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Shawn's Sicht
Und wieder einmal hat mein Plan funktioniert! Ich bin ja so froh, dass das alles vorbei ist und sie endlich wieder meine Freundin ist.
„Hast du eigentlich wirklich noch was vor?", frage ich Lauren irgendwann. „Nein, eigentlich nicht. Das habe ich nur so gesagt", antwortet sie. „Wusste ich doch", kichere ich, wenn man das bei einem Mann so nennen kann.
„Auf einmal hab ich unglaublich viel Lust, etwas mit dir zu unternehmen. Wir haben ja auch einiges nachzuholen. Wie sieht's aus?" „Ja, gerne. Ich sag nur meiner Mutter Bescheid... Ähm, dass ich zu Olivia gehe oder so. Bin gleich wieder da!", verabschiedet sie sich kurz, winkt und läuft zu ihrem Haus. Währenddessen gehe ich schon mal aus dem Wald heraus.
Ich kann es echt nicht fassen! Wir sind wieder zusammen. Doch die Frage ist, für wie lange? Was wird sie machen, wenn Ross aufwacht? Und ich denke, er wird irgendwann aufwachen. Ich weiß, dass er ihr viel bedeutet, weswegen ich mir sogar wünsche, dass Ross seine Augen wieder öffnet, aber ich möchte Lauren nicht „abgeben". Denn es wird keine mehr geben wie sie.
„Hey, bin wieder da!", lacht sie mich an. Sofort verschwinden all meine Gedanken, weil sie einfach so unglaublich aussieht. Es kommt mir so vor, als ob sie noch besser als damals aussieht, wahrscheinlich weil wir uns längere Zeit nicht gesehen haben. Aber egal, jetzt unternehmen wir ja erst einmal etwas.
Ist zwar nicht der perfekte Ort für ein Date, aber ich nehme sie mit ins Studio. „Wirst du den Song von vorhin jetzt aufnehmen?", fragt sie dann. „Eigentlich hatte ich das nicht vor, aber ein Mädchen hat es mal vorgeschlagen. Also wieso nicht?", meine ich. Das könnte nämlich wirklich eine gute Idee sein.
„Moment, ein Mädchen?", sagt Lauren ein bisschen misstrauisch, was allerdings völlig unnötig ist. Damit sie das auch weiß, erkläre ich ihr: „Eine Freundin meiner Schwester. Sie ist ungefähr sieben Jahre jünger als ich." Auch wenn sie in meinem Alter wäre, würde ich nichts mit ihr anfangen. „Oh, okay, sorry", kichert sie darauf. „Upps."
„Was denkst du über den Song? Soll ich?", frage ich irgendwann, um wieder zum Thema zu kommen. „Kann ja nur gut werden, oder? Ich meine, mich hat er überzeugt", äußert sie ihre Meinung. Also hole ich schnell jemanden, der die Aufnahmen macht, und stelle mich dann erneut zu Lauren.
„Ich weiß, wir wollten eigentlich zusammen etwas machen, aber jetzt kannst du nichts anderes tun als zuzuschauen. Tut mir leid, mir ist nichts besseres eingefallen. Hab damit ja noch keine großen Erfahrungen gemacht", erkläre ich. „Ich hoffe, das hier ist wenigstens halbwegs interessant für dich." „Ja, vor Langeweile sterben werde ich schon nicht. Da musst du dir keine Sorgen machen. Außerdem finde ich es schön, deine Stimme zu hören", meint sie.
Und dann lasse ich einen Kommentar ab, der eigentlich total unpassend ist, aber er rutscht mir einfach so heraus: „Wahrscheinlich fändest du Ross' Stimme jetzt aber schöner. Ich meine..." „Ich weiß, was du sagen möchtest. Aber so darfst du nicht denken. Klar würde ich mich freuen, seine Stimme wieder zu hören. Du kannst allerdings nicht behaupten, dass ich jetzt lieber bei ihm wäre. Ich liebe dich und dessen solltest du dir bewusst sein", erklärt sie mir. Jedoch frage ich mich immer noch, was sie später machen wird.
