Kapitel 9 - Ehrlichkeit?
Nachdem Milos mir erklärt hat wie das Spiel funktioniert, haben wir einige Runden gezock. Die erste Runde war zum Test, damit ich die Funktionen der einzelnen Knöpfe vom Controller lerne. Danach ging das Wettrennen richtig los. Insgesamt haben wir nun vier Rennen hinter uns, zwei davon haben Toni und Jake gewonnen und zwei Milos und ich. Und nun bestreiten wir das fünfte Rennen, bei dem wir in der letzten Runde sind. Mein Klassenkamerad lenkt unser Auto während ich irgendwelche Sachen auf die Gegner oder die Straße werfe, um diese daran zu hindern uns zu überholen, beziehungsweise die, die vor uns sind so zu behindern, damit wir sie überholen können.
Letzteres passiert gerade. Toni und Jake sind vor uns. Diese bewerfe ich gerade mit irgendeinen Gegenstand, treffe sie und bringe sie somit aus dem Gleichgewicht, so dass Milos uns an diese vorbei schlittern lässt und kurz darauf überqueren wir die Ziellinie.
"Gewonnen.", ruft mein Klassenkamerad aus und fällt mir jubelnd um den Hals, was mich leicht verwirrt schauen lässt. Diesen Gefühlsausbruch habe ich nicht kommen sehen. Allerdings kann ich mich nicht beschweren. Dafür gefällt mir diese Umarmung einfach zu gut. Was wohl auch Toni mitbekommt, da dieser mich anzüglich angrinst und mit den Augenbrauen wackelt.
>Er steht auf dich!<, lese ich in seinen Gedanken, was mich nun ihn verwirrt ansehen lässt.
>Woher willst du das wissen?<, sende ich ihm meine Gedanken zu.
>Das merkt man einfach. Außerdem lese ich es in seinen Gedanken.<, kommt die Erwiderung von ihm, was mich doch etwas überrascht.
>Du kannst seine Gedanken lesen?<, frage ich ungläubig.
>Klar! Warum sollte ich nicht?<, will nun Toni wissen, doch dann scheint er zu verstehen. >Er ist also der Junge, dessen Gedanken du nicht lesen kannst?< Darauf nicke ich nur zur Antwort, während Milos sich wieder von mir löst und seinen Controller auf den Tisch legt.
"Verdammt! Wieso seid ihr so gut in dem Spiel? Vor allem Darius. Er hatte doch zum ersten Mal einen Controller in der Hand.", beschwert sich Jake frustriert, über die Niederlage.
"Anfängerglück.", meine ich schulterzuckend, während Milos behauptet: "Übung."
"Was meinst du mit Übung?", möchte Toni von meinen Klassenkameraden wissen.
"Wie ich vorhin schon meinte, hab ich das mit einem Freund aus meiner vorigen Schule gezockt. Wir haben damit sehr viele Nachmittage und Nächte verbracht.", erklärt dieser.
"Wie unfair.", mault Jake etwas, ohne es aber wirklich ernst zu meinen.
"Wieso seid ihr eigentlich hier her gezogen. Du und deine Schwester?", erkundige ich mich nun neugierig. "Was ist mit euren Eltern?"
Milos seufzt leicht und überlegt dann eine kurze Zeit, wie er anfangen soll zu erklären. "Es ist so. Unsere Eltern arbeiten in Naturschutzgebieten und dass in verschiedenen in ganz Amerika. Ständig mussten wir umziehen, wenn sie wieder in ein anderes mussten, um da etwas zu überprüfen. Cecilia und ich hatten dadurch immer Schwierigkeiten in der Schule, da überall die Reihenfolge, was gerade gelehrt wird unterschiedlich war. Auch mussten wir uns immer wieder neu umgewöhnen. An die neue Schule, die neue Stadt und die neuen Leute, die wir kennenlernten. Als vor ein paar Monaten feststand, dass unsere Eltern wieder umziehen mussten und wir somit ebenso, haben wir sie überredet ab dieses Jahr bei Grandma zu wohnen und hier zur Schule zu gehen. Schon weil ich nur noch zwei Schuljahre habe, dieses eingeschlossen. Auch für meine Schwester wäre es besser, wenn sie an einer Schule bleibt, wo sie die Leute kennt und nicht ohne mich irgendwo neu anfangen muss. Das würde sie nicht durchstehen."
Da hat er wohl Recht. Mit ihrer Angst, vor Fremden, könnte sie allein in einer fremden Umgebung nicht zurechtkommen. Vor allem wenn die Menschen um sie herum ihr Verhalten nicht verstehen.
"Dann hättet ihr doch aber auch schon viel eher hierher ziehen können.", meint Toni nachdenklich.
"Das wollten wir auch. Doch unsere Eltern meinten, dass sie uns gerne aufwachsen sehen wollen und auch diesmal konnten wir sie nur gerade so überreden, uns endlich bei Grandma wohnen zu lassen. Sie wollten uns gerne bei sich haben."
"Das ist doch idiotisch. Man sollte doch immer das Entscheiden, was das Beste für die Kinder ist.", kommt es frustriert von Lucas, woraufhin wir Anderen nur zustimmen können.
"Wir sollten nun aber mal unsere Hausarbeit erledigen. Sonst schaffen wir heute doch nichts mehr.", meine ich, nachdem es eine Weile ruhig war.
"Ja, stimmt.", gibt mir Milos recht und erhebt sich von dem Sofa. Dann sieht er zu den anderen beiden Jungs, die noch auf dem Möbelstück sitzen. "Danke. Es hat Spaß gemacht." Bei diesen Wortet lächelt er fröhlich.
"Uns auch.", gibt Toni zurück und Jake meint: "Vielleicht können wir das mal wiederholen."
"Ja, bestimmt. Wenn mir Darius erlaubt wieder herzukommen." Diesmal grinst er mich an, wobei auch etwas fragendes in seinen Augen lag.
"Von mir aus kannst du jederzeit hierher kommen, wenn du magst.", erwidere ich, wobei ich diese Worte ehrlich meine. Besonders, nachdem Milos mich nun so glücklich ansieht, was mich ebenfalls lächeln lässt.
"Super! Dann sieht man sich sicher wieder.", freut sich nun auch Jake.
Nachdem das alles geklärt ist, verabschieden wir uns von den Dreien und verließen den Raum. Dann führe ich ihn raus aus dem Trakt der Menschen und in unseren hinein. Dafür mussten wir wieder an den Treppen vorbei.
"Hier sind die Räume von uns Vampiren. Wir haben keine Gemeinschaftsräume, da wir uns hier nur aufhalten, wenn wir schlafen oder allein sein wollen. Ansonsten sind wir unten in der Wohnstube oder in einem der Gemeinschaftsräume der Menschen, was aber eher auf Toni und Evelin zutrifft, unsere zwei Jüngsten. Die älteren trifft man da eher nicht an oder wenn dann nur mal in der Bibliothek. Wobei wir die Bücher dort selten lesen, wir nehmen sie eher mit runter oder in unser Zimmer.", erkläre ich während wir durch den Flur gehen. Unser Trakt ist etwas anders aufgebaut. Während es bei dem der Menschen nur geschlossene Räume gibt, gibt es bei uns ein paar offene Nischen, in denen ein paar Sitzgelegenheiten stehen. In einer dieser Nische, sitzen Evelyn und Mia, die sich leise miteinander unterhalten. Als sie uns bemerken, sieht Mia ängstlich zu uns, vor allem zu Milos, da sie diesen noch nicht kennt. Die Vampirfrau hingegen sieht neugierig zu meinen Klassenkameraden.
"Hi. Du musst Milos sein.", meint sie freundlich und steht auf, um zu uns zu kommen. Vor uns bleibt sie dann stehen und reicht dem Menschenjungen neben mir die Hand. Dieser nimmt ihre Hand in seine und schüttelt sie leicht.
"Ja, das bin ich. Und du bist?", erkundigt er sich dann höflich.
"Evelyn. Darius Cousine.", stellt sie sich vor, dann runzelt sie allerdings leicht ihre Stirn und ergänzt noch: "Also nicht wörtlich seine Cousine, immerhin bin ich wie er ein Vampir und wir sind nicht wirklich miteinander Verwandt."
"Warum sagst du das dann?", möchte nun Milos verwirrt wissen.
"Weil es für Menschen, die nicht wissen, was wir sind, seltsam vorkommt, dass wir zusammen leben, obwohl wir nicht verwandt sind. Deswegen spielen wir für sie eine Familie vor. Obwohl wir uns schon so fühlen, wie eine Familie. Also ist es vielleicht nicht wirklich nur gespielt?", erklärt sie, wobei sie zum Schluss fragend zu mir sieht, was mich nur seufzen lässt.
"Es ist, wie Evelyn sagt. Wir leben mittlerweile schon so lange zusammen, dass wir uns schon als Familie fühlen, auch wenn wir nicht blutsverwandt sind.", meine ich, da nun Milos fragender Blick auf mich liegt.
