// Five //
Ich überlege. Was gibt es über mich zu erzählen?
Ihm meine Vergangenheit, mit all den dunklen Details, anzuvertrauen, dazu war es zu früh. Ich weiß nicht was wir sind, oder wo wir hin wollen.
Ich will ihn allerdings auch nicht anlügen, das wäre falsch. Es würde die Sache zwischen uns, welche ich noch nicht benennen konnte, nur unnötig verkomplizieren. Lügen kamen mit der Zeit immer ans Licht, in diesem Punkt bin ich mir sicher.
Ich brauche einfach Zeit.
Noch immer halte ich die dampfende Kaffeetasse in meinen Händen. Ich setzte sie an meinen Lippen, nehme einen Schluck.
Er hat genau die richtige Menge Milch in das schwarze Getränk getan.
Meine Hände sind feucht. Ich bin nervös. Ich will nicht riskieren die Tasse fallen zu lassen. Aus diesem Grund stelle ich sie vor mir auf den Tisch. Ich beuge mich wieder zurück, lehne mich an der Rückenlehne an, meine Hände auf dem kalten Leder.
Die Blicke die mir der Brünette zuwirft spüre ich nur zu deutlich.
Ich sehe ihn an, lächle unsicher.
„Was würdest du gerne wissen?" Stelle ich eine unverfängliche Frage.
Mit dieser will ich Zeit gewinnen und hoffe er wird das Thema in eine harmlosere Richtung lenken.
Harry sucht meinen Blick. Ich weiche seinem aus. Schaue stattdessen lieber auf meine Knie, welche gerade äußerst interessant erscheinen. Meine Finger tippen auf dem Leder der Couch auf und ab.
Die rechte Hand wird plötzlich daran gehindert weiter auf der Couch zu trommeln. Seine langen Finger umschließen sie, ich kann die Ringe spüren. Angenehm kühl sind sie.
Mir ist es unangenehm, dass ich auf Grund der Nervosität an den Händen schwitze.
„Abigail, schau mich bitte an." Ich sehe zu ihm auf, seine grünen Augen sind auf mich gerichtet. Sein Blick ist warm und wieder habe ich das Gefühl, er würde mehr sehen, tiefer.
Sein Daumen kreist über meinen Handrücken, bedächtig und sanft.
„Du hast Sorge mir etwas falsches zu erzählen. Du hast Geheimnisse und du willst sie mir nicht erzählen. Ich merke das doch an deinem Verhalten."
Sein Blick geht runter zu unseren Händen, er drückt etwas fester zu. Mein Herz beginnt erneut seinen Rhythmus zu erhöhen.
Mit ruhiger Stimme spricht er, mehr zu sich selbst als zu mir: „Ich hoffe, dass ich dein Vertrauen gewinnen kann und du mir deine Geheimnisse erzählst. Ich mag dich und ich möchte gerne, dass du mich auch magst. Wir haben alle unsere Geheimnisse, unsere Sorgen, die wir mit uns rumtragen, aber sie werden leichter, wenn man sie nicht alleine trägt. Ich möchte gerne die Person sein, die dir etwas davon abnehmen kann."
Weiterhin sieht er auf unsere Hände.
„Hast du Geheimnisse Harry?", richte ich meine Frage direkt an ihn.
Seine grünen Augen sehen mich an.
„Ja."
Ein Wort, schlicht und doch so aussagekräftig. Ich brauche nicht weiter nachhaken, denn auch er wird mir heute keines dieser Geheimnisse anvertrauen und ich will es auch nicht.
Er braucht seine Zeit, so wie ich sie brauche. Der richtige Zeitpunkt wird kommen und wir werden unser Gepäck aufteilen, so dass es für jeden von uns leichter wird, es zu tragen.
Einige Minuten vergehen in Stille.
Eine Ruhe, in der jeder von uns seinen Gedanken nachhängt. Sie ist nicht unangenehm. Wir schaffen es uns zu sammeln. Unsere Finger noch immer ineinander verschränkt. Ich will nicht loslassen. Seine Hand in meiner, gibt mir Sicherheit, wie es sonst oft nur meine 18-Monats-Münze vermag.
„Wie kommt es eigentlich, dass jemand wie du schon Besitzerin eines Hauses ist?", unterbrach er die Stille.
Ein Lächeln zeigt sich auf meinem Gesicht.
„Jemand wie ich? Was meinst du, bin ich zu jung dafür, oder wie? Hättest du lieber so einen alten Hausdrachen als Vermieterin?"
