Ein Strauß voller Semper Augustus
Wir waren auf dem Weg zur Marktversammlung, die jeden Montag um zehn Uhr stattfand. Mutter war schon vorgegangen, wir haben im Garten Blumen gezupft für die Versammlung, denn es war für jeden Bewohner der Stadt Pflicht die schönsten und prachtvollsten Blüten zu entberren und der Adelsfamilie als Geschenk der Loyalität zu überreichen. In unserem Garten wuchs tatsächlich eine Semper Augustus heran. Mit einem langen, schlanken grünen Stengel und mit einer feuerndem Farbe verlieh sie der Blüte eine Seltenheit. Der König liebte die Semper Augustus und trachtete jedes Jahr nach einer. Es gab schon eine gewisse Zeit keine Einzige mehr. Doch als Fastrada heute morgen summend durch den Garten hüpfte, entdeckte sie eine Blüte so wild und intensiv leuchtend wie ihre zerzauste rote Lockenpracht. "Komm, Megara. Es ist nicht mehr weit, hebe dein Kleid an, sonst ist es nachher beim Fest verdreckt", sagte sie und lief schneller vor mir mit ihrem Tulpenstrauß. Die Semper Augustus hatten gereicht für zwei volle Sträuße. "Fastra, du spielst auch mit Naguris Kindern immer Fangen. Das ist unfair", sie schaute kurz nach hinten und ich sah, wie sie ihr keckes Lächeln zum Vorschein brachte. Der Pfad verwandelte sich in eine steinige Straße, mit Menschen in bunten Kleidern und prachtvollen Blüten wohin man auch nur sah. "Megara, sieh mal!", Fastra zeigte mit ihrem zierlichen Zeigefinger auf ein Bündel an Musikern, die an den Stadtoren tanzten und sangen. Wir gingen neugierig an ihnen vorbei und schlossen uns der Menschenmasse an, die stehen blieb um den Gesang zu hören. Gerade fingen sie wieder mit einem neuem Lied an. Es sang eine Frau.
Über die Heide
Im ersten morgendlichen Schein
Ziehen die Vögel
Wo mögen sie wohl morgen sein?
Fastrada zog mich jedoch weiter, bevor ich noch mehr von der himmlischen Musik hören konnte. Die Menschen auf dem Marktplatz hatten einen Halbkreis gebildet und warteten alle auf den König und seine Familie. Die Sängerin und ihr Lied gingen mir nicht mehr aus den Kopf, die Töne so tief und gefühlsvoll. Völlig in Gedanken versunken, bemerkte ich nicht wie Fastrada mit einem jungen Mann ein Gespräch anfing. "Megara? Alles gut?", ich sah sie an und den fremden Mann neben ihr. "Ja, alles gut. Wer ist das?", der Blondschopf sah Fastrada an und in seinen Augen erkannte ich Bedenken. Meine Schwester schüttelte den Kopf und sagte, "Er fragte nach, ob es wirklich Semper Augustus sind". Er stand noch immer neben ihr und sah sie an. Dann setzte er ein jugendliches Lächeln auf und bestätigte es, danach verabschiedete er sich schnell. "Fastra-", die Trommeln der königlichen Garde ertönten und ließen die Gespräche verstummen. Man konnte die Menschen am Ende des Trottoir klatschen hören, es steckte alle mit Lust und Laune an, mit zuklatschen. Fastrada klatschte mit voller Begeisterung mit, sowie jedes Jahr. Ich hielt mich lieber im Schatten der Masse und beobachtete das Geschehen, bis meine Schwester mich leicht mit ihrem Ellenbogen anstupste und mich wieder nach vorne holte. "Sie legen schon den gold, roten Teppich bereit, es muss gleich los gehen. Ich habe gehört, dass Prinz Kylion bald vermählt werden muss. Man meinte, ihm habe das nicht geschmeichelt und wäre für ein paar Tage im Wirtshaus der Madame Juse untergekommen, jeder weiß das Madame Juse kein echtes Wirtshaus gehört, seitdem haben sie Streit", erzählte sie und sah dabei zu wie die Kutsche vor dem gold, roten Teppich hielt und der König ausstieg. Er war ein schmächtiger Mann mit Galanterie. Als zweites stieg seine Frau aus, er nahm ihre Hand und führte sie einmal im Kreis ehe er stehen blieb, sie herzinniglich anguckte und zum Volk sprach. "Ich spreche zu euch, euer König, es ist ein weiteres Mal soweit das wir uns hier alle versammeln um das Fest der Blumen feiern. Zu den Feierlichkeiten sage ich einen Spruch auf: Ein Leben ohne Träume ist wie ein Garten ohne Blumen", er warf die Hände in die Luft und es regnete Blütenblätter. "Freiauf!", es ertönte Musik und die Masse löste sich auf. Ein kleines Bündel an Maids ging an mir vorbei und redeten über den Königssohn. "Kylion ist nicht dabei gewesen, und ich wartete schon auf ihn, nun hat er mich nicht in meinem edelsten Gewand gesehen", das Mädchen kippte ihren