⚔️KAPITEL 8⚔️
Adar, der die Sachen der Heilerin in seiner Hütte deponiert hielt, händigte Salviya ihren Rucksack aus, nachdem er diesen geholt hatte.
Gespannt beobachtete er die Rothaarige, die verschiedene Kräuter daraus hervorholte, welche sie in einem kleinen Schälchen vermischte.
Das Aroma des getrockneten Salbei, den sie als Letztes hinzufügte, blieb ihm nicht unbemerkt.
Genüsslich inhalierte er den wohlriechenden Kräuterduft, der sich in der Hütte ausbreitete, während er der Heilerin zusah, wie diese mit dem Kräutergemisch einen Kreis um das Bett der Ork-Frau streute.
,,Was macht ihr da?", fragte Adar, der sich nicht erklären konnte, wofür dieser eigenartige Kräuterring gut sein sollte.
,,Eine kleine Vorsichtsmaßnahme gegen etwaige Nebenwirkungen.", antwortete Salviya, die dem Lord Vater andeutete in den Zirkel zu treten.
,,Ich kann es nicht richtig kontrollieren."
,,Was meint ihr mit etwaigen Nebenwirkungen und was könnt ihr nicht kontrollieren?", fragte der Morindor, der argwöhnisch die Stirn runzelte.
Salviya, die das hier ohnehin extreme Überwindung kostete, blieb dem Ork-Fürsten die Antwort schuldig.
Anstelle ließ sie sich auf die Knie nieder und legte ihre Hände auf den Kräuterkreis, bevor sie sich auf diesen konzentrierte.
,,Kreis ringsum und Licht in mir, unsere Macht vereint sich hier. Urnatur und Kraft der Erde, bildet eine schützende Kette, auf dass nichts durchdringt diese Stätte."
,,Was in der Valar Namen...?", entwich es Adar, der gebannt auf den Kreis starrte, welcher mit einem Mal weiß zu leuchten begann.
So etwas hatte er von seiner Gefangenen nicht erwartet und vielleicht hatte Waldreg mit seiner Behauptung gar nicht so unrecht.
Genauso entgeistert reagierte Glûg, für den kein Zweifel mehr bestand, dass es sich bei der Heilerin um eine Hexe handelte.
Eine gute Hexe, wie der Ork hoffte, der ängstlich sein gequältes Weib umklammerte, während er die Menschenfrau beobachtete, wie diese sich erhob.
,,Innerhalb dieses Schutzkreises kann niemandem etwas passieren.", wandte Salviya sich an die beiden Uruk, ehe sie sich vor dem geöffneten Schoß der Ork-Frau niederließ.
,,Mama, lass mich bitte kein zu großes Unheil anrichten.", flüsterte die Rothaarige, die einmal kräftig durchatmete.
Ihre Hände an den Schoß der Ork-Frau gelegt, konzentrierte Salviya sich auf ihre Kräfte.
Eine gewaltige Stichflamme schoss aus dem kleinen Kamin der Hütte, als die Hände der Heilerin weiß zu leuchten begannen.
In Trance versunken, fokussierte Salviya sich auf das Ork-Baby, um dieses zu drehen und aus dem Mutterleib zu ziehen.
Adar, der nicht begriff was hier vonstattenging, starrte ungläubig auf die Hände seiner Gefangenen, die heller strahlten als die Sterne am Firmament, während die Welt um ihn herum im Chaos versank.
Becher und Tongefäße zerbrachen explosionsartig, oder flogen mit dem restlichen Inventar kreuz und quer durch die Hütte, die bis in ihre Grundfesten erschüttert wurde.
Für gewöhnlich gab es nichts, was dem Ork-Fürsten Furcht bescherte, doch in diesem Moment überkam ihn eine Angst, die er nicht beschreiben konnte.
Sein erschrockener Blick fiel auf ein Regal, welches in seine Einzelteile zersplittert wurde, und wäre der Schutzkreis nicht gewesen, hätten ihn die Splitter wie Pfeile durchbohrt.
Sein Augenmerk richtete sich wieder auf Salviya, die mit ihrer Geisteskraft das Baby Stück für Stück aus Glûg's Weib heraus holte. Diese Menschenfrau war keine gewöhnliche Heilerin, sie war auch keine Hexe. Nein, sie war etwas ganz anderes.
