Kapitel 1
~Kaelo Ndulu~
Die Stille um mich herum dröhnte laut in meinen Ohren, während ich nur auf die Scherbe in meinen Händen starren konnte. Ich wartete darauf, dass sie reagierte und mich zu Kaca führte, doch seit Tagen geschah nichts. Sie blieb dunkel.
Arthur war besiegt und zwischen den Vampiren und Werwölfe herrschte ein zerbrechlicher Frieden.
Als letzter Alpha vertrat ich mit Adelaide an meiner Seite die Werwölfe, während Angelique die Vampire vertrat und darum nun im Garden District residierte. Dort sorgte sie dafür, dass auch der letzte von Arthurs Leuten gefunden und vernichtet wurde.
Ich war ihr dabei keine große Hilfe, das wusste ich und obwohl ich es gern ändern würde, konnte ich mich doch nicht aufraffen. Mein Inneres fühlte sich leer und kalt an. Ich vermisste Kacas Präsenz.
Die Tür wurde geöffnet, doch ich sah nicht auf. Es war selten, dass mich jemand in meiner Einsamkeit in meinem Büro, das irgendwie überlebt hatte, genau wie die ‚Lunar Lounge', störte. Es war mir schlecht egal.
Als sich jedoch eine dunkle Hand auf die Scherbe legte, sah ich auf und in Beatrice wütende Augen. »Genug Trübsal geblasen«, fuhr sie mich an. Sie machte keinen Hehl daraus, dass sie sich darüber freute, dass Kaca verschwunden war. »Du bist der Alpha. Geh deiner Aufgabe nach«, fuhr sie mich weiter an. In ihrer Stimme lag keinerlei Mitgefühl.
Ich schnaubte leise. »Macht es keinen Spaß, mich zu vertreten?«, wollte ich wissen, denn das war noch immer ihre Aufgabe und ich hatte angenommen, sie würde diese genießen. Immerhin wollte sie selbst immer ein Rudel führen und hatte auch zu allem eine Meinung. Meist jedoch nicht sie gleiche wie ich, daher war es eigentlich recht schwierig, dass sie mich vertrat. Allerdings achtete Adelaide sehr darauf, dass es Beatrice nicht übertrieb und alles umwarf.
»Ich hasse es, mich mit diesen Blutsaugern zusammensetzen zu müssen. Wir sollten die Chance nutzen und sie einfach alle auslöschen.«
Das war typisch Beatrice. Sie hasste die Vampire noch immer, dabei hatten sie sogar noch mehr Opfer gebracht als unser Rudel. Sie hatten fast zwei ganze Clans verloren, doch von Reue oder Feindseligkeit gegen uns war keine Spur. Lediglich Trauer war unter ihnen weit verbreitet.
Vielleicht fiel es mir daher so schwer, in Adelaides oder Angeliques Nähe zu sein. Weil sie ebenfalls um Kaca trauerten.
»Sie haben uns von Arthur befreit«, erinnerte ich matt. Daran, was für einen Preis das gekostet hatte, wollte ich lieber nicht denken. Für mich und viele andere war er sehr hoch gewesen, doch das konnte Beatrice nicht verstehen. Sie hatte keine so wichtigen Menschen in ihrem Leben. Nicht einmal Bellatrix gegenüber schien sie eine derartige Verbundenheit zu verspüren.
Beatrice schnaubte. »Um ihn durch einen anderen zu ersetzen«, knurrte sie frustriert. »Oder ist dir nicht aufgefallen, dass Angelique sich aufführt, als wäre sie die Herrscherin?«, fauchte sie mich wütend an. Etwas, was mich nur innerlich die Augen verdrehen ließ.
Ich stieß ein leises Seufzen aus. »Sie ist eine Älteste. Natürlich gibt sie Befehle. Aber sie reißt dir auch nicht den Kopf ab, wenn du sie ignorierst.« Sonst wärst du schon lange nicht mehr hier, dachte ich und schloss meine Augen. Hinter diesen breitete sich ein Pochender Schmerz aus, der eindeutig durch Beatrice verstärkt wurde.
Diese schnaubte frustriert, was mich jedoch kaum interessierte. Sie war wie ein Hund, der zu viel bellte. »Mach was dagegen«, forderte sie knurren und ballte ihre Fäuste.
»Später«, erwiderte ich, als die Tür geöffnet wurde und Adelaide den Kopf hineinsteckte.
»Beatrice, du wirst gebraucht«, sagte sie mit ruhiger Stimme.
