„Es ist wirklich wahr!"
Hime seufzte, als sie am Nachmittag den Kindergarten, in dem sie zur Zeit ihre Ausbildung machte, verließ. Sie liebte die Kinder und sie freute sich darauf, wenn sie in zwei Jahren ihre Ausbildung beendet haben würde. Aber heute war es irgendwie anstrengender gewesen. Die Kinder hatten sie ordentlich auf Trab gehalten und dann war auch noch eine der anderen Erzieherinnen krank gewesen. Ständig hatte es etwas zu tun gegeben, zur Ruhe gekommen war sie kaum. Sie hatte das Gefühl gehabt, als hätten alle Kinder gleichzeitig mit ihr spielen, etwas zu essen oder gewindelt werden wollen, es war ein nervenaufreibender Tag gewesen.
Oder aber es liegt an der Schwangerschaft, dachte Hime da, während sie sich ihre Jacke anzog. Ein merkwürdiger Gedanke, irgendwie. Es erschien ihr ganz und gar unvorstellbar, das in ihrem Körper ein lebensverändernder Prozess stattfand, der sie schon jetzt beeinflusste, ohne dass sie es bewusst bemerkte.
Sie wurde in ihren Gedankengängen unterbrochen, als ihr Handy klingelte. Sie zog es aus ihrer Jackentasche und warf einen Blick auf das Display. „Annika …?“, murmelte sie verwundert und nahm ab. „Hey, was gibt’s?“, wollte sie direkt wissen.
„Hey, du hast doch grade aus, richtig?“, fragte Annika am anderen Ende der Leitung sofort zurück.
„Ähm …ja, bin grad eben rausgegangen“, antwortete Hime ein wenig irritiert. „Warum?“
„Ich hab‘ darüber nachgedacht, zu einem Frauenarzt zu gehen“, erklärte Annika beinahe leichthin. „Und ich wäre sehr froh, wenn ihr mitkommen würdet. Außerdem willst du doch sicher auch Gewissheit haben.“
„Ähm …“, machte Hime ein wenig überfordert.
Es verwunderte sie, dass ihre Freundin nun plötzlich so … sachlich an all das heranging. In den ersten Tagen hatte sie sich noch regelrecht davor gefürchtet, tatsächlich schwanger zu sein. Aber auf der anderen Seite entsprach ein solcher Sinneswandel nur Annikas Wesen, also vielleicht sollte Hime sich gar nicht großartig darüber wundern.
„Aber brauch’ ich dafür dann nicht auch einen Termin?“, wollte Hime dann trotzdem ein wenig stutzig wissen ging ein wenig die Straße entlang.
„Der Arzt ist ein guter Bekannter von Haruka und als ich da angerufen hab’, meinte die Arzthelferin, es wäre nicht viel los und wir sollten einfach vorbeikommen“, erklärte Annika ihrer Freundin. „Also, wenn du Zeit hast …“
„Hast du Harumi und Noriko schon gefragt?“, wollte Hime wissen.
„Ja, habe ich. Wir haben uns um fünf dort verabredet. Kommst du auch?“
Hime zögerte einen Augenblick. Eine erste Ultraschalluntersuchung würde Zweifel ausräumen, ja. Aber was, wenn sie doch nicht …? Hime schüttelte vor sich selbst entschieden den Kopf. Das ist albern! Davon, dass ich die Untersuchung verweigere, wird es auch nicht besser! Und außerdem war der Test letztendlich ja doch positiv … „Klar“, sagte sie darum entschlossen und ließ sich von Annika die Adresse nennen.
„Gut, dann bis nachher“, meinte Annika fröhlich und legte auf.
Hime atmete tief durch, dann rief sie bei sich zu Hause an und erklärte ihrer Schwester, dass sie ihr heute erst später mit dem Schulstoff helfen konnte. Meiner Familie muss ich es ja auch noch sagen, dachte Hime ein wenig beklommen, als sie das Handy wieder wegsteckte. Sie hatte keine Ahnung, wie ihre Eltern auf diese Nachricht reagieren würden. Sie war doch erst neunzehn Jahre alt und steckte mitten in ihrer Ausbildung …
Hime seufzte.
Erst einmal muss ich ohnehin ganz sicher sein. Und dann sehen wir weiter, sagte sie sich und machte sich auf den Weg zur nächsten Bushaltestelle, wo sie glücklicherweise nur drei Minuten auf einen Bus warten musste, der sie nahe genug zur Arztpraxis brachte.
Als sie ausstieg, konnte sie inmitten der Menschenmenge einen unverkennbar blonden Haarschopf ausmachen. Ein Lächeln schlich sich auf Himes Gesicht und schnell drängte sie sich durch die Menschen, bis sie Annika, die ebenfalls die Arztpraxis ansteuerte, erreichte. „Hey“, sagte sie und berührte das Mädchen an der Schulter.
Annika schreckte zusammen und sah Hime ins Gesicht, dann lachte sie. „Hey!“, sagte sie und zog Hime kurz in eine Umarmung. „Ich bin echt froh, dass du mitkommst“, meinte die Blonde dann mit einem Lächeln.
„Kein Problem“, entgegnete Hime mit einem freundlichen Lächeln. „Wie du schon gesagt hast, für mich ist das ja auch nicht ganz uninteressant. Aber sag’ mal, weiß Ruki denn, dass du eine Untersuchung machen lässt?“
Annika sah zu Boden und wandte sich zum Gehen, Hime folgte ihr sofort. „Hm, nein“, gab die Blonde dann leise zu. „Er hätte es sich mit Sicherheit nicht nehmen lassen, mitzukommen“, sagte sie.
„Und was wäre daran so schlimm?“, wollte Hime verwundert wissen.
„Ähm … nichts“, murmelte Annika. „Na ja … ich … mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, dass er dabei ist.“ Sie holte kurz Luft und schüttelte dann den Kopf. „Nein, so meine ich das nicht! … Es ist nur … ich will mir erst einmal einen Rat einholen und wenn ich wirklich ganz sicher schwanger bin, dann … brauche ich Zeit, um das alles zu verarbeiten.“
Hime nickte mitfühlend. „Ich weiß, dass das für dich nicht einfach ist und ich verstehe, wie du darüber denkst.“ Sie lächelte aufmunternd. „Keine Sorge, meine Lippen sind versiegelt.“
„Danke, Hime“, sagte Annika mit einem erleichterten Lächeln.
Als sie die Praxis erreichten, wartete dort schon Noriko auf sie. „Und ich dachte, ihr kommt gar nicht mehr“, meinte das Mädchen lachend und umarmte ihre Freundinnen kurz nacheinander.
„Tja … Haru haben wir leider nicht dabei“, meinte Annika und hob kurz entschuldigend die Schultern. „Sie sagte, sie müsste nochmal mit dem Hund raus. Aber es kann sich nur um wenige Minuten handeln.“
Noriko nickte und ließ ihren Blick kurz zu dem Schild neben der Eingangstür schweifen. „Dass ich hier mal stehen würde, schwanger mit Kou-kuns Kind …“
„Oh, glaub’ uns, das hat niemand kommen sehen“, schmunzelte Hime und wandte sich um, als schnelle Schritte näherkamen.
„Hey, sorry, schneller ging’s nicht“, meinte Harumi, als sie zu ihnen stieß, ein wenig atemlos. „Baustelle in der Innenstadt, ich musste den Rest des Weges laufen.“
„Kein Problem, du hättest nicht so hetzen müssen“, meinte Annika beruhigend.
„Ach, passt schon“, meinte Harumi und winkte ab, während sich ihr Atem bereits wieder normalisierte. „Hat ganz gutgetan nach all dem Sitzen in der Uni heute Morgen …“
„Na dann“, meinte Hime. „Nette Haarfarbe, übrigens.“
„Dankeschön“, meinte Harumi schmunzelnd und wickelte sich eine ihrer feinen Haarsträhnen, die nun in einem feurigen Herbstrot leuchteten, um den Finger. Dann nickte sie zur Tür hin. „Wollen wir?“
„Wollen wir“, erwiderte Hime und drückte die Glastür entschlossen auf, ließ ihre Freundinnen ein, sah sich kurz um.
„Weiß Yuma schon davon?“, wollte Noriko feixend wissen und strich mit den Fingerspitzen über Harumis Haare.
Harumi schüttelte den Kopf. „Nein. Diese Woche kriegt er mich wahrscheinlich auch nicht mehr zu sehen. Und außerdem habe ich noch eine zweite Überraschung für ihn“, erklärte Harumi grinsend.