Die Erkenntnis, als was sein hinreißenendes Schandmaul sich entpuppte, traf Adar wie ein Hammerschlag.
,,Istari.", flüsterte er, bis das ganze Geschehen abrupt endete.
Krachend fielen alle umherfliegenden Trümmer zu Boden, als Salviya, die wieder ganz sie selbst war, das Ork-Baby in ihren Händen hielt.
Sie schaffte es gerade noch das Baby der Ork-Mutter auf die Brust zu betten, ehe ihr schwarz vor Augen wurde und sie bewusstlos zusammen brach.
Das erste was Salviya sah, nachdem sie wieder zu Bewusstsein kam, waren zwei blaue Augen die sie mit einer Mischung aus Besorgnis und Faszination betrachteten.
,,Ihr steckt voller Überraschungen, Salviya Lippenblüte."
Es war Adar, der sie in den Armen hielt und ihr behutsam eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht strich.
,,Geht es euch gut?"
Die Heilerin, die zu ihrem Entsetzen feststellen musste, dass sie sich in den Armen des Ork-Fürsten viel zu wohl fühlte, nickte.
,,Ja, es ist nur jedesmal sehr kräfteraubend."
Noch leicht benommen, versuchte sie sich aufzurappeln, um dieses geborgene Gefühl, dass sich in ihr auszubreiten begann, gar nicht erst zuzulassen.
,,Geht es der Frau und dem Baby gut?"
,,Sind beide wohlauf.", antwortete Adar, der sich ein neckisches Schmunzeln nicht verkneifen konnte.
,,Im Gegensatz zum Hütteninventar, das habt ihr zu Kleinholz verarbeitet."
Rücksichtsvoll half er seiner außergewöhnlichen Gefangenen beim aufstehen, obwohl er nichts dagegen gehabt hätte Salviya noch eine Weile länger in den Armen zu halten - Sie fühlte sich einfach herrlich an, diese zierlichen Schultern die sich nahezu perfekt in seine Arme fügten, geradeso, als ob sie dorthin gehören würden.
Er verwarf den Gedanken, als er bemerkte, dass Glûg auf sie zugetreten kam.
Die braunen, spitzen Zähne entblößt, lächelte der frisch gebackene Vater voller Stolz, was für Außenstehende eher furchteinflösend wirken musste.
Glûg, der in der Hexe, oder was auch immer die Gefangene des Lord Vaters war, mittlerweile einen rettenden Engel sah, verneigte sich vor dieser.
,,Hab dank, dass du mein Weib und meinen Sohn gerettet hast. Das werde ich nie vergessen."
,,Schon gut.", antwortete die Rothaarige, die sich nicht bewusst war, dass sie den verfeindeten Ork soeben zum Freund gewonnen hatte.
,,Tut mir leid wegen der Hütte."
Glûg, den das Chaos nicht zu stören schien, grinste nur, ehe er sich an Adar wandte.
,,Großer Vater, das ist Ogzôg."
Voller Stolz überreichte der Ork seinen Sohn dem Lord Vater, um dessen Segen zu erbitten.
Adar's Augen wurden verdächtig glasig, als dieser das Ork-Baby entgegen nahm.
Behutsam bettete er das kleine Geschöpf in seinen Arm und streichelte vorsichtig dessen krummes Näschen.
,,Willkommen in Mordor, kleiner Ogzôg."
Salviya, die den Ork-Fürsten beobachtete, stockte der Atem bei diesem herzergreifenden Anblick.
Wie konnte ein Schlächter gleichzeitig so liebevoll sein?
Wie konnte ein dunkles Herz soviel Gefühl in sich tragen, wenn es nicht auch eine helle Seite vorzuweisen hätte?
Sie betrachtete Adar's vernarbtes Gesicht, das nie schöner ausgesehen hatte, als in diesem Moment indem er seinen Kopf senkte und dem Ork-Baby ein Küsschen auf die Stirn hauchte.
Überwältigt von ihren Emotionen, mit denen sie im Moment so gar nicht umgehen konnte, senkte sie rasch den Kopf.
,,Du kannst wahrlich stolz sein, Sohn.", bemerkte der Ork-Fürst, der Glûg sein Kind zurück reichte.
