32. Ein Drache für die Furie
KAPITEL 32
Ein Drache für die Furie
Dienstag, 19. April 1977
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„Moony, willst du nicht mal helfen?" Sirius' Stimme klang verzweifelt, als er sich von Vanessa abwandte und mit hilflosem Blick zu Remus sah, der an diesem sonnigen Nachmittag unter einem der Bäume in der Nähe des Schwarzen Sees saß. Ihm entging nicht, dass er schnell den Blick von den beiden abwandte, als hätte er sie nicht schon die ganze Zeit beobachtet. Peter befand sich ebenfalls neben ihm und wirkte so, als würde er sich langweilen, während sich auf Remus' Gesicht ein leichtes Lächeln abzeichnete.
„Ich dachte, du wärst der beste Lehrer weit und breit?" fragte er und Sirius zeigte keine erkennbare Reaktion auf seine ironischen Worte, als er antwortete.
„Das bin ich auch - nur zu gut, um Geduld aufzubringen."
„So untalentiert bin ich auch wieder nicht." beschwerte Vanessa sich neben ihm und unterbrach den Austausch zwischen den beiden, in dem sie sich zunehmend ignoriert fühlte. Sie hatte sich in der letzten halben Stunde die größte Mühe gegeben, den Zauber so umzusetzen, wie Sirius ihn ihr erklärt hatte, aber er musste ja die ganze Zeit ungeduldig werden und wie ein übereifriger, hungriger Hund um sie herumspringen, wenn sie es versuchte.
„Und Remus, ich weiß genau, dass du nicht gelesen hast, sondern dich die ganze Zeit lustig über mich gemacht hast." fügte sie hinzu und glaubte zu sehen, wie sein Gesicht bei ihren Worten ertappt wurde, bevor er mit einem Seufzen aufstand, um Sirius auf die Schulter zu klopfen und sich Vanessa zuzuwenden.
„Dann setz dich hin, großer Zauberer und sieh zu, wie deine Freundin im Handumdrehen den Patronus lernen wird." kündigte er sich an und Sirius grinste, als würde er noch nicht so recht daran glauben, während er sich gegen den Baum lehnte, unter dem Remus soeben noch gesessen hatte.
„Es liegt an ihm, oder?" fragte Vanessa leise in Richtung Remus, der zu lächeln begann.
„Ohne Zweifel."
„In solchen Momenten hasse ich dich, Remus Lupin. Man weiß nie, ob du so etwas ernst meinst oder nicht." murmelte sie, doch Remus wurde ernst und schien einen recht genauen Plan von dem zu haben, wie er fortfahren würde.
„Einen leichten Nebel hast du ja schon eben erzeugt... Woran hast du gedacht?" fuhr er diszipliniert fort und Vanessa beschlich das Gefühl, dass er die ganze Zeit darauf gewartet hatte, Sirius abzulösen.
Sie zögerte kurz, bevor sie antwortete. „Meinen ersten Kuss mit Sirius."
Mit einem Lachen schnitt Remus ihr das Wort ab. „Viel zu wenig." sagte er und sie zuckte peinlich berührt mit den Schultern.
„Sirius hat es vorgeschlagen." murmelte sie und Remus schüttelte belustigt den Kopf, bevor er Sirius einen kurzen Blick zuwarf und wieder zu ihr sah.
„Hier geht es um eine zutiefst glückliche Erinnerung, Vanessa. Etwas, das dich mit Licht durchflutet, wenn du denkst, dass nichts mehr hilft. Etwas, das dir das Gefühl gibt, dass es nichts Stärkeres auf der Welt gibt. Und ich will ja Sirius' Kusstechniken nicht in Frage stellen, aber ich denke nicht, dass das dafür reicht."
„Merlin, du blühst ja richtig auf." entgegnete sie immer noch scherzhaft, auch wenn Remus tatsächlich völlig in seinem Element zu sein schien. „Und du hast Sirius ja noch nie geküsst, also kannst du das wohl schlecht beurteilen... Oder doch?"
Remus unterdrückte ein Grinsen und deutete mit übertrieben strengem Blick auf sie. „Jetzt probier es schon, Allerton." meinte er belustigt und Vanessa schmunzelte.
„Ja ja, schon gut."
Vanessa wurde ernster, als er sich etwas von ihr entfernte und konzentrierte sich das erste Mal tatsächlich auf ihre glücklichste Erinnerung - was war es, das sie mit wahrhaftigem Glück erfüllte?
In letzter Zeit hatte sie nicht wirklich viel an das Positive in ihrem Leben gedacht und ihre Gedanken hatten sich meistens um ihre Mutter oder Maggie gedreht. Nur Sirius hatte sie ablenken können. Und James natürlich.
James...
Vermutlich war alles, was sie brauchte, um glücklich zu sein, James Potter. Auch, wenn sie sich nach ihrer kleinen Auseinandersetzung von gestern mieden, würde sich daran nichts ändern.
Daran würde sich nie etwas ändern.
Sie erinnerte sich an die Abende, die ihre Familien miteinander verbracht hatten, Fleamonts und Elias schallendes Lachen und Euphemias und Thomas' verzweifelten Blickaustausch, da sie sich wie immer von den beiden ausgeschlossen fühlten, während James und Vanessa wie eine kleine Kopie von den beiden daneben saßen und sich mit Kuchen bewarfen.
Man könnte meinen, es wäre mehr als zehn Jahre her, aber tatsächlich waren sie damals zwölf Jahre alt gewesen (für eine Kuchenschlacht wurde man nie zu alt). Vanessa lächelte, als sie daran dachte, wie Maggie vorbeigekommen war und James ihr im Eifer des Gefechts das Stück Torte an den Kopf geworfen hatte (weil er „das schon immer einmal ausprobieren wollte") und Vanessa konnte gar nicht anders, als bei dem Gedanken zu grinsen, während sie ihren Zauberstab vor sich ausgestreckt hielt und tief durchatmete.
Das war es, was sie glücklich machte: Ihre Eltern. Die Potters. Maggie.
Ihre Familie.
„Expecto Patronum." Für einen kurzen Moment glaubte sie, dass nichts passierte, doch von einem Moment auf den andere fühlte es sich so an, als würde sie das Glück, das sie durch ihre Erinnerung empfand, durch sich hindurch- und bis zur Spitze ihres Zauberstabs fließen spüren, aus der es schließlich mit einer sanften, beinahe anmutigen Bewegung herausbrach.
Eine wunderschöne, bläulich schimmernde Gestalt breitete ihre majestätischen Flügel aus und zog Kreise um Vanessa herum, während sie mit leuchtenden Augen jede ihrer Bewegungen verfolgte. Ihr Patronus war ein Drache.
Ihr Blick blieb an Sirius' ungläubigem und Peters beeindrucktem Gesicht hängen, bevor sie zu Remus sah, der ihr ein anerkennendes, aber wenig überraschtes Lächeln zuwarf.
„So macht man das, Sirius." meinte Vanessa mit einem herzlichen Lachen, während ihr Patronus sich wieder auflöste und sie Remus demonstrativ umarmte, während Sirius schnaubte, aber trotzdem vor sich hin grinste.
„Woran hast du gedacht?"
Vanessas Gedanken glitten wieder zu dem Bild, das sie vor Augen gehabt hatte und ein sanftes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Unter anderem an jemanden, mit dem ich dringend reden muss."
„Dafür hast du jetzt wohl sofort eine Gelegenheit." sagte Peter und deutete hinter sie, wo Vanessa sofort James erblickte, der über die Wiese stolzierte und mit seinem Schnatz spielte, den er immer wieder fliegen ließ, bevor er ihn auffing.
Remus seufzte angestrengt. „Merlin, wie ich diesen Schnatz hasse."
„Er ist nicht einmal Sucher." stimmte Vanessa schlicht zu und Sirius sah die beiden betont empört an.
„Lästert ihr gerade über unser allerbesten Freund?" fragte er dramatisch und Vanessa fasste sich ans Herz.
„Wie konnte ich nur..." entgegnete sie bestürzt, bevor sie Sirius durch die Haare fuhr, einfach weil sie immer das Bedürfnis hatte, seine Locken anzufassen, wenn sie vor ihm stand. Er brummte leicht, was Vanessa zum Grinsen brachte.
„Meine Freunde!" rief James mit großer Geste und Remus schüttelte kurz mit dem Kopf, während er vor ihr stehen bleib. „Und Vanessa."
Ihr Blick verfinsterte sich und in diesem Moment verflog ihr gleich wieder die Lust, mit ihm zu reden, aber da Remus ihre Gemütsänderung sofort bemerkte, mischte er sich ein. „Vanessa hat gerade einen gestaltlichen Patronus heraufbeschworen."
Unwillkürlich trat ein stolzer Ausdruck in James' Augen und er schien die Unstimmigkeit zwischen den beiden augenblicklich zu vergessen. „Was ist es?" fragte er aufgeregt und Vanessa versuchte, cool zu bleiben.
„Ein Junge." entgegnete sie schlicht und James schwieg kurz, bevor er laut zu lachen begann und sie ihm mit einem sanften Lächeln in die Seite stieß. „Ein Drache." gab sie schließlich zu und ihr bester Freund begann zu grinsen.
„Ein Drache für die Furie, was?"
Vanessa legte den Kopf schief und warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, doch James schien es nicht böse zu meinen, sie mit einer Rachegöttin zu vergleichen.
„Weißt du, Vany..." Er steckte die Hände in die Hosentaschen und sie machte ein fragendes Gesicht, als sich ein schelmisches Grinsen auf sein Gesicht legte.
„Was?" fragte sie vorsichtig und er sah kurz zu Sirius.
„Da du für Schniefelus Partei ergriffen hast, kann ich gar nicht sauer sein - du hast dir ganz klar den Kopf gestoßen und brauchst eine Therapie. Vielleicht müssen wir mal deinen Kopf unter Wasser tauchen."
Als Vanessa erkannte, was er vorhatte, machte sie große Augen und zögerte nicht damit, so schnell wie sie konnte loszurennen - sie kannte ihren besten Freund viel zu gut, um nicht zu flüchten. Es dauerte keine Sekunde, bis sie hörte, dass James ihr lachend hinterher eilte und während sie ihr schnell schlagendes Herz laut pochen hören konnte, versuchte sie zu verhindern, dass er sie erwischte.
Der Wind fuhr ihr heftig ins Gesicht, als sie über die Wiese am Schwarzen See wie eine Verrückte hechtete und sie zappelte energisch mit den Beinen in der Luft, als sich James' Arme um ihre Taille schlossen und sie von den Füßen hoben.
„Nein!" kreischte sie, als er sie in Richtung des Sees trug und sie versuchte sich irgendwie aus seinem Griff zu befreien. „James, James, James" quietschte sie und krallte sich in seine Arme, doch er hörte gar nicht auf sie, als er vor dem Ufer stehen blieb, an dem sich die tiefe Badestelle befand.
„Erinnerst du dich daran, als wir die Riesenkrake gesehen haben?" fragte er und sie konnte sein Grinsen förmlich hören.
„Ja." antwortete sie energisch und versuchte, noch heftiger zu zappeln.
„Grüß sie von mir, Vanylein."
Und mit diesen Worten warf er sie ins Wasser.
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Vanessa saß klatschnass wie ein begossener Pudel auf der Wiese und warf James einen finsteren Blick zu, dessen verwuschelte, feucht glitzernden Haare beinahe trocken zu sein schienen.
Als Sirius sich neben sie setzte, schüttelte sie einmal kräftig den Kopf und bemerkte zufrieden, wie er sich erschreckte, als er von den Wassertropfen getroffen wurde.
Mit einer beiläufigen Geste zog sie sich ihre nasse Bluse aus, sodass sie nur noch im BH vor den anderen saß und während James keine große Reaktion dazu zeigte, grinste Sirius, Peter wurde verlegen und Remus ließ seinen Blick ungläubig auf ihr ruhen, bevor er sich wieder fing und den Blick abwandte,
„Na, Peter, das erste Mal, dass sich ein Mädchen vor dir auszieht?" fragte Sirius amüsiert über Vanessas Offenheit, wobei das ihrer Meinung nach wirklich nichts Schlimmes nach. Wenn sie im Bikini hier sitzen würde, würde sich auch niemand beschweren (das war mit Maggie tatsächlich leichter gewesen).
James lachte leicht, bevor Sirius sich mit einem schelmischen Grinsen an Remus wandte. „Für Moony ist es ja nicht das erste Mal, nicht wahr?"
