Kapitel 17
~Kácá Mata~
Als ich Kaelo an dem Ortsschild vorbei in das kleine Dorf folgte, waren meine Gedanken überall, nur nicht bei meiner Umgebung.
Mir gingen seine Worte einfach nicht aus dem Kopf. Ich konnte mich einfach nicht daran erinnern, was es mit der Scherbe auf sich hatte.
Aber nicht nur das fehlte in meinen Erinnerungen.
Ich erinnerte mich an Kaelo und bekam Gefühle des Vertrauens und der Hoffnung, wenn ich an ihm dachte, doch direkte Bilder hatte ich nicht.
Wie war es gewesen, als ich nach New Orleans gekommen war? Hatte ich wirklich nach ihm gesucht, um Hilfe zu bekommen? Was war danach geschehen.
Mein Kopf schmerzte, während ich angestrengt nachdachte. Allerdings geschah nichts.
Würde er es mir erzählen, wenn ich danach fragte?
Und was war vor New Orleans?
Ich konnte es nicht sagen.
Alles, was ich sah, wenn ich versuchte mich zurück zu erinnern, war dieser Raum, in dem ich eingesperrt war.
Manchmal war da auch eine Konsole, deren bunte Lichter sich in mein Gedächtnis gebrannt hatten. Aber sonst?
Das Bild eines Mannes erschien vor meinem inneren Auge. Ich spiegelte mich in seiner dunklen Sonnenbrille, doch mehr als sein markantes Kinn und die eingefallenen Wangen konnte ich nicht erkennen. Selbst diese Erinnerung war verblasst.
Ansonsten waren da nur Gefühle.
Raven griff meine Hand fester, was dafür sorgte, dass ich aus meinen Gedanken gerissen wurde.
Erst jetzt bemerkte ich, dass wir angestarrt wurden.
Auf den gepflegten Straßen waren nicht viele Leute unterwegs, doch jeder von ihnen unterzogen uns einer gründlichen Musterung.
Gut, dass wir uns vorher gewaschen und neu eingekleidet hatten. Sicherlich wären wir mit dem ganzen Blut sehr aufgefallen.
»Entschuldigen Sie«, sprach Kaelo einen Mann mittleren Alters an. »Gibt es hier einen Ort, wo man übernachten kann?«, wollte er wissen, was den Blick des Mannes nicht gerade glättete. Im Gegenteil. Die Frage ließ ihn noch misstrauischer werden.
Was ich verstehen konnte.
Ich wusste nicht, wo wir hier waren und ob die Gegend überhaupt groß genug für sowas wie ein Hotel oder ähnliches war.
»Die Straße runter und am Sportplatz rechts«, wie er nicht begeistert an. »Da gibt es ein Motel direkt an der Autobahn.«
Das war gut. Dort konnten wir uns neu orientieren und vor allem ausruhen. Es wäre eine gute Tarnung, damit wir der Spur der Scherbe folgen konnten.
»Scheinbar sind wir doch eher in einer Vorstadt gelandet«, murmelte Kaelo.
Für mich waren die Städte dieser Zeit ein reines Rätsel. Sie waren riesig und hatten weite Ausläufer, sodass es mir generell schwerfiel, einzuschätzen, wo ich gerade war.
Kaelo hatte jedoch irgendwann erwähnt, dass er Angelique anrufen wollte. Hatte er ein Handy dabei? Dann könnte er schauen, wo wir waren. Warum tat er es nicht?
»Könntest du nicht das Handy bemühen?«, fragte ich, fühlte mich aber ein wenig albern dabei.
»Akku leer«, erwiderte er mit einem schiefen Grinsen.
Ich nickte und tat so, als verstanden ich, was er meinte. Obwohl ich das Gefühl hatte, zu wissen, dass das wohl hieß, dass das Handy nicht ging, wusste ich es doch nicht mit Sicherheit.
Generell fiel es mir im Moment schwer, meine Konzentration auf etwas anderes als meine Vergangenheit zu lenken.
»... Vampir ...«, schnappte ich irgendwo auf uns spitzte sofort meine Ohren. Hatten sie mich oder Raven erkannt?
Auch Kaelo hielt kurz inne, als hätte er es auch gehört.
In der Nähe, irgendwo hinter einer Hecke eines Einfamilienhauses redete jemand. »Ich glaube nicht, dass er ein Vampir war. Er konnte in der Sonne gehen«, bemerkte eine andere Stimme.
»Ja, er ist einfach so herumgeschlendert.«
»Aber sein ganzes Auftreten war gruselig.«
»Nur, weil er gruselig ist, muss er kein Vampir Wein. Außerdem hat Clara gesagt, er hätte ihr Medikamente für ihre Tochter verkauft. Er ist wohl ein Arzt gewesen.«
Ich bekam ein ganz eigenartiges Gefühl. Die Art des Gespräches war nicht richtig. Als hätte jemand seine Finger im Spiel. Jemand, der unbedingt wollte, dass der Vampirverdacht schnell zerstreut wurde.
Meine Annahme wurde bestätigt, als sich die Gruppe an Frauen darauf einschoss, dass er ein freundlicher Arzt war.
Was mir jedoch mehr Sorgen machte, war die Tatsache, dass er Medikamente verteilte.
Kaelo stieß die Luft aus. »Ich hoffe sehr, dass es nicht Glitter ist«, bemerkte er angespannt.
Das Wort kam mir nicht bekannt vor, weshalb ich ihn fragend anblickte.
Kaelo musterte mich kurz. »Die Droge, die aus Menschen Dämonen macht«, teilte er mir mit, klang aber, als müsste ich wissen, was das war.
Ich runzelte die Stirn, denn von sowas hatte ich noch nie gehört.
Vielleicht vor meiner Zeit in New Orleans?
Als ich darüber nachdachte, begann mein Kopf erneut zu schmerzen. So stark, dass ich begann, meine Schläfe zu reiben.
Sofort war Kaelo an meiner Seite. »Erzwing es nicht«, bat er sanft und rieb mir über den Rücken.
Ich stieß die Luft aus. Es frustrierte mich sehr.
»Wir sollten aufpassen. Es könnte eine Falle sein«, bemerkte ich, wobei meine Stimme etwas zitterte. Hatte ich jetzt nicht einmal mehr meinen Körper richtig unter Kontrolle? Das war zum Schreien.
Kaelo musterte mich besorgt, als Raven am Rock meines Kleides zupfte. Überrascht blickte ich zu ihr runter und bemerkte, dass sie etwas in der Ferne anstarrte. »Ich rieche Vampire«, flüsterte sie leise, als hätte sie Angst, dass die falschen Leute sie hörten. Irgendwie klang sie ängstlich.
Sofort legte ich einen Arm um sie, damit sie wusste, das wir hier waren. Soweit ich von Kaelo erfahren hatte, waren Vampire hinter ihr her. Sicherlich machte sie sich Sorgen, dass man sie einfing. Eine nachvollziehbare Angst, die ich nur zu gut kannte.
»Nicht jeder Vampir gehört zu Arthur«, sagte Kaelo beruhigend.
Raven schien das jedoch nicht sonderlich zu ermutigen. Ich spürte sie zittern. »Aber seine Geruchsnote«, flüsterte sie mit erstickter Stimme.
Das ließ mich ihren Blick folgen und in der Luft schnuppern. Ich nahm kaum etwas wahr, das mir bestätigen konnte, ob überhaupt ein Vampir in der Nähe war.
Daher blickte ich fragend zu Kaelo, der ebenfalls in der Luft schnupperte und nur die Schultern zuckte.
»Wir können nichts wahrnehmen«, bemerkte ich in Ravens Richtung. »Das heißt, sie können uns vermutlich auch nicht riechen.«
Es machte mir Sorgen, dass sowohl Kaelo als auch ich nichts spüren oder wittern konnten. Normalerweise waren die Sinne eines Alphas einem Vampir weit überlegen. Dass Raven jedoch den Geruch wahrnahm ... machte mir Sorgen. Das zeigte nur zu deutlich, dass sie nicht einfach nur ein Vampirkind war.
Raven krallte sich jedoch weiter an mir fest und blickte mit ihren großen, unschuldigen Augen zu mir auf. »Bitte, lass sie mich nicht mitnehmen«, flüsterte sie, was mich dazu veranlasste, mich zu ihr hinabzubeugen und sie vorsichtig auf meinen Arm zu nehmen.
»Das werde ich nicht zulassen«, versicherte ich im gleichen Moment, wie auch Kaelo ähnliches sagte.
Ich blickte zu ihm und er erwiderte meinen Blick, bevor er leicht lächelte.
Dann trat er auf Raven zu und legte ihr eine Hand an die Wange. »Niemand wird dich uns wegnehmen, versprochen«, sagte er mit so viel Nachdruck, dass man seine Entschlossenheit sehr gut hören konnte.
Diese wärmte mir das Herz. Er war so ein starker, sanfter Mann, dass ich mir kaum noch vorstellen konnte, nicht in seiner Nähe zu sein.
Raven nickte, doch ich spürte, dass sie noch immer zitterte. Was auch immer sie gerochen hatte, es machte ihr Angst.
Daher setzte ich mich in Bewegung. In die Richtung, in der das Motel sein sollte, das man uns genannt hatte. Dort würden wir hoffentlich eine ruhige Nacht verbringen können.
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