Auch wenn Adar es niemals zugeben würde, so beneidete er Glûg insgeheim um dessen Vater-Glück.
Zeit seines Lebens hatte der Morindor sich eigene, richtige Kinder gewünscht.
Doch das war ein Wunschtraum, der wohl niemals in Erfüllung gehen würde.
Er beschloss die frischgebackene Familie für sich zu lassen und die erschöpfte Heilerin zu ihrer Hütte zu bringen, damit diese sich ausruhen konnte.
Eine Weile gingen Adar und Salviya ruhig nebeneinander her, bis der Ork-Fürst das Schweigen brach.
,,Ihr seid eine Istari, eine Magierin, nicht wahr? Mit euren Fähigkeiten hättet ihr jederzeit einen Fluchtversuch riskieren können. Warum habt ihr das nicht getan?"
,,Und wenn schon.", antwortete Salviya, der das alles unangenehm war.
,,Ich habe keinen Fluchtversuch unternommen, weil es mir gar nicht in den Sinn gekommen ist meine Kräfte zu nutzen, weil ich dieser Bürde gänzlich abgeschworen habe. Abgesehen davon, kann ich sie nicht richtig kontrollieren, wie ihr ja festgestellt habt. "
,,Eine Bürde?"
Überrascht riss der Morindor die Augen auf - Sein hinreißenendes Schandmaul entpuppte sich als eines der mächtigsten Wesen Mittelerdes und sie empfand diese Gabe als eine Last?
,,Feldherren würden töten für eure Fähigkeiten."
,,Ja, um damit jeden in die Knie zu zwingen, nicht wahr?", fauchte Salviya, die dem Ork-Fürsten einen missbilligenden Blick zukommen ließ.
,,Und genau aus diesem Grund habe ich meinen Kräften abgeschworen, weil ich Angst davor habe, dass sie mich vielleicht irgendwann zu bösen Taten verführen könnten. Taten, die aus entstehender Machtsucht und Gier begangen werden. Untugenden vor denen selbst der Edelgesinnteste nicht gefeit ist. Niemand sollte solche Kräfte besitzen. Warum sie ausgerechnet mir in die Wiege gelegt wurden, weiß ich nicht. Und noch etwas...!"
Mit dem Finger auf Adar deutend, blieb Salviya stehen.
,,Glaubt ja nicht, dass ihr mich dazu bringen könnt, meine Kräfte zu kontrollieren, um mich dann als Waffe gegen eure Feinde einzusetzen. Da mache ich nicht mit, lieber sterbe ich. Das hier war eine einmalige Ausnahme."
Nachdenklich musterte Adar die Istari.
Zugegebenermaßen hatte er für einen Augenblick mit diesem Gedanken gespielt, bis es ihm wieder einfiel:
Er kannte jemanden der über noch größere Kräfte verfügte, als die Istari. Und diesen jemanden hatte er vor langer Zeit getötet. Genau aus diesem Grund, wie Salviya gesagt hatte, weil derjenige getrieben von seiner Herrschsucht alles und jeden unterjochen wollte, insbesondere seine "Kinder". Er wäre keinen Deut besser als dieser jemand, wenn er Salviya's Kräfte für sich ausnutzen würde.
,,Ihr besitzt eine Weisheit vor der selbst die Valar sich verneigen sollten.", bemerkte der Morindor, der Salviya anerkennend zunickte.
,,Gestattet mir eine Frage. Warum habt ihr hierfür eine Ausnahme gemacht?"
Weil ich es für dich getan habe! Dachte Salviya, die Adar's Frage natürlich nicht beantwortete.
Anstelle setzte sie sich wieder in Bewegung.
,,Ich wäre euch sehr verbunden, wenn ihr mich jetzt zu meiner Hütte bringen würdet. Ich bin erschöpft und schmutzig. Alles was ich im Moment will, sind eine Waschschüssel und ein Bett."
,,Natürlich."
Verständnisvoll nickte Adar, der nicht weiter nachbohren wollte.
Er würde schon noch dahinter kommen, warum sein hinreißenender Sturkopf ausgerechnet hierfür eine Ausnahme gemacht hatte.
Spätestens beim Dinner würde er der Istari auf den Zahn fühlen, aber nicht ohne ihr ein angemessenes Dankesgeschenk zukommen zu lassen.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro