Kapitel 6 - Zeit, Suche, Sehnsucht, Hoffnung
Wie jedes Mal in der Hofpause lehne ich mit dem Rücken an der Wand des Schulgebäudes, geschützt vor der Sonne unter den Bäumen und beobachte die anderen Schüler. Wobei... Eigentlich seit ein paar Wochen beobachte ich nur noch eine Person, Milos. Er steht bei einer kleinen Gruppe und unterhält sich mit ihnen. Worüber kann ich von hier aus nicht verstehen. Oder besser gesagt, ich versuche es nicht zu verstehen. Es geht mich schließlich auch nichts an. Als der Junge mit einer Hand durch seine kurzen blonden Locken streicht, entweicht mir ein leises Seufzen. Und zum ersten Mal, seit ich hier auf der Schule bin, bedaure ich es, mich von den anderen Schülern abgekapselt zu haben. Wie gerne würde ich jetzt an seiner Seite stehen und an seiner Stelle mit einer Hand durch seine Haare streichen...
Ich sollte nicht so denken!
"Sag mal... Habt ihr euch irgendwie gestritten?", meldet sich der einzige meiner Klassenkameraden, der wie immer neben mir an der Wand lehnt, zu Wort. Mit einem fragenden Gesichtsausdruck wende ich mich Chris zu und sehe ihn einfach nur an.
"Milos und du. Ihr benehmt euch heute irgendwie seltsam...", erklärt er seine Frage, was mich abermals seufzen lässt. Es war so klar, dass das auffällt. Obwohl Milos sich wie immer neben mich gesetzt hat, hat er kein einziges Wort mit mir gewechselt. Jedenfalls nicht, wenn es nicht sein musste. Auch sonst, ignoriert er mich, sieht mich nicht mal an.
"Nein. Wir haben uns nicht gestritten.", meine ich und lasse meinen Blick dann wieder zu den blondhaarigen Jungen schweifen, um den sich seit einiger Zeit meine Welt dreht.
"Was dann?", erkundigt sich Chris weiter. Wieso muss er nur so neugierig sein? Und wieso kann er nicht einfach verschwinden und mich in Ruhe lassen? So wie die Anderen?
"Nichts!", gebe ich nur kalt zurück, ohne ihn anzuschauen, was ihn nun seufzen lässt.
Eine Weile ist es nun ruhig zwischen uns, doch dann meint der Junge neben mir plötzlich: "Du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst. Immerhin sind wir doch Freunde."
Wer sagt das?
"Nein, sind wir nicht.", erwidere ich, ohne weiter darüber nachzudenken. Auch wenn es die Wahrheit ist, habe ich dennoch das Gefühl, es war nicht richtig, ihm das so direkt zu sagen. Doch nun kann ich es nicht mehr ändern. Worte die man einmal ausgesprochen hat, kann man nicht zurück nehmen.
Wieder ist es eine Weile zwischen uns ruhig, auch wenn ich seinen gekränkten Blick auf mir spüre und merke, dass er eigentlich etwas sagen möchte. Doch schweigt er. Vielleicht erwartet er auch von mir, dass ich etwas sage, dass ich meine Worte, als Scherz deklariere oder eine Erklärung gebe, die die Aussage abmildert. Doch schweige auch ich.
Irgendwann stößt er sich mit einem Schnauben von der Wand ab und mit den Worten "Also hatte sie Recht. Du interessiert dich einen Scheiß für mich oder einen Anderen hier." entfernte er sich von mir.
Sie?
Wen meint er damit? Irritiert sehe ich ihm nach, doch dann zucke ich mit Schultern. Wer weiß. Geht mich ja nichts an, mit wem er sich unterhält und wer ihm was sagt. Auch wenn seine Worte, so bitter es klingen mag, die Wahrheit entsprechen. Na ja... Fast. Denn eine Person... oder besser gesagt zwei Personen interessieren mich schon. Ein gewisses Geschwisterpaar, dass erst vor ein paar Wochen an unsere Schule kam. Zu diesen schaue ich nun auch, nachdem Chris aus meinem Blickfeld verschwunden ist. Dabei bemerke ich, dass Cecilia meinen Blick erwidert. Eine Weile sehen wir uns einfach nur an, ich fragend, sie unsicher. Was auch ein Grund mit ist, weswegen ich ihre Gedanken lese.
