Prolog
„Eilmeldung!"
Sofort sprangen Maura und Bobby Horan auf, als ihr Auftraggeber wie ein Irrer aus dem Telefonhörer brüllte. Normalerweise hatte er sein feuriges Temperament unter Kontrolle, sodass der heutige Vorfall wirklich ernst sein musste, wenn er so herumschrie.
„Was ist passiert?", rief Bob zurück, während er mit einer Hand den Fernseher ausschaltete und mit der anderen schon nach seiner Waffe griff – ein langes Messer mit geweihter Klinge, die einzige Waffe, mit der man die Kreaturen töten konnte.
„Drei auf einmal, im Wald."
Das Ehepaar wusste sofort, von welchem Wald er sprach, immerhin gab es an der Stadt nur einen einzigen, und der war groß genug, um zahlreichen Feinden einen unauffindbaren Unterschlupf zu bieten.
„Zwei unserer Leute haben sie in einem Club am Stadtrand aufgegabelt und sie verfolgt, aber sie sind geradewegs ins Unterholz geflüchtet. Zwei Menschen gegen drei von ihnen ... das wäre nicht gut gegangen. Beeilt euch!" Das Geräusch eines auf die Gabel krachenden Hörers beendete das einseitige Gespräch, doch Maura und Bobby hatten genug Information erhalten.
„Mach du schon mal den Wagen fertig!" Maura lief aus dem Wohnzimmer auf die Treppe zu. „Ich sehe noch kurz nach Niall."
Bobby bestätigte dies mit einem knappen Nicken und sprintete förmlich zur Zwischentür, die in die Garage führte, während Maura immer zwei Stufen auf einmal nehmend in den ersten Stock jagte. Vor der Zimmertür ihres Sohnes angelangt, holte sie erst mal tief Luft, um sich zu beruhigen, bevor sie langsam und leise die Klinke hinunterdrücke.
Das Erste, was ihr ins Auge stach, war das offene Fenster, durch das ein feiner Wind hereinwehte und die Vorhänge flattern ließ. Beunruhigt machte sie einen Schritt nach vorne. „Niall?" Kopfschüttelnd ging sie zum Fenster hinüber und schloss es, bevor der Luftzug möglicherweise mit einem Knall die Tür zufliegen lassen konnte. Dann wandte sie sich dem Bett zu, in dem sich immer noch nichts bewegte, was sie stutzen ließ: Eigentlich hatte Niall wie sie einen sehr leichten Schlaf, sodass er normalerweise beim kleinsten Geräusch aufwachte.
Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihrem Magen breit, als sie sich dem Bett näherte und im Halbdunkel eine Hand auf Nialls Schulter legen wollte – jedoch eine säuberlich gemachte Bettdecke und ein unberührtes Kissen vorfand.
Sie erstarrte in der Bewegung. Oh Gott. In einem Wahn des Schocks warf sie das Bettzeug zu Boden, als könne er sich doch noch irgendwo darunter befinden, aber jede Suche war zwecklos. Wie vom Blitz getroffen raste sie aus dem Zimmer. „BOB!"
Bobby hörte seine Frau schreien, ließ alles stehen und liegen und stürzte wieder aus der Garage, wobei er mit ihr zusammenprallte. „Was ist passiert?"
„Niall! Er ist weg!" Keuchend wedelte sie sich mit der flachen Hand Luft zu. „Oh Gott, was sollen wir nur tun? Was, wenn er ausgerissen und in den Wald gelaufen ist?"
Bobby erbleichte. „Wir müssen los. Jetzt!"
Die beiden sprangen gleichzeitig in den Wagen und noch bevor Maura die Beifahrertür ganz geschlossen hatte, trat Bobby schon das Gaspedal durch, sodass der Motor aufheulte und der Wagen auf die Straße schoss.
Mit quietschenden Bremsen hielt er wenig später schlingernd am Rande des Schotterweges, der in den Wald hineinführte. Maura schnallte sich den Gürtel mit den Halterungen für ihre Waffen um die Hüfte und sprang aus dem Wagen. Mit einem leisen scharrenden Geräusch landeten ihre Lederstiefel auf dem steinigen Boden. „Hat er dir die letzte Ortung der drei geschickt?"
Bobby nickte angespannt. „Keine zweihundert Meter von hier. Wenn Niall auch hier ist ... werden sie bereits nach ihm suchen. Oder sie haben ihn schon gefunden."
Dieses Stichwort reichte, um Maura lossprinten zu lassen. Am liebsten hätte sie lauthals nach ihrem fünfjährigen Sohn geschrien, aber da das nur die Feinde auf sie aufmerksam gemacht hätte, musste sie es sich verbeißen und mehr oder weniger schweigend nach ihm Ausschau halten.
Nach scheinbar endlosen zehn Minuten fasste Bobby sie aufgeregt am Arm und wedelte mit der anderen Hand nach vorne. „Da vorne!"
Maura kniff angestrengt die Augen zusammen und versuchte, durch die drückende Dunkelheit hindurch etwas zu erkennen. In einiger Entfernung sah sie auf einer kleinen Lichtung ein paar Personen stehen. Drei große ... und eine kleinere.
Oh Gott.
Ohne Rücksicht auf Geräusche, Vorbereitungen oder Vorsichtsmaßnahmen rannte sie los, stolperte über Steine, kratzte sich an scharfen Stellen der Zweige Hände und Gesicht auf, aber ihr war alles egal. Da vorne war ihr Sohn, und er schwebte in unmittelbarer Gefahr.
Trotz ihres Lärms kam sie für die drei Gegner überraschend, sodass sie einen von ihnen grob aus dem Weg zu Boden stoßen und sich mit einem Wutschrei auf die anderen beiden stürzen konnte. Der Erste schlug mit seinen kräftigen Händen nach ihr, doch dank ihres tagtäglichen Trainings konnte sie dem Schlag geschickt ausweichen und selbst einen gezielten Faustschlag gegen seinen Kiefer landen. Stöhnend stolperte er zurück und fiel der Länge nach hin. Mit erhobenem Messer wollte sie seinem wertlosen Leben ein Ende bereiten, doch eine gebieterische Stimme ließ sie in der Bewegung gefrieren. „Halt!"
Langsam wandte sie sich um und konnte bei der Situation, die sich ihr bot, ein entsetztes Keuchen nicht zurückhalten.
„Mrs. Horan, sie wollen mit ihrer Dummheit doch nicht ihren Sohn töten, oder?" Da stand er, der Anführer der Gegner, und hielt mit beiden Händen Niall an den Schultern umklammert. Nialls Haar stand in alle Richtungen ab, seine nackten Arme waren schmutzig, aber sein Gesicht drückte weder Schock noch Furcht aus – es war nur eine Maske unsäglicher Verwirrung.
„Niall!" Maura wollte vorstürzen, doch der große Mann hielt sie zurück, indem er blitzschnell ein Messer aus seinem Gürtel zog und es ihrem Sohn an den Hals hielt. „Bleiben Sie, wo Sie sind." Seine roten Augen leuchteten boshaft. „Schade, dass er noch nicht alt genug ist, um einen Gefährten für einen von uns abzugeben ..."
In Maura spürte Gift und Galle in sich aufsteigen, bei dem Gedanken, dieses Monster würde ihren Sohn als Blutlieferanten mitnehmen. „Lass die Finger von ihm, du Bestie", zischte sie.
„Ach, und wieso? Sie haben zwei meiner Leute getötet, und das in nicht einmal fünf Minuten. Von den fünfzig anderen ganz zu schweigen, die Sie und ihr Mann im Verlauf ihres Berufslebens umgebracht haben."
„Kreaturen wie ihr gehören nicht auf diese Welt."
„Aber die Menschen schon? Menschen zerstören den Globus. Sie reißen alles an sich, ruinieren Pflanzen, Tiere, ja sogar im Weltall pfuschen sie schon herum, während wir einfach gar nichts machen. Wer ist wohl schlimmer?"
„Ihr tötet alles, was euch in den Weg kommt." Maura ballte ihre Hände so fest zu Fäusten, dass sich die Fingernägel in die weiche Haut ihrer Handfläche bohrten und dort rote Halbkreise hinterließen. „Und jetzt lass meinen Sohn frei, sonst ..."
„Sonst WAS?", spuckte der Rotäugige aus. „Ich befürchte fast, ICH sitze hier am längeren Hebel." Er drückte noch fester mit dem Messer zu. In Nialls Augen war nun pure Angst zu sehen.
Er war noch ein kleiner Junge, viel zu unschuldig, um zu sterben, oder von diesen Monstern entführt zu werden.
Doch bevor Maura etwas unternehmen konnte, sprang plötzlich jemand aus dem Schatten der Büsche und stürzte sich auf den Anführer. Dieser hatte sich so auf Maura fixiert, dass er seine Geisel und die Waffe völlig überrumpelt losließ und die Faust abwehrte, die ansonsten genau auf seiner Nase gelandet wäre. Bobby stieß einen wütenden Fluch aus und zog sein Messer. „Wusste ich's doch, dass du es bist, Malik! Fass meinen Sohn noch einmal an, und du wirst dir wünschen, die gelebt zu haben!" Mit diesen Worten stieß er mit dem Messer zu, verfehlte Maliks Brust um einige Zentimeter und traf stattdessen seinen Oberarm. Das darauffolgende Gebrüll hörte man wohl um die ganze Weltkugel herum. Malik taumelte zurück, vollführte einen gewaltigen Sprung, wie es nur Lebewesen seiner Art tun konnten, und landete nach einem doppelten Salto etwas wackelig auf einem Baumstumpf in beachtlicher Entfernung. Mit einer seiner zitternden Hände deutete er auf die Familie, die nun aneinandergedrängt mitten auf der Lichtung stand, und knurrte tief in seiner Kehle: „Das wird euch noch leidtun. Ich werde mich rächen. Vielleicht nicht jetzt gleich, aber vertraut mir. Meine Rache wird kommen." Aus bösartig zusammengekniffenen, roten Augen warf er einen bedeutungsvollen Blick zu Niall, der aussah, als würde er gleich vor Schock und Ungläubigkeit das Bewusstsein verlieren. „An eurer Stelle ..." Er machte eine kunstvolle Pause, durch die sich die angespannte Atmosphäre noch mehr auflud. „ ... würde ich auf ihn aufpassen. Man sieht sich." Bevor die Horans etwas entgegnen konnten, drehte er sich um und verschwand mit wehendem schwarzen Mantel in der Dunkelheit.
„Mum?"
Maura unterdrückte einen Schluchzer und zog ihren Sohn an sich, der in der Kälte schlotterte. „Was ist denn, mein Junge? Gott, ich hab mir so Sorgen gemacht. Tu das nie wieder!"
„Was war das?"
Maura und Bobby sahen sich verzweifelt an. Sie konnten ihrem jüngsten Sohn nicht sagen, wer sie waren und was sie taten.
Niemals durfte er von der Existenz der Vampire erfahren.
Auch wenn seine Eltern Vampirjäger waren.
--------------------------
Tja, hier wäre ich wieder mit einer neuen Ziall FF ;) Ich werde "Stay away" wohl hinten anstellen, weil mir diese hier interessanter erscheint :D Vampire - sehr klischeehaft, aber ich wollte unbedingt auch mal sowas schreiben *-*
Bin gespannt, wer alles seinen Weg hierher findet! Sagt mir doch, ob es sich lohnt, die Story weiterzuschreiben ;)
Bis zum ersten Kapitel!
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro