22. Kapitel
Valerian ging auf der Festungsmauer des Palasts auf und ab. Er hatte die schweren, rhythmischen Schritte der feindlichen Armee anfangs nur von fern gehört, doch jetzt sah er Hunderte von Drachenkrieger am Horizont auftauchen. Dass sie zu Fuss zum Palast unterwegs waren und nicht ihre Drachengestalt angenommen hatte, um herzufliegen, bedeutete, dass sie nicht blindwütig angreifen würden. Noch nicht.
Das Warten auf die Drachen war unerträglich. Valerian war ein Mann der Tat. Mehr noch war er ein Mann, der diesen Krieg rasch hinter sich bringen wollte, damit er zu seine Frau zurückkehren konnte.
Sein Fuss verfing sich in einem Ast am Boden. Er stolpere, stützte sich mit den Händen an der Mauer ab und atmete zitternd ein. Das Warten hatte ihm noch mehr Energie geraubt. Was er brauchte, war Sex. Mit Shaya.
"Mein König." Broderick war plötzlich an seiner Seite und machte ein besorgtes Gesicht. "Ist alles in Ordnung?"
"Mir geht es gut." Valerian richtete sich auf. Aber es ging ihm alles andere als gut und er war sich dessen nur allzu sehr bewusst. Seit zwei Tagen hatte er weder Sex gehabt, noch sich selbst befriedigt und er spürte, wie er stark genug war, um zu kämpfen. Seine Kräfte reichten immerhin, um sein Heer zu kommandieren, das wusste er. Aber wie lange noch?
Sein verletzter Arm war schuld, dass seine Kräfte noch schneller schwanden. Hätte er es vorhin geschafft, sich mit Shaya zu vereinen, wäre er jetzt vollständig geheilt. "Wenn die Drachen sich dem Palast auf hundert Meter nähern, dann schiesst sie nieder", befahl er.
Broderick nickte. "Bogenschützen!", rief er. "Macht euch bereit!"
Die Männer knieten sich hin und spannten ihre Bogen. Warten. Warten. Die Zeit schlich dahin. Unerwartet kam nun Joachim auf die Festungsmauer und näherte sich Valerian. Der Mann hinkte und sein Gesicht war schmerzverzerrt, aber er schaffte es, sich auf den Beinen zu halten.
"Was willst du hier?", fragte Valerian streng.
"Kämpfen", war die ebenso barsche Antwort. "Es wird Krieg geben, oder etwa nicht?"
"Du bist noch nicht gesund."
"Das heisst noch lange nicht, dass ich im Bett bleibe, während meine Brüder in den Kampf ziehen."
Valerian sah die Entschlossenheit im Blick seines Cousins, das Bedürfnis, etwas wiedergutzumachen. "Also gut." Valerian nickte. "Dann geh hinunter zu den anderen Kriegern und nimm deinen Platz ein."
Joachim drehte sich um, um den Befehl auszuführen. Dann blieb er stehen. "Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass ich dich zum Kampf herausgefordert habe", sagte er, "aber ich möchte dir sagen, dass ich deine Fähigkeiten als Anführer respektiere."
Joachims Worte überraschten Valerian. Noch mehr überraschte ihn jedoch der Ton seines Cousins. Joachim hatte herzlich geklungen, so als wären sie immer noch die unzertrennlichen Freunde, die sie früher einmal gewesen waren. "Danke." Valerian klopfte ihm leicht auf die Schulter. Dann trat er an den Rand der Festungsmauer und schaute auf die Wiese hinunter, die den Palast umgaben. Die Drachen kamen immer näher. Ihre Rüstungen glänzten im Tageslicht und ihre Schritte waren so schwer, dass der Boden unter ihnen bebte, die Blätter der Bäume raschelten und bunte Blütenblätter von den Blumen geweht wurden.
Als er Darius, den Drachenkönig, erspähte, der seinem Heer voranmarschierte, zückte Valerian sein Schwert. Auch Darius hatte ein Schwert in der Hand, an dessen langer, gefährlich aussehender Klinge das Blut der vielen Feinde klebte, die er getötet hatte. Ja, Darius war ein grausamer, unbarmherziger Mörder, ein kaltblütiger Krieger, der Valerians Erfahrung nach kein Gewissen hatte. Ein würdiger Gegner, zweifellos.
Die Drachenarmee blieb abrupt stehen.
"Wartet", befahl Valerian seinen Männern. "Wartet, bis ich das Signal gebe." Den Drachen rief er zu: "Willkommen in meinem bescheidenen Heim. Feuerspucker. Ihr habt bestimmt Verständnis dafür, dass ich euch nicht hereinbitte."
Darius knurrte. "Du weisst sehr gut, dass der Palast mir gehört."
Valerian schnalzte mit der Zunge. "Wenn er dir so am Herzen liegt, hättest du ihn von einem stärkeren Bataillion bewachen lassen müssen."
"Was hast du mit den Drachen gemacht, die im Palast waren?"
"In den Kerker geworfen, natürlich. Sie werden mir als Tauschobjekte gute Dienste leisten."
"Dann habe ich also dein Ehrenwort, dass du sie nicht getötet hast?"
"Du hast mein Ehrenwort, dass ich nicht alle getötet habe. "
Darius deutete ein Nicken an. "Meine Frau hat mich gebeten, nicht deine ganze Spezies auszurotten, obwohl ihr gewagt habt, mir mein Eigentum wegzunehmen. Ich werde - vorerst - ihrem Wunsch entsprechen, wenn du zwei Dinge tust."
"Und die wären?"
"Lass meine Männer frei und räume den Palast."
Valerian lachte. "Mir gefällt es ziemlich gut hier. Ich denke, ich bleibe."
"Du provozierst einen Krieg. Nymphe."
Valerians Augen verengten sich zu schlitzen und er versuchte gar nicht mehr, so zu tun, als würde er scherzen.
"Genau wie du. Drache."
"Ja, aber du ziehst den Zorn der Götter auf dich, weil du nicht weisst, was du mit den Eindringlingen aus der Oberwelt tun sollst. Einen Menschen hast du bereits nach Atlantis gelassen - einen Mann, der das Juwel von Dunamis an sich genommen hat."
Valerian zuckte gleichgültig die Achseln. Das Juwel war bei einem Menschen besser aufgehoben. Wenn ein Atlanter es besass, verlieh es demjenigen zu grosse Macht, machte ihn nahezu unbesiegbar.
"Weisst du, was passiert, wenn Menschen erfahren, dass Atlantis existiert, Valerian? Sie erzählen es weiter und bald werden ganze Heerscharen von Menschen hier einfallen und versuchen, uns alle zu töten."
"Da muss ich dir widersprechen. Keinem meiner Menschen wurde erlaubt, in die Oberwelt zurückzukehren. Sie können also niemandem zeigen, wie man hierherkommt. Ausserdem sind sie zu sehr damit beschäftigt, sich in unseren Betten zu vergnügen." Ein paar von Valerians Männern lachten verhalten.
"Also sind noch mehr Menschen durch das Portal nach Atlantis gelangt?" Darius knurrte.
"Habe ich das nicht gerade gesagt?"
Die Augen des Drachenkönigs funkelten zornig. "Sag mir, dass du sie umgebracht hast. Oder sag wenigstens, dass du ihre Erinnerungen gelöscht hast."
"Ich habe nichts dergleichen getan. Wie gesagt, wir schlafen mit ihnen."
"Du scheinst dich tatsächlich mit den Göttern anlegen zu wollen, Valerian."
"Die Götter haben uns vergessen. Das dürfte dir doch bekannt sein, oder? Und für mich ist unser Gespräch jetzt beendet. Es langweilt mich."
Aus Darius' Nasenlöchern kamen Rauchwolken - das erste Anzeichen, dass er bald seine Drachengestalt annehmen würde. "Du willst also unbedingt Krieg? Den kannst du haben. Denn ich werde meinen Palast zurückerobern und mir diese Menschen holen, an denen du scheinbar einen Narren gefressen hast."
"Versuch es", stiess Valerian zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, "und ich werde dich höchstpersönlich umbringen. Das Portal und alle, die mit seiner Hilfe nach Atlantis gekommen sind, gehören mir. Mir!"
Darius verschlug es einen Moment die Sprache. Mit einer so heftigen Reaktion hatte er offenbar nicht gerechnet. "Warum liegt dir so viel an diesem Portal? Du selbst kannst in der Oberwelt nicht überleben."
Valerian lag schon eine schlagfertige Antwort auf der Zunge, doch dann besann er sich eines Besseren. Warum sollte er Darius nicht die Wahrheit sagen? "Mich interessiert die Oberwelt nicht. Mich interessieren meine Leute, mein Zuhause", sagte er im Brustton der Überzeugung. "Die Nymphen hatten noch nie ein eigenes Zuhause. Seit es uns gibt, ziehen wir von einem Ort zum anderen, leben mal bei dieser, mal bei jener Spezies, schlafen in ihren Betten und essen mit ihnen am selben Tisch. Ihr alle habt uns immer nur als Verbündete im Krieg gebraucht oder dafür, euch sexuell zu befriedigen. Unsere Frauen verdienen endlich ein eigenes Zuhause."
"Apropos ..." Darius lächelte arrogant. "Ich habe deine Frauen."
"Wie bitte?" Jetzt schäumte Valerian vor Wut.
"Sie waren gerade auf dem Weg zu diesem Palast und da haben wir sie gefangen genommen."
"Hast du ihnen etwas angetan?"
"Nein. Sie sind unversehrt."
"Dafür danke ich dir", sagte Valerian gepresst, obwohl er gerade grosse Lust hatte, solange auf den Drachenkönig einzuprügeln, bis Blut floss. Für diese Frauen war er als König verantwortlich.
"Ich weiss, dass deine Männer ohne Sex geschwächt sind. Und da ich eure Nymphen habe, gehe ich davon aus, dass ihr leicht zu besiegen seid. Bist du sicher, dass du Krieg willst?"
"Wir strotzen vor Kraft, Darius. Ich habe dir doch erklärt, dass die Menschenfrauen aus unseren Betten praktisch nicht mehr rauszukriegen sind."
Darius knurrte wieder. Das arrogante Lächeln war ihm vergangen. "Wie sollen wir es also angehen, damit es ein fairer Kampf wird?"
Ein fairer Kampf mit den Drachen? Unvorstellbar. Andererseits ... Wenn Darius mit schmutzige Tricks kämpfen wollte, hätte er das bereits getan und bei Nacht einen Überraschungsangriff gemacht. Allerdings würde es Valerian auch nicht wundern, wenn Darius eine andere Strategie plante.
"Ich schlage einen Schwertkampf vor."
"Ausgezeichnet. Sollen wir uns morgen auf dem Schlachtfeld treffen?"
"Warum noch warten?" Valerian wollte vermeiden, dass Shaya länger als nötig in der Zelle bleiben musste. Er wollte die Sache so schnell wie möglich hinter sich bringen. "Wir können es unter uns ausmachen, du und ich. Niemand sonst braucht zu kämpfen."
"Einverstanden." Darius grinste, als hätte er insgeheim die ganze Zeit auf diesen Vorschlag gehofft und seine spitzen Zähne blitzten. Er trug keine Rüstung, aber das war auch schlecht möglich. Nicht, wenn er sich in einen echten Drachen verwandeln wollte. "Dem Sieger gehört der Palast und alles, was sich darin befindet."
"Gut."
"Aber meine König", sagte Broderick, der dicht hinter ihm stand, leise, " du hast doch nicht ..."
"Keine Sorge, mein Freund. Ich besiege ihn."
Broderick wirkte nicht überzeugt. "Geh wenigstens vorher noch zu Shaya. Lass dich von ihr mit dem Mund befriedigen oder dring in sie ein, aber geh nicht diesen Kampf , ohne ..."
"Schweig." Valerian hob gebieterisch die Hand. Er wollte auf keinen Fall, dass Shayas erstes Mal nur eine schnelle Nummer war, die allein dazu diente, dass er seine Kräfte stärken konnte. Nein, ihr erstes Mal zusammen würde langsam und zärtlich sein. Sie würde vor Begehren nach ihm fast durchdrehen. Er würde ihr ihre erogenste Zone zeigen und dann seine. "Ich komme gleich herunter, Darius!", rief er.
Der Drachenkönig nickte.
Valerian drehte sich zu Broderick und den Männern, die sich um ihn versammelt hatten.
"Das könnte eine Falle sein." Joachim legte die Hand um den Griff seines Schwerts. "Sobald du unten auf dem Feld bist, werden dich die Drachen umzingeln und töten. Ich würde an ihrer Stelle das Gleiche tun."
"Sag den Bogenschützen, sie sollen in Stellung bleiben", wies Valerian ihn an. "Wenn ein Drachenkrieger eine verdächtige Bewegung macht, sollen sie ihn erschiessen."
Broderick nickte.
"Da ist noch etwas, was ich vor meiner Begegnung mit den Drachen erledigen muss." Keiner seiner Männer sagte ein Wort, als er davonschritt. Alle wussten, was er vorhatte, oder zumindest vermuteten sie es. Sie lagen mit dieser Vermutung teilweise richtig.
Valerian verliess die Festungsmauer, ging in den Palast und suchte sich ein Zimmer, in dem ihn niemand stören würde. Er würde zwar nicht Shaya aufsuchen, aber er würde sich dem Kampf gegen den Drachenkönig auch nicht stellen, ohne vorher etwas zu tun. Er stellte sich das blasse Gesicht seiner Gefährtin vor, ihre halb geöffneten Lippen und das leidenschaftliche Funkeln in ihren Augen. Während er sich ausmalte, wie er in sie eindrang, schob er seine Hand in seine Hose, legte sie um seinen grossen, harten Penis und liess sie daran auf und ab gleiten.
Er konnte förmlich spüren, wie feucht und heiss es in ihr war, fast hören, wie sie vor Erregung stöhnte und seufzte. Er würde schneller werden, weil sie wie entfesselt war und mehr wollte. Es härter, wilder, fester wollte.
Als er hörte, wie sie auf dem Höhepunkt seinen Namen schrie, stöhnte er auf und kam. Und während er seinen Samen ergoss, spürte er, wie ihn neue Kraft erfüllte. Nicht so viel, als wenn er tatsächlich mit Shaya geschlafen hätte, aber es genügte ihm.
Er machte sich rasch frisch und ging zurück zu seinen Männern.
"Hier ist dein Schild", sagte Joachim. Es war bemerkenswert, wie sehr sich seine Einstellung gegenüber seinem König geändert hatte. Mehr als Valerian je zu hoffen gewagt hatte.
"Der Totenkopf steckt in der Halterung."
"Brauchst du deine Lanze?", fragte Shivawn.
Valerian nahm den Schild warf einen kurzen Blick auf Darius, um den sich die Drachenkrieger bereits im Halbkreis aufgestellt hatten. Darius hatte nur sein Schwert bei sich. Da es nicht seine einzige Waffe war. Darius würde seine Zähne, seine Klauen und sein Feuer einsetzen und deshalb würde Valerian jede Waffe brauchen, die ihm zur Verfügung stand.
"Ja", antwortete er. "Gib mir die Lanze. Ich werde auch ein Drachenmedaillon brauchen."
Shivawn reichte ihm beides. "Mögen die Götter mit dir sein, mein König."
Valerian legte sich die Kette mit dem Medaillon um den Hals und klopfte Shivawn auf die Schulter. "Endlich habe ich etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Ich werde nicht zulassen, dass ein Drache sie mir wegnimmt."
"Sie?" Broderick zog fragend eine Augenbraue hoch.
"Kämpfst du nicht um den Palast?"
"Ich kämpfe für Shaya. Ich kämpfe für alle unsere Frauen - Nymphen und Menschen -, damit sie ein Zuhause haben."
"Die Hälfte der Männer sollten mit dir auf den Platz hinuntergehen", schlug Joachim vor. "Wir können den Kreis mit deinen Leuten schliessen."
Valerian nickte. "Ausgezeichnet."
Gefolgt von einer Gruppe Nymphen, marschierte er die Treppe an der Innenseite der Festungsmauer hinunter und schritt auf das Tor zu. "Öffne dich", befahl er und zog dabei sein Medaillon aus dem Hemd. Das Tor gehorchte sofort und zwischen den weissen Steinplatten tat sich ein Spalt auf, der langsam grösser wurde.
Gemeinsam mit seinen Männern schritt er durch das Tor. Die Drachen rührten sich nicht von der Stelle, sonder knurrten nur. Die Nymphen fauchten als Antwort. Valerian sah Darius in die Augen. Der Drachenkönig war der Einzige seiner Spezies, der eine blaue Iris hatte.
Darius'Blick war ernst, entschlossen und brutal. Aus der Nähe konnte Valerian nun die Narbe sehen, die sich über sein Gesicht zog - eine Narbe, die er sich selbst zugefügt hatte.
"Das Ganze entbehrt eigentlich nicht einer gewissen Komik", stellte Valerian fest.
Darius zog zur Begrüssung drohend die Augenbrauen hoch. "Und warum?"
"Du hast eine Menschenfrau zur Gefährtin genommen und jetzt kritisierst du uns, weil wir das Gleiche getan haben."
"Du hast dir eine Gefährtin genommen?" Darius lachte. "Ausgerechnet du, der du berüchtigt bist für deine vielen Eroberungen."
"Und für meine Siege", ergänzte Valerian und reckte stolz das Kinn empor. "Ich werde kämpfen bis zum Tod - deinem Tod -, um meine Frau zu beschützen."
Darius hörte auf zu grinsen und sah Valerian an, als würde er langsam zu verstehen beginnen. "Auch wenn die Götter uns seit vielen Jahren nicht beachtet haben, wird ihnen so viel Ungehorsam sicher nicht gefallen. Mir wurde vor langer Zeit eingeschärft, niemals die Oberwelt zu betreten und niemals einen Menschen hierherzubringen." Er spie ein paar Flammen "Ich befürchte, dass du den Zorn der Götter auf uns alle ziehst."
"Ich? Was ist mit dir?" Valerian machte einen Satz nach vorn. Er richtete seine Lanze auf Darius 'Oberkörper und stiess zu.
Der Kampf hatte begonnen.
Darius sprang zur Seite und spie dabei noch mehr Feuer.
Valerian war sich auf den Boden, rollte sich zur Seite und schaffte es nur mit Mühe, den Flammen auszuweichen. Ihm stieg der Geruch von versengten Haaren in die Nase. Er nützte den Schwung seiner Drehung und stach erneut nach Darius.
Die Waffe zischte durch die Luft und verfehlte sein Ziel. Darius breitete seine Flügel aus und hob ein Stück vom Boden ab. Valerian sprang auf, wich einem neuen Feuerstoss aus, fuhr dann herum und tat so, als würde er zu einem Angriff ausholen. Stattdessen schwang er seine Lanze hinter sich und stach dann von der anderen Seite aus zu. Die Spitze streifte den Drachenkönig, der immer noch in der Luft schwebte, am Oberschenkel.
Die anderen Drachen fauchten zornig, doch Darius liess sich nichts anmerken. Er öffnete einfach seinen und und richtete seinen Flammenstrahl direkt auf seinen Gegner. Im letzten Augenblick konnte Valerian seinen Schild hochreissen und die Flammen abwehren. Das heisse Metall brannte beinahe unerträglich in seiner Hand. Er machte einen Satz vorwärts und schwang wieder seine Lanze.
Klirr. Die Vibration des Schlags, den Darius mit seinem Schwert abgewehrt hatte, verursachte einen stechenden Schmerz in Valerians verletzten Arm. Unbeirrt liess er seine Waffe erneut durch die Luft sausen, sodass Darius gezwungen war, sich zu ducken. Darius ging sofort zum Gegenangriff über, Valerian wehrte seine Schwerthiebe ab und stach selbst wieder zu. Abwehr, Attacke. Abwehr, Attacke.
"Wir könne den ganzen Tag die Klingen kreuzen, nur um am Ende wieder einmal festzustellen, dass wir einander ebenbürtig sind", knurrte Darius.
Valerian schwang seine Lanze nun von oben nach unten, in der Hoffnung, Darius dabei auch den anderen Oberschenkel aufzuschlitzen. Wenn er es schaffte, dass der Drache sich nicht mehr auf den beinen halten konnte und auf seine Flügel angewiesen war, konnte Valerian das zu seinem Vorteil nutzen. Doch Darius sprang blitzschnell hoch, trat mit einem Fuss auf die Lanze und zerschmetterte sie.
Valerian zog unverzüglich den Totenkopf aus der Scheide, die an der Innenseite seines Schilds befestigt war. Er nahm zwei Schritte Anlauf, sprang in die Luft und liess sein Schwert auf Darius niedersausen. Diesmal gelang es seinem Gegner nicht, schnell genug auszuweichen und die Klinge verletzte seinen Arm.
Die Drachen fauchten erneut und wieder zeigte Darius keinerlei Reaktion. Es schien, als wäre er schmerzunempfindlich. Leider traf das auf Valerian nicht zu. Die Wunde an seinem Arm pochte und seine Beine fingen bereits an zu zittern. Wenn dieser Kampf nicht bald vorbei war ...
Wie aus weiter Ferne hörte er, wie seine Männer ihn anfeuerten.
"Für Shaya", schrie Broderick. "Shaya, Shaya, Shaya!"
Valerian sah ihr geliebtes Gesicht vor sich und mobilisierte all seine Kräfte. Riss sich zusammen. Er war schon früher über sich selbst hinausgewachsen. Es hatte Zeiten gegeben, in denen er, ohne Essen und Trinken überlebt hatte und ohne ein Dach über den Kopf. Er konnte trotz allem siegen. Vielleicht sollte er seine Kampfstrategie ändern. Vielleicht sollte er nicht versuchen, Darius zum Fliegen zu zwingen, sondern besser seine Flügel verletzen. Ihn flugunfähig machen ...
Plötzlich rammte ihn der Drachenkönig mit voller Wucht, stiess ihn um und attackierte seinen Brustharnisch. Valerian schmeckte Dreck im Mund, spürte warmes Blut auf der Haut. Er trat mit Füssen nach Darius, der sich wieder in die Lüfte schwang und Valerians Schild mit sich riss. Diesmal machte Valerian sich nicht die Mühe aufzustehen. Er sah Darius aus dem Augenwinkel auf sich zufliegen und streckte einfach schnell sein Schwert in dessen Richtung.
Es bohrte sich zwischen Arm und rippen in Darius 'Seite.
Den Drachen verschlug es vor Entsetzen den Atem. Sie scheinen nicht glauben zu können, was gerade passiert war. Die Nymphen jubelten. Aber dann schlug Darius das Schwert mit seinem eigenen beiseite und zeigte, dass es ihn gar nicht richtig getroffen hatte, sondern an seinem Fleisch vorbeigeschrammt war. Valerian sprang auf und schwang sein Schwert hinter sich. Klirr. Schnell drehte er sich um die eigene Achse und schwang es erneut. Klirr.
"Willst du ewig so weitermachen? Warum gibst du den Palast nicht endlich auf?", keuchte Darius.
Klirr. "Falls es dir nichts ausmacht", antwortete Valerian, "würde ich dich lieber töten."
"Ich lasse dir die Frauen." Klirr.
"Und wo sollen wir sie unterbringen, wenn wir den Palast nicht mehr haben?" Valerian holte tief Luft ... und merkte plötzlich, dass der Geruch von Blut und Tod in der Luft lag.
"Vampire", zischte ein Drache.
Ein Raunen ging durch die Menge. Vampire waren ein Fluch für die Drachen, ein Segen für die Nymphen. Niemand kämpfte erbittert gegen die Vampire als die Drachen.
Darius hielt inne. Valerian ebenfalls. Jetzt sah er, dass sich die Vampire zwischen die Krieger gemischt hatten, die die Drachen umzingeln sollten.
"Du hast mich reingelegt!", fauchte Darius. "Das war von vornherein nicht als fairer Kampf geplant. Du hast es gewagt, Vampire zu holen, damit sie dir helfen."
"Ich habe sie nicht gebeten herzukommen. aber wegschicken werde ich sie sicher nicht. Sie sind meine Verbündeten. Wir beide können den Kampf hier und jetzt zu Ende bringen, nur du und ich."
"Als wäre ich so dumm zu glauben, die Vampire würden sich nicht auf mich stürzen, sobald ich auch nur einen Moment abgelenkt bin. Wir werden uns jetzt zurückziehen, Valerian, aber wir sind noch lange nicht fertig mit dir und deinen Leuten."
Die schwarz gekleideten Vampire kamen näher. Sie gingen nicht, sondern schwebten und stiessen Flüche aus, die gegen die Drachen gerichtet waren. Darius 'Krieger wiederum nahmen Drachengestalt an. Ihre Kleidung zerriss, ihnen wuchsen Flügel aus dem Rücken und ihre Haut überzog sich mit grün-schwarzen, bedrohlich aussehenden Schuppen. Ihre Zähne verwandelten sich in Fangzähne und ihnen wuchsen Schwänze.
Sie machten jedoch keine Anstalten, die Vampire oder die Nymphen anzugreifen. Nein, sie erhoben sich einfach in die Lüfte und stiegen höher und immer höher, bis Valerian sie nicht mehr sehen konnte.
Er wusste, dass sie wiederkommen würden. Allerdings würde der Kampf dann nicht so glimpflich ausgehen wie heute. Es würde kein Zweikampf sein, sondern ein Krieg zweier Spezies, bei dem es zu einem Blutbad kommen würde.
Als Layel, der König der Vampire, und seine Armee die Drachen wegfliegen sahen, brachen sie in Jubel aus.
"Schön, dich wiederzusehen, mein Freund", sagte Valerian, als die Jubelschreie verebbten.
"Als ich gehört habe, dass die Drachen zu deinem Palast unterwegs sind, habe ich beschlossen, dir zu Hilfe zu kommen."
Valerian legte Layel eine Hand auf die Schulter. "Als ich dich zuletzt gesehen habe, hast du gerade gemeinsame Sache mit der Königin der Dämonen gemacht." Er hatte diesen abscheulichen Kreaturen immer noch nicht verziehen, was sie seinen Leuten angetan hatten. "Bist du immer noch ihr Verbündeter?"
Layel schmunzelte. Er hatte weissblonde Haare, allerdings nicht so hell wie die von Shaya. Eisblaue Augen, markante, geheimnisvolle Züge. "Ich habe mich nie mit ihr verbündet. Ich habe sie benutzt und dann getötet."
Valerian erwiderte sein Lächeln. "Dann sind du und deine Krieger bei uns im Palast herzlich willkommen."
"Mein König", sagte ein weiblicher Vampir und trat an Layels Seite. Die Frau hatte die gleichen hellen Haare und blauen Augen wie ihr König, doch ihre Gesichtszüge waren sanft und von einer gespenstischen Schönheit.
Normalerweise duldete Layel nicht, dass seine Frauen sich den Nymphen näherten.
"Alyssa?"
"Haben wir deine Erlaubnis zu ... flirten?" Sie starrte mit unverhohlener Lust auf Shivawn.
Aha. Jetzt verstand Valerian warum Layel ihr gestattet hatte mitzukommen. Sie hatte es auf Shivawn abgesehen und sich vermutlich nur deshalb der Armee angeschlossen, um ihn zu sehen.
Layel sah Valerian fragend an. ALs Valerian zustimmend nickte, lächelte die Frau verführerisch und schwebte zu Shivawn hinüber.
"Kommt, Freunde", Valerian drehte sich um, schritt auf den Palast zu und zog vor dem Tor sein Drachenmedaillon aus dem Hemd. Dann hielt er es in die Höhe, damit das Tor sich öffnete.
Layel und die anderen folgten ihm.
"Hast du eigentlich je das Juwel von Dunamis gefunden?", erkundigte sich Valerian, während sie die Eingangshalle betraten. "Ich weiss, dass du eine grosse angelegte Suche gestartet hast, aber Darius hat mir erzählt, es wäre jetzt im Besitz eines Menschen."
"Leider ist es mit entwischt. Eigentlich ist es uns allen entwischt."
"In die Oberwelt?"
"Ja."
"Gibt es irgendeine Möglichkeit, es zurückzuholen?"
"Ich fürchte nein."
Valerian kam plötzlich eine Idee. Vielleicht konnte er ja in die Oberwelt reisen und nach dem Juwel suchen. Schliesslich konnte er Shaya mithilfe des Juwels am besten beschützen. Er würde später darüber nachdenken. Er war geschwächt, müde und brauchte seine Gefährtin.
"Broderick", rief er, "sorg dafür, dass der gesamte Palast bewacht wird. Ich will überall Wachposten sehen. Sowohl drinnen als auch draussen."
"Meine Männer können helfen", schlug Layel vor."
"Nein, ihr seid meine Gäste. Dorian, sorg dafür, dass Layel und seine Männer es bei uns so angenehm wie möglich haben."
Layel zog die Augenbrauen hoch. "Du leistest uns keine Gesellschaft?"
"Nein. Es gibt da eine Frau, um die ich mich kümmern muss."
Sein Freund grinste, aber sein Blick war wehmütig. Layel hatte vor Jahren seine Gefährtin verloren. "Verstehe. Na geh schon, los. Wir kommen auch ohne dich zurecht."
Valerian liess sich das nicht zweimal sagen. Er konnte es kaum erwarten, Shaya wiederzusehen. Endlich würde sie ihm gehören. Und zwar ganz.
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