>Darius?< halt es immer wieder fragend in ihren Gedanken. So als ob sie wissen will, ob ich diese lese. Und auch, wenn ich mir nicht ganz sicher bin, ob es eine gute Idee ist, antworte ich ihr, per Gedankenübertragung: >Was ist?<
Für einen Moment weiten sich ihre Augen, dann schaut sie wieder neutral und ich höre die nächsten Worte in ihren Gedanken: >Du kannst das also wirklich. Deine Gedanken übertragen.< Das klingt überrascht, soweit man aus Gedanken Gefühle herauslesen kann.
>Wolltest du das jetzt nur testen?< Eigentlich möchte ich nicht verärgert sein, weswegen ich hoffe, dass es sich nicht so grimmig anhört, wie sich diese Worte beim übertragen anfühlen.
>Nein!<, höre ich kurz darauf in ihren Gedanken, dann sehe ich, wie sie verlegen auf den Boden schaut und leicht rot wird. >Nicht wirklich. ... Also... Es hat mich schon interessiert, ob du wirklich diese Fähigkeit hast. Aber nicht nur...<
Ihr Blick wandert wieder zu mir, unsicher was sie mir wohl mitteilen möchte. Ich selber sehe sie nur fragend an, weiß nicht, wie ich ihr helfen soll, damit sie die richtigen Worte findet. Allerding habe auch ich eine Frage an sie und da ich schon mal mit ihr gedanklich Kommuniziere, kann ich sie auch stellen. Vielleicht hilft es ihr, ihre eigene Angelegenheit zur Sprache zu bringen.
>Cecilia? Seid ihr eigentlich sehr wütend auf mich?<
Wieder sieht sie sehr überrascht aus. Mit dieser Frage hat sie wohl nicht gerechnet. Doch wie vorhin, legt sich die Überraschung schnell und sie schaut mich nachdenklich an.
>Eigentlich nicht. Es ist eher so, dass wir enttäuscht sind. Immerhin dachten wir, dass wir sowas wie Freunde sind. Und Freunde sollten solche Geheimnisse nicht voreinander haben. Auch wenn uns Grandma erzählt hat, dass es für Wesen, wie dich, nicht einfach ist, sich Menschen anzuvertrauen, stimmt es uns traurig, dass wir es durch so einen Zufall erfahren mussten und nicht von dir persönlich, weil du es uns sagen wolltest.<, höre ich in ihren Gedanken, was mich betrübt seufzen lässt. Wenn Jemand von einem enttäuscht ist, ist es schlimmer, als wenn die Person wütend auf einen ist.
Einen Moment denke ich über ihre Worte nach, doch bevor ich etwas darauf sagen kann, höre ich ihre nächsten Gedanken: >Darius? Sei ehrlich. Hättest du es uns irgendwann gesagt? Von dir aus, weil du uns genug vertraust.<
>Vielleicht...<, gebe ich nachdenklich zurück. >Wenn das zwischen mir und Milos...<, beginne ich zu erklären, stocke dann aber und zucke mit den Schultern. Wie soll ich ihr das jetzt sagen? Dass ich mehr von ihren Bruder will, als nur Freundschaft. Das will sie doch sicher nicht wissen, oder? Außerdem sollte man sowas doch nicht mit einem Mädchen bereden... Andererseits... Heutzutage, sind die Mädchen und allgemein die Menschen aufgeschlossener. Jedenfalls aufgeschlossener, als zu anderen Zeiten.
In solchen Momenten denke ich, dass es besser wäre, wenn ich die Menschen um mich herum nicht so sehr ignoriere. Wie soll ich denn sonst erfahren, was in der Zeit gerade erlaubt ist und was nicht. Das ändert sich ja ständig. Mal darf man bestimmte Themen gar nicht ansprechen, mal nicht vor Mädchen und Frauen und dann gibt es Zeiten, wo es nicht schlimm ist, darüber zu reden. Wie soll man da noch mitkommen? Wie soll man da noch wissen, wie man sich richtig verhalten soll?
>Darius?<, höre ich ihre Stimme in ihren Gedanken erneut. Anscheinend habe ich so lange gezögert, weiterzureden, dass sie mich wieder anspricht. Fragend sehe ich sie an, bemerkte dass sie nervös und unsicher auf ihrer Unterlippe beißt, wohl auch nicht sicher, ob sie ihre Frage stellen soll. Doch entscheidet sie sich eher, als ich. >Was empfindest du für meinen Bruder?<
Auch wenn diese Frage vorauszusehen war, überrascht sie mich dennoch. Und für einen Moment weiß ich nicht, was ich darauf antworten soll. Allerdings entscheide ich mich, einfach ehrlich zu ihr zu sein. Sie hat es verdient, dass ich ihr etwas vertrauen schenke.
>Ich liebe ihn. Aber das konntest du dir sicher schon denken.<, antworte ich ihr und sie nickt leicht. Natürlich, immerhin hat Amia das gestern auch schon erwähnt.
>Danke. Das du hier ehrlich bist.<, erklingen ihre Worte in ihren Gedanken, worauf ich jetzt nur nicken kann. Dann meint sie noch: >Gib Milos etwas Zeit. Er braucht diese, um das alles zu verarbeiten, was er gestern erfahren hat und um darüber nachzudenken.< Nach diesen Worten wendet sich sich ihrem Bruder zu und ich klinke mich aus ihren Gedanken raus. Alles andere, wäre jetzt nur unhöflich.
...
Das Gespräch mit Cecilia fand am Freitag statt und seit dem sind nun drei Tage vergangen. Ich hatte nicht erwartet, dass ich am Wochenende etwas von Milos hören werde, doch irgendwie hatte ich gehofft, dass er am Montag, also heute, auf mich zukommen würde, dass er mit mir reden wollen würde. Doch tut er es nicht. Wie Freitag, sitzt er zwar neben mir, ignoriert mich aber.
Ich habe schon überlegt, ob ich ihn selbst ansprechen soll. Doch weiß ich nicht, was ich sagen soll. Aber irgendwann in der Woche müssen wir mal miteinander reden. Immerhin müssen wir bis nächste Woche unsere Geschichts-Hausarbeit beendet haben. Auch wenn wir nur noch ein, zwei Tage dafür brauchen. Sollten wir dies gemeinsam erledigen, oder wenigstens darüber reden.
Während die Lehrer versuchten uns den Unterrichtsstoff beizubringen, drifteten meine Gedanken immer wieder zu Milos und wie ich mich jetzt verhalten soll. Aber nicht nur er nimmt meine Gedanken ein, auch Amia. Wir haben sie am Wochenende überall hier im Ort und in der näheren Umgebung gesucht. Doch konnten wir sie nicht finden. Entweder sie ist wirklich weg, was ich aber nicht glaube. Oder sie versteckt sich so gut, dass wir sie nicht finden können. Dabei hat Evelyn sogar die Tiere um Hilfe gebeten. Aber auch sie konnten sie nicht aufspüren.
Ich hab noch die Hoffnung, dass ich von den Schülern hier einen Hinweis bekomme, weswegen ich in ihren Gedanken lese und ihre Gespräche belausche. Immerhin ist Amia ein auffällig hübsches Mädchen. Wenn sie Jemand gesehen hat, wird diese Person sie so schnell nicht vergessen und sicher würde über sie geredet werden, immerhin ist diese Stadt hier relativ klein, sodass Fremde immer zu einem Gesprächsthema werden. Doch auch hier habe ich Pech.