Sie hatte ihr ursprüngliches Aussehen wieder angenommen, wirkte aber noch immer agiler und kräftiger als früher.
Beatrice strahlte, weil sie die Aufmerksamkeit bekam, die sie wollte und wandte sich zu Adelaide um. »Bin auf den Weg«, trällerte sie. Vermutlich ging sie davon aus, dass sie in meinem Namen Rudelangelegenheiten regeln sollte. Ich hoffte, dass es etwas anderes war, wollte aber auch nicht nachfragen.
Vielleicht war es egoistisch mich in mein Selbstmitleid zu stürzen, doch nur weil ich der Alpha war, hieß das nicht, dass ich nicht auch Gefühle besitzen durfte.
Als Beatrice den Raum verlassen hatte, hörte ich sie kurz mit Adelaide sprechen, verstand aber nicht, worüber.
Eigentlich war es mir egal und ich konzentrierte mich wieder auf die Scherbe.
Selbst der Pakt war gebrochen, sodass ich Kaca nicht einmal mehr darüber spüren konnte. Ich weigerte mich jedoch zu glauben, dass sie tot war. Das war schlicht unmöglich.
Als die Tür dieses Mal geöffnet wurde, blickte ich böse auf, doch als ich Sarine erkannte, wurde mein Blick sanfter.
Seitdem Arthur nicht mehr war, konnte sie sich freier bewegen und Adelaide hatte begonnen, ihrer Enkelin die Welt zu zeigen. Vorsichtig und langsam, denn die Tatsache, dass zu viele Leute ihr noch immer zusetzte, war nicht einfach so verschwunden.
Überraschenderweise schien auch Angelique einen Narren an ihr gefressen zu haben und wüsste ich es nicht besser, hätte ich gesagt, dass sie diese wie ihre Tochter behandelte.
»Sarine«, sagte ich versucht sanft, doch meine Stimme war rau und matt. Trotzdem packte ich die Scherbe in meine Hosentasche und schritt auf sie zu, um sie sanft zu umarmen. »Wir geht es dir?«, fragte ich, denn, obwohl einige das Gegenteil behaupteten, war mir mein Rudel wichtig.
Sarine legte vertrauensvoll ihren Kopf an meine Schulter und ich spürte, wie sie die Augen schloss, da ihre langen Wimpern mich kitzelten. »Es ist alles sehr viel«, gestand sie murmelnd. »Aber ich mag Tante Angel«, fügte sie hinzu, wobei mich die Betitelung irritierte. Niemand würde Angelique so nennen, wenn diese es nicht erlaubt hatte. Aber warum?
»Du solltest dich immer mal wieder ausruhen«, bemerkte ich und streichelte ihren Rücken.
»Ich weiß, aber ... deine Zeit kommt und ich möchte noch einmal mit dir zusammen sein, bevor du gehst«, flüsterte sie, was mich nicht nur verwirrte, sondern auch mein Herz vor Aufregung zum Schlagen brachte. Was wollte sie mir damit sagen?
»Was heißt, dass meine Zeit kommt?«, fragte ich, während ich sie hielt. Sie wollte mir doch hoffentlich nicht sagen, dass ich sterben würde, oder?
Sarine schwieg und schien einfach nur die Umarmung zu genießen, die sie nur selten zuließ. »Es ist nicht alles so, wie es scheint. Aber du musst sie finden«, flüsterte Sarine mit einer Stimme, die mir zeigte, dass sie in einer ihrer Visionen gefangen war.
Ich konnte ihr nicht folgen, doch bevor ich erneut nachfragen konnte, spürte ich Wärme in meiner Hosentasche.
Sofort steckte ich meine Hand hinein und zog die Scherbe hervor. Sie schimmerte, pulsierte und flüsterte.
Mein Mund wurde trocken, als ich bemerkte, dass sie reagierte.
Ein sanfter Schein ging von ihr aus, die mich in eine Richtung lockte. »Sarine, ich muss ...«, setzte ich an, als sie sich auch schon von mir löste und einen Kuss auf meine Wange drückte.
»Wir werden uns eine Weile nicht sehen, aber alles wird gut. Geh«, sagte sie sanft und ließ nun gänzlich von mir ab.
Mein Herz setzte für einen kurzen Moment aus, bevor es heftig in meiner Brust donnerte, als würde es herausspringen wollen. Ich spürte die Kraft, die mich plötzlich packte und durch meinen Körper strömte.
Obwohl ich den Drang, sofort loszurennen, spürte, kämpfte ich dagegen an. Ich musste irgendjemanden Bescheid geben.
Kaca war am Leben.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro