung auf das blonde Mädchen.
Seit drei Tagen war Nick auch wieder seiner Arbeit als Läufer nachgegangen, nachdem Clint und Jeff, die Sanis, ihr Einverständnis gegeben hatten. Daher hatte Kaya sich recht einsam gefühlt, wenn sie den ganzen Tag, ohne Newt, Minho oder Nick auf der Lichtung saß und einen Job nach dem anderen versemmelte.
"Ach...ich weiß doch auch nicht, Minho. Ich habe das Gefühl, ich kann nichts von all dem, was hier gebraucht wird."
Minho ließ sich, mit einer Schüssel Auflauf in den Händen, neben ihr fallen. "Warst du schon Schwapperin?", fragte er und stubste ihr mit dem Ellbogen in die Seite. "Ha ha, sehr witzig."
Entgegnete sie deprimiert. "Ich war heute Sanitäterin. Aber ihr Weicheier zuckt ja alle zusammen, wenn euch auf einmal ein Mädchen anfasst. So ein Blödsinn!"
Minho zuckte mit den Schultern: "Naja, wenn du ständig nur von Kerlen umgeben bist, und dann packt dich auf einmal ein Mädel an...das passt nicht allen in den Kram. Und manchen...manchen vielleicht ein bisschen zu sehr, weißt du?"
Kaya nickte zustimmend. "Dann werde ich wohl doch Schwapperin, was?", sie versuchte, ein verschmitztes Lächeln aufzusetzen, doch innerlich kämpfte alles dagegen.
Auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, weil sie wirklich versucht hatte, sich auf der Lichtung einzugewöhnen - sie war eine Fremde. Für die Jungs. In der Lichtung. Vielleicht war sie sich selbst sogar manchmal fremd. Sogar ihr Name, Kaya, wirkte manchmal wie eine Maske. "Keine Sorge, so schlimm wäre selbst das nicht...und vielleicht...naja vielleicht findest du ja noch was anderes.", Minho setzte einen aufmunternden Blick auf, der jedoch eher in einem bemitleidenden Ausdruck endete. "Was machst du morgen?", fragte der asiatische Läufer nun. "Bricknick oder so? Weiß nicht."
"Die reparieren Sachen, fast so, wie die Baumeister."
"Na super, mit anderen Worten: Das wird's auch nicht.", enttäuscht seufzend stocherte Kaya weiter in ihrem Obstsalat. "Ich passe hier einfach echt nicht rein, Minho."
"Das haben wir alle gedacht, als wir hier angekommen sind, Kaya.", beruhigte Minho sie. "Hör mal, Frischling, lass den Kopf nicht hängen. Jeder findet hier ein passendes Plätzchen. Die Erschaffer von all dem Klonk hier...haben sich sicher was dabei gedacht. Sonst wärst du nicht hier...denke ich."
Kaya hob den Blick: "Klonk? Was soll'n das eigentlich sein?"
"Scheiße. Naja, wenn der Haufen in's Klo plumbst dann..-" "Ja, danke, das reicht, Minho, keine Details bitte", lachte sie. Ihre Laune hatte sich erheblich gebessert. Minho hatte ein Talent dafür, Reden zu schwingen. Auch, wenn er sie im nächsten Moment durch einen blöden Witz oder seinen andauernden, eiskalten Sarkasmus ins lächerliche zog.
Es gibt einen Grund dafür, wieso ich hier bin.
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