"Für Außenstehende sind Luciano und Liane meine Eltern, Toni mein Bruder, Evelyn meine Cousine und Roberto und Talina ihre Eltern. Die Beiden letzteren lernst du vielleicht später noch kennen. Wo sind sie eigentlich?" Die Frage zum Schluss war an die Vampirfrau gerichtet.
"Roberto ist unterwegs, er wollte sich mal in den Wäldern zwischen unserer und der nächstgrößeren Stadt umschauen, ob er ein Anzeichen auf ein Versteck von Amia findet. Talina ist draußen im Garten."
"Verstehe.", mehr brauche ich dazu auch nicht zu sagen.
Milos hat unser Gespräch interessiert verfolgt, wobei ich merke, dass sein Blick immer wieder zu Mia schweift, die sitzen geblieben ist und uns aus sicherer Entfernung beobachtet. Evelyn bemerkt den Blick des Jungen und dreht sich zu dem Menschenmädchen um.
"Das ist übrigens Mia. Sie ist ein Mensch und etwas scheu Fremden gegenüber. Also sei nicht sauer, wenn sie nicht mit dir redet und nicht hier her kommt.", meint sie, während sie wieder zu Milos sieht.
"Keine Sorge. Ich bin deswegen nicht sauer oder so. Ich kenne das von meiner Schwester, sie hat auch Angst vor Fremden.", erklärt dieser.
"Oh. Das tut mir Leid für sie.", meint Evelyn ehrlich betroffen.
"Wir lassen euch zwei jetzt lieber wieder allein." Ich bemerke, dass Mia sich unwohl fühlt, solange wir hier sind und denke es ist besser, wenn wir endlich in mein Zimmer gehen. Ich hoffe, dass das Mädchen dadurch irgendwann merkt, dass ich keine Gefahr für sie bin. Und Milos ebenso wenig.
"OK!", meint meine 'Cousine' und geht zurück zu einem der Sessel, auf dem sie sich wieder niederlässt. Sie sitzt direkt neben dem Mädchen, die nun wieder ihre blau-grünen Augen auf die junge Vampirin richtet. Kurz mustere ich noch mal ihre dürre Gestalt. Auch wenn sie schon etwas zugenommen hat, seitdem sie hier ist, ist sie dennoch viel zu dünn für ihr Alter, was man allerdings durch die viel zu großen Sachen die sie trägt, kaum sieht. Auch ist sie mit gerade mal 1,49 Meter für ihr Alter eher klein, sie ist immerhin 15 Jahre. Seufzend wende ich meinen Blick von ihr ab.
>Sag mal, Evelyn.<, spreche ich sie nochmal in Gedanken an, während wir uns langsam entfernen. >Kannst du Milos Gedanken lesen?<
>Ja. Kann ich.<, antwortet sie mir, was mich nun nachdenklich werden lässt. Also kann nicht nur Toni sondern auch Evelyn seine Gedanken lesen. Wieso dann ich nicht? Und wie sieht es mit den Anderen aus? Diese Fragen muss ich wohl auf später verschieben, da wir nun mein Zimmer erreichen und ich uns erst mal dort reinlasse.
Milos sieht sieht sich hier aufmerksam um, obwohl es nur ein Zimmer ist und keine besondere Einrichtung hat. Ein Bett, ein Schrank, ein Schreibtisch. Es hat keine persönliche Note. Das war mir aber auch nicht wichtig, immerhin bin ich nur hier zum Schlafen. Das bemerkt auch Milos der sich nach einem Seufzen nachdenklich auf die Kante meines Bettes setzt.
"Man könnte meinen, man wäre in einem Hotelzimmer.", meint er ziemlich ernüchternd, wobei seine eisblauen Augen auf mir liegen.
"Wir Vampire legen halt nicht so viel Wert auf persönliche Materielle Dinge.", erwidere ich schulterzuckend. "Dafür verändert sich die Zeit zu schnell und wenn wir in unserer Zeit, die wir hier auf der Welt sind, ständig irgendwelche Sachen sammeln und hinstellen, hätten wir bald kein Platz mehr für uns selbst im Raum."
Auf diese Worte wirkt Milos eine Weile nachdenklich ehe er meint: "Da hast du wohl Recht. Du lebst immerhin schon über 600 Jahre, da würde sich wohl einiges anhäufen."
"Ja. Deswegen ist es sinnlos an irgendwelchen Materialien Dingen zu hängen.", während ich diese Worte sage, gehe ich zu den Bürostuhl, der am Schreibtisch steht und setze mich darauf.
"Und wie sieht es mit Dingen aus dem Leben als Mensch aus? Gibt es da nicht was, was man sich als Erinnerung behält?", erkundigt sich Milos nachdenklich, was mich leicht seufzen lässt.
"Sicher... Es gibt Vampire die das eine oder andere Erinnerungsstück haben. Ein Schmuckstück oder die jüngeren auch mal Bilder. Doch Fotoapparate gibt es noch nicht so lange und davor wurden meistens Gemälde angefertigt. Die eigneten sich nicht so gut, zum bewahren. Immerhin gab es Zeiten, wo wir viel umher reisten und nicht lange an einem Ort verweilten.", erklärte ich schulterzuckend.
"Hm... Dann hast du also keine Erinnerungsstücke von deinem Leben als Mensch?"
"Milos...", nach diesem Wort muss ich kurz stocken und sehe zur Seite, auf die Bettdecke, auf die er sitzt. "Ich hab dir doch gestern erzählt, dass Celina und ich Sklaven waren. Ich hatte nichts. Mir war es nicht gestattet etwas zu besitzen. Immerhin war ich selber der Besitz von Jemanden." Auch wenn ich es nicht will, kann ich nicht verhindern, dass meine Stimme leicht schmerzverzerrt klingt, während ich dies sage. "Und selbst wenn ich etwas besessen hätte, würde ich nichts wollen, was mich an dieses Leben erinnert.", füge ich noch an.
Eine Weile ist es still, dann höre ich, wie Milos aufsteht und auf mich zukommt. Kurz darauf spüre ich seine Arme, die er um mich legt, spüre seinen Oberkörper, der den Meinen berührt und seine Haare, die mich im Gesicht leicht kitzeln, als er seinen Kopf auf meine Schulter ablegt.
"Tut mir Leid. Ich wollte keine schlimmen Erinnerungen wecken.", höre ich seine Stimme, die etwas betrübt klingt, nah an meinem Ohr, spüre dabei seinen Atem, der die Haut meines Nacken streift und nehme seinen Geruch war. Zum ersten Mal so richtig deutlich. Und mir fällt auf, wie gut er riecht, seine Haut, sein Blut. Automatisch komme ich seinem Nacken näher, atme tief ein... nur um ihn im nächsten Moment von mir weg zu drücken mit den Worten: "Schon gut." Dabei halte ich meinen Kopf gesenkt, in der Hoffnung, dass meine Haare meine Augen verdecken und er somit nicht merkt, wie sich das Weiß rot gefärbt hat und auch hoffe ich, dass ihm meine Fangzähne nicht auffallen, die sich fast in meine Unterlippe bohren.
"Wir sollten jetzt endlich unsere Hausarbeit weiter machen.", entscheide ich und drehe mich leicht von ihm weg um mich runter zu meiner Tasche zu beugen, die an meinen Schreibtisch lehnt.
"Darius? Ist alles Okay?", kommt es fragend von Milos, woraufhin ich nicke.
"Ja ist es. Mach es dir ruhig auf dem Bett bequem. Aber nicht einschlafen.", den letzten Satz füge ich leicht scherzend hinzu, um ihm zu verstehen zugeben, dass wirklich alles in Ordnung ist. Auch wenn ich gerade kurz davor war ihn zu beißen.
Was war das nur?
Normalerweise habe ich mich ziemlich gut in Griff. Selbst wenn mir ein Mensch so nahe kommt, dass ich sein Blut riechen kann, möchte ich nicht über diesen herfallen. Doch bei Milos war das gerade anders. Ich wollte ihn schmecken, seine Haut, sein Blut, ihn. Das ist mir noch nie passiert.
Wieso also bei ihm?
Auch wenn ich so in Gedanken bin, höre ich sein kurzen Lachen auf meine Worte und bemerke, wie er wieder zum Bett geht und sich darauf setzt. Ein Blick zu ihm zeigt mir, dass auch er seine Sachen aus seiner Tasche, die neben ihm auf dem Bett liegt, rausnimmt.
"Gut! Was wollten wir eigentlich als nächsten schreiben?", überlegt er laut, während er die Datei auf seinem Tablet sucht und öffnet.
Ich mache es ihm gleich, während ich ihm antworte: "Wir wollten etwas über die Mode in der Zeit schreiben." Die passenden Bilder dazu haben wir schon rausgesucht und als Datei abgespeichert. Wir müssen diese nachher nur noch in den Text, wenn wir diesen fertig haben, einfügen.
"Stimmt!", meint Milos und gemeinsam formulieren wir die Sätze aus und schreiben diese nieder.
Zirka zwei Stunden später sind wir mit dem Aufsatz fertig. Da wir es als Referat halten sollen, besprechen wir noch, wie wir dieses gestalten. Außerdem müssen wir noch alles ausdrucken, damit wir es auf Papier haben. Unser Lehrer ist in der Hinsicht noch etwas altmodisch, wie es meine Mitschüler gerne nennen. Er möchte halt lieber ein paar Zettel in den Händen halten, anstatt eine Datei auf einem Gerät zu betrachten. Er meint, so kann er besser korrigieren. Über die neumodischen Geräte geht es wohl seiner Meinung nach nicht so gut.
Zum Glück haben einige unserer Menschen hier einen Computer und einen Drucker. Wenn ich es richtig verstanden habe, können die sich sogar mit dem Tablet verbinden, ohne Kabel, und so können wir es gleich vom Tablet ausdrucken. Nicht das ich etwas davon verstehe. Allgemein diese Sache mit den Computern ist für mich noch ziemlich fremd. Wenn ich das Tablet nicht für die Schule bräuchte, würde ich mich damit auch nicht auseinander setzen. Und ein Handy habe ich auch nur, weil Toni darauf bestanden hat, dass ich eines brauche, weil heute jeder Teenager eines hat und ich sonst nur in der Schule auffallen würde. Wobei ich da nicht verstehe, warum ich gleich eines dieser Smartphones brauche. Ein einfachen Tastenhandy hätte doch auch gereicht, es hätte doch nicht gleich ein IPhone sein müssen. Und erst recht nicht das neueste Modell. Doch da waren Toni und Evelyn anderer Meinung und Luciano meinte nur das ich auf die Zwei hören soll, sie kennen sich damit besser aus. Dabei sind sie auch nicht in der digitalen Zeit groß geworden. Allerdings sind sie wohl noch jung genug, um sich dafür zu interessieren.
Nachdem Milos und ich alles besprochen haben, machen wir uns auf den Weg zurück in den Gemeinschaftsraum, in dem wir zuvor waren. Ich höre schon von weitem, die Stimmen aus dem Raum und weiß daher sicher, dass noch Jemand dort ist. Und wie ich kurz darauf feststelle sind noch alle drei Männer dort, genauso wie wir sie verlassen haben. Anders als Mia und Evelyn, die nicht mehr in den Sesseln in der Nische sitzen.
"Fertig mit eurer Hausarbeit?", kommt es fragend von Toni.
"Ja. Wir müssen das jetzt nur noch ausdrucken.", erwidere ich und sehe dabei hilfesuchend zu den Dreien. Der andere Vampir im Raum sieht kurz zu mir, dann auf den Fernseher, auf den das Spiel pausiert ist, dann wieder zu mir, wobei er sich leicht auf die Unterlippe beißt. Man merkt ihm an, dass er sich nur ungern davon trennt. Dasselbe auch bei Jake. Die Zwei sollen noch mal behaupten, diese Spiele machen nicht süchtig.
"Ich würde es ja selber machen, wenn ich die Technik hätte und wüsste wie.", meine ich nach einer Weile. Daraufhin legt Lucas sein fast fertiges Model eines Raumschiffes mit einem genervten Laut zur Seite und erhebt sich vom Fußboden. Kopfschüttelnd über die zwei Anderen, kommt er auf uns zu.
"Kommt mit.", sagt er, während er an Milos und mir vorbei geht, um den Raum zu verlassen. Wir folgen ihm und betreten kurz darauf das Zimmer des Astronomie Studenten. Mein Klassenkamerad schaut sich interessiert um, betrachtet die Poster, die Modelle und die Bücher über das Thema Raumfahrt und Weltall.
"Du interessierst dich wohl sehr dafür.", stellt er fest, während er zu Lucas sieht und auf die Bücher zeigt.
"Wohl ein Grund warum ich Astronomie studiere.", erwidert dieser mit einem Nicken, bevor er zu mir sieht, Milos erstaunten Blick ignoriert und sich erkundigt: "Was müsst ihr ausdrucken?"
"Das hier.", meine ich und zeige ihm die geöffnete Datei auf meinem Tablet. Er nimmt mein Gerät in die Hand und tippt etwas auf dem Display herum. Kurz darauf macht der Drucker ein piependes Geräusch und fängt an ein Blatt nach dem Anderen auszudrucken.
"Einmal reicht?", fragt Lucas, während er zum Drucker sieht.
"Ja. Denke schon.", erwidere ich mit einem fragenden Blick zu Milos. Dieser nickt, kommt auf uns zu und meint: "Wir haben es ja auf unserem Tablet. Ausgedruckt brauchen wir es ja nur für unseren Lehrer."
"Okay.", meint Lucas nur und nimmt dann die ausgedruckten Blätter aus dem Drucker um sie mir zu geben. Dankend nehme ich diese an.
"Ihr solltet sie in einen Hefter reinpacken.", schlägt der Astronomie Student vor, woraufhin ich nur nicke und zu Milos sehe, in der Hoffnung dass er, im Gegensatz zu mir, so etwas besitzt.
"Ich kann schauen, ob ich zu Hause noch einen habe.", meint dieser, woraufhin Lucas die Augen verdreht und zu seinem Schreibtisch geht. Dort öffnet er eines der Schubfächer und holt einen Hefter raus, den er uns überreicht.
"Ähm... Danke.", kommt es von Milos, der gleich die Blätter dort rein legt und diese so befestigt, dass sie nicht rausfallen. Zum Glück ist das ein Hefter, wo man die Blätter nicht Lochen braucht. Wobei Lucas sicher auch einen Locher hier irgendwo hatt.
"Schon gut.", meint der Student kopfschüttelnd und erkundigt sich dann: "Braucht ihr sonst noch was?"
"Nein. Dafür nicht. Allerdings wäre es schön, wenn du nachher noch mal kurz Zeit hättest.", erwidere ich und sehe ihm in die himmelblauen Augen. Lucas scheint zu verstehen, was ich möchte und nickt, während er fragt: "Soll ich dann zu dir ins Zimmer kommen?"
"Nein. Ich werde dich dann aufsuchen. Ich möchte nachher noch Milos nach Hause bringen und kann noch nicht sagen, wann ich zurück bin.", erkläre ich.
"Okay.", kommt es nur von ihm, während Milos fragend zwischen uns hin und her sieht.
"Dann bis nachher.", verabschiede ich mich, was Lucas erwidert. Auch Milos verabschiedet sich, allerdings mit den Worten: "Man sieht sich bestimmt mal wieder."
Somit verlassen wir das Zimmer und gehen zurück in meines.
"Warum willst du ihn nachher nochmal sehen?", erkundigt sich Milos unterwegs. Irgendwie habe ich schon erwartet, dass er das fragt. Merkte man ihm doch seine Neugier vorhin an.
Leicht unentschlossen, ob ich es wirklich sagen soll, sehe ich zu ihm. Denke aber, dass es besser ist, ehrlich zu ihm zu sein. Außerdem weiß er was ich bin. Es sollte ihn daher nicht all zu sehr verschrecken. Hoffe ich zumindest.
"Weil ich mal wieder Blut brauche.", gebe ich leise zu.
"Oh...", meint er und bleibt dann abrupt stehen. "Moment mal. Hast du mich deswegen vorhin von dir weg gedrückt?"
Ertappt, aber auch leicht entschuldigend sehe ich zu ihm, in seine wunderschönen eisblauen Augen. Dadurch begreift Milos wie richtig er mit seiner Vermutung liegt. Seine Augen weiten sich überrascht, er öffnet den Mund, als ob er etwas sagen möchte, schließt ihn aber gleich wieder und wirkt nachdenklich. Wie gerne wüsste ich in dem Moment, was in ihm vor sich geht.
"Milos?", spreche ich ihn an, um seine Aufmerksamkeit zu erhalten. Diese bekomme ich auch, in Form eines fragenden Blickes.
"Erstmal solltest du wissen, dass ich dich nie ohne deine Erlaubnis beißen würde." Auf diese Worte bekomme ich ein nachdenkliches Nicken von ihm und rede weiter: "Und dann muss ich von dir wissen, ob du damit klar kommst. Mit dem was ich bin und was ich deswegen tun muss, um zu überleben. Ob es für dich ein Problem ist, dass ich..." Hier stocke ich. Dabei hab ich sonst kein Problem damit darüber zu reden. Es ist liegt nun mal in meiner Natur. Doch gerade jetzt, bei ihm, habe ich zum ersten Mal Angst deswegen verachtet zu werden. Von ihm verachtet zu werden. Mir wird gerade bewusst, wie sehr ich seine Nähe genieße und dass ich diese nie wieder missen möchte. Im Gegenteil, ich würde ihm gerne noch näher kommen.
Verdammt!
"Das du das Blut von Menschen trinkst.", spricht er das aus, was ich mir nicht getraut hatte zu sagen. Seine Stimme klingt dabei neutral, so dass ich nicht heraus hören kann, was er davon hält.
Mehr als ein Nicken bringe ich nicht zustande, was ihn seufzend den Blickkontakt zu mir lösen lässt. Dann wirkt er eine Weile nachdenklich und ich lasse ihm diese Zeit, um eine Antwort zu finden. Als er diese hat, sieht er wieder zu mir, in meine Augen und meint mit einem Seufzen: "Es ist nicht so, dass ich ein Problem damit habe. Ich weiß, dass du als Vampir nun mal Blut brauchst und du hast mir ja erzählt, dass diese Menschen es dir freiwillig geben. Daher denke ich, dass es schon Okay ist. Ich muss mich nur an diese Sache gewöhnen. Dass es Vampire gibt, dass du einer bist und einige Andere hier auch. Aber auch daran, dass ihr nun mal Blut von Menschen trinkt, um zu überleben."
Nachdem er geendet hat, ist es wieder eine Weile ruhig zwischen uns, doch diesmal, weil ich über seine Worte nachzudenken muss.
"Das kann ich verstehen.", meine ich dann. "Für die meisten Menschen ist es schwer zu akzeptieren, dass es Wesen wie uns gibt. Und manche können es nie, sie kommen damit einfach nicht klar." Und werden dann zu einer Gefahr für uns. Geschichten über Vampire und Vampirjäger gibt es ja nicht umsonst. Und die Meisten davon stammen von den Menschen, die uns als Bestien darstellen, die vernichtet werden müssen.
"Hm... darf ich dich was fragen? Zu diesem Thema?", erkundigt sich Milos während er mich fragend ansieht.
"Sicher. Du kannst mich alles fragen, was du willst.", erwidere ich und meine es auch so. Immerhin ist es gut, wenn er interesse zeigt.
"Wirklich alles?", fragt er misstrauisch. "Und du wirst auch immer ehrlich antworten?"
"Ja, ich werde ehrlich sein.", antworte ich mit einem Nicken. Immerhin würde es nichts bringen, wenn ich ihn anlüge. Irgendwann wird die Wahrheit doch rauskommen und dann wäre Milos nur sauer. Und wahrscheinlich würde ich ihn dann für immer verlieren.
"Was passiert mit den Menschen, die damit nicht klar kommen?"
Okay.... Jetzt wünschte ich mir, ihm nicht versprochen zu haben, ehrlich zu sein...
Seufzend schaue ich an ihm vorbei, an die kahle Wand des Flures und beiße mir nachdenklich auf die Unterlippe. Wie sage ich es ihm am Besten, am schonendsten? Immerhin ist mir klar, dass ihm die Antwort nicht wirklich gefallen wird. Milos wartet geduldig, bis ich mir die Worte zurechtgelegt habe, wobei ich seinen prüfenden Blick auf mir spüre.
Während ich antworte, sehe ich wieder zu ihm. "Na ja... Wenn wir die Möglichkeit dazu haben, löschen wir dieses Wissen wieder aus dem Gedächtnis des Menschen." Das war zwar nicht die ganze Wahrheit, aber immerhin auch nicht gelogen. Es ist nur leider so, dass das eher selten vorkommt, dass wir diese Erinnerung noch löschen können. Normalerweise können wir das nur, während wir die Person beißen und eine kurze Zeitspanne danach. Dann aber auch nur frische Erinnerungen, die die halt gerade passiert sind. Wenn diese Erinnerungen etwas älter sind, geht es nicht mehr. Nur ein paar vereinzelte Vampire können ältere Erinnerung löschen und dies auch, ohne diese Person gebissen zu haben. Einer davon ist Luciano, der diese seltene Fähigkeit hat.
"Und wenn ihr diese Möglichkeit nicht habt?", will Milos von mir wissen, was mich leicht das Gesicht verziehen lässt.
Warum muss er auch nachhaken?
Seufzend wende ich meinen Blick wieder von ihm ab, aber nur kurz, dann sehe ich ihm in die Augen, während ich erkläre: "Kommt darauf an... Wenn sie uns nicht gefährlich werden... sie halt nur nichts mit uns zu tun haben möchten, aber uns sonst in Ruhe lassen, lassen wir auch sie in Ruhe." Natürlich ist meine Erklärung hier noch nicht zu Ende. Allerdings brauche ich eine kurze Zeit, um die nächsten Worte mit bedacht zu wählen. "Wenn diese Menschen allerdings meinen Van Helsing spielen zu müssen und Jagd auf uns machen, müssen wir diese daran hindern. Heute ist es ziemlich einfach, durch eure Gesetze, Diejenigen aufzuhalten. Meistens dadurch, dass wir sie anzeigen, wenn sie uns angreifen. Dann werden sie schon durch euer Strafrecht davon abgehalten, in dem sie im Knast landen. Und wenn sie dann noch von Vampiren und so reden, landen sie auch schnell mal in der Psychiatrie. Immerhin glaubt ihnen das niemand und sie werden somit für verrückt erklärt."
Nachdenklich nickt Milos auf diese Worte und eine Weile sagt keiner von uns Beiden etwas. Mein Klassenkamerad muss diese Info wohl erst einmal verdauen, was ich ihm nicht übel nehmen kann.
"Du sagtest heute. Wie was es früher?", durchbricht er mit einmal die Stille, was mich leicht Seufzen lässt. Irgendwie schafft er es immer unangenehme Fragen zu stellen. Unangenehm deshalb, weil ich nicht gerne darauf antworten möchte.
"Kommt auf die Zeit an und auf die Gesetze die es zu der Zeit gab. Bei euch Menschen. Wir haben uns immer an diese gehalten, genauso wie an die Unseren." Wobei sich unsere Gesetze seit Jahrhunderten nicht geändert haben. Nur die der Menschen, waren ständig anders.
Nun war es Milos, der frustriert seufzt. "Kam es auch mal vor, dass ihr einen von diesen Menschen getötet habt?", will er wissen, wobei er ziemlich angespannt klang, so als ob er sich vor der Antwort fürchtet. Obwohl er sie schon hören möchte. Und wahrscheinlich wollte er darauf die ganze Zeit hinaus.
"In den Zeiten, wo es nicht strafbar war, ja, da kam es auch schon mal vor, dass wir einen Menschen getötet haben, der uns vernichten wollte." Eigentlich wollte ich es nicht zugeben, aber es muss wohl sein. Wenn er schon so direkt fragt.
"In welchen Zeiten, war es denn bitte nicht strafbar?" Jetzt klingt er doch leicht wütend.
"Milos. Wir reden hier nicht von Zeiten, die ein paar Jahrzehnte zurück liegen, sondern einige Jahrhunderte." Obwohl ich es nicht will, klinge ich leicht angepisst. Und eigentlich wollte ich es auch dabei belassen, doch Milos fragender Blick lässt mich noch erklärend hinzufügen: "Es gab nun mal Zeiten, wo es den Menschen egal war, wenn Jemand ermordet wurde. Jedenfalls solange diese Person nicht zum Adel gehörte. Nur diese zählten in dieser Zeit. Und laut ihnen waren alle, die nicht genug Geld und Einfluss hatten, unwichtig und deren Tod kein Verlust."
"Bitte?", kommt es empört von ihm. "Wie konnten die damals so denken? Hast du auch so gedacht?"
"Was? Wie kannst du mich so etwas fragen?" Nun bin ich doch sauer. Oder eher enttäuscht? Wohl Beides. Ich meine... Er weiß, wer ich als Mensch war. Wie kann er da annehmen, dass ich auf Irgendjemanden hinabsehen würde, die Person nicht als wichtig sehen würde?
Milos muss es wohl auch gerade klar werden, was er da gefragt hat. Er wirkt leicht erschrocken und weicht einen Schritt von mir zurück. Wobei das auch sein kann, weil ich etwas wütend bin und ich ihn damit wohl verschrecke. Doch schaut er mich auch entschuldigend an und meint reumütig: "Tut mir Leid. Ich .... ich hab kurz nicht nachgedacht. Natürlich würdest du so nicht denken." Den letzten Satz flüstert er nur, dennoch höre ich ihn.
"Nein. Das würde ich wirklich nicht.", gebe ich ihm Recht, wobei ich nun auch leise rede, aber eher, um ihm zu zeigen, dass ich nicht länger wütend bin, dass er keine Angst haben muss.
Milos nickt nur und wirkt dann wieder leicht nachdenklich, ehe er sich mit den Worten: "Danke für deine Ehrlichkeit." umdreht und weiter Richtung meines Zimmers geht. Ohne etwas zu sagen folge ich ihm.
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