Remus verdrehte die Augen, während James wissend nickte. „Oh ja..." meinte er. „Mary."
„Wieso weiß er es und ich nicht?" fragte Sirius pikiert und Vanessa musste bei seiner Reaktion grinsen, während sie sich an ihn lehnte und er wie automatisch seinen Arm um sie legte.
„Ich wusste es auch." warf Peter ein und nun erwiderte Remus den Blick seines Freundes abwehrend, der ihn immer vorwurfsvoller ansah.
„Bevor du sie noch fragst, wie es war, habe ich es erst einmal James erzählt - der es Peter erzählt hat." erklärte er sich.
„Der es nicht mir erzählt hat." kommentierte Sirius trocken und Remus grinste nur vor sich hin, während Vanessa etwas von Sirius abrückte und ihm in die Augen sah.
„Was meint er denn mit fragen?" Sie war sich sicher, dass dahinter eine interessante Geschichte steckte, was ihr auch gleich von dem geheimnistuerischen Grinsen der vier bestätigt wurde.
„Naja, wie damals." antwortete Remus wage und bei Vanessas fragendem Blick, ergriff James das Wort.
„Als Sirius 12 war, ist er auf einer Familienfeier ein bisschen wagemutig geworden und ist zu seiner Cousine Narzissa gegangen, die gerade die Schule beendet und sich mit Lucius Malfoy verlobt hat." begann James zu erzählen und man sah Sirius an, dass er sich noch lebhaft and diesen Abend erinnerte. Vanessa hob eine Augenbraue und sah zu ihm. „Er hat sie gefragt, wie sie Malfoy heiraten kann und ob es daran liegt, dass er es ihr so heftig gibt, dass sie nicht mehr klar denken kann."
Vanessa konnte gar nicht anders, als herzhaft darüber zu lachen, als sie sich den jungen Sirius vorstellte, wie er das zu seiner Cousine sagte. Normalerweise hätte sie bei einer solchen Geschichte die Wortwahl angezweifelt, aber ihm traute sie alle zu.
„Meine erste Begegnung mit Alkohol, es war ein wenig turbulent an dem Abend." kommentierte Sirius die Erzählung von James und grinste stolz, während Vanessa immer noch darüber lachen musste.
„Was hat sie gesagt?" fragte sie schließlich und nun lachte auch Remus leicht.
„Was hättest du denn gesagt?" meinte er, als gäbe es darauf nur eine richtige Antwort, doch Vanessa schwieg kurz und sah ihn ernst an.
„Ja natürlich."
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( AUTHOR'S NOTE )
Da ich es recht schwer beurteilen kann: Gibt es eurer Meinung nach zu wenige Sirius / Vanessa Szenen? Würdet ihre euch mehr nur zwischen den beiden wünschen?
Es ist mir sehr wichtig, Vanessas Beziehung zu den Rumtreibern, besonders zu James (der wie man in diesem Kapitel ja nochmal gemerkt hat, wirklich wirklich wichtig für sie ist) und Remus, der auch noch bedeutend für sie werden wird, darzustellen und dadurch kann es sein, dass der Fokus manchmal zu wenig auf Sirius liegt.
Findet ihr das schlimm? Was würdet ihr euch wünschen? Vielleicht auch bestimmte Situationen?
Gerade jetzt, wo es immer mehr darum geht, was es mit ihrer Mutter auf sich hat, kann ich mir vorstellen, dass es für einige zu langweilig ist, weil es von einer „normalen" Liebesgeschichte abweicht, aber es ist ein wichtiger Teil für Vanessas Entwicklung und auch für die Entwicklung im Ersten Zaubererkrieg.
Sagt mir ruhig, was ihr dazu denkt, denn ich mache mir im Moment sehr viele Gedanken darüber. Unwritten Rules ist nur der erste Teil einer Reihe, den ich plane und auch im zweiten Teil wird Vanessa vorkommen und aus ihrer Sicht geschrieben, wobei die Hauptperson eine andere sein wird.
Der dritte Teil wird sich um Regulus und meinen OC Lorraine drehen, worauf ich ehrlich gesagt schon sehr lange hinfiebere und anschließend wird der vierte Teil nach der Schulzeit in der Ordenszeit und nach James und Lilys Tod aus Vanessas Sicht spielen.
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