Hoffnungsschimmer
So viele Bücher hatte ich noch nie zuvor gesehen. Regale, die bis unter die Decke reichten, säumten den gesamten Raum. Des Weiteren standen in Dreierreihen weitere Regale. Das mussten tausende Bücher sein.
Staunend wandte ich mich um die eigene Achse. Konstantin gab derweil ein leises Lachen von sich.
„Dies ist nur der erste Raum Raja, es gibt sechs weitere. Sieh dich ruhig um. Hier nimm die Handschuhe. Einige Bücher sind so alt, dass der kleinste Tropfen Schweiß reicht, um geschriebenes unleserlich zu machen.", sprach er begeistert und reichte mir ein weißes Paar Handschuhe.
„Danke. Gibt es Abteilungen? Oder habt ihr alles querbeet?", fragte ich beiläufig und zog mir die Handschuhe an.
„Natürlich gibt es Abteilungen. Nach was genau suchst du denn?", fragte er und sah mich gespannt an.
„Mich interessiert eure Geschichte. Ich möchte mehr über Vampire erfahren. Eure Gepflogenheiten und eure Lebensweise.", gab ich Wahrheitsgemäß zurück und sah ihn an.
Konstantin sah mich erstaunt an. Doch ein Lächeln umspielte seine sonst so ernste Miene. Ich hatte ihn um den Finger gewickelt. Dachte ich zumindest.
„Ich weiß genau, wonach du suchst. Auch ich habe oft danach gesucht. Doch du wirst nicht's finden. Raum fünf.", fügte er noch hinzu und ging ebenfalls in diesen Raum.
Stutzig sah ich ihm nach. Er war doch einer der ältesten. Er musste doch wissen, ob es eine Möglichkeit gab. Oder warum Frauen nicht verwandelt wurden. Kopfschüttelnd folgte ich ihm. Ehrfürchtig fuhr ich über die uralten Rücken der Bücher. Auf manchen lag ein Jahrhunderte alter Staub. Einige waren in altdeutsch geschrieben. Granny hatte es mir beigebracht. Mein Ur Urgroßvater stammte aus Deutschland. Ich zog ein Buch heraus mit dem Titel Vlad der dritte.
Erstaunt sah ich auf die alte Handschrift.
Wie alt musste dieses Buch wohl sein.
Ich begann zu lesen, fand jedoch nur einen kleinen Hinweis. Vlad hatte wohl zu Anfangs eine Frau. Welche ermordet worden war. Er schwor sich, sich nie wieder zu verlieben. Zu tief saß sein Schmerz. Laut diesem Buch war sie ein Mensch. Jedoch fehlten einige Seiten. Ich stellte es zurück und nahm das nächste Buch.
Was mindestens genauso alt war. Hier stand was über Konstantin und Rael. Erschaffen von Vlad dem dritten. Einer gut und folgend, der andere boshaft und abtrünnig. Ich überflog die Seiten, bis ich zu den Regeln kam.
Vampire agieren immer im verborgenen.
Nach dem nähren wird die Erinnerung genommen.
Nur auserwählte werden verwandelt und unterwiesen.
Keine Vampir Frauen erschaffen.
Das lieben ist nicht gestattet und wird mit dem Tode geahndet.
So ging es weiter und weiter, über mehrere Seiten. Kopfschüttelnd laß ich weiter in der Hoffnung dass, dies erläutert wurde.
Vergebens.
Ich überlaß einige Buchrücken und kniete mich auf den Boden. Unter dem Regal erspähte ich etwas. Tastend griff ich danach. Es war eine Truhe. Ich sah mich kurz aufgeregt um, ob Konstantin in meiner Nähe war. Dann zog ich die Truhe unter großer Anstrengung hervor. Sie war nicht abgeschlossen, also öffnete ich sie.
Darin befanden sich etliche lose Seiten.
Mein Herz schlug schneller als zuvor. Hatte ich eventuell gefunden wonach ich suchte?
In meinem Eifer vergaß ich, dass Vampire meine Aufregung spüren und meinen erhöhten Herzschlag hören konnten. Deshalb erschrak ich umso mehr, als Konstantin plötzlich neben mir stand.
„Du bist fündig geworden?!", fragte er aufgeregt und blickte in die geöffnete Truhe.
„Du hast mich erschreckt, schon wieder!
Ich weiß es nicht. Zumindest sind es lose, uralte Seiten.", gab ich stotternd zurück.
Er hob die schwere Truhe, als würde sie nichts wiegen auf den Tisch neben uns.
„Dann wollen wir mal sehen.", sprach er, sah mich an und rieb seine Hände.
Erstaunt über die Art und Schnelligkeit seines Lesens, musste ich schmunzeln. Ein Blatt nach dem anderen zog er heraus und legte es zur Seite. Dann hielt er inne und tippte nickend auf das Blatt.
„Hier ist es. Jahre lang hab ich danach gesucht und dann kommt ein Mensch und findet es umgehend. Vlad's Frau war ein Vampir. Sie wurde von Menschen getötet. Er ließ daraufhin alle weiblichen Vampire töten. Damit niemandem sein Leid widerfahren sollte und erließ die Regel. Ich wusste es! Du musst wissen, dies alles geschah lange bevor ich verwandelt wurde. Wir stellten die Regeln nie in Frage. Doch auch ich wünschte mir nach so langer Zeit eine Gefährtin.
Ja Raja, ich bin nicht blind. Ich sehe wie es Liam ergeht. Doch selbst wenn es nun möglich ist, wird es einen Krieg entfachen.", flüsterte er und schüttelte seinen Kopf.
„Aber du hältst den Beweis in deinen Händen. Das es nur aus diesem Grund verboten ist! Was bedeutet das es trotzdem möglich ist. Jeder sollte selbst entscheiden, ob er so leben möchte. Als Mensch ist es normal, dass man irgendwann stirbt. Entweder weil man alt ist, oder einen Unfall hat oder eben getötet wird. Dies ist der normale Lauf der Dinge.", entfachte ich eine Diskussion.
„Mag sein, aber es ist noch immer eine Regel und unser Leben besteht aus regeln. Was glaubst du wie die Ewigkeit ist, wenn einem das, was man liebte genommen wurde.", antwortete er mir.
„Ja und was ist mit Rael? Hat er nicht auch eine oder gar mehrere Regeln gebrochen? Er verspottet euch und niemand tut etwas dagegen. Auch nicht euer großer Vlad! Das ist aber nun mal der Lauf der Dinge. Niemand sagt, dass man sich nicht neu verlieben kann.", sprudelte es aus mir heraus.
Mit solch einer Antwort hatte Konstantin nicht gerechnet. Er zog die Brauen Graus. Hatte sich darüber noch nie einer Gedanken gemacht?
Welche Konsequenz hatte dies für Rael gehabt?
„Nun ja, Rael hat uns alle verraten. Er trägt die Schuld unserer Misere. Was jedoch den anderen nur recht ist. Beinahe alle leben mittlerweile wie er, auch Vlad. Das stimmt schon. Er hätte mit seinem Leben dafür bezahlen müssen. Doch er war gut darin, sich zu verstecken. Nach all den Jahren ist nun Gras über die Sache gewachsen.", dann unterbrach ich ihn.
„Und wenn ich es so möchte? Konstantin, ich möchte ein Vampir werden.", gab ich selbstbewusst von mir und erntete einen erstaunten Blick.
Ich hatte es ausgesprochen. Ich, Raja von Alimia. Das Mädchen das fast alles verloren hatte, was es je geliebt hatte, wollte nun seine Sterblichkeit ablegen und ein Vampir werden.
Noch ehe Konstantin mir antworten konnte, flog die Tür auf und Liam kam herein gestürmt.
„Auf gar keinen Fall! Wir werden diese Regel nicht brechen Vater! Was auch geschieht, du wirst nicht zu solch einem Monster werden wie ich!", brüllte er wie ein wildgewordener Löwe.
„Es ist mein Leben, meine Entscheidung! Du entscheidest das nicht für mich Liam! Wenn ihr es nicht tut, werde ich jemand anderes finden. Vielleicht kann ich dann auch meine Familie schützen. Falls sie noch am Leben sind.", schoss es aus mir heraus.
Mein Entschluss stand fest. Ich würde ein Vampir werden. Je eher desto besser.
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