Kapitel 26
„Also." Niall ließ Louis' Haustür zukrachen und wollte mitwas-weiß-ich-was loslegen, da stürmte uns Harry entgegen. „Louis..." Er stockte, als er die Situation ins Auge fasste:
Niall mit blutigem Hals, Louis mit einer Wunde am Kopf und ich, dener hier vermutlich am allerwenigsten vermutet hätte. Wo ich davon ausgegangen war, dass er mich jetzt mit Fragen bombardieren würde, musste ich mich eines Besseren belehren lassen, denn Harry stürzte geradewegs auf Louis zu. „Bist du okay?"
Fassungslos sah ich zu, wie er ihn küsste und besorgt seinen Kopf zu untersuchen begann. Niall bemerkte meinen Blick und begann breit zu grinsen. Grummelnd stieß ich ihn an. „Was gibt's da zu lachen?"
„Dein Gesicht ist einfach unbezahlbar." Er trat näher an mich heran. „Hättest wohl nicht vermutet, dass Vampire sich in Menschen verlieben könnten."
Oh doch, das hätte ich. Aber um ehrlich zu sein, hätte ich es Harry irgendwie nicht zugetraut. Er und Menschen hatten noch nie eine besonders gute Kombination ergeben, und nun war ausgerechnet er mit einem zusammen? Tja. Vielleicht sollte ich mich besser mit meiner eigenen Prioritätensetzung beschäftigen, denn wann immer ich Niall ansah oder in Kontakt mit ihm kam, stieg ein warmes Gefühl in mir auf, das direkt vom Herzen auszugehen schien. War es das, was man Liebe nannte? Fühlte es sich so ... gut an? Ich warf Niall, der Harry und Louis gerührt beobachtete, einen Blick zu und prompt spürte ich etwas in mir kribbeln.
Ich ignorierte das Gefühl und stakste zu Harry hinüber, um ihm auf die Schulter zu klopfen. „Dein Freund ist also ein Mensch. Hätte ich nie von dir vermutet, aber ich find's cool."
Wo Harrys Gesichtsausdruck bei meinen ersten Worten leichte Sorge widergespiegelt hatte, hellte er sich beim letzten Satz bis ins Unendliche auf. „Danke, Zayn. Ich werd's mir merken. Ich hoffe, ich kann eines Tages zu dir das gleiche sagen." Er deutete mit einem Nicken auf Niall, der sich nun leise mit Louis unterhielt, doch ich seufzte nur. „Wart's ab. Sieht ganz so aus, als würde er auf einen anderen stehen."
Wo war das jetzt hergekommen? Seit wann interessierte es mich, was andere wollten? Normalerweise war mein Wille Gesetz und Ende der Diskussion. Ich hatte keine Zeit, mir mehr Gedanken darüber zu machen, denn nun fielen Louis und Niall wortwörtlich über uns her und wollten alle Einzelheiten wissen, die wir rausrücken konnten.
„Meine Eltern sollen also Vampirjäger sein?" Nialls Stimme triefte förmlich vor Unglauben. „Und dein Vater ist der Anführer und will sich an meinen Eltern dafür rächen, dass er mich vor über einem Jahrzehnt nicht umbringen konnte."
„Äh ... genau."
Er wandte sich an Harry. „Soll ich ihm das glauben?"
Dieser reckte beide Daumen nach oben. „Wäre ratsam, wenn du dein Leben gern hast."
„Heilige Scheiße!" Niall presste sich die Handballen auf die Augen und stöhnte. „Und wieso weiß ich von rein gar nichts? Ich meine, ich bin jetzt schon fast zwanzig Jahre auf der Welt und sollte die Aktivitäten meiner Eltern vielleicht mitbekommen haben."
„Was weißt du denn über den Job deiner Eltern?" Ich konnte mir einen lauernden Unterton nicht verkneifen, was Niall mit einem wütenden Starren quittierte.
„Sie leiten eine Firma, ihre Arbeitszeiten sind sehr unregelmäßig,..." Er stockte, ganz offensichtlich selbst entsetzt darüber, wie wenig er eigentlich über seine eigenen Eltern wusste. „Und DU hättest mich also umbringen sollen?"
„Ich hätte dich zu meinem Gefährten machen sollen", berichtigteich ihn penibel. „Und dann erst umbringen."
„Gefährte?"
Okay, Niall wusste wirklich von rein gar nichts. „Einen Gefährten macht man sich dadurch, wenn man sich während dem ... äh ... Trinken darauf konzentriert. Wenn ein Vampir einen Gefährten hat,gibt es zwischen ihm und diesem Menschen einen untrennbaren Bund, soll heißen, der Vampir darf nur noch von diesem Menschen Blut trinken. Wenn er trotzdem von einem anderen trinkt, und das fünfmal, stirbt der Mensch."
„Und der Vampir lebt weiter?", warf Louis sarkastisch ein. „Wie fair. Ich bin beeindruckt."
Ich ignorierte ihn und fuhr fort: „Sozusagen eine Ausnahme ist der Bund, der aus Liebe entsteht. Wenn ein Vampir einen Menschen liebt und er beißt ihn, entsteht automatisch ein Bund, ohne dass einer der beiden etwas dagegen unternehmen kann."
„Braucht ein Vampir unbedingt einen Gefährten?", stocherte Niall weiter, worauf ich unruhig von einem Fuß auf den anderen zu treten begann. Das war genau die Frage, die ich vermeiden wollte ...
„Nein, eigentlich nicht", erwiderte ich vorsichtig und wollte das Thema damit schnell verwerfen, doch Niall deutete mein Herumdrucksen richtig.
„Aber ihr macht es trotzdem." Er klang bestürzt, verständlicherweise. „Wie viele hattest du schon?" Müde lächelte ich ihn an. „Ob du es glaubst oder nicht, ich hatte noch keinen."
Irgendetwas in seiner Miene schien sich aufzuhellen und seine Augen nahmen einen erleichterten Ausdruck an. Wieso sollte er erleichtert sein? Ihn müsste das doch gar nicht interessieren, immerhin wollte er doch sowieso nichts mit mir zu tun haben, oder?
Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie Louis Harry fragend ansah und offenbar mit der gleichen Antwort rechnete, die ich Niall gegebenhatte, doch Harry schwieg mit gesenktem Kopf und wagte es nicht, seinen Freund anzusehen. Auf Louis' Gesicht zeichnete sich Fassungslosigkeit ab, bevor er sich erhob und wortlos aus dem Raum ging. Harry gestikulierte verzweifelt in unsere Richtung, dann folgte er seinem Freund, wo auch immer dieser hingegangen sein mochte.
Niall, der die ganze Zeit neben mir gestanden hatte, ließ sich nunauf einen der Stühle im Flur fallen. „Sollte ich die Frage, wie viele Menschen du schon getötet hast, lieber lassen?"
Seine Direktheit beeindruckte mich, doch ich nickte langsam. „Ich habe getötet, Niall, das lässt sich als Vampir oftmals nicht vermeiden."
„Wieso erfüllst du deinen Auftrag nicht einfach?" Er mied meinen Blick und starrte stattdessen auf seine Schuhspitzen. „Es wäre viel einfacher für dich. Du hättest keine Probleme am Hals."
„Du hast das schon ziemlich oft gefragt", stellte ich lächelnd fest, mit der Absicht, dieser Frage so gut wie möglich auszuweichen, aber diesmal ließ er nicht locker.
„Ja, und jedes Mal hast du mir keine akzeptable Antwort gegeben."
„Du hast mich ja auch ziemlich genervt."
„ICH habe DICH genervt?" Ungläubig starrte er mich an. „Wohl eher umgekehrt! Was hast du nur für eine verkorkste Wahrnehmung?"
Bei seiner seltsamen Wortwahl musste ich lachen. „Eine Vampir-Wahrnehmung."
Grinsend schüttelte er den Kopf. „Keine Ablenkung. Also?"
Ich seufzte und verschränkte die Arme vor der Brust, während ich zu ihm hinüberging und mich neben ihn setzte. „Schön. Ich finde dich sympathisch." Das war die Untertreibung des Jahrtausends, aber das musste er ja nicht unbedingt wissen.
Sofort wanderte seine berühmte Augenbraue nach oben. „Sympathisch."
„Ja."
„Danke?"
Seine Augen funkelten in einem solch schönen Blau und strahlten mit seinem ganzen Gesicht um die Wette, sodass ich beinahe eine Hand ausgestreckt hätte, um ihn an der Wange zu berühren. Wenn er nur wüsste, wie sehr ich ihn ins Herz geschlossen hatte ...
„Oh fuck!" Mit einem Mal fuhr Niall hoch, sodass ich ebenfalls alarmiert aufsprang. „Die Arbeit! Ich hab den Club total vergessen!"
Ungläubig starrte ich ihn an. „Ist das jetzt dein Ernst? Du weißt schon, wie leicht Jace dort mit Leichtigkeit untertauchen kann?" Hatte er es vielleicht doch noch nicht begriffen, dass ihm jemand nach dem Leben trachtete?
Niall schien meine Gedanken zu erraten. „Und wie soll ich das Tristan erklären? Der glaubt mir doch kein Wort. Und Luke wird denken, ich will mich vor der Arbeit drücken."
Ich seufzte tief. „Okay. Ich komme mit."
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Tut mir leid, dass ihr so lange warten musstet! Das hier ist sozusagen das Weihnachtskapitel :D Jetzt hab ich alle Kausuren rum - zumindest bis Februar - also hab ich hoffentlich wieder etwas mehr Zeit und Lust zum Schreiben. Und die Leerzeichenlöscherei ist immer noch da ... noch ein Grund, wieso ich so lange nicht mehr hochgeladen habe xD
FROHE WEIHNACHTEN EUCH ALLEN! Auch wenn ich laaaange nicht mehr da war, hab ich euch alle ganz doll lieb! <3
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