Kapitel 22
~Kácá Mata~
Unruhig ging ich auf dem Balkon auf und ab. Hier ist sie verschwunden, aber wo war sie hin? War sie weggelaufen? Würde sie wiederkommen?
Auch, wenn ich mir Sorgen machte, hoffte ich doch, sie würde nur etwas trinken. Als Vampir war das normal und ich konnte ihr Blut nicht vorenthalten.
Dass sie sich geweigert hatte von Kaelo zu trinken hatte mich zwar stutzig gemacht, doch ich hatte es nicht hinterfragt.
Raven wirkte so erwachsen, das sich manchmal vergaß, dass sie trotzdem noch immer ein Kind war. Eines, das bei Arthur aufgewachsen war.
Ob sie wusste, wie man von Menschen trank, ohne sie zu verletzen?
Wollte sie das überhaupt?
Ich ärgerte mich darüber, dass ich daran nicht früher gedacht hatte. Dann hätte ich es ihr erklären und demonstrieren können.
Jetzt war es zu spät und ich würde warten, bis sie zurückkehrte. Oder ...
Nein. Daran wollte ich nicht denken. Sie würde zurückkehren!
Gerade, als ich mich umdrehte, um zur anderen Seite des Balkons zu gehen, huschte ein Schatten nach oben.
Sofort wirbelte ich herum, bevor mir Ravens Geruch in die Nase stieg. Zusammen mit Blut.
Als ich sie erblickte war es, als hätte mir jemand mein Herz herausgerissen. Sie war voller Blut und wirkte irgendwie sorgenvoll. Ich sah sogar Tränenspuren an ihren blutverschmierten Wangen.
Panik packte mich, als ich nach ihren Schultern griff. »Raven«, brachte ich heiser hervor. »Geht es dir gut? Bist du verletzt?«, fragte ich, während ich die Möglichkeit verdrängte, dass es sich um Blut ihrer Opfer handeln könnte. Was mich, wenn ich ehrlich war, sogar beruhigt hätte, denn dann wäre sie nicht verletzt. Aber warum die Tränen?
Sie schüttelte leicht den Kopf und öffnete den Mund, doch bevor sie antworten konnte, sprudelten die Fragen weiter aus mir heraus: »Wo bist du gewesen? Warum hast du dich nicht abgemeldet? Ich habe mir solche Sorgen gemacht.«
Ich sah, wie Raven schluckte und den Blick senkte. »Entschuldige, ich wollte dir ...« Bevor sie zu Ende sprechen konnte, zog ich sie in eine Umarmung und sank mir ihr zusammen auf die Knie.
»Zum Glück bist du nicht verletzt«, flüsterte ich, denn mittlerweile hatte mein Kopf die Duftnoten des Blutes auseinandergenommen. Es war nicht ihres.
»Bin ich nicht«, sagte sie heiser und lehnte ihren Kopf an meine Schulter. Sie zitterte ein wenig und wirkte erschöpft.
»Erzähl mir, was vorgefallen ist«, bat ich, denn ganz tief versteckt unter dem Geruch von Blut lag eine dunkle Note.
Raven roch immer ein wenig nach Arthur, doch dieses Mal war es anders.
»Es ist ...«, setzte sie mit wackeliger Stimme an, bevor sie sich an mir festkrallte. »Ich wollte eigentlich nur was trinken«, sagte sie mit leiser Stimme.
Weil ich spürte, dass ihr Zittern stärker wurde, zog ich sie mehr an mich und strich ihr beruhigend über den Rücken.
Geduldig wartete ich darauf, dass sie weiter sprach, denn ich wollte sie nicht drängen.
»Dann habe ich ... Vaters Signatur bemerkt«, flüsterte sie und schniefte leise. »Ich wollte nur nachsehen, ob er wieder einen Vampir losgeschickt hat, um mich zu holen.«
Mein Mund wurde trocken und ich wollte sie anfahren dafür, dass sie das allein gemacht hatte, schwieg jedoch. Sie hatte sicherlich ihre Gründe, aber ich würde ihr dennoch deutlich machen müssen, dass das so nicht ging.
»Aber ... als ich bei dem Haus ankam ... Es war kein geschickter Vampir. Es war ... ein kleines Mädchen. Er hat es gewandelt«, flüsterte sie, wobei sie dabei so leise wurde, dass ich fast nichts verstand. »Sie hat ihre Familie abgeschlachtet und mich angegriffen«, brachte sie hervor und krallte sich dann noch stärker an mich. »Ich konnte ihr nicht helfen. Ich wusste nicht ... Ich konnte nicht«, brachte sie hervor, bevor sie sich nicht mehr gegen ihre Tränen wehrte und begann zu weinen.
Ich gab beruhigende Geräusche von mir, während es mir das Herz zerriss, sie so zu sehen. Was war nur geschehen, dass sie so fertig war?
»Soll ich es mir ansehen?«, fragte ich leise, denn vielleicht konnte ich dann einen besseren Einblick bekommen, was ihr so viel emotionale Schmerzen bereitete. Außerdem wollte ich sichergehen, dass niemanden etwas auffiel.
Raven schluchzte leise. »Aber nur, wenn du Kaelo nichts davon sagst«, bat sie.
Vermutlich hatte sie bemerkt, dass dieser unterwegs war, um sie zu suchen.
Ich wollte ihn selbst nicht damit belasten, weshalb ich nur leicht nickte. »Aber er macht sich auch Sorgen«, sagte ich. »Wir sollten ihm eine Nachricht hinterlassen«, bemerkte ich, denn wenn ich ihm schrieb, dass Raven Hunger hatte und ich mit ihr ging, würde ihn das vermutlich mehr beruhigen, als wenn wir beide verschwunden waren, sobald er zurückkehrte.
Raven löste sich leicht von mir und nickte, während ihre kleinen Hände über ihre Wangen fuhren, um die Tränen wegzuwischen. »Bist du böse auf mich?«, fragte sie und blickte mit großen, unschuldigen Augen zu mir auf.
Ich schüttelte den Kopf und fuhr ihr durch die Haare. »Wie könnte ich?«, fragte ich sanft. »Ich habe mir Sorgen gemacht, ja, aber böse bin ich dir nicht. Auch, wenn es mich ärgert, dass du allein los bist. Du hättest fragen können, ob wir zusammen gehen«, bemerkte ich, denn ihr plötzliches Verschwinden hatte mir Angst gemacht. »Ich wusste ja nicht, ob du wieder kommst.«
Ihre Augen wurden groß und plötzlich schlang sie ihre Arme um mich und hielt mich fest. »Entschuldige. Ich wollte nicht, dass du denkst, ich renne weg«, brachte sie hervor. Ihre Stimme rau vom Weinen.
»Schon gut«, flüsterte ich und streichelte weiter ihren Rücken, bevor ich sie einfach auf den Arm nahm und nach drinnen trug, damit ich Kaelo einen Brief schreiben konnte.
Raven war eben doch nur ein Kind, das vermutlich mit der Situation überfordert war.
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