// Forty-eight //
>> Nirvana - Lithium
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Mein Handy klingelt in der Hosentasche, erschrocken taste ich danach. Ziehe es schnell heraus. Niall grinst mich von meinem Display aus an. Ich drücke ihn weg und sehe wieder geradeaus, bemerke wie der junge Mann, von dem ich vermute, dass es Keith ist, mich skeptisch ansieht.
Ich stecke mein Telefon zurück. Versuche mir meine Unsicherheit nicht weiter anmerken zu lassen und gehe zielstrebig dem Mann, welcher etwas älter als ich zu sein scheint, entgegen. Seine Haare versteckt er unter der Kapuze eines Sweatshirts. Er ist nur geringfügig größer als ich. Kurz vor ihm komme ich zum stehen. Seine Augen sind dunkel, fast schwarz. Diese wandern über meine Erscheinung. Er verschränkt die Arme vor der Brust, um seine Lippen, welche umrandet sind von einem Bartschatten, spielt ein Grinsen.
„Was ist los Kleine? Hast du dich verlaufen?"
Mit einem Kopfschütteln verneine ich. Vergrabe meine Hände in den Hosentaschen.
„Ich hab gehört du hast ein spezielles Angebot?", frage ich ihn vage.
Misstrauisch zieht er eine Augenbraue in die Höhe, eine Narbe kann ich dort erkennen.
„Was für spezielle Dinge soll ich denn bitte verkaufen? Ich glaube nicht, dass ich für so anständige Mädchen wie dich das Richtige habe."
Es wundert mich nicht, dass er mir nicht direkt sein ganzes Sortiment anbietet. Er kennt mich nicht. Auf der Straße ist jeder misstrauisch. Ich könnte von der Polizei sein. Er will lediglich auf Nummer sicher gehen. Ich muss direkter werden. Ein nervöses Kribbeln macht sich in meinem Bauch breit, welches dazu führt, dass meine Handflächen feucht werden.
Mit der Zunge befeuchte ich meine trockenen Lippen, bevor ich einen neuen Versuch starte.
„Ein Freund hat mir empfohlen zu dir zu gehen, wenn ich etwas brauche, dass mich vergessen lässt."
Ich sehe direkt in seinen dunklen Augen, halte seinem prüfenden Blick stand. Der Mann will mich testen, will sehen ob ich einknicke. Kurz überlege ich einfach umzudrehen und zurück zum Auto zu gehen. Doch der Drang nach dem Kick, lässt mich wie angewurzelt stehen bleiben. Die Versuchung ist zum greifen nahe. Ich will umdrehen, aber kann es nicht.
Nach einer kleinen Ewigkeit schnalzt der junge Mann mit der Zunge und lächelt wieder.
„60 $ das Gramm."
Wie ich es mir dachte, die Preise sind gleich geblieben. Ich nicke, ziehe die passende Scheine aus meiner Hosentasche und halte sie ihm hin, um unseren Deal zu besiegeln.
Die dunklen Augen sehen auf das Geldbündel.
„Wieviel willst du denn nun Kleine?", hakt er schon fast belustigt nach.
„Zwei Gramm", antworte ich zögerlich.
Er nickt, zieht ein Tütchen mit dem weissen Pulver, welches mich schon einmal in den Abgrund gestürzt hat, aus seiner Tasche. Legt es mir in die Hand, nachdem er das Geld entgegen genommen hat.
Ich starre auf das unscheinbare Tütchen, dass ich festhalte. Es brennt sich förmlich in meine Handinnenflächen. Eine leise Stimme fragt mich, was ich hier tue. Doch das Verlangen ist viel lauter. Lechzt nach dem Pulver, wie ein Verdurstender nach Wasser in der Wüste.
„Kleine steck das weg", zischt mein Gegenüber mich an, als ich noch immer keine Anstalten mache, unseren Deal vor neugierigen Augen zu verbergen.
Ich komme seiner Aufforderung nach und packe es in meine Jeanstasche. Augenblicklich fühlt es sich an, als würde es tonnenschwer auf mir lasten.
„Wenn du mal wieder was willst. Dann komm hier her Kleine. Ich verkaufe den besten Stoff. Mein Name ist Keith, wie ist deiner?"
Keith. Ich habe mich also nicht geirrt, er ist es. Mein Gegenüber weiß vielleicht wo Harry und Ron sind. Aber ich kann ihn nicht fragen. Er würde augenblicklich misstrauisch werden und ich hätte keine Erklärung, woher ich weiß, dass die Männer sich kennen.
„Wie ist dein Name?", unterbricht er meine Gedanken, um seine Frage erneut zu stellen.
„Unwichtig", gebe ich kurz angebunden zurück, drehe mich um und laufe über den Parkplatz zurück zur Straße.
Ich spüre, wie Keith's dunkle Augen mir folgen, sich mir quasi in den Rücken brennen. Trotzdem ich mich, bis ich Harry's Auto erreicht hab, nicht umdrehe.
Eilig steige ich in den Wagen, starte den Motor und fahre los. Zunächst ohne ein Ziel, einfach nur weg. Im Rückspiegel sehe ich, wie Keith dem dunklen SUV hinterher starrt. Mein plötzlicher Abgang wird ihm komisch vorgekommen sein, doch ich mache mir darüber keine weiteren Gedanken.
Stattdessen denke ich nur an das Tütchen, welches sich in meiner Hosentasche befindet. Mit meinen Fingern tippe ich ununterbrochen auf das Lenkrad. Ohne es zu merken bin ich nach Hause gefahren.
Die gesamte Fahrt über habe ich nur an das Pulver gedacht. Habe mich an den Schwebezustand erinnert, daran wie es ist gelöst von allen Problemen zu sein. Von all den Dingen, die so unsagbar schief in letzter Zeit in meinem Leben laufen. Das Monster aus dem Park, die bevorstehende Hochzeit meines Vaters, mein Exfreund, die stetige Bedrohung durch James, Harry und Ron's Verschwinden.
Ich parke den dunklen SUV am Straßenrand, steige aus, gehe nicht zu mir, sondern zu Harry in die Wohnung. Ich möchte mich ihm so nahe wie möglich fühlen. Finde mich in seinem Bett wieder. Ziehe seinen vertrauten Geruch, welcher noch immer in den Kissen hängt, als er das letzte Mal in diesem Bett geschlafen hat, ein.
Ich weine, stundenlang, um den Dunkelhaarigen. Wähle immer wieder seine Nummer, um doch nur die Mailbox am anderen Ende der Leitung zu hören. Eine unpersönliche, elektronische Frauenstimme, die mir sagt, dass diese Nummer im Augenblick nicht zu erreichen ist.
Ich sehne mich nach der tiefen Stimme, die es immer wider schafft, mir wohlige Schauer über den Rücken zu jagen. Möchte seine Wärme spüren, seine Haut auf meiner fühlen. Doch eine gehässige Stimme in meinem Kopf redet mir ein, dass er nicht mehr zurück kommen wird. Ich nie wieder seine liebevollen Worte hören werde. Ich nicht mehr in die grünen Augen sehen kann, die mich so faszinieren. Die perfekten Lippen mich nie wieder in eine andere Welt schicken, wenn sie mich küssen. Ich meine Finger dabei nicht mehr in seinen kurzen Locken vergraben kann.
All das, was ich mir wünsche wird mir verwehrt bleiben. Bis auf eine Sache. Eine Kleinigkeit sehne ich noch mehr herbei, als alles andere. Das Tütchen mit dem weißen Pulver ziehe ich aus meiner Jeanstasche und lege es vor mir auf das Nachtschränkchen.
Minutenlang starre ich es an. Mir ist bewusst, was dieses harmlos aussehende Pulver anrichten kann, vor allem mit mir. Aber es ist doch so einfach. Ich könnte einfach abschalten, muss mir um nichts mehr Gedanken machen.
Wofür soll ich noch kämpfen, wenn der Mann den ich liebe, nicht mehr da ist? Er hat meinem Leben eine Wendung gegeben und nun ist er nicht mehr bei mir. Warum noch stark sein? Wofür?
Ich setzte mich auf, greife nach dem kleinen Päckchen. Halte es in das Licht, der Lampe, welche auf dem Nachttisch steht. Ich öffne den Verschluss. Tippe mit dem kleinen Finger in das Pulver. Etwas von dem Stoff bleibt daran kleben. Ich betrachte es fasziniert. Diese unscheinbare Pulver kann alles verändern.
Langsam bewege ich meinen Finger zu den Lippen. Das letzte Mal scheint so unendlich lang her zu sein und nun sitze ich doch wieder hier, halte das Verderben in meiner Hand und kann es doch nicht bei Seite legen.
Cole hat recht, ich bin nichts wert, werde nie wirklich von diesem Zeug los kommen. Es wird immer ein Kampf sein, den ich früher, oder später nur verlieren kann.
Ich stecke den Finger in meinen Mund. Ignoriere den Ekel, der mich überkommt, wenn ich daran denke, wie wenig ich doch wert bin, mit dem was ich gerade tue. Ich reibe den Stoff über mein Zahnfleisch. Sofort bricht das Verlangen über mich herein. Der Stoff ist gut, ich erinnere mich ans fliegen. Der Speichel sammelt sich in meinem Mund, als würde ich ein leckeres Steak vor mir liegen haben. Genüsslich lecke ich über meine Lippen. Mein Körper, vor allem aber mein Gehirn, hat nichts vergessen.
Das restliche Pulver schüttle ich auf dem Schränkchen aus. Greife nach meiner Tasche, welche ich achtlos auf das Bett des Dunkelhaarigen geworfen habe.
Während ich nach meinem Portmonee suchen will, fällt mein Blick auf die Achtzehn-Monats-Münze. Mit den Fingerspitzen hole ich sie hervor. Betrachte auch diese im Licht, der Lampe auf dem Tisch. Meine Augen huschen zu dem weissen Pulver und wieder zurück zur Münze. Zum Vergessen, nochmal zu dem Metallstück.
Worauf noch warten? Mein Leben ist nichts mehr wert. Ich kann nicht mehr. Ich will wieder schweben, wie damals. Ein letzter Blick auf das wertlose Blechstück, bevor ich es quer durch den Raum werfe und sehe wie es eine dunkle Ecke unter die Kommode rollt.
Kaum ist die Münze aus meinem Sichtfeld verschwunden, greife ich nach einer der Chipkarten aus meinem Portmonee. Ich beginne den Stoff vorzubereiten, teile es in mehrere Linien auf. Einen Dollarschein rolle ich zusammen. Lass ihn kurz über die vorbereiteten Bahnen schweben, bevor ich ansetzte und die erste Reihe durch meine Nase ziehe. Es kitzelt in eben dieser. Ein weiteres Mal ziehe ich Luft durch die Nase ein. Entschließe mich, dass eine Line reichen sollte und lasse mich in die Kissen sinken. Warte auf den Kick, auf die Euphorie und vor allem auf das Vergessen.
Ich starre zur Zimmerdecke, an der die Schatten der Nacht ihre Muster zeichnen. Denke an grüne Augen, wische mir eine Träne aus den Augenwinkeln. Ich habe das Gefühl, die Wirkung lässt auf sich warten. Meine zitternden Finger tasten nach meinem Smartphone. Es ist nach Mitternacht. Eine Nachricht von meinem besten Freund, welcher sich nach meinem Befinden erkundigt wird mir angezeigt.
Ich habe etwas gegen die Schmerzen genommen und es wird mir sicherlich gleich besser gehen. Mach dir keine Sorgen um mich.
A.
Über die Ironie meiner Antwort an Niall muss ich lachen. Lache wie eine Verrückte. Er hat keine Ahnung, dass ich dabei bin meine seelischen Schmerzen zu betäube. Ich habe keine Zeit mehr darüber nachzudenken, was er über mich denken würde, wenn er wüsste, was ich getan habe, denn in diesem Moment ergreift eine unglaubliche Energie von mir besetzt. Meine Venen werden mit Euphorie durchspült. Ich fühle mich stark, als könnte ich es mit der gesamten Welt aufnehmen. All meine Sorgen sind vergessen. Es zählt nur das hier und jetzt. In diesem Jetzt will ich mich bewegen.
Ich springe förmlich aus dem Bett. Renne schon fast ins Wohnzimmer, schalte die Musikanlage ein und drehe sie laut. Bewege mich wie eine Verrückte, tanze, kreische und genieße das fliegen. Zu lange ist es her gewesen, dass ich wirklich frei war. Jetzt bin ich es wieder.
Ich bewege mich ohne Pause, mein Mund wird trocken. Mein Körper lechzt nach Flüssigkeit. Ich ignoriere dieses Bedürfnis, denn die Substanz in meinem Kreislauf lässt mich alle Warnsignale vergessen, lässt mich hemmungslos werden. Mein Puls rast, das Herz hämmert gegen meinen Brustkorb. Der Schweiß glänzt auf meiner Haut.
Ohne zu wissen wie lange und ohne auf die Bedürfnisse meines Körpers einzugehen, tanze ich. Verausgabe mich, bis ich kraftlos zusammensacke und auf die Knie falle. Ich lege mein Gesicht auf den kühlen Fliesenboden ab. Das Adrenalin in meinen Venen lässt nach.
Die Dunkelheit kehrt zurück und nimmt mich wieder gefangen. Ich schreie seinen Namen. Will, dass er wieder bei mir ist. Mich in seinen Armen hält. Mir zuflüstert, dass alles gut werden wird. Ich brauche ihn.
Vor Erschöpfung zittert mein Köper. Mit letzter Kraft ziehe ich mich hoch. Die Musik ist zu laut. Verursacht mir Kopfschmerzen. Meine Beine wanken unter meinem Gewicht. Ich muss mich an der Wand abstützen, obwohl ich mir lieber die Ohren zu halten würde, da ich diesen Krach aus den Boxen nicht mehr ertragen kann. Meine Finger fühlen sich taub an, als ich die Musik abschalte.
Ich wanke zurück ins Schlafzimmer, werde geblendet durch das Licht. Die Augen kneife ich zusammen. Diese Helligkeit. ich kann sie nicht ertragen. Ziellos suche ich nach dem Schalter, um das Licht abzuschalten. Als ich ihn gefunden und betätigt habe, lasse ich mich nur noch auf sein Bett fallen.
Mit wirren Gedanken, die sich um einen Harry drehen, welcher sich von mir entfernt, falle ich in einen unruhigen Schlaf.
Meine Träume quälen mich. Zeigen mir auf, wie armselig ich bin. Niall und mein Vater wenden sich von mir ab. Karen klammert sich an meinem Dad, flüstert ihm ins Ohr, wie verkommen ich doch bin, dass ich seine Mühe nicht wert bin. Obwohl die Worte nur für ihn bestimmt sind, höre ich jedes einzelne deutlich. Wie ein weiterer Schlag trifft mich jedes von diesen Worten. Die neue Frau, an der Seite meines Vater, grinst mich missbilligend an, während sie mir mitteilt, dass sie zusammen eine neue Familie gründen werden und ich kein Teil davon sein werde. Ihre schlanken Finger umschließen die Hand meines Vaters. Ohne einen letzten Blick wendet er sich von mir ab. Die Beiden werden ersetzt durch zwei Männer, welche mich lüstern ansehen. Dave und Cole kommen näher. Wollen nach mir greifen, während sie mir erklären, dass ich es doch auch möchte. Ich müsste nur ein wenig nett zu ihnen sein, wenn ich den nächsten Kick spüren will. Ich wehre mich nicht, habe keine Kraft mehr. Zum Schluß ist da Keith. Ein bösartiges Grinsen verzerrt sein Gesicht zu einer Horrormaske, als er mir mitteilt, dass er Harry endlich aus dem Weg geräumt hat und nun seinen Platz eingenommen hätte. Er sich auch um mich kümmern würde.
Schweißgebadet wache ich auf. Die Sonne strahlt genau in mein Gesicht. Ich ziehe die Decke über den Kopf. Noch immer kann ich die Helligkeit nicht ertragen. Harry's Geruch umhüllt mich. Das ertrage ich noch weniger. Verzweifelt strample ich die Decke von mir. Quäle mich hoch, mein Körper schmerzt. Sämtlich Muskeln tun mir weh. Mit schweren Schritten gehe ich zu den Fenstern und lasse die Rollos runter.
Als ich die Sonne ausgesperrt habe, ist es mir endlich möglich die Augen etwas weiter zu öffnen. Mein Handy liegt noch immer auf dem Bett. Schwervöllig lasse ich meinen müden Körper auf die weiche Matratze sinken, sehe auf die Uhr. Es ist bereits Nachmittag. Noch immer habe ich kein Lebenszeichen von dem Dunkelhaarigen erhalten.
Ich sehe mich um, überall hin nur nicht auf den Nachtisch. Doch lange kann ich der Versuchung nicht widerstehen. Etwas verwischt, durch meinen nächtlichen Versuch das Licht abzuschalten, liegt der Stoff noch immer da. Ich möchte schon nach der Karte, sowie der Banknote von gestern Abend greifen, um mir den nächsten Kick zu versetzte. Womit ich sowohl die physische als auch die psychischen Beschwerden blockieren kann, als sich mein Magen meldet.
Ergeben versuche ich mich wieder auf die Beine zu stellen. In der Küche suche ich nach etwas Essbaren. Finde eine halb volle Wasserflasche, welche ich ohne abzusetzen in einem Zug leere. Ich möchte gerade weiter nach etwas zu Essen suchen, als ich hinter mir hören, wie ein Schlüssel ins Schloss der Wohnungstür gesteckt wird. Erschrocken fahre ich rum und sehe mich nur einem der beiden Männer gegenüber, welche sich vor zwei Tage auf den Weg zu James gemacht haben.
Ich möchte wissen, was ihr denkt, also bitte erzählt es mir. :)
Ich würde sagen Abby ist auf dem direkten Weg in die Hölle...
Anni
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