Und als ob sie meine Gedanken lesen könnte, sagt Lauren noch: „Ich weiß es noch nicht, was passiert, wenn Ross wieder wach ist. Vielleicht stellt sich heraus, dass ich dann gar keine Gefühle mehr für ihn habe. Keine Ahnung. Und deshalb sollten wir unsere Zeit genießen. Ich weiß, dass das für dich nicht gerade befriedigend ist, aber wir wissen nicht, wie lange das halten wird." Da hat sie recht, froh bin ich darüber natürlich nicht.
Für einen Moment sagt keiner von uns beiden etwas. Das Schweigen zwischen uns fühlt sich unangenehm an. Kurze Zeit später nimmt Lauren dann meine Hände in ihre und küsst mich auf die Wange.
„Shawn, bist du dann soweit?!" Das war der Mitarbeiter, den ich geholt habe und sitzengelassen habe. „Sorry, muss jetzt mal los. Hab ihn schon lange genug warten lassen", sage ich schnell. „Ich komme!" „Ich werde mich schon irgendwie beschäftigen", meint sie. Darauf wird mir klar, wie sehr sich die Stimmung nach meiner blöden Bemerkung verändert hat. Das hätte ich mir echt sparen können! Wieso kann ich nur so eifersüchtig werden?
Lauren's Sicht
Während Shawn sich auf den Weg macht ins Aufnahmestudio, setze ich mich auf eine Couch, die ganz in der Nähe steht. Lange höre ich einfach nur zu, aber irgendwann wird es mir doch etwas langweilig. Also hole ich mein Handy aus meiner Tasche und checke meine Nachrichten. Ich habe eine WhatsApp von Rydel halten, was mich zunächst überrascht, da ich schon ewig nichts mehr von den Lynches gehört habe.
Hey, Lauren! Tut mir leid, dass ich mich gar nicht mehr gemeldet hab. Wir waren in letzter Zeit ziemlich beschäftigt. Aber jetzt muss ich dir wieder schreiben. Ich denke, das könnte für dich wirklich erfreulich sein. Vor ein paar Stunden haben wir einen Anruf vom Krankenhaus bekommen. Dr. Ryan hat uns gesagt, dass sich Ross' Zustand verändert hat. Er meint, dass er schon sehr bald aufwachen könnte!
Wir sind gerade bei ihm. Also wenn du willst, kannst du auch kommen.
Meint sie das nun ernst? Ich habe mir ja bereits gedacht, dass Ross aus dem Koma aufwacht, doch so früh habe ich mir nicht vorgestellt. Und vor allem, was soll ich mit Shawn machen? Ich habe ein Date mit ihm, möchte allerdings gleichzeitig ins Krankenhaus. Um ehrlich zu sein sogar mehr als alles andere. Ich muss jetzt einfach zu ihm.
Deshalb stehe ich auf und gehe zu Shawn. Die zwei machen im Moment sowieso eine kleine Pause. „Ist was los?", fragt er, wobei er irgendwie besorgt klingt. Mir ist wohl anzusehen, dass meine Gedanken irgendwo anders, an einem anderen Ort, bei jemand anderem sind
. „Es ist was dazwischengekommen. Ich muss gehen", antworte ich dann, ohne Ross zu erwähnen, damit Shawn sich nicht noch schlechter fühlt, doch ich glaube, er weiß es trotzdem. „Jedenfalls wünsche ich dir noch viel Spaß hier. Also bis dann!" Schließlich umarme ich ihn und suche den Weg hier heraus.
Als ich endlich auf dem Gehweg draußen stehe, rufe ich mir ein Taxi und lasse mich zum Krankenhaus fahren. Der Fahrer meint wohl, mit mir sei etwas nicht in Ordnung, denn er fährt so schnell wie nur möglich in diesem Verkehr. Umso besser.
Da ich schon ein paar Male hier war, kann ich ohne Probleme in das Zimmer von Ross gehen. Als ich die Türklinge herunterdrücke, merke ich, dass ich total mit den Händen zittere. Wird er schon wieder mit seiner Familie lachen? Wie wird er auf mich reagieren, wenn er wirklich wach ist?
Doch diese Fragen sind völlig umsonst, weil Ross noch immer mit geschlossenen Augen in seinem Bett liegt. Was mir allerdings auffällt, ist, dass einige Geräte entfernt wurden. Es sieht so aus, als ob er nur schlafen würde und jeden Moment aufwachen könnte. Wer weiß, vielleicht ist es ja wirklich so.
Erst jetzt bemerke ich seine Eltern und Geschwister, die mich bereits begrüßen wollten, worauf ich aber nicht reagiert habe. „Hey, Leute!", sage ich deshalb noch schnell. „Ist schon irgendwas passiert?" „Besonders viel nicht", meint Ryland. Eigentlich habe ich auch nicht viel mehr erwartet.
Doch dann fügt er hinzu: „Aber Mom sagt, dass er seine Hand vorhin bewegt hat. Ich hab zwar nichts gesehen und die anderen auch nicht, aber wir glauben ihr." Ich hoffe, Stormie hat damit recht. Dann würde es nämlich wirklich nicht mehr allzu lange dauern; glaubt man den Serien im Fernsehen.
„Wie lange seid ihr schon hier?", möchte ich wissen. „Etwa eine Stunde", antwortet nun Rocky mürrisch. „Aber ich denke, wir verschwenden nur unsere Zeit. Wir könnten noch tagelang warten, bis er aufwacht. Tut mir leid, aber ich verschwinde."
Nachdem er die Tür zugeklatscht hat, wundere ich mich: „Was ist denn mit dem los?" „Na ja, ich hab dir doch geschrieben, dass wir etwas beschäftigt waren. Einerseits, weil Rocky jemanden kennengelernt hat. Und heute wollte er sich eigentlich mit ihr verabreden", erklärt mir dann Rydel.
Irgendwie kann ich ihn ja verstehen. Wenn ich jedoch er wäre, würde ich meinen Bruder, der wochenlang schon im Krankenhaus gelegen ist, einem Mädchen, das ich vielleicht seit ein paar Tagen kenne, vorziehen.
„Lasst ihr ihn jetzt einfach gehen?", frage ich, worauf Mark mir erzählt: „Ja, denn sonst wird es nur schlimmer. Das hat er von mir." Danach lacht er, was mich aus irgendeinem Grund ansteckt. Und so reden wir gemeinsam, bis es Abend wird.
Die Lynches gehen früher als ich, weil sie noch etwas vorhaben. Ich entscheide mich dafür, kurz nach ihnen ebenfalls zu gehen. Meine Mutter soll sich ja keine Sorgen machen.
Davor gehe ich aber noch zu Ross, um mich mit einem Handkuss von ihm zu verabschieden. Gerade als ich mich umdrehe und zwei Schritte zur Tür laufe, höre ich ein leises Stöhnen, das nur von ihm stammen kann. Schnell sehe ich mich wieder nach ihm um, und tatsächlich: Seine Augen sind geöffnet und er fasst sich an den Kopf.
„Ross! Oh mein Gott!", rufe ich aufgeregt, vielleicht etwas zu laut. „Lauren?", flüstert er ganz leise. „Bist du das?" „Ja." Mehr bringe ich nicht heraus. Ich bin einfach überglücklich, dass er sich noch an mich erinnert. Und es scheint auch sonst alles in Ordnung zu sein. Sofort schießen mir Freudentränen in die Augen, die ich nicht zurückhalten kann.
„Wie geht's dir?", erkundige ich mich bei Ross. „Mein Schädel brummt ein bisschen, aber sonst eigentlich gut", erzählt er. „Solltest du nicht einem Arzt Bescheid sagen?" „Möglicherweise sollte ich das", lache ich. Und so gehe ich kurz aus dem Zimmer und komme mit Dr. Ryan wieder.