Dafür finde ich heraus, dass Chris krank ist. Mir ist schon aufgefallen, dass dieser heute nicht in der Schule ist. Doch dachte ich mir nichts weiter dabei. Und auch jetzt, wo ich weiß, dass er krank ist, beunruhigt es mich nicht weiter. Es amüsiert mich eher. Die Menschen heutzutage sind doch echt nichts mehr gewohnt. Kaum weht mal ein etwas kühlerer Wind, als die Tage zuvor, sind sie krank. Wenn ich daran denke, dass ich zu meiner Zeit als Mensch, nur ein paar Lumpen an hatte, die einen nicht mal wärmen konnten, und ich dennoch selten krank war, kann ich nur den Kopf schütteln. Man hat das Gefühl, die Menschen verweichlichen immer mehr...
Auch am nächsten Tag ändert sich nichts. Amia haben wir immer noch nicht gefunden und von den Menschen, scheint sie keiner gesehen zu haben. Chris ist noch krank und Milos ignoriert mich. Tags darauf das Gleiche.
Jedenfalls glaube ich dies, bis ich nachmittags das Schulgelände verlasse. Nachdem ich meine Thunderbike vom Parkplatz geholt habe, gehe ich mit ihr in Richtung des Schultor's. Die meisten Schüler sind schon weg und die letzten verlassen gerade das Gelände, vor mir. Und dort steht sie, Amia. Am Schultor, gekleidet in einer schwarzen Jogginghose und einem schwarzen Hoodie. Die Kapuze hat sie sich tief ins Gesicht gezogen, so dass man kaum etwas von ihr erkennt. Und wenn ich kein Vampir wäre und es nicht spüren würde, wenn einer meiner Art in der Nähe ist, hätte ich sie auch nicht erkannt.
"Amia.", meine ich abfällig, als ich vor ihr stehen bleibe und mein Motorrad in den Stand bringe.
"Darius.", kommt es hingegen fröhlich von ihr, so als ob sie sich wirklich freut mich zu sehen. Und wahrscheinlich ist dem auch so.
"Was machst du hier? Ich hatte so gehofft, du wärst weg." Mein Tonfall ist immer noch abfällig, doch jetzt auch desinteressiert.
"Ich weiß, dass du nach mir gesucht hast. Also tu nicht so, als würdest du dich nicht nach mir sehnen." Bei diesen Worten, kommt sie mir näher und legt ihre Unterarme auf meine Schultern ab, ihre Hände verschränkt sie dabei in meinem Nacken. Dabei ziert ein süßes Lächeln ihre Lippen.
Für einen Moment versteift sich mein Körper und ich möchte sie so schnell, wie möglich von mir stoßen. Doch unterdrücke ich das Gefühl, entspanne mich und stecke meine Hände in die vorderen Hosentaschen meiner Jeans, so dass ich eine lässige Haltung einnehme. Ein mitleidiges Lächeln legt sich auf meine Lippen und herablassend erwidere ich: "Amia. Das ich dich gesucht habe, hat nichts mit Sehnsucht zu tun. Du weißt doch, dass ich nur eines möchte. Meinen Fehler, den ich damals gemacht habe, wieder bereinigen, in dem ich deine Existenz endgültig auslösche."
Während ich rede, verblasst ihr Lächeln immer mehr und am Ende stößt sie sich von mir weg. Ihr Blick ist wütend und ein leichtes Knurren entweicht ihr, bevor sie mir ein: "Du kannst mich mal!" entgegen schleudert.
Mir war klar, dass meine Worte ihr nicht gefallen würden, doch ihre Wortwahl schockt mich doch etwas, weswegen ich erst Mal nicht weiß, was ich antworten soll. Ich meine... Ich kenne sowas einfach nicht von ihr. Normalerweise redet sie immer bedacht darauf, wohlerzogen zu klingen. Was sie eigentlich auch ist.
"Hm... Wie hättest du es denn gern? Von vorn oder doch lieber von hinten?", erklingt es plötzlich neben mir und überrascht sehe ich zu der Person, die dort steht.
Milos?
Seit wann steht er schon hier? Und wieso habe ich nicht mitbekommen, dass er sich uns genähert hat?
"Bitte?" Diese schrille Frage kommt von Amia, zu der ich jetzt auch sehe. Sie schaut zu Milos, fassungslos, so wie ich noch vor ein paar Sekunden. Doch fängt sie sich schneller wieder, als ich, sieht grimmig von den Menschen zu mir. "Nicht mehr lange und wir werden wieder vereint sein. Du wirst dich schon noch für mich entscheiden. Das weiß ich. Und mal sehen..." nun sieht sie wieder zu Milos "Vielleicht erlaube ich dir, ihn zu behalten." mit diesen Worten dreht sie sich um und ich konnte noch ein leises: "Oder auch nicht." von ihr vernehmen.
Schweigend sehen wir ihr nach, bis sie nicht mehr zu sehen ist, dann wendet sich Milos mir zu: "Was genau fandest du eigentlich an ihr?"
"Das frag ich mich gerade auch.", gebe ich leise zu, doch laut genug, dass er mich versteht. Dann sehe ich seufzend zu ihm und frage: "Würdest du mir glauben, wenn ich sage, sie war mal anders?" Auch wenn es nur gespielt war.
"Um ehrlich zu sein. Nein!", meint er und irgendwie kann ich es ihm nicht verübeln. Er kennt sie halt nicht. Nicht so, wie ich sie kennengelernt habe, wie ich sie lieben gelernt habe.
Ein leises Seufzen kommt mir über die Lippen, genauso wie die folgenden Worte, die schon fast geflüstert sind: "Dachte ich mir schon."
Dennoch scheint Milos mich verstanden zu haben. Seine Augen weiten sich leicht, während er abwehrend seine Hände hebt und erklärt: "Ich meine damit nicht, dass ich dir nicht mehr glauben kann. Immerhin weiß ich, dass du deine Gründe hattest, nicht zu sagen, was du wirklich bist. Grandma hat mir und Cecilia erzählt, dass ihr diesbezüglich eure Gesetze habt und..." mitten im Satz bricht er dann seinen Redefluss ab, wahrscheinlich ist ihm mein irritierter Blick aufgefallen. Nun seufzt er leise und stellt richtig fest: "Das meintest du gar nicht."
"Nicht wirklich.", gebe ich zu und ergänze: "Eigentlich wollte ich damit nur sagen, dass mir klar ist, dass du mir nicht glauben kannst, weil du sie nicht anders kennst. So, wie sie sich jetzt verhält, fällt es schwer, sie sich anders vorzustellen."
Der Junge mir gegenüber nickt bestätigend und eine Weile sehen wir uns einfach nur schweigend an, nicht sicher, was man sagen soll. Doch wird das auf Dauer etwas unangenehm, weswegen ich meinen Blick auch von ihm abwende und mich umsehe. Dabei fällt mir auf, dass wir nun die einzigen Personen hier auf dem Schulhof sind und auch vor dem Schulgelände sind nicht sehr viele Menschen. Nur ein paar vereinzelte gehen hier vorbei, konzentriert auf ihrem Weg, dabei die Umgebung um sich ausgeblendet. Und genau in dem Moment fällt mir auch auf, dass Cecilia gar nicht hier ist und auch das Auto der Großmutter der Beiden nicht wartend am Straßenrand steht.
"Was machst du eigentlich noch hier?", frage ich ihn, ohne vorher nachzudenken, was ihn zuerst verwirrt schauen lässt, doch dann scheint auch er zu realisieren, dass weder seine Schwester noch seine Großmutter hier sind.
"Ich wollte mit dir reden.", meint er zögerlich, was mich hoffen lässt, dass er mit mir über das was vor ein paar Tagen bei ihm passiert ist, reden möchte, dass er auch über unsere Freundschaft reden möchte. Doch dann ergänzt er noch: "Wegen unserer Hausarbeit. Wir müssen die doch noch zu Ende schreiben." und zerstört damit diese Hoffnung.
