Epilog
NIALL
Irgendwie hatte sich alles wieder eingespielt. Mein Vater und der von Zayn hassten sich zwar noch immer wie die Pest und schafften es kaum, einander in die Augen zu sehen ohne nach den Waffen zu greifen, aber auf irgendeine Art und Weise hatten die vergangenen Ereignisse die beiden Gruppen zusammengeschweißt. Der Kontakt war von beiden Seiten her mehr als zögerlich (Zayn und mich mal ausgenommen), sodass man die neue Situation weniger als Zusammenarbeit bezeichnen konnte, sondern eher ein zweckmäßiges Nebeneinanderherleben ohne sich gegenseitig abzumetzeln. Erfreulich, ich weiß, aber immerhin besser als davor.
Zayn sprach nicht viel über seinen Vater, aber offenbar hatte sich das Verhältnis zwischen ihnen ein wenig aufgehellt - mein Vater hatte sich mir gegenüber verblüffenderweise nicht verändert, jetzt wo er wusste, dass ich mich freiwillig zum Gefährten eines Vampirs hatte machen lassen.
Kurz gesagt: Alles war so umgestülpt worden, dass eigentlich niemand mehr genau sagen konnte, woran er war.
Naja. Im Laufe der Zeit würde sich das ergeben.
Mehr als bereitwillig drängte ich diese Gedanken in den Hintergrund, während ich den leicht matschigen Weg entlangschritt, der sich durch den Wald schlängelte. Stattdessen musste ich an Liam denken, dem ich nun sozusagen endgültig einen Korb hatte geben müssen - es tat mir wirklich leid, da er ein echt netter Junge war und etwas Besseres als eine Absage verdient hatte, aber .... wie es war, so war es, und ich war meinerseits nun mehr als fest vergeben. Ich musste ohnehin aufpassen, dass Zayn nicht auf die Idee kam, dass Liam immer noch sein Glück bei mir versuchen könnte, denn das würde vermutlich fatal enden. Für Liam.
Das Klingeln meines Handys riss mich aus meinen Tagträumen, und als ich es herausgezogen und einen Blick auf das Display geworfen hatte, auf dem der Name ZAYN prangte, musste ich lächeln. Zayn war hervorragend darin, umwerfende spontane Ausflüge zu planen (und dann auch wirklich durchzuführen), folglich war ich mehr als gespannt, was er sich nun schon wieder ausgedacht hatte, doch bevor ich den Anruf annehmen konnte, traf mich etwas Hartes auf den Hinterkopf - nicht so fest, um mich auszuknocken, aber dennoch schwungvoll genug, mich unsanft zu Boden zu befördern. Bevor ich irgendwie reagieren konnte, hatte mich jemand von hinten gepackt und mit dem Rücken an einen Baumstamm gedrückt.
"Hallo, Niall."
Ich erkannte ihn an der Stimme, bevor ich überhaupt einen Blick in sein Gesicht werfen musste.
Jace.
Jace war sogar so leibhaftig, dass er ein Messer ziehen und es mir vor die Nase halten konnte. "Schön, dich mal wiederzusehen! Lange her, nicht wahr? Weißt du was? Man hat mich aus dem Clan verstoßen. Weil ich die Aufträge meines Chefs ausgeführt habe." Die Hand, mit der er das erschreckend lange Messer hielt, zitterte gefährlich, als könnte er sich nur mit Mühe zurückhalten.
Erstaunlicherweise blieb ich völlig ruhig. "Und du machst mich verantwortlich, wenn ich das richtig sehe."
Jace schnitt eine Grimasse. "Nur teilweise. Zayn ist schuld."
"Du führst dich auf wie ein Kindergartenkind."
Sein Griff an meinem Arm verstärkte sich, als er mir ein "Klappe!" entgegenzischte. "Zayn ist der Ursprung dieses Schlamassels. Hätte er seine Mission auch nur ansatzweise fertiggebracht, stünden wir nun nicht hier! Meine Rache ist gänzlich gerechtfertig." Geschickt drehte er die Waffe hin und her, sodass die Klinge im spärlichen Tageslicht des Waldes funkelte. "Wenn ich seinen Gefährten töte, wird er nie wieder komplett sein. Ein Teil von seiner Seele wird fehlen. Nie wieder wird er so leben könnten wie zuvor. Ich ..." Jace brach ab, als sein Blick auf mein Handy am Boden fiel, dessen Display nun einen entgangenen Anruf von Zayn anzeigte. "Wie lieblich. Kurz vor deinem Tod hat er noch versucht, dich zu erreichen."
Die feinen Härchen auf meinem Arm stellten sich bei diesen Worten auf, als mir klarwurde, wie entsetzlich ernst dieser Typ die Sache meinte. Bis zum Schluss hatte ich geglaubt, dass Jace nichts anderes war als einer dieser Idioten, die zwar das Maul immer offen hatten, aber nur leere Worte durch die Gegend brüllten, aber jetzt stand ihm ins Gesicht geschrieben, mit welcher Überzeugung er das hier durchziehen würde.
Bevor mein Gehirn mitkommen konnte, war mein Bein schon nach oben geschnell und verpasste Jace einen Tritt in seine Weichteile, auf den Zayn, der immer versuchte, mir Kampfmethoden beizubringen, stolz gewesen wäre. Während Jace sich also jaulend im Dreck wälzte, sprang ich über ihn hinweg, schnappte mir in einer fließenden Bewegung mein Handy und hechtete in Richtung Wiese davon, über die ich direkt zu meinem Elternhaus gelangen konnte. Weglaufen war zwar allgemein als feige eingestuft, aber mal ehrlich ... ein Mensch ohne Kampfkenntnisse gegen einen Vampir mit übermenschlichen Kräften und einem Messer? Nicht ganz mein Geschmack.
Leider zählten zu bereits erwähnten übermenschlichen Fähigkeiten auch schnelles Erholen und eine Geschwindigkeit, von der ich als Mensch nur träumen konnte, sodass Jace mich innerhalb weniger Sekunden eingeholt und erneut zu Boden geworfen hatte.
Wütend versuchte ich, ihn mit den Fäusten im Gesicht zu treffen, doch irgendwie schaffte er es, meine Arme mit den Ellbogen in Schach zu halten, und gleichzeitig mit seinem blöden Messer herumzuprotzen.
"Wo ist denn nun dein Zayn, der dich aus der Scheiße zieht?" Jace grinste genüsslich. "Und wo sind denn nun deine Eltern, die mächtigen Vampirjäger, die nun fast arbeitslos sind? Niemand da, nur du und ich." Seine Gesichtszüge verhärteten sich. "Bringen wir es zu Ende."
Die Klinge funkelte schmerzhaft, als er sie erhob und in Richtung meiner Kehle wandern ließ. Alles in mir verkrampfte sich.
Das war es also nun.
Alles hätte gut werden können, aber nein, ich musste meinem größten Erzfeind in jenem Wald, in dem alles seinen Anfang genommen hatte, auch noch direkt in die Arme laufen, um mich aufspießen zu lassen.
Ich hatte mit meinem Leben abgeschlossen, als ich im Bruchteil einer Sekunde schnelle Schritte hörte, bevor jemand gegen Jace krachte, ihn somit von mir herunterbeförderte und ihn erneut in den Matsch warf. Dreckspritzer landeten in meinem Gesicht, als sich die mir noch unbekannte Person mit Jace einen erbitterten Kampf lieferte, bei dem Letzterer jedoch den Kürzeren zog und doch tatsächlich die Flucht ergriff und in die Richtung rannte, aus der wir eben gekommen waren.
Mit bebenden Händen wischte ich mir den Schlamm von der Wange und stemmte mich mühsam auf Hände und Knie. Der Adrenalinschub verflüchtigte sich nun allmählich, sodass ich jetzt das stetige Pochen im Kopf fühlen konnte, das von Jace' Schlag herrührte, den er mir gleich am Anfang verpasst hatte.
Die Person drehte sich um und fast wäre ich zurückgezuckt, als ich erkannte, dass es sich um Mr Malik - Zayns Vater - handelte.
"Geht es dir gut?" Sein ruhiger Tonfall ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen. Noch immer unfähig zu sprechen nickte ich kaum merklich.
Maliks Blick war unergründlich, als er mich von Kopf bis Fuß scannte, um dann in einer ruckhaften Bewegung urplötzlich auf mich zuzukommen und die Hand nach meinem Hals ausstreckte. Bevor ich reflexartig zurückweichen konnte, hatte er mich schon am Arm festgehalten. "Er hat dich mit dem Messer erwischt."
Ohne weiteren Kommentar zog er ein Tuch aus seiner Tasche und reichte es mir, woraufhin ich ihn ungläubig anstarrte, bis schließlich ein winziges "Danke" meinen Mund verließ und ich das Tuch auf den Schnitt drückte, den Jace mir irgendwann im Eifer des Gefechts direkt unter dem Kiefer verpasst hatte. "Wieso haben Sie mir geholfen?" Die Frage war aus mir herausgerutscht, bevor ich sie überdenken konnte.
Falls er irgendwelche Emotionen empfand, war er Meister darin, sie zu verstecken. "Mein Sohn hat dich aus Liebe zu seinem Gefährten gemacht. Der stärkste Bund, den ein Vampir zu einem Menschen eingehen kann. Ich bin Zayn etwas schuldig." Seine Augen schmälerten sich, als würde er scharf über etwas nachdenken. "Erinnerst du dich an genau diesen Ort hier? Es ist jetzt schon viele Jahre her, aber hier sind wir uns das erste Mal begegnet."
Ein mulmiges Gefühl machte sich in meinem Magen breit. "Nur vage."
Malik nickte langsam. "Ich verstehe. Deine Eltern haben deine Erinnerung mit einem ihrer Mittelchen abgeschwächt." Er wartete keine weitere Reaktion von mir ab, sondern wies in Richtung Straße. "Ich schlage vor, du siehst zu, dass du nach Hause kommst. Bevor dieser rüdige Hund zurückkommt. Ich begleite dich."
Ich wollte mich schon in Bewegung setzen, als mir mein Handy einfiel, das ich hier irgendwo verloren haben musste, doch noch bevor ich mich suchend bücken konnte, hatte Malik es mir schon hingehalten. "Suchst du zufällig das hier?" Nun umspielte ein kleines Lächeln seine Lippen, das mich so sehr an das von Zayn erinnerte, dass alle Furcht vor ihm dahinschmolz. "Danke."
Wir hatten erst die halbe Strecke hinter uns gebracht, als uns erneut jemand entgegengesprintet kam.
"Niall!" Schleudernd kam Zayn vor mir zum Stehen und umfasste meine Schultern. "Was ist passiert? Wer war das?!" Mit einem Fauchen wollte er sich doch tatsächlich auf seinen Vater stürzen, doch ich konnte ihn im letzten Moment zurückhalten, bevor erneut ein Familienkampf entstehen konne. "Zayn, nicht! Er hat mich gerettet! Es war Jace!"
Das Rot in seinen Augen flackerte auf, als Zayn zu mir herumfuhr. "Jace? Ich werde ihn umbringen, wenn ich ihn in die Finger kriege!" Er holte tief Luft und brachte somit das Blitzen in seinen Augen zum Verstummen, bevor er sanft die Finger durch mein Haar gleiten ließ. "Geht es dir gut? Oh Gott." Er schloss mich fest in die Arme, als wollte er mich nicht mehr loslassen. "Ich habe gespürt, dass irgendetwas nicht stimmt, als du nicht an dein Handy gegangen bist. Und irgendwoher habe ich gewusst, wo du bist. Es war, als hätte mich eine unsichtbare Kraft hierhergezogen."
"Das ist der Bund, mein Sohn." Sein Vater trat vor. Seine Augen waren nun traurig. "Der Bund aus Liebe lässt uns Dinge sehen und tun, wie es sonst keinem möglich ist. Vampire haben aus Liebe schon törichte Dinge getan, die unser aller Existenz bedroht hat. Ich hoffe, du weißt um einen verantwortungsvolleren Umgang."
Mit diesen Worten, die klangen, als hätte er lediglich eigene Erfahrungen wiedergegeben, drehte er sich um und war innerhalb von Sekunden den Weg hinunter verschwunden.
Zayn und ich steuerten schweigend die Straße an.
Wer wusste schon, was noch alles kommen mochte?
-----------
Fortsetzung: "Dark Hunters" im OneShot-Buch! :-)
Das Ende kam schneller als erwartet!
Ich danke allen, die mich auf dem Weg dieser Geschichte begleitet, die Handlung mitverfolgt und mich durch aufmunternde Kommentare und Votes unterstützt haben. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass ihr trotz der teilweise schon fast schmerzhaft langen Wartezeiten nicht das Interesse verloren habt und bis zum Schluss dabei wart.
DANKE! <3
Es wird vermutlich kein ganzes Forsetzungsbuch geben - aber es kann gut sein, dass vielleicht eine kürzere Fortsetzungsgeschichte sozusagen in Form eines One Shots folgt, weil ich jetzt am Weiterschreiben doch gemerkt habe, dass ich sehr an den Charakteren hänge xD
Wie auch immer, dann vielleicht bis später! <3
Eure Andi :-)
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro