Epilog
Gegenwart
Der Tag brach an, als Sebastian leise, wie jeden Morgen, das Zimmer seines Herrn betrat, um diesem einen Tee mit Rum zu bringen und das Feuer neu zu entfachen. Das Schloss verfügte noch nicht über eine Heizanlage und so war es nach einer Winternacht bitterkalt in den Gemächern.
Zu seiner Überraschung fand er den Grafen nicht in seinem Bett vor, sondern zusammengesackt, mit dem Kopf in den verschränkten Armen, am Tisch sitzend. Er schlummerte noch immer tief und fest und musste sehr erschöpft gewesen sein, denn normalerweise reichte das fast unhörbare Geräusch der Klinke, um den Vampir zu wecken. Schmunzelnd stellte der Butler das Tablett mit dem Morgentee auf dem ungenutzten Bett ab und machte sich daran, leise die verstreuten Blätter aufzusammeln, die der Graf beim Schlafen vom Tisch geworfen haben musste.
Diese waren eng mit der ordentlichen Schrift Viktors beschrieben und Erinnerungen kamen in dem Diener hoch, als er einige Passagen las.
»Hmm ... oh, ist es schon Morgen?« Der Adlige setzte sich aufrecht hin und stöhnte, als ein vernehmliches Knacken seines Rückens zu hören war.
»Das kommt davon, wenn man am Tisch statt im Bett schläft. Guten Morgen, mein Herr. Wie ich sehe, seid Ihr fertig geworden? Ich bin beeindruckt. In nur einer Nacht ...«
Viktor nickte und rieb sich den Nacken. »Nimm und lies es.«
»Das muss ich nicht, Herr. Wenn es Euch geholfen hat, muss es niemand außer Euch lesen.«
»Ich will es nicht lesen. Das zu durchleben war anstrengend genug. Sag mir nur, ob ich alles so getroffen habe, wie du es miterlebt hast.«
Der Butler schmunzelte und stellte den Tee auf dem nun freigeräumten Tischchen ab.
»Geht es Euch etwas besser?«
»Ja, in der Tat. Es ist ... leichter jetzt.« Viktor lächelte und nippte an seiner Tasse. »Vielleicht solltest du das auch versuchen. Ich möchte meinen, dein Bündel ist nicht minder schwer als meins. Vermutlich sogar schwerer ...«
Sebastian, der die losen, aber nummerierten Papiere zu einem Stoß gesammelt hatte, klemmte sich diese unter den Arm und verneigte sich leicht.
»Vielleicht sollte ich das, Herr.«
»Wir haben doch alle unsere Sünden. Doch manche ... sind vielleicht ehrenvoller als andere.«
Viktor lächelte seinem Butler zu, der verstehend nickte und stumm das Zimmer verließ.
»Nun, du heiligster aller Sünder, was wirst du tun?« Der Graf leerte die Teetasse und lachte leise, das erste Mal seit Jahren ohne die Melancholie in seiner Brust, die ihn herunter gedrückt hatte.
~ ENDE Band I. ~
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