Kapitel 19.1
~Angelique Mata~
Frustriert tippte ich mit den Fingern auf das Fensterbrett, während ich zusah, wie die Sonne langsam unterging.
Kaelo war nun schon lange unterwegs und hatte sich bisher nicht gemeldet. Das machte mich nervös.
Gleichzeitig musste ich aber auch darüber nachdenken, was hier geschehen war.
Erst war Beatrice verschwunden, um dann einfach so wieder aufzutauchen und dann hatten ihre Schwester und Taavis den Keller entdeckt.
Das alles gefiel mir ganz und gar nicht, weshalb es mir auch so schwerfiel, mich auf politische Dinge zu konzentrieren. Dabei lagen auf dem Schreibtisch hinter mir noch immer dutzende Dokumente, die ich eigentlich durchgehen sollte.
Darunter Pläne, wie wir die Gegend unter uns aufteilten und was wir gegen die Menschen machen wollten, die sich gegen uns verbündeten.
Dinge, die eigentlich wichtig waren, doch auf die ich mich im Moment nicht konzentrieren konnte.
Der Duft von Zitrone stieg mir in die Nase und kurz darauf öffnete sich die Tür zu meinen Gemächern.
Zuerst wollte ich das Dienstmädchen, das mir wohl Zitronentee brachte, anschreien, doch dann nahm ich die sanfte Duftnote von Minze wahr, die nicht zu einem Getränk gehörte.
Sofort wirbelte ich herum und blickte in die sanften, warmen Augen von Emilie, die mit einem Tablett voller Zitronentee vor mir stand und mir ein Lächeln schenkte.
Ihre weißen Haare hatte sie zu einem lockeren Zopf gebunden, doch sie trug noch immer ihre Reisekleidung. Abgewetztes, teilweise dreckiges Leder.
»Du bist wieder da«, schnappte ich und nahm ihr sofort das Tablett aus der Hand. »Setz dich und erzähl«, forderte ich sie auf, während ich ihre Gestalt mit meinem Blick eingängig musterte. Dabei bemerkte ich einen großen Riss in einem Lederteil, das definitiv neu war.
Noch bevor Emilie etwas sagen oder sich gar setzten konnte, griff ich ihre Schulter. »Bist du verletzt? Was ist passiert?«, wollte ich wissen, während Angst mich ergriff.
Die Idee, sie die Lage der Menschen gegenüber den Vampiren und Werwölfen abchecken zu lassen, war nicht die beste gewesen. Ich wusste, dass sie sich damit einer Gefahr aussetzte, die wir beide nicht einschätzen konnten.
»Schon gut«, sagte sie mit einer sanften Stimme, die mich wie Honig umfing und sofort Ruhe in mir auslöste.
Vielleicht war Emilie eine Alpha und eine Frau, doch ihre Gegenwart war für mich wie Balsam. Schon die erste Begegnung mit ihr hatte ausgereicht, um mir zu zeigen, dass sie meine Seelenverwandte war. Auch, wenn ich damals noch gar nicht gewusst hatte, dass ich auf Frauen stand. »Mir geht es gut. Ich hatte nur einen kleinen Kampf. Es ist nicht mehr als das Leder kaputt gegangen«, versicherte sie und griff sanft meine Hand, bevor sie sich mit mir auf das nahe Sofa setzte.
Jeden anderen hätte ich angefahren, was ihn einfiel, mit der dreckigen Kleidung meine guten Möbel zu beschmutzen, doch bei Emilie war das anders. Bei ihr war immer alles anders.
»Das will ich auch hoffen, sonst muss jemand sterben«, bemerkte ich und legte ihr eine Hand an die Wange, um ihr Gesicht zu mustern.
Das ließ sie lächeln, was diese wunderschönen, süßen Lachfältchen an ihrem Mundwinkel erschienen ließ.
Sanft legte auch sie mir eine Hand an die Wange, wo sie mit ihren Handrücken leicht streichelte. »Du bist blass«, sagte sie und ihr Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an, der mir nicht gefiel.
Sofort legte ich meine Hand auf ihre und Schloss meine Augen.
»Es ist nichts«, versprach ich, fühlte mich aber gleich schlecht. Ich sagte es, um sie zu beruhigen, doch ich wusste ja selbst, dass diese Worte nie etwas brachten. Darum ergänzte ich: »Ernstes.« Damit sie zumindest wusste, dass die Dinge leicht wieder in Ordnung gebracht werden konnten.
Zumindest hoffte ich das.
»Lass uns ein warmes Bad nehmen. Dabei können wir uns entspannen, kuscheln und du kannst erzählen«, schlug sie vor.
Es war immer faszinierend, wie sie es schaffte, mir Dinge zu sagen, als würde ich sie brauchen, obwohl es das war, was sie gerade gern machen würde.
Obwohl ich das wusste, reizte es mich trotzdem. Darum schlug ich meine Augen wieder auf und lächelte. »Du weißt wirklich, wie du mich rumbekommst«, bemerkte ich, was sie leise lachen ließ.
Sie zog ihre Hand zurück und erhob sich. »Das ist nicht schwer«, neckte sie, denn auch Emilie wusste, wie sehr sie mich in der Hand hatte. Etwas, was sie jedoch nie ausnutzen würde. Dazu war sie einfach viel zu sanftmütig.
Leicht zog Emilie an meiner Hand, bis ich mich ebenfalls erhob. Allerdings nahm ich das Tablett mit dem Tee mit, bevor ich ihr in das Bad, das an meine Gemächer angrenzte, folgte.
Vampire brauchten nicht viel und doch wollten die meisten von uns in Luxus leben.
Meine Räume waren alle sehr groß und geräumig. Hell und mit vielen Kunstwerken versehen.
Das Bad selbst war das Kunstwerk. Es gab neben einer Regen imitierenden Dusche einen große, in den Boden eingelassenen Pool und eine weiße Eckbadewanne mit Goldverzierungen.
Emilie hatte es, wie eigentlich immer, auf den Pool abgesehen.
Sie ließ meine Hand los, bevor sie das Wasser aufdrehte, sodass Wärme und Dampf langsam den Raum füllten.
Es würde etwas dauern, bis der kleine Pool voll war, weshalb ich einen Hocker heranzog und den Zitronentee darauf abstellte. »Dann wollten wir doch mal sehen, ob du wirklich nicht verletzt bist«, sagte ich und wandte mich Emilie zu.
Diese breitete bereits die Arme aus und lächelte mich verführerisch an.
Hitze packte mich und wanderte durch meinen Körper. Warum war sie nur so verdammt anziehend?
Voller Vorfreute trat ich auf sie zu und begann die ledernen Verschlüsse zu öffnen.
Emilie hatte noch nie die typischen, zeitgemäßen Kleider getragen, die man erwarten würde. Stattdessen bevorzugte sie lederne Kleidung aller Art. Am liebsten die, die an Panzerung erinnerte und auch schützte.
Während ich mit den Schnallen kämpfte, entschied ich mich dazu, ihr eine neue Ausstattung zu besorgen. Natürlich maßgefertigt. Was jetzt definitiv leichter geworden war. Jetzt konnte ich ohne Probleme einen Vampir fragen. Nicht, dass Werwölfe keine guten Handwerker waren, doch Vampire hatten einfach längere Zeit, Erfahrung zu sammeln.
Früher hatte ich Menschen fragen müssen. Emilie war immer zu geizig, um selbst eines anfertigen zu lassen. Erst recht, wenn ich es bezahlt hätte.
Dieses Problem war schon immer zwischen uns Thema gewesen. Dabei wollte ich einfach nur die Person, die mir wichtig war, verwöhnen. Und da Geld für mich persönlich kaum Wert hatte, solange ich es nicht ausgeben konnte, um ihr ein Lächeln zu schenken, sah ich auch kein Problem darin. Ich hatte im Laufe der Jahre genug.
Ein Seufzen entwich mir, als ich endlich das letzte Hindernis geöffnet hatte und ihr das lederne Wams ausziehen konnte.
Ich warf es achtlos zur Seite, was Emilie einen überraschten Laut entlockte. »Du brauchst eh ein neues«, murmelte ich und zog sie fest an mich.
Zuerst gab sie protestierende Laute von sich, bevor sie leise lachte und die Arme um mich schlang. »Du machst dich dreckig«, bemerkte sie sanft, doch ich vergrub meinen Kopf nur an ihrer Schulter, um ihren Duft einzuatmen. Wie sehr hatte ich sie vermisst.
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