Kopf und ließ sich von ihrer Freundin trösten. Die Menschen bauten ihre Marktstände auf, am meisten freute ich mich auf den Tuchhändler. Die Übergabe würde erst am späten Abend stattfinden. Vater meinte, heute würde Mondstille seien. "Das ist ein Zeichen, meine Tulpe". Fastrada hatte ich aus den Augen verloren, jedoch wusste ich dass sie auch allein zurecht kam. Ich beschloss die Straßen unserer Stadt entlang zu schlendern, ich bog um die Ecke als mir plötzlich ein Knabstrupper ohne Reiter in hohem Gallopp entgegen kam. Ich neigte meine Hände, mit dem Blumenstrauß, in die Höhe, versuchte mich groß zu machen. Ganz plötzlich fiel es in einen sanften Schritt und guckte mich mit seinen braunen Augen interessiert und neugierig an. "Ganz ruhig, Großer, shh", wisperte ich und fasste ihn vorsichtig bei den Zügeln. Meine Augen suchten nach irgendetwas und das königliche Banner prangte auf der Satteldecke. "Komm, wir suchen deinen Herren", ich versuchte das Pferd vorsichtig um zu drehen und suchte nach einer Spur. Vielleicht hatte er gebuckelt und den Jenigen abgeworfen? Abrupt sah ich einen jungen Mann bewusstlos auf dem Boden liegen. Die Zügel band ich an einem Baum fest und eilte zum Mann, um zu gucken ob er noch lebte. "Sir? Haben Sie Schmerzen?", leicht täschelte ich seine Wange und er öffnete langsam und zitternd die Augen. "Was ist geschehen?", fragte er mich und ich schilderte ihm alles. Ein wenig später saß er wieder auf seinem Ross und hatte davor noch einmal nach gegurtet, nicht das ihm das selbe wieder passierte. "Mylady, ich bin Ihnen sehr dankbar. Ich hoffe, ich werde eine Gelegenheit finden mich bei Ihnen wahrhaftig bedanken zu können", damit drückte er seine Hutspitze einmal kurz nach unten, lächelte mich an und ritt davon. In der ganzen Aufregung und Panik hatte ich die Zeit komplett vergessen. Schnell musste auch ich mich beeilen um wieder rechtzeitig beim Tanzplatz anzukommen, bevor die Zeremonie anfing, ich lief so rasch ich konnte und übersah dabei einen Mann, der stolz vor mir seine Schritte ging. Ich rempelte ihn leicht mit der Schulter an und hörte, wie er sich hinter mir beklagte.
Die Trommeln ertönten ein zweites Mal an diesem Tag. Die Zeremonie begann und ich hatte es doch noch rechtzeitig geschafft. Die Flöte erklang in hohen Tönen. Die ganzen Mädchen um mich herum hielten ihre Blumensträuße in die Luft, so konnte der König sie betrachten. "Oh, was für ein Augenschmauß, Semper Augustus", der König erhob sich und kam auf meine Schwester zu, die weiter hinten stand. Ein Bediensteter entdeckte meinen Strauß und wies den König sanftmütig darauf hin, das es zwei solcher Sträuße gab. Seine Augen wurden größer. "Mädchen, komm hervor", befahl er und ich wagte einen Schritt nach vorne, raus aus der Reihe. Die Leute fingen leise an zu reden. "Gleich zwei Sträuße, Liebling", die Königin trat vor und schmunzelte über die Überraschung ihres Gemahlen. Sie trat auf mich zu. Kein Wort traff ihre Schönheit, jeder Mann verzehrte sich nach ihr. Im ganzen Land war sie bekannt für ihre Grazie. Kein Wunder, dass der König sich damals in seinen jungen Jahren, sich in sie verguckte. Sofort knickste ich und verbeugte mich, die Semper Augustus streckte ich nach vorne, damit sie ihn nehmen konnte. Leise hörte ich sie schmunzeln. Einen Blick wagte ich und mein Kopf erhob sich kurz. Ihre Zähne waren so weiß, sie glichem dem Vollmond, wenn er nachts über die Felder schien und ihre Lippen so wohl geformt und rötlich. Jede Frau würde erneiden. "Erhebe dich, mein Mädchen", verdutzt guckte ich sie an und kam dem nach. Die Königin guckte mir direkt in meine waldgrünen Augen. Ihr Blick wirkte fast stechend. Als wollte sie mir etwas mitteilen. "Wie ist dein Name?", fragte sie mit voller Stolz.
"Mein Name lautet Megara". Sie breitete ihre Hände aus und Megara übergab ihr den Strauß. Sie reichte ihn an einen Bediensteten weiter. Die Königin ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen und langsam achtete die Menge nicht mehr auf uns. "Dein vollständiger Name, Megara", es wirkte leicht barsch.
"Carmenta. Megara Alice Carmenta", sagte ich leise und sah in ihren Augen Entsetzen.
"Carmenta, diesen Namen habe ich schon vor langer Zeit einmal gehört".
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