"Ähm. Klar. Soll ich wieder mit zu dir kommen?", erkundige ich mich, wobei man mir anhört, dass ich auf etwas anderes gehofft habe. Milos nickt auf meine Worte nur, was mich etwas verunsichert. Wollte er etwas anderes vorschlagen?
"Nimmst du mich auf dein Motorrad mit? Ich müsste Grandma sonst anrufen und ihr sagen, dass sie doch noch mal herkommen muss.", fragt er, wobei er auf meine Thunderbike zeigt, neben der ich stehe. Diesmal bin ich Derjenige, der zur Antwort nickt. Gleich darauf drehe ich mich zu meiner Maschine, nehme den Helm vom Lenkrad und halte diesen Milos hin. Dieser schaut mich allerdings nur fragend an.
"Nimm ihn. Ich hab nur den einen mit und du brauchst ihn eher, als ich.", erkläre ich, wärend er noch nachdenklich den Helm an sich nimmt.
"Fährst du so rabiat?", erkundigt er sich nun unsicher, was mich zum Schmunzeln bringt.
"Nein. Keine Sorge. Ich fahre vorsichtig. Allerdings weiß man nie. Unfälle können auch dann passieren, durch unvorhersehbare Ereignisse. Und da ist es besser, wenn dein Kopf geschützt ist." Immerhin wäre es nicht das erste Mal, dass vor mir ein Tier auf die Straße rennt und ich nicht mehr sicher ausweichen kann, wenn überhaupt. Zum Glück, bringt mich so schnell nichts um...
Milos nickt nun verstehend und setzt sich den Helm auf. Nachdem er ihn befestigt hat, löse ich die Parkhalterung und steige auf. Meinen Klassenkameraden deute ich an, sich hinter mich zu setzten und sich gut an mir festzuhalten. Etwas zögerlich legt dieser seine Arme um meinen Oberkörper, versucht dabei aber noch etwas Abstand zwischen unsere Körper zu lassen. Dieser verringert sich allerdings schnell, als ich die Maschine starte und losfahre. Obwohl ich noch langsam fahre, klammert sich Milos regelrecht an mich und presst sich so fest wie es geht an meinen Rücken. Durch diesen engen Körperkontakt, kann ich die Wärme, die von ihm ausgeht deutlich spüren, genauso wie seinen Herzschlag, der viel zu schnell ist. Dadurch dass er regelrecht an mit klebt, brauche ich ihm nicht mal sagen, dass er sich mit mir zusammen in die Kurve legen muss, dass macht er automatisch. Nachdem wir eine Weile gefahren sind, merke ich, dass er sich entspannt, somit gebe ich etwas mehr Gas, jedenfalls so viel mehr, wie innerhalb der Ortschaft erlaubt ist.
Viel zu schnell kommen wir dann bei seinem Grundstück an und es erfüllt mich mit bedauern, als er sich von mir löst und von meiner Thunderbike absteigt. Auch ich steige ab und sehe dann zu Milos, der begeistert auf meine Harley-Davidson schaut.
"Wow! Anfangs hatte ich ja doch etwas bedenken, aber es hat irgendwie Spaß gemacht.", meint er und sieht dann mit einem leichten Lächeln zu mir. "Können wir das mal wiederholen?", erkundigt er sich dann noch, was mich nun auch zum Lächeln bringt.
"Gerne. Wenn du willst können wir auch mal eine längere Strecke fahren."
Und außerhalb der Ortschaft.
Aber ich will ihn ja nicht gleich wieder verschrecken, weswegen ich es nicht ausspreche. Sein begeistertes Nicken zeigt mir allerdings, dass diese Vorsicht wohl nicht notwendig ist. Außerdem regt sich in mir nun wieder die Hoffnung, dass ich ihn als Freund doch noch nicht verloren habe.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro