// Prolog //
In den Ohren höre ich die Bässe der Musik hämmern. Die Töne vibrieren in meinem Brustkorb. Mit den Händen stützen ich meinen Kopf, welcher mir mit jeder Sekunde schwerer vorkommt.
Durch halb geschlossene Augen, lasse ich meinen trüben Blick über den verschmutzen Couchtisch wandern. Etliche Utensilien liegen darauf herum. Halbgefüllte Flaschen mit Flüssigkeiten darin, die mir schon lange keinen Kick mehr geben können.
Alkohol ist nicht die Lösung. Schon lange können mich die legalen Suchtmittel nicht mehr ins Nirwana schicken. So wie früher, als ich noch mit meinen damaligen Freunden auf dem Spielplatz eine Flasche Vodka getrunken habe. Damals, als ich noch glaubte, alles im Griff zu haben.
Die Lösung finde ich stattdessen zwischen den Flaschen. Eine Bahn aus weißem Pulver erregt meine Aufmerksamkeit. Das ist es, was mir den Kick gibt. Mich davon ablenkt, wie sehr ich mein Leben nicht mehr im Griff habe. Wie mir alles durch die Finger gleitet, als würde es aus diesem weißen Pulver bestehen.
Meine Familie hält mich für eine Enttäuschung. Den Schulabschluss werde ich nie auf die Reihe bekommen, wenn ich so weiter machen werde, sagen sie. Recht haben sie, aber es interessiert mich nicht.
Mich interessiert, woher ich den nächsten Schuss bekomme, oder wie in diesem Fall, die nächste Line.
Freunde habe ich keine, naja zumindest niemanden, der nicht auch genauso tief in diesem Sumpf steckt, wie ich. Diese Menschen, mit denen ich nun tagtäglich meine Stunden verbringe, kann ich nicht als Freunde betiteln. In solchen Kreisen gibt es keine Freunde. Jeder hier denkt an sich und zwar nur an sich. Uns allen hier, dem Abschaum, mit dem niemand etwas zutun haben will, geht es entweder ums Geld, um Drogen, um den nächsten Rausch, oder den nächste Fick.
Diese Punkte sind es, die auch mein armseliges Leben bestimmt. Etwas anderes interessiert mich schlicht und ergreifend nicht.
Ziele, die ich früher als Kind hatte, habe ich aus den Augen verloren. Hoffnungen, Wünsche alles Unsinn, alles in meiner dunklen Welt nichts mehr wert.
Ich lebe von einem Moment des völligen Vergessens, zum Nächsten und ich werde damit nicht aufhören, weil ich es einfach nicht kann. Viel zu tief stecke ich in diesem Sumpf des Vergessens fest.
„Yo, was ist jetzt, ziehst du die Line nun, oder worauf wartest du? Ich würde mich opfern, wenn du kein Bock hast", bietet mir eine ironische Stimme zu meiner Rechten an.
Ich drehe mein Kopf zu dieser Person, dabei fallen mir meine dunklen, strähnigen Haare ins Gesicht.
Ich versuche ihn mit meinen, vom Alkohol und den Pillen, welche ich schon am Morgen zum wach werden, eingeworfen habe, müden Augen zu fixieren.
Der Typ schaut mich mit einem glasigen Blick kurz an. Zeigt mir sein ramponiertes Lächeln, um gleich darauf wieder gierig auf meinen Stoff zu starren. Ich habe keine Ahnung, wie sein Name lautet, weiß ich doch nicht mal genau, wo ich mich gerade befinde.
Ein süßlicher Geruch steigt mir in die Nase. Klar, Marihuana, das entspannt, bringt mir aber auch schon lange nicht mehr das gewünschte Gefühl der Schwerelosigkeit.
„Quatsch keine Scheiße, du bekommst von meinem Stoff nicht mal einen Krümel ab. Organisieren dir deine eigene Dröhnung, du Junkie", gifte ich ihn, mit meiner schwervölligen Zunge, an.
Genervt stöhnt der Kerl auf und pult mit den dreckigen Fingern an einem Pickel unterhalb der aufgesprungenen, spröden Lippen. Ekzemen zieren seinen Haut, diese lassen ihn verbraucht und um Jahre älter aussehen. Eine Folge seines Chrystal-Konsums. Die unter uns, welche auf diesem Zeug hängengeblieben sind, erkennt man sofort. Ich lasse die Finger davon, man hört zu viel Schlechtes.
Sonst ist es mir egal, was ich konsumieren. Ecstasy, Heroin, Amphetamine, oder wie jetzt Kokain. Hauptsache es lässt mich vergessen.
Ein letzter Blick durch den spärlich beleuchteten Raum. Schemenhaft kann ich das Geschehen um mich herum wahrnehmen.
Eine Frau, links von mir, mit schmutzigen blonden Haare, welche schon lange keinen Kamm mehr gesehen haben und einem Kerl mit Glatze, der seinen unbekleideten, beharrten Bierbauch präsentiert, wecken mein Interesse.
Sie macht sich am Gürtel seiner Jeans zu schaffen. Ihr Kopf schwankt bedenklich. Entweder ist sie bereits in einer anderen Welt, oder ihr Körper verzerrt sich nach der nächsten Dosis
Nachdem die Hose des Mannes geöffnet ist, schaut sie dem Dicken in die Augen. Er gibt ihr nur mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass sie sich bücken soll, was diese Schlampe auch untergeben tut.
Ihr Kopf verschwindet zwischen seinen Beinen. Die großen Hände des Fettsacks umfassen ihren Hinterkopf und fangen an diesen runterzudrücken. Man hört sie würgen. Der Kerl hingegen grinst nur dreckig zu mir rüber, bevor er seine Augen schließt und den Kopf nach hinten fallen lässt.
Ich wende mich wieder dem Couchtisch zu.
Hoffentlich bekommt sie für diesen Job auch einen ordentlichen Schuss.
Mir ist vollkommen klar, dass sie es für nichts anderes macht, zumindest würde ich es nur dafür tun. Es wäre nicht mein erstes Mal.
Bilder überfluten mich in diesem Moment von Männer, die ich gefickt habe, nur damit sie mit die nächste Stunde ohne Bewusstsein garantieren. Keiner dieser Typen war so ein widerlicher Fettsack, wie der Kerl links von mir, dessen Grunzen immer Lauter an mein Ohr dringt.
Ich suche mir die Männer, mit denen ich ficke noch immer selber aus. Im Schwebezustand ist Sex einfach nur abgefahren. Vor allem am Anfang, als ich noch nicht so tief in dieser Scheiße steckte, waren es oft äußerst attraktive Typen, welche sich an meinem Körper bedienten, während ich an ihrem Geld interessiert war. Mich sollte es wohl stören, dass diese Männer nur nach meinen Reizen gieren und nicht an mich als Mensch interessiert sind, doch das tut es nicht. Ich will ja schließlich auch nur die nächste Dosis und dafür würde ich eine Menge tun.
Liebe, so etwas gibt es in meiner Welt einfach nicht.
Es zählt immer nur eins, die Bezahlung muss stimmen, ob es sich dabei um Geld, oder Substanzen handelt, ist mir gleich.
Die Zeiten, in denen ich noch als attraktiv galt, sind vorbei. Ich kümmere mich um nichts mehr, selbst mein Äußeres ist mir mittlerweile egal.
Der exzessive Lebensstiel, den ich pflege, sorgt dafür, dass ich mich verändert habe. Meine Kurven, für welche mich Frauen oft beneidet haben und die von Männer so begehrt wurden - sie sind verschwunden. Ich habe stark abgenommen. Viel zu häufig vergesse ich einfach etwas zu essen.
Meine Gedanken und Bedürfnisse haben sich verschoben. Die synthetischen Stoffe sorgen dafür, dass ich kein Hungergefühl habe. Jedes Warnsignal, das mein Körper mir sendet, ignoriere ich konsequent. Selbst wenn ich wollte, mein Kopf gehorcht mir schon lange nicht mehr, dieser hört nur noch auf die Suchtmittel.
Früher wäre ich nie ungeschminkt, mit fettigen Haare und in abgetragenen Kleidung aus dem Haus gegangen.
Früher - scheiß drauf was früher war!
Mit neunzehn Jahren ist mein Leben vorbei.
Ich nehme einen dünnen Strohhalm in meine Hand, beuge mich über den Tisch und ziehe die Line, aus dem weißen Vergessen, durch meine Nase.
Mein Griff geht noch einmal zu der Flasche mit der bernsteinfarbene Flüssigkeit. Noch einen kräftigen Schluck, der mir die Kehle hinab rinnt, danach lehne ich mich auf die Couch zurück.
An meinen Ohren dringt das erregte Grunzen des Fettsacks - gleich ist er so weit. Sein Keuchen wird immer animalischer.
Ich schließe die Augen und warte auf das befreiende Gefühl, nach dem sich mein Körper so schmerzlich sehnt. Bereits wenige Augenblicke später spüre ich, wie Euphorie und Adrenalin durch meine Venen pumpen.
Augenblicklich verspüre ich den Drang mich bewegen zu wollen, die Virbration der lauten elektronischen Musk durch meinen Körper strömen lassen. Doch etwas ist dieses Mal anders.
Mein Körper beginnt unkontrolliert zu krampfen. Übelkeit steigt in mir hoch. Das Erbrochene gelangt in die Mundhöhle. Ein widerlicher sauerer Geschmack benetzt meine Zunge.
Bevor ich reagieren kann, lande ich mit einem dumpfen Aufprall auf dem fleckigen Sofa und bleibe auf dem Rücken liegen. Die Kontrolle über meinen Körper habe ich vollständig verloren.
„Scheiße, was geht mit der Nutte? Ruft einen Krankenwagen!", höre ich noch jemanden rufen, danach wird es dunkel um mich herum.
Erzählt mir, was ihr über den Prolog denkt, wenn ihr möchtet.
Anni
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