Sein raues Lachen erklingt.
„Um Gottes Willen nein. Ich bin dankbar, dass du es geworden bist. Mit einem alten Drachen möchte ich nicht Hand in Hand auf meiner Couch sitzen."
Er beugt sich näher zu mir, tut so als möchte er mir etwas zuflüstern: „Mal unter uns, ich denke so ein Drache hat echt schuppige Pranken, da sind mir deine weichen Händen, wenn sie mich berühren, viel lieber." Er zieht die Augenbrauen amüsiert hoch.
„Oh man du bist echt unverbesserlich", lache ich. "Wie machst du das? Du bist in der einen Sekunden ernst und im nächsten Moment flirtest du wieder."
Harry zuckt mit den Schultern.
„Ich mache gar nichts Abigail, du bist es, die das mit mir macht."
„Siehst du, schon wieder." Ich zeige mit meiner freien Hand auf ihn.
„Aber zurück zu deiner Frage", beende ich das Thema. „Nachdem Tod meiner Oma, die vorher hier in dieser Wohnung gelebt hat, hat mein Vater mir ihr Apartment überschrieben. Er ist der Meinung, ich wäre alt genug um mich darum zu kümmern."
Das ist zwar nur die halbe Wahrheit, für mehr war allerdings noch nicht der richtige Moment, entscheide ich. Gab es überhaupt den richtigen Moment und spielt es denn so eine wichtige Rolle, wie meine Vergangenheit aussah, überlege ich.
„Standes du deiner Granny nahe, wenn ich fragen darf?" Er hat wieder damit begonnen, mit seinem Daumen langsam über meine Hand zu streicheln. Es fühlt sich so an, als will er mir zeigen, dass er für mich da ist.
„Früher hatte ich wenig Kontakt zu ihr. Ich war mit anderen Dingen beschäftigt und hab den Blick für das wesentliche in meinem Leben verloren."
Ich lasse meinen Blick erneut durch das Zimmer wandern, wieder bleibt er auf der Aufnahme von New York hängen.
„Aber in den letzten achtzehn Monaten änderte sich das. Ich bin hier her gezogen. Wir haben die letzte Zeit zusammen genossen. Leider war sie viel zu kurz. Ich habe Fehler gemacht. Ich bereue es wirklich."
Ich schlucke, doch das Gefühl der Trauer lässt sich nicht einfach so verdrängen. Mir wird bewusst, wie sich die Tränen in meinen Augen sammeln.
Ich lasse Harry's Hand los, um mit meinen Finger an meinen Augenliedern zu reiben. Ich möchte die Tränen daran hindern, sich einen Weg nach außen zu bahnen. Ich will nicht vor ihm anfangen zu weinen. Ich will nicht schwach wirken.
Harry sieht mich von der Seite aus an. Nimmt meine Hände erneut in seine. Hält sie fest. Vertrauen und Wärme breiten sich in mir aus.
„Es ist in Ordnung, dass du traurig bist. Deine Grandma schien dir viel zu bedeuten und ich denke sie weiß das. Mach dir keinen Vorwurf."
Er löst eine Hand legt sie an meine Wange. Streicht mit einer zarten Bewegung eine Träne fort, die ihren Weg gefunden hat. Eine Wärme bleibt zurück. Ich blinzle und ein kleines Lächeln zeigt sich.
„Es ist kein Zeichen von Schwächen, wenn du weinst. Es zeigt die Liebe, die du für sie empfunden hast und die noch immer für sie empfindest", spricht er mit leiser, ernste Stimme weiter.
Seine rechte Hand ruht noch immer an meinem Gesicht. Ich genieße es, mag die zärtliche Berührung.
„Wir machen alle Fehler. Ich mache Fehler Abigail. Du bereust die Dinge, die du in deinem Leben falsch gemacht hast."
Er nimmt seine Hand von meine Wangen fort. Löst auch die andere und verschränkt seine Finger in einandern.
Er beugt sich nach vorn, scheint ins Leere zu starren.
„Ich fange gerade an meine Fehler zu bereuen."
Ich sehe ihn verwirrt an, welche Fehler beginnt er zu bereuen und warum gerade jetzt?
Ein gedämpftes Klingeln unterbricht die Stille. Harry, setzt sich aufrecht hin, greift in die Tasche seiner engen, dunklen Hose und holte ein teures Smartphone heraus.