„Oho, was denn?“, wollte Hime neugierig wissen.
Harumi schüttelte grinsend den Kopf. „Keine Chance, er erfährt es zuerst.“
„Och Mann“, maulte Noriko gespielt beleidigt und erwiderte dann Harumis fröhliches Grinsen trotzdem mit einem Lächeln.
Annika war unterdessen an den Tresen getreten und hatte einige Worte mit der Arzthelferin gewechselt.
„Wir haben nur noch zwei Patienten und dann ist der Doktor für Sie da“, erklärte die junge Frau freundlich, während sie nacheinander die Krankenkarten der Mädchen entgegennahm. „Setzen Sie sich einfach dort um die Ecke vor das Behandlungszimmer.“
„Vielen Dank“, sagte Annika höflich und bedeutete ihren Freundinnen dann, ihr zu folgen. „Aber es stimmt auf jeden Fall, die Haarfarbe steht dir super“, erklärte die Blonde Harumi dann ebenfalls.
„Danke!“, sagte Harumi noch einmal.
„Hm, muss von außen betrachtet schon eigenartig sein, dass wir vier alle gleichzeitig schwanger sind“, überlegte Noriko schließlich, als sie sich auf vier der fünf Stühle verteilten, die in einer kleinen Nische in der Nähe der Behandlungszimmer standen.
„Ach Quatsch“, meinte Harumi sofort und winkte ab. „Eigenartig würde es erst wirken, wenn wir bereits verheiratet wären und alle denselben Familiennamen hätten“, scherzte sie.
Noriko lachte. „Gut, das stimmt“, gab sie bereitwillig zu.
Annika schmunzelte. „Eigentlich ist es nicht einmal so unwahrscheinlich, dass Frauen, die zusammenleben oder zumindest viel Zeit miteinander verbringen, gleichzeitig schwanger werden, da sich die Monatszyklen aneinander angleichen können“, erklärte sie dann.
„Echt?“, fragte Harumi überrascht. „Krass.“
Kurz legte sich Schweigen über sie, ehe Noriko die Stille brach.
„Seid ihr auch aufgeregt?“
„Unglaublich, ja“, antwortete Hime sofort.
Annika nickte stumm.
„Schon irgendwie. Und du?“, wollte Harumi wissen.
„Total“, meinte Noriko und kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum. „Ich hab’ gelesen, dass bis zur neunten Woche überhaupt nicht sicher ist, dass eine Schwangerschaft bestehen bleibt.“
„Ja, das stimmt“, meinte Hime und strich sich in einer ebenfalls nervösen Geste eine Haarsträhne hinters Ohr. „Ehrlich gesagt habe ich ein bisschen Angst, das Kind doch wieder zu verlieren“, gab sie dann zu.
„Hey, hier ist noch überhaupt nichts in Stein gemeißelt“, meinte Harumi und strich Hime beruhigend über den Rücken. „Es wird schon alles gutgehen.“
In diesem Moment wurde eine Tür geöffnet und ein Mann mittleren Alters im weißen Kittel trat zu ihnen. „Guten Abend. Ich bin Saburou Ebihara. Sie alle haben also einen Schwangerschaftstest gemacht, der positiv ausgefallen ist?“
Gleichzeitig nickten die vier jungen Frauen und schüttelten dem Arzt nacheinander die Hand.
„Gut. Also, welche der jungen Damen darf ich zuerst hereinbitten?“
Zugleich sahen Noriko, Hime und Harumi zu Annika, doch diese blickte nur zu Boden und schluckte. „Es kann … ruhig eine von euch zuerst gehen“, murmelte sie unbehaglich.
„Okay, dann bin ich das wohl“, entschied Hime da und stand entschlossen auf. „Bis gleich.“
„Sag’ mal“, begann Harumi, nachdem die Tür hinter den beiden ins Schloss gefallen war, „kann es sein, dass du das Kind gar nicht willst?“ Sie beugte sich ein wenig vor, um Annika forschend ins Gesicht zu sehen.
Die Blonde schluckte erneut. „Nein, so ist das nicht“, sagte sie leise. „Ich … ich mache mir nur so viele Gedanken.“
„Worüber denn?“, wollte Noriko verwundert wissen.
„Na … alles. Ich habe keinen Schimmer, wie ich reagieren soll, egal, ob da jetzt wirklich ein Kind ist oder nicht.“
„Na dann ist es doch erstmal egal. Du gehst da jetzt gleich rein und dann wirst du es erfahren“, meinte Harumi nüchtern. „Und wenn du schwanger bist, dann solltest du dich freuen. Ruki wird dich unterstützen wo immer er kann, da bin ich sicher.“
„Ja, ich auch“, gab Annika zu. „Er … er zeigt nicht viel von seinen Gefühlen, aber ich glaube, er hat sich ehrlich gefreut, auch wenn er bisher nur so … sachlich darüber gesprochen hat. Aber … es gibt da Dinge, bei denen er mich nicht unterstützen können wird. Ich … ich weiß nicht, ob ich Rukis Kind eine gute Mutter sein kann.“
„Warum denn nicht? Du bist doch ein toller und fürsorglicher Mensch“, meinte Noriko verwundert.
Annika schenkte der Jüngeren einen zweifelnden Blick. „Aber ich bin auch sprunghaft und launisch … und überhaupt. Meine Mutter war auch nicht dazu gemacht, ein Kind zu haben. Was, wenn ich genauso versage wie sie?“
„Vergiss nicht deinen Vater, der dich an ihrer statt aufgezogen hat“, warf Harumi dazwischen. „Deine Eltern sagen nichts über dich aus. Kann sein, dass du Charakterzüge hast, die du nicht ändern kannst, aber ich bin sicher, dass es dich nicht daran hindern wird, eine gute Mutter zu sein, wenn du das Kind wirklich willst.“
Annika seufzte. „Danke, Haru. Ich weiß, ich sollte positiver eingestellt sein.“
„Solche Zweifel sind doch ganz normal“, meinte Noriko leise.
„Habt ihr das denn auch?“, wollte Annika unsicher wissen.
„Ein bisschen, klar“, sagte Noriko. „Immerhin will ich studieren und Kou ist beruflich sehr eingespannt. Auch wenn du mir deine Hilfe angeboten hast, Haru, ist es trotzdem mein Kind und ich sollte für es da sein.“
Harumi nickte verständnisvoll. „Ich versteh’ schon“, sagte die Rothaarige.
„Was ist denn mit dir, Haru?“, wollte Noriko wissen.
„Hm? Ich … ich seh’ das nicht so eng“, meinte die Älteste von ihnen achselzuckend. „Und auch Yuma ist bis jetzt sehr vernünftig umgegangen mit dem Thema … Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob er es überhaupt schon wirklich realisiert hat.“ Sie lachte kurz. „Es würde mich nicht mal so richtig wundern, wenn er irgendwann doch noch aus allen Wolken fällt.“
Noriko und Annika mussten beide schmunzeln.
„Kou-kun traue ich das auch irgendwie zu …“, meinte Noriko mit einem leicht gequälten Lächeln.
In diesem Augenblick wurde die Tür geöffnet und Hime trat wieder zu ihnen, strahlend von einem Ohr zum anderen. „Es ist wirklich wahr!“, hauchte sie und legte sich beide Hände über den Mund, in ihren Augen glitzerten Tränen. „Ich bin wirklich schwanger!“
„Das freut mich für dich“, meinte Annika ehrlich und erhob sich, nahm Hime kurz in den Arm, dann zögerte sie. „Also gut … dann … dann gehe ich wohl als Nächste“, sagte sie und betrat das Behandlungszimmer, schloss die Türe hinter sich.
Hime ließ sich unterdessen wieder auf ihren Platz sinken. „Gott, bin ich froh“, stieß sie dann hervor und lächelte glücklich.
„Ich freue mich so für dich“, sagte Noriko. „Du bist so enttäuscht gewesen, als der erste Schwangerschaftstest negativ war, da gönne ich dir das jetzt auf jeden Fall von ganzem Herzen.“
Hime lächelte. „Danke.“
„Geht mir genauso“, sagte Harumi lächelnd. „Du und Azusa, ihr werdet bestimmt großartige Eltern.“
„Das werden wir bestimmt alle“, entgegnete Hime zuversichtlich und lehnte sich zurück.
„Wissen Azusa und Kou eigentlich, dass ihr hier seid?“, wollte Harumi da plötzlich wissen.
„Ähm … nein, ich hab’s Kou-kun nicht gesagt“, meinte Noriko leise. „Aber nur, weil Annika mich so plötzlich gefragt hat und ich nicht mehr Bescheid sagen konnte. Außerdem hat er heute ein Fotoshooting und da möchte ich ihn nicht anrufen. Und eigentlich passiert heute ja auch noch nicht besonders viel.“
„Azusa weiß es auch nicht“, meinte Hime. „Was ist mit Yuma?“
„Ich hab’s ihm auf dem Weg hierher geschrieben“, sagte Harumi.
„Und, was meinte er dazu?“, hakte Hime neugierig nach.
„Tja, lasst uns doch mal nachschauen“, meinte Harumi mit einem verschmitzten Lächeln und zog ihr Handy hervor. Kaum dass sie ihre Nachrichten aufgerufen hatte, stahl sich ein noch breiteres Grinsen auf ihre Lippen.
„Was ist los?“, wollte nun auch Noriko wissen. Harumi hielt ihr lediglich ihr Handy hin und auch Noriko schmunzelte. „Ach süß“, kommentierte sie.
„Was denn?“, fragte Hime und lehnte sich nun auch zu Noriko. Sie lachte leise.
Auf Harumis Nachricht „ich geh heut übrigens zum Arzt und lass mal nachschauen, wie es unserem Kind so geht“ hatte Yuma mit „bestell ihm meine Grüße“ geantwortet.
„Tja, Kleines“, sagte Harumi nun und sah auf ihren Bauch. „Du weißt Bescheid. Ich soll dich von deinem Papa grüßen.“ Sie lachte leise.
Hime lächelte. „In ein paar Monaten werden wir dann sehen, dass wir schwanger sind“, überlegte sie. „Das wird wunderbar!“
Noriko nickte, doch es wirkte ein wenig abwesend. „Meint ihr, Annika wird sich mit ihrem Kind auch noch anfreunden?“, wollte sie schließlich ein wenig zaghaft wissen.
„Ganz bestimmt“, antwortete Harumi wie aus der Pistole geschossen. „Sie macht sich nur immer so viele Sorgen und denkt immer gleich an das Schlimmste … dabei ist sie mit Ruki als Kindsvater von uns allen vermutlich noch am besten dran.“
„Meinst du?“, fragte Noriko verwundert.
„Klar doch. Er ist zwar ein Eisblock, aber ich glaube, er weiß, was er tut.“
„Das stimmt“, meinte Hime. „Aber ich denke, wir werden das alle irgendwie schaffen. Wir alle acht.“
Noriko nickte. „Ja, bestimmt.“
Sie sahen auf, als die Tür erneut geöffnet wurde und Annika heraustrat.
„Und?“, fragte Hime und stand auf, trat auf Annika zu.
In Annikas Augen schimmerten Tränen. „Es ist wirklich wahr!“, hauchte sie mit belegter Stimme und legte sich ihre Hände über den Mund. „Ich hab’s … gesehen!“ Sie brachte die Worte kaum heraus und atmete tief durch. „Na ja … alles, was man schon sehen kann“, präzisierte sie dann ein wenig ruhiger, als Hime ihr mit einer Hand über den Rücken strich.
„Und?“, fragte Noriko, die zusammen mit Harumi ebenfalls aufgestanden war. „Freust du dich?“
Annika nickte. „Ja, und wie!“, wisperte sie den Tränen nahe.
Harumi schmunzelte nur und warf Noriko einen vielsagenden Blick zu.
~
Als Annika und Noriko etwas später am Abend dann gemeinsam beim Mukami-Anwesen ankamen, kam ihnen, zu ihrer beider Überraschung, sofort Kou entgegen.
„Neko-chan!“, rief er und kam vor Noriko zum Stehen, nahm ihr Gesicht in seine Hände. „Yuma-kun hat gesagt, ihr hättet eine Ultraschalluntersuchung machen lassen!“
„Äh …“, erwiderte Noriko zunächst ein wenig überfordert, wich aber nicht zurück. „Also eigentlich … Ja“, gab sie dann schnell zu und lächelte ein wenig. „Ich hoffe, du bist mir nicht böse, Kou-kun. Aber man hat auch noch kaum was erkennen können“, erklärte sie ihm schnell.
Er erwiderte ihren Blick eindringlich, aber nicht unfreundlich. „Aber es ist doch alles in Ordnung mit unserem Kind, oder, Neko-chan?“, wollte er stattdessen ein wenig besorgt wissen.
Da lächelte Noriko und stellte sich kurz auf die Zehenspitzen, gab Kou einen Kuss auf den Mund. „Ja“, hauchte sie dann. „Bisher sieht alles gut aus. Aber es ist bisher noch so winzig … Man hat nur eine kleine Blase sehen können“, erklärte sie und formte zwischen Daumen und Zeigefinger ein Loch von der Größe einer Aprikose. „So groß etwa.“
„So groß ist unser Kind schon?“, wollte Kou staunend wissen.
Noriko lachte und fuhr mit einer Hand durch sein weiches blondes Haar. „Nein, unser Kind ist im Augenblick noch viel, viel kleiner. Was man bisher hat sehen können, ist nur die Fruchthöhle, in der unser Kind heranwächst.“
„Ach so …“, erwiderte Kou gedehnt, dann legte er seine Lippen sanft auf die von Noriko.
Noriko erwiderte den Kuss glücklich und drängte sich ihm bereitwillig entgegen, seufzte glücklich, als er seine Arme um sie legte und sie enger an sich zog.
Als sie sich voneinander lösten, sah er ihr wieder in die Augen. „Das nächste Mal nimmst du mich aber mit, ja, Noriko-chan?“, fragte er mit ernstem Blick und gesenkter Stimme, die Noriko eine Gänsehaut verursachte.
Sie lächelte und nickte. „Einverstanden.“ Sie zögerte einen Augenblick, dann griff sie nach seiner Hand, die noch immer an ihrer Wange lag, und legte sie auf seinen Bauch.
Kous Blick folgte ihren Händen und dann lächelte er ehrlich. „Wie lange dauert es, bis ich es spüren kann?“, wollte er neugierig wissen.
Noriko schmunzelte. „Das dauert noch einige Monate, Kou-kun“, sagte sie gutmütig. „Genau weiß ich es auch nicht, aber ich glaube, man kann die Bewegungen erst in den letzten beiden Monaten der Schwangerschaft spüren.“ Sie lachte leise, als Kou eine unzufriedene Schnute zog.
„Mann, ich will nicht so lange warten!“, beschwerte er sich.
„Aber du kannst schon im dritten oder vierten Monat sehen, dass da ein Kind in mir heranwächst“, meinte Noriko besänftigend. „Das ist doch auch etwas, oder?“
Der Blonde legte den Kopf ein wenig schief. „Drei oder vier Monate?“, wiederholte er. „Das ist aber auch noch ganz schön lange hin …“, maulte er und legte sich eine Hand auf den Hinterkopf. Doch dann lächelte er. „Na gut. Und was machen wir jetzt noch, Noriko-chan?“
Noriko erwiderte sein Lächeln fröhlich. „Wir gehen jetzt rein, du erzählst mir von deinem Fotoshooting und ich spiele dir was auf dem Klavier vor“, schlug sie vor.
Kou nickte und strahlte, legt seine Arme um ihren Körper, ehe er sie hochhob. „Einverstanden!“, sagte er und trug sie nach drinnen.
Annika hatte unterdessen das Anwesen schon längst betreten und war ins Wohnzimmer gegangen. Als dort Ruki von seinem Buch aufsah, blieb sie stehen.
„Ich habe gehört, du hast eine Untersuchung machen lassen“, meinte er geradeheraus, seine Stimme war dabei so ruhig und kühl wie immer.
Annika schluckte ein wenig unbehaglich, dann nickte sie. „Ja“, sagte sie ehrlich.
Da schlug Ruki das Buch zu und stand auf, kam auf sie zu.
Sie verfolgte ein wenig eingeschüchtert seine Bewegungen, wich aber nicht zurück. Ihr war klargewesen, dass Ruki es erfahren würde und sie hatte auch gar nicht vorgehabt, es mit allen Mitteln zu verheimlichen. Dennoch fürchtete sie nun, dass er es ihr übelnehmen würde, dass sie ihm kein Wort davon gesagt hatte.
„Warum hast du mir nicht gesagt, dass du eine Ultraschalluntersuchung machen lässt?“, wollte er dann, wie es zu erwarten gewesen war, wissen. Sein Blick und sein Tonfall waren kühl und beherrscht wie immer und nichts ließ darauf schließen, dass er verärgert war – und Annika wusste, dass sie besonders jetzt vorsichtig sein musste.
„Ich … du hättest doch sicherlich mitkommen wollen, oder nicht?“, fragte sie schließlich, nach einigem Zögern, geradeheraus.
Für einen Moment wirkte Ruki überrascht, dann nickte er knapp. „Natürlich hätte ich dich begleitet. Dieses Kind ist schließlich auch meine Verantwortung, nicht wahr?“ Er machte eine kurze Pause, ehe er den Abstand zwischen sich und Annika noch weiter verringerte. „War es nicht genau das, was dir Sorgen bereitet hat? Dass du all die Verantwortung alleine zu tragen hast?“
Annika nickte leicht und sah kurz zu Boden, ehe sie wieder seinem Blick begegnete. Er mochte es nicht, wenn sie ihm nicht in die Augen sah, während sie mit ihm sprach. Und gerade jetzt war es wichtig, dass sie ihn nicht verärgerte. Und noch wichtiger – dass sie offen und ehrlich miteinander sprachen und dass sie sich nicht vor ihm versteckte.
„Ja, das stimmt“, antwortete Annika und nickte erneut bekräftigend. „Mir … mir macht das alles um ehrlich zu sein ein wenig Angst. Und das ist der Grund, warum ich ohne dich gehen wollte.“ Für einen Moment runzelte der Schwarzhaarige die Stirn, doch er sagte nichts, gab ihr die Gelegenheit, sich zu erklären, die Annika auch sogleich wahrnahm. „Ich … weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Das alles erscheint so groß für mich. Aber … ich habe heute gesehen, wie unser Kind allein in den vergangenen Tagen herangewachsen ist, ich habe es wirklich gesehen.“ Für einen kurzen Moment suchte sie nach den richtigen Worten. „Und … ich glaube, ich fange bereits an, es zu lieben, obwohl es mir Angst macht. Und … du bist immer derjenige, an den ich mich klammere, du bist derjenige, der mir Halt gibt, weil ich selbst mich immer so klein mache. Aber wenn wir ein Kind großziehen, will ich kein zweites Kind sein, um das du dich zu kümmern hast, sondern eine Mutter, verstehst du?“ Ein wenig nervös holte sie Luft. „Also … um es kurz zu machen … ich hatte heute Morgen, als ich in der Praxis angerufen habe, einfach das Gefühl, dass ich dieses eine, erste Mal mit dem Kind allein sein muss, um mich auf den Gedanken, eine so große Verantwortung zu übernehmen, einlassen zu können. Denn das ist es, was ich will. Ich will die Verantwortung mit dir teilen und dieses … unser Kind mit dir zusammen großziehen.“ Sie machte eine kurze Pause und lächelte dann. „Ich … ich habe begonnen, es zu lieben, Ruki“, schloss sie dann schließlich mit einem kleinen Nicken.
Für einen Moment war es still zwischen ihnen, dann stahl sich ein kleines Lächeln auf Rukis Gesicht und er legte eine Hand um ihre Taille, zog sie an sich heran, gab ihr einen Kuss auf die Haare. „Du hast heute große Entschlossenheit bewiesen.“
Ein wenig erstaunt hob Annika den Kopf. „Dann … bist du mir nicht böse?“, fragte sie verwundert.
Er schüttelte leicht den Kopf. „Nein. In diesem Fall hast du eine beeindruckende Stärke gezeigt und den Willen, dich deiner Angst zu stellen. Ich bin stolz auf dich.“
Für einen Moment sah Annika ihn vollkommen verblüfft an, dann schluckte sie ihre Verwunderung herunter und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. „Ich liebe dich, Ruki“, murmelte sie leise.
Ruki strich ihr leicht über den Rücken. „Ich liebe dich auch, Annika … Euch beide.“
* ~ * ~ * ~ *
So, hallo alle miteinander ^-^
Ich hoffe, es hat euch gefallen, auch wenn hier überwiegend OC-Gedöns am Start war, aber ... musste irgendwie sein.
Jep.
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