„Guten Tag, Mister Lynch!", begrüßt der Ross. „Schön, dass Sie wieder bei uns sind." „Das finde ich auch", grinst Ross darauf. „Wie lange war ich weg?" „Bald zwei Monate", antwortet der Arzt. „Was hast du dann so lange ohne mich gemacht?", fragt Ross nun mich.
Ich beschließe, ihm das jetzt noch nicht zu sagen. Könnte vielleicht etwas zu viel sein. Deshalb murmele ich nur: „Ach, wenn du wüsstest..."
„Jedenfalls sieht alles gut aus. Wir würden Sie aber trotzdem noch ein, zwei Tage zur Beobachtung hier behalten", berichtet Dr. Ryan schließlich, worauf Ross nickt. „Dann lass ich Sie beide mal alleine. Aber nicht mehr so lange, die Besuchszeit ist bald zu Ende." Letzteres war wohl an mich gerichtet.
Nachdem er verschwunden war, setze ich mich direkt neben Ross auf das Bett und nehme seine Hand. Plötzlich fällt mir diese Sache zwischen ihm und Shawn ein. Ich frage mich, ob er sich noch daran erinnert. Also spreche ich meine Gedanken aus: „Weißt du, was passiert ist, bevor... du weißt schon?"
Einen Augenblick ist alles still, als ob er erst einmal nachdenken müsste. Dafür erhalte ich allerdings eine klare Antwort. „Ja, ich kann mich an alles erinnern. Dieser Shawn und ich waren in einem Raum eingesperrt. Und als ich ihm von dir erzählt habe, hat er mich einfach in den Pool geschubst, sodass ich meinen Kopf angeschlagen habe und ohnmächtig wurde. Ich weiß, dass er ein guter Freund für dich zu sein scheint, aber Lauren, dieser Kerl ist gefährlich. Du solltest dich vor ihm hüten."
„Ist wirklich alles okay mit dir? Du redest völligen Quatsch", sage ich. Er meint auf einmal: „Nein, ich meine das ernst. Ich möchte, dass du dich in Zukunft von ihm fernhältst." „Irgendwie verstehe ich dich ja, aber du kannst mir das nicht einfach verbieten", äußere ich meine Meinung. Nur weil er ein Mann ist, hat er mir nichts vorzuschreiben.
„Ich weiß, aber ich möchte einfach nicht, dass dir etwas zustößt", meint er nun. Zum einen ist das echt süß, weil er sich um mich kümmert, doch zum anderen auch echt abstoßend. Shawn gehört mittlerweile zu meinem Leben, egal ob als Freund oder guter Kumpel, und Ross kann mir diesen Teil nicht einfach wegnehmen.
„Ähm, ich glaube, ich sollte mal gehen. Du weißt ja, was der Arzt gesagt hat. Die Besuchszeit...", wechsele ich das Thema. Dabei versuche ich eigentlich nur hier herauszukommen, um mir das nicht mehr anhören zu müssen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich, wenn Ross wieder wach ist, lieber von ihm verschwinde anstatt so viel Zeit wie möglich mit ihm zu verbringen.
„Also, bye! Und ruhe dich schön aus", verabschiede ich mich von ihm. „Tschau, und passe auf dich aus!", meint er noch.
Auf dem Weg nach Hause mache ich mir echt Gedanken. War das der echte Ross? Na ja, er sah genauso aus und seine Stimme klang auch normal. Aber er hat sich total anders verhalten.
Er weiß, dass Shawn mir viel bedeutet und dass ich ohne ihn wirklich traurig sein würde. Und er möchte mich nicht unglücklich sehen. Möglicherweise hat er das ja nur gesagt, weil er noch ziemlich verwirrt war. Das hoffe ich zumindest. Vielleicht sieht morgen wieder alles besser aus.
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Heute mal wieder ein Bonus-Kapitel, weil ich seit heute endlich alle Arbeiten hinter mir habe! Also zumindest für dieses Schuljahr, haha.
Ich selber finde, dass das ein wichtiges Kapitel in dieser Story ist und bin auch etwas stolz darauf. Was sagt ihr dazu?
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