Sein Blick bleibt auf dem Display hängen, die Augenbrauen ziehen sich zusammen.
„Entschuldige mich kurz. Ich muss da rangehen." Er steht auf, den Blick immer noch auf das Display gerichtet. Geht den Flur Richtung Schlafzimmer entlang.
„Ja", höre ich ihn das Gespräch annehmen. Er hat die Tür zum Schlafzimmer nicht geschloßen, ich kann ihn verstehen.
Ich fühle mich unwohl dabei ihn zu belauschen. Die Kaffeetasse steht noch immer auf dem Tisch, ich greife nach ihr. Sie ist schon abgekühlt. Der Dampf steigt nicht mehr nach oben und zeichnet Muster in der Luft.
Ich nehme einen Schluck, als ich höre, wie Harry's Stimme lauter wird.
„Was soll das heißen, es wurde nicht bezahlt?"
Er klingt angespannt, schon fast wütend. Es scheint wohl ein Problem in seinem Job zu geben. Was genau verkauft er eigentlich? Ich habe ihn noch gar nicht gefragt.
„Ja ich komme und werde mich drum kümmern."
Seine Stimme kommt wieder näher. Ich drehe mich um, sehe wie er immer noch mit dem Handy am Ohr, zurück ins Wohnzimmer kommt.
Mit der freien Hand massiert er sich seine Schläfe.
„Bleibt wo ihr seit, ich bin gleich da." Er schaut mich an, seine Mundwinkel zucken, gehen leicht nach oben. Die Anspannung scheint aus seinem Gesicht zu weichen und doch habee ich das Gefühl, er grübelt über etwas.
Er nimmt das Mobiltelefon von seinem Ohr, legt auf, ohne sich bei seinem Gesprächspartner zu verabschieden.
Steckt es zurück in seine Jeans.
Sein Griff geht in seine kurzen Haare. Er fährt mit seinen Finger hin durch.
Ich stehe auf, mache ein paar Schritte in seine Richtung.
„Du musst los, wie mir scheint. Ist alles in Ordnung auf deiner Arbeit?", frage ich ihn.
„Wie kommst du darauf, dass es um die Arbeit geht? Hast du mich etwa belauscht Abigail?"
Er nimmt seine Unterlippe zwischen die Zähne. Ist er wütend auf mich, denkt er wirklich, dass ich ihn belauscht habe?
„Ich habe dich nicht belauscht, du warst nicht zu überhören."
Es ist nicht gelogen, er war wirklich nicht zu überhören.
„Ausserdem bin ich deine Vermieterin, ich muss doch wissen ob du auch weiterhin pünktlich deine Miete zahlen kannst." Ein kläglicher Versuch, die Stimmung zwischen uns wieder zu lockern.
„So so, ob ich die Miete auch zahlen kann?" Amüsiert lacht er.
„Mach dir keine Sorgen, ich zahle meine Rechnungen immer."
Er überbrückt den geringen Abstand zwischen uns. Steht direkt vor mir, sieht auf mich hinunter, beugt sich vor, seine Lippen genau an meinem Ohr.
„Und sollte das Geld einmal knapp werden, dann finden wir beide doch sicherlich eine andere Lösung, wie ich meine Schuld, bei meiner Vermieterin, begleich kann, oder nicht?"
Mit dunkler Stimme spricht er diese Worte zu mir. Sein Atem kitzelt meinen Nacken. Meine Haut kribbelt, Gänsehaut überkommt mich. Immer wieder bringt er mich aus der Fassung. Es erregt mich, wenn er so mit mir spricht und er weiß das, nutzt seine Wirkung auf mich aus.
Ich drehe mich in seine Richtung, unsere Nasenspitzen berühren sich fast.
„Tut mir leid ich nehme nur Bargeld." Mit einem siegessicheren Lächeln blicke ich ihn an.
Harry's Augen weiten sich, gespielt lässt er die Mundwinkel hängen.
„Schade, aber vielleicht kann ich dich ja trotzdem irgendwann von meiner Kreditwürdigkeit überzeugen."
„Vielleicht", antworte ich. Ich muss grinsen. Es schmeichelt mir einfach viel zu sehr, wie er mit mir flirtet. Dank ihm, fühle ich mich als Frau wieder begehrt.
Ich drehe mich um und gehe in Richtung Wohnungstür. Harry folgt mir, öffnet mir die Tür.
Ich dreht mich noch einmal zu ihm. Der Brünette steht in der Tür, lehnt sich mit dem Oberkörper, an eben dieser ab.
„Wann sehen wir uns wieder?" Meine Frage ist direkt. Sie soll ihm zu verstehen geben, dass ich hoffe, dass es bald ein nächstes Treffen geben wird.
Seine Finger liegen wieder auf seinen rosa Lippen. Diese Lippen, die mich immer zu daran erinnern, dass ich sie gerne kosten möchte.
„Ich gebe morgen Abend eine kleine Einweihungsparty, nichts großes, vielleicht möchtest du auch kommen? Du würdest es ja vermutlich eh hören und ich würde mich freuen, wenn du dabei wärst."
„Ja klar. Ist es okay, wenn ich jemanden mitbringen?"
Ich bin noch nicht bereit alleine auf eine Party zugehen, auf der ich niemanden kenne. Abgesehen vom Gastgeber, aber dieser, bringt mich auch so schon genug durcheinander. Ich brauche eine moralische Stütze.
Harry sieht mich etwas verwirrt an: „Ehm ja, warum nicht?"
„Okay super, also dann sehen wir uns morgen."
Ich schaue ihn freudig an, mache einen Schritt auf ihn zu und ziehe ihn zum Abschied in eine Umarmung.
Er nimmt seinen Arm, legt ihn um meine Taille und zieht mich enger an sich. Ich kann seinen Herzschlag an meiner Brust spüren. Sein Gesicht ist in meinen Haaren.
„Ich fordere dich jetzt schon mal zu einem Tanz auf, bevor mir morgen jemand zu vor kommt", murmelt er in meine Haare und lässt mich anschließend wieder los.
„Bis morgen Abigail." Er zeigt mir noch einmal seine Grübchen, bevor er sich umdreht und die Tür schließt.
Während ich rüber in mein Apartment gehe, rast mein Puls. Schon jetzt, wenn ich nur daran denke, mit ihm zu tanzen, steigt dir Hitze in mir hoch. Ich habe schon so lange nicht mehr dieser Verlangen gespürt einem Mann nahe sein zu wollen. Er hat mich gefangen genommen. Die Vorfreude auf den Tanz steigt in mir hoch. Ich will ihn spüren, länger als für eine Umarmung. Will sehen, wie er sich bewegen kann. Die wildesten Fantasien entstehen in meinem Kopf.
Ich höre, wie er seine Wohnungstür zu schlägt. Durch den Türspion kann ich erkennen, dass er die Veranda hinab tritt und die Straße runtergeht.
Nachdem Telefonat schien er angespannt zu sein. Meiner Frage nach seinem Job ist er geschickt ausgewichen. So geschickt, dass es mir erst jetzt klar wird, dass er sie mir nicht beantwortet hat.
Wir alle haben Geheimnisse, hat er gesagt, genauso wie alle Menschen Fehler machen würden. Er es immer noch tat. Ich bin verwirrt, kann mir keinen Reim darauf machen.
Ich gehe nach hinten in den Garten. Lege mich auf das weiche Grass, sehe die weißen Wolken über mich hinwegziehen. Betrachte ein paar Minuten die Formen, die sie am Himmel bilden. Die Sonnenstrahlen verwöhnen meine Haut.
Das Tuten in meinen Ohren ertönt, ich warte darauf, dass Niall abhebt.
„Was gibts Abby?" Niall hebt, wie ich es von ihm gewohnt bin, gut gelaunt ab.
„Ich muss mit dir reden", begann ich das Gespräch. Die Finger meiner linken Hand, rupften hohe Grashalme aus dem Boden.
Mein Gewissen erinnert mich daran, dass der Rasen dringen wieder gemäht werden muss.
„Hast du morgen Zeit in meiner Frühschicht ins Café zukommen?"
Ich warte auf eine Antwort von Niall.
Harry möchte mit Abby tanzen, hier schon mal ein Vorgeschmack:
Ohne Mist, das wirkt doch hypnotisch, dieses GIF. ^^
Ich bedanke mich wie immer bei all den Votes und Kommentaren. DANKE!
Gibt es hier auch stumme Leser? Wenn ja, nicht nett, ein Sternchen wäre schön, wenn es euch gefallen hat und wenn nicht, dann sagt mir warum. Ich bin wirklich immer offen für Kritik. Helft #Habby beim wachsen. (:
Anni
Das erste Cover ist von -paynesangel- ♡
Und dieses von der lieben LunaKenton ♡
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