20. Unsicherheit
KAPITEL 20
Unsicherheit
Samstag, 19. Februar 1977
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Vanessa war dankbar, dass Howard sich so schnell auf ihre Anfrage gemeldet hatte. Sie wüsste nicht, was sie für ihre Mutter tun sollte, wenn sie keinen Kontakt ins Ministerium hätte.
Und nun saß sie wieder hier, wie sie es vor knapp einem Monat getan hatte, doch dieses Mal war sie ohne Sirius erschienen. Nur James wusste, dass sie sich erneut mit dem Auroren traf, obwohl sie auch ihm den genauen Grund verschwiegen hatte. Der Eberkopf wirkte genauso heruntergekommen wie am letzten Wochenende und Vanessa fühlte sich nur durch die Tatsache wohl, dass jemand hier war, der nicht so zwielichtig wirkte wie alle anderen.
„Du hast geschrieben, es wäre wichtig, Vanessa. Ist irgendetwas vorgefallen?" fragte Howard sofort nach und sie war ihm dankbar, dass er kein Mensch war, der um den heißen Brei herumredete.
Ohne Umschweife holte sie den Brief aus ihrer Tasche und reichte ihn ihm. Während er ihn stirnrunzelnd durchlas, begann Vanessa zu erklären, was ihr seit Tagen durch den Kopf ging. „Es ist dieselbe Person, die meiner Mutter den Brief hinterlassen hat, nicht wahr? Und... Er hat Maggie erwähnt. Heißt das, er hat etwas mit ihrer „Krankheit" zu tun?"
Howard fuhr sich über sein Kinn und sah ihr aufrichtig in die Augen. „Die viel wichtigere Frage ist, ob du dich weiterhin damit befassen möchtest. Ich habe kein Interesse daran, dich in Gefahr zu bringen." sprach er seine Bedenken aus und auch, wenn sie wusste, dass sie berechtigt waren, widerstrebte es ihr ihm zuzustimmen.
„Es geht um meine Mutter! Ich kann nicht einfach aufgeben und warten, was passiert, wenn das Ministerium nichts tut." entgegnete sie verzweifelt und hörte den Auror vor ihr seufzen.
„Du bist Elia zu ähnlich, um etwas anderes zu sagen." meinte er, bevor er fortfuhr. „Er ist wahrscheinlich derselbe, da hast du recht. Doch das bedeutet gleichzeitig, dass er mächtige Freunde hat. Andererseits würde ich nicht zu viel in die Erwähnung deiner Freundin hineininterpretieren. Sie ist schließlich schon vorher krank geworden."
Seinen Versuch sie zu beschwichtigen nahm sie mit einem Nicken an, doch sie war sich nicht sicher, ob er damit recht hatte. Wer wusste, wie ausführlich das Ganze geplant war? Doch in einem Punkt lag er richtig: Es machte eigentlich keinen Sinn. Was hatte Maggie damit zu tun?
„Versprichst du mir, es ruhen zu lassen? Ich werde mein Bestes tun, um deiner Mutter zu helfen." Als sie seine Worte hörte, wandte sie den Blick ab und biss sich auf die Lippe. Sie hatte gedacht, er würde sie unterstützen, doch stattdessen wollte er sie klein halten.
„Das kann ich nicht versprechen. Ich bin nicht umsonst in Gryffindor. Ich gebe nicht auf."
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Die Rumtreiber waren es gewöhnt, dass Vanessa unangekündigt in ihrem Schlafsaal auftauchte, um mit James Zeit zu verbringen und insbesondere Sirius hatte in den letzten Jahren Zeichen gefunden, mit denen er ihr verdeutlichen konnte, dass eine Störung nicht erwünscht war.
„Einen wunderschönen guten Abend, meine Freunde." trällerte Vanessa beschwingt, als sie die Tür öffnete. Ihr Lächeln verdeckte die Nachdenklichkeit und Verwirrtheit, was den Brief betraf, der ihr nicht mehr aus dem Kopf ging. Sie musste mit James darüber reden.
„Gleichfalls, Vany." entgegnete Remus, der auf seinem Bett saß und völlig in sein Buch vertieft war. „Schokolade?"
Vanessa lachte leicht und schüttelte amüsiert den Kopf. „Nein, danke."
„Ist James da?" fragte sie und Remus sah zu ihr auf.
„Nein, ich habe keine Ahnung, wo er ist. Er hatte nur irgendeinen Masterplan wegen Lily. Wenn er nicht im Krankenflügel liegt, hast du gleich eine Therapiestunde vor dir." antwortete er grinsend und wollte noch etwas hinzufügen, als er jedoch unterbrochen wurde.
Die Tür zum Bad ging auf und heraus kam ein oberkörperfreier Sirius, der lediglich eine Hose anhatte und sich mit einem Handtuch durch die nassen Haare fuhr. „Hey Vany." meinte er beiläufig, während er sich, ohne sich die Mühe machen, sich etwas anzuziehen, auf sein Bett warf und ein Magazin über Quidditch zur Hand nahm.
Vanessa hatte immer noch kein Wort herausgebracht und starte ihn wie paralysiert an.
Verdammt, man sah ihm sein Quidditchtraining wirklich an. Ihr Blick fuhr von seinen breiten Schultern zu seinem Bauch, an dem man Ansätze eines Six-Packs erkennen konnte. Er war nicht zu muskulös, aber auch nicht... zu wenig.
Ein Schlag gegen den Arm riss sie aus ihrer Trance und sie sah zu der Pergamentrolle, mit der Remus sie soeben abgeworfen hatte. Als sie etwas Empörtes entgegnen wollte, hob er die Augenbrauen und deutete Richtung Sirius.
Vanessa verdrehte abwehrend die Augen und merkte, dass ihr Verhalten mehr als seltsam gewesen waren muss. „Hey Sirius." entgegnete sie deswegen, zwar mindestens zehn Sekunden nach ihm, aber wenigstens stand sie nicht weiterhin schweigend und starrend herum.
Sirius sah von seiner Quidditch-Lektüre zu ihr und zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. „Hey?" fragte er verwundert, bevor er sich mit einem Grinsen abwandte und das Magazin zur Seite legte.
Sie hatte sich angehört, wie eine von seinen Bewunderern. Hey Sirius? Im Ernst?
Sie mied Remus Blick, der grinsend den Kopf schüttelte.
„Wieso läufst du hier eigentlich halb nackt herum?" fragte sie etwas gereizt, wobei sie viel mehr sauer auf sich selbst als auf ihn war.
„Weil ich hier vielleicht lebe?" meinte er, ohne sie anzusehen, doch das Grinsen auf seinem Gesicht wurde immer breiter. Vanessa könnte sich selbst schlagen. Wie hörte sie sich denn bloß an? „Außerdem habe ich immer noch eine Hose und nicht nur ein Handtuch an."
„Macht das einen Unterschied?" hinterfragte Vanessa seine Logik und Sirius sah sie an, als wäre es das Offensichtlichste der Welt.
„Natürlich macht das einen Unterschied. Wusstest du, dass Waden bei Männern früher als besonders sexy galten? Ich möchte ja nicht riskieren, dass du... verlegen wirst." erklärte er und Vanessa schnaubte abfällig.
„Woher weißt du überhaupt so etwas?" fragte sie ungläubig nach und schüttelte den Kopf. Sirius warf Remus einen kurzen Blick zu, doch bevor sie länger darüber nachdenken konnte, ging die Tür erneut auf und James betrat schwungvoll den Raum.
„Meine liebste Vanessa!" rief er aus, bevor sein Blick mit einem Grinsen auf Sirius fiel. „Wie ich sehe, nährt ihr euch an..."
Vanessa verdrehte die Augen, doch Sirius schien der Kommentar seines Freundes nichts auszumachen. Im Gegenteil: Er grinste weiter zufrieden vor sich hin. Wieso hatte Vanessa nur Freunde, die die ganze Zeit am Grinsen waren?
Doch so sehr sie sich in diesem Moment freute bei James zu sein, fühlte sie den Brief förmlich durch ihre Hosentasche hindurch und sein Gewicht schien sie nach unten zu ziehen, als wäre er aus Blei.
James bemerkte die Gefühlsregung in ihrem Gesicht sofort und warf ihr einen aufmerksamen Blick zu. Sie konnte nichts vor ihm verbergen, ohne dass er es merkte. „Was ist los?" fragte er und Vanessa seufzte leicht.
„Ich war heute bei Howard."
Sirius schnaubte abwertend. „Howard." äffte er sie spöttisch nach. „Was willst du bei diesem Typen? Er ist schmierig und unsympathisch."
Vanessa warf ihm einen eindringlichen Blick zu. „Er ist die einzige Verbindung, die ich zu meiner Mutter habe." antwortete sie nachdrücklich und es war deutlich aus ihrer Stimme herauszuhören, wie wichtig ihr es war, dass er das nachvollziehen konnte. Er sah sie nachdenklich an und nickte leicht, während er sich offensichtlich einen Kommentar verkniff.
„Wieso warst du überhaupt bei ihm?" fragte James und Vanessa holte tief Luft, bevor sie den Drohbrief aus ihrer Tasche holte.
„Vielleicht..." Sie hielt inne. „Ihr solltet diesen Brief lesen."
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