Kapitel 20
~Angelique Mata~
Nachdem wir uns gewaschen, gegessen und getrunken hatten, lagen wir auf den weißen Marmorfliesen im Bad. Auf mehreren kuscheligen Handtüchern.
Emilie kuschelte sich an mich, während ihre Finger über meinen Bauch und meine Brüste fuhren. Es hatte nichts Aufforderndes, eher Entspanntes.
Ich überlegte, ob ich sie dazu ermutigen konnte, weiter zu gehen, doch ich wusste, dass sie nicht zustimmen würde, solange ich ihre Fragen noch nicht beantwortet hatte. Genau wie ich, wollte auch sie wissen, was geschehen war, während sie weg war.
»Also«, sagte sie irgendwann mit träger Stimme. Vermutlich, weil sie nicht riskieren wollte, einzuschlafen. »Was liegt dir auf der Seele?«
Ich stieß ein Seufzen aus, streichelte aber weiter über ihren Rücken. »Ich mache mir Sorgen um Kaelo«, gestand ich, auch wenn das nur ein Teil des Problems war. »Er hat sich seit Tagen nicht gemeldet.«
Emilie stieß ebenfalls leise die Luft aus. »Du kennst ihn doch. Vermutlich ist der Akku seines Handys alle.«
Ich verdrehte die Augen. Das sagte jeder. »Dieser Typ ist doch in der technologischen Zeit aufgewachsen. Wie kann er dann so mit seinem Handy umgehen?«, wollte ich wissen. Selbst ich verstand den Nutzen der Technologie. Was ich nicht verstand, war die Tatsache, dass Kaelo es nicht schaffte, sein Handy regelmäßig zu laden, um anzurufen. Konnte er sich nicht vorstellen, dass sich jemand Sorgen um ihn machte?
Emilie tätschelte mir beruhigend die Wange, wobei sie mich mit einem Lächeln betrachtete, das irgendwie etwas von einer Mutter hatte, die ihr Kind bei einer Dummheit erwischt hatte, aber nicht tadeln wollte.
Wie schaffte sie es nur, dass ich mich so fühlte?
»Das ist doch aber noch nicht alles, oder?«, fragte sie, wobei ihre grüngrauen Augen mich direkt anstarrten.
Für einen Moment war ich versucht, sie anzulügen, doch Emilie war meine zweite Hälfte. Wenn ich nicht mit ihr darüber sprach, mit wem dann?
»Beatrice macht mir Sorgen. Nach einem Termin mit dem Rat ist sie für eine Weile verschwunden und dann einfach wieder aufgetaucht«, erklärte ich, was an sich nichts Seltsames sein sollte. Immerhin hätte sie sich einfach nur verlaufen haben können. Wäre da nicht die Tatsache, dass ich in meinem Schloss überall Augen und Ohren hatte.
»Und du konntest sie nicht finden?«, fragte Emilie stirnrunzelnd.
»Nein. Es gibt keine Spuren, was geschehen sein können«, stimmte ich zu. Mein Schloss sollte sicher sein. Wie hatte das also passieren können?
»Wollen wir uns die Stelle noch einmal zusammen ansehen?«, fragte sie und hob leicht den Kopf, um mich zu mustern.
Emilie hatte zwar keine magischen Fähigkeiten, doch dafür ein sehr feines Gespür. Noch mehr als die meisten Vampire.
Zuerst zögerte ich, bevor ich leicht nickte. Das war eigentlich eine gute Idee, auch wenn ich mir etwas Sorgen machte. Ich wollte Emilie nicht in Schwierigkeiten bringen und bei dieser Sache wusste ich nicht, wie gefährlich es wirklich werden würde.
»Das war es doch aber noch nicht, oder?«, fragte sie weiter, was mich dazu veranlasste, mich mit ihr zusammen aufzusetzen.
Unruhe packte mich, sodass ich mich von ihr löste, um Sachen herauszusuchen. Dabei lag Emilies Blick die ganze Zeit auf mich.
Sie blieb am Boden auf dem Handtuch sitzen und wartete geduldig.
Ich hatte die blöde Angewohnheit bei Problemen schnell unruhig zu werden und dann auf und ab zu laufen, während ich mir Gedanken über die Lösung machte. Auch, wenn ich es versuchte nicht zu oft zu zeigen.
»Ich habe Bellatrix und Taavis in den Kellern erwischt«, brachte ich schließlich hervor und wandte mich zu Emilie um.
Diese hatte sich ein einfaches Kleid angezogen, das sie meist als Unterkleid nutzte. Darüber schnürt sie gerade ein ledernes Wams, das jedoch wesentlich schöner verziert war. Es war auch nicht unbedingt für einen Kampf gedacht, sondern zu Repräsentationszwecken. Sie verstand, wie sie sich in diesen Hallen zu benehmen hatte. »Das ist tatsächlich ärgerlich«, bemerkte sie, doch so richtig klang keine Emotion in ihrer Stimme mit.
Ich wusste ja, dass sie nicht ganz so begeistert von den Dingen war, die ich tat, doch sie verstand die Motivation dahinter und sorgte dafür, dass nichts aus dem Ruder lief. »Was haben sie gesehen?«, fragte sie und befestigte die letzten Schnallen.
Dass sie schon fertig war, nahm ich als Anlass, mich ebenfalls zu beeilen.
Da ich ebenfalls nur ein einfaches Kleid und meine Korsage darüber zog, waren wir wenig später fertig und traten in den Gang.
Emilie war hier schon immer ein und aus gegangen, weshalb ich nicht damit rechnete, seltsame Blicke zu ernten, doch ich hatte vergessen, dass wir sehr viele neue Leute hier hatten. Vor allem Werwölfe, aber such Vampire. Sie alle schienen nicht ganz zu wissen, was sie mit einem fremden Alpha anfangen sollten.
Am liebsten hätte ich Emilie gebeten, ihre Aura zu unterdrücken, doch ich hatte schon früh festgestellt, dass mir das zu sehr zusetzen. Ich brauchte sie.
Ohne ihre Aura hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, sie wäre in Gefahr. Was dumm war, doch ich konnte es nicht abstellen.
Und eine zweite Alpha war nicht ansatzweise so gefährlich wie ich, wenn ich dauerhaft angespannt war.
Ich hörte einige der Wölfe, die zu Kaelos Rudel gehörten, tauschen, ignorierte es aber größtenteils. Zu sehr war ich darauf fokussiert keinen Kleinkrieg vom Zaun zu brechen, weil Emilie mit den Blicken beleidigt wurde.
Wie gern hätte ich ihnen einfach eine reingehauen, doch das würde nur zu Problemen führen.
»Das hier ist der Gang«, bemerkte ich angespannt und mit ganz rauer Stimme.
Hier war nicht so viel los, aber leer war er sich nicht. Immerhin gab es hier einige wenige Versammlungsräume.
»Hier hast du die Spur verloren?«
Ich nickte noch immer angespannt, als ich etwas riechen konnte, das hier nicht hingehörte.
Sofort wirbelte ich herum und blickte in wütende, braune Augen, die in einem fast unschuldig wirkenden Gesicht lagen.
Beatrice. Was machte sie denn hier?
Ein Knurren drang aus ihrer Kehle und erst jetzt bemerkte ich, dass sie Emilie fixierte.
Innerlich verdrehte ich meine Augen. Sie war vielleicht ein Beta, doch musste sie sich hier so aufspielen?
»Wie kannst du es wagen, sie hierher zu bringen?«, knurrte Beatrice so rau und wütend, dass ich Mühe hatte, sie zu verstehen.
»Was ist dein Problem?«, fragte ich kühl, ohne mir anmerken zu lassen, wie wenig ihre Meinung mich interessierte.
Trotzdem spürte ich Wut in mir aufsteigen. Sie sollte Emilie nicht so ansehen!
»Was mein Problem ist?«, fragte sie, wobei ich ihr anhörte, dass sie Mühe hatte, sich zurückzuhalten. »Du gehst ein Bündnis mit unserem Alpha ein und hinter unseren Rücken triffst du dich mit einem anderen Alpha. Du bist genau so eine miese Verräterin wie deine Mutter.«
In dem Moment, in dem sie meine Mutter eine Verräterin schimpfte, sah ich rot. Allerdings war Emilie schneller. Sie machte einen Schritt nach vorn, bevor sie der Frau vor uns eine so schallende Ohrfeige verpasste, dass sie zu Boden ging.
»Du bist die Beta deines Rudels. Die Stellvertreterin deines Alphas. Du kannst dich hier nicht wie ein kleines Kind aufführen«, tadelte Emelie mit wütender Stimme. Ihre Aura schwoll immer mehr an.
Das war auch der Grund, warum ich mich nicht dem Blutrausch hingab. Das war eine Sache unter den Wölfen. »Außerdem akzeptiere ich es nicht, wenn du meine Mate als Verräterin bezeichnest. Hüte dein Mundwerk, wenn du nicht willst, dass die Konsequenzen für dein Rudel größer werden, als du stemmen kannst.«
Emilie war wütend. Richtig wütend. Und doch hatte ich das Gefühl mein Herz würde vor Freude aus meiner Brust springen. Sie hatte mich offiziell als ihre Mate bezeichnet und ich musste mir keine Sorgen machen, dass diese Tatsache zu einem Krieg führte.
Beatrice blickte entsetzt zu Emilie nah oben und dann zu mir. »Ihr seid doch alle krank«, brachte sie knurren, aber auch atemlos hervor, bevor sie sich erhob.
Emilies Aura wurde noch ein Stück drückender, doch Beatrice reagierte kaum darauf. Weil sie ein Beta war oder war Kaelos Aura noch drückender, sodass sie es gewohnt war? Ich glaubte das zwar nicht, doch das wäre ein guter Grund, warum sie daran gewöhnt war.
Emilie knurrte und ich erkannte, wie sich ihre Härchen aufstellten.
Kurz dachte ich darüber nach, ob ich sie aufhalten sollte, wenn sie auf Beatrice losging, doch mir wurde die Entscheidung abgenommen.
»Ah, hier seid ihr«, sagte Adelaide, die in den Gang kam. Ihre Worte klangen nicht, als würde sie die drückende Situation wahrnehmen, doch ich wusste es besser. Vermutlich hatte das ganze Schloss etwas gespürt. Adelaide brauchte nur einen kurzen Blick, um die Situation zu erfassen, doch sie maß ihr keine so große Bedeutung bei, dass sie sich einmischte. Stattdessen schien sie deeskalieren zu wollen. »Kaelo hat sich gemeldet. Er hat Kaca gefunden.«
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