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14. März
"Heimliche Liebesaffäre zwischen den gleichaltrigen Sprösslingen der Moreau- und García-Clane?
Beim Frühlingsball vergangenen Abend waren beide Parteien vertreten gewesen. Die Anspannung lag deutlich in der Luft. Sie wurde jedoch - zum Erstaunen aller - von den jüngsten anwesenden Sprösslingen der verfeindeten Clans gelöst.
Zunächst lehnte der älteste Sohn von Mercedes Viñetto, Vicente García, alle Tanzanfragen seiner weiblichen Anhänger ab. Er zeigte sich unbeeindruckt und unnahbar.
Dann jedoch erstaunte er alle, insbesondere seine eigene Mutter Mercedes Viñetto. Das erfolgreiche Model tanzte den restlichen Abend mit einem gleichaltrigen Mitglied des Moreau-Clans: Lilou Moreau.
War dies ein Zeichen auf eine heimliche Liebesaffäre zwischen Vicente García und Lilou Moreau?
Und stehen sich die verfeindeten Clane vielleicht doch näher als gedacht?
Wir warten gespannt auf den kommenden Frühjahrsball und finden die Antwort für euch heraus!"
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"Diese Klatschnachrichten sind ein Desaster für uns! Was hast du dir nur dabei gedacht, Lilou?", bellte mich meine Mutter mit wütender Miene an und trank einen Schluck ihres Kaffees.
Unentschlossen zupfte ich an meinen Fingernägeln herum und sah mich im großen Esssaal um.
Große weiße Türen vergrößerten den ohnehinschon riesigen Saal um ein Vielfaches. Dazu schlichte Wände mit daran angebrachten Verschnörkelungen. Der minimalistische Esssaal wurde schlussendlich von einem goldenen Kronleuchter abgerundet, was ihm das gewisse Etwas verlieh.
Am großen Glastisch darunter saß ich nun mit meinen Eltern und blickte hilfesuchend zum ruhigeren Part gegenüber von mir. Dieser zuckte jedoch nur mit den Schultern und schob sich einen Minicroissant in den Mund. Um mich zu beruhigen, zwinkerte er mir allerdings heimlich zu.
"Das wird uns schaden. Das Kind wird uns noch in den Ruin stürzen! Was machen wir nur? Wie verhalten wir uns?", murmelte mein weibliches Elternteil währenddessen vor sich hin und suchte in ihrem Kaffeesatz nach einer Lösung, "Ich hab's!"
Mit großen Augen sah ich meine Mutter an, welche soeben aufgesprungen war und nun ungeduldig im Saal umherlief.
"Lilou, du wirst ihn für uns ausspionieren!"
Mit einem Schlag blieb die kleine, etwas rundlichere Frau stehen und zeigte mit ihrem Zeigefinger in die Höhe.
"Du wirst ihm schmeicheln und ihn umgarnen, bis er dir vertraut. Dann quetschst du ihn aus und dann...", sie legte eine theatralische Pause ein, "zerstörst du diesen spanischen Widerling und seine ganze niederträchtige Familie mit!"
War das ihr ernst? Unbegeistert sah ich meine Eltern abwechselnd an.
Meine Mutter freute sich wie ein Schneekuchen und ließ ihr schadenfrohstes Lachen zum Vorschein kommen, während Vater nur mit dem Kopf schüttelte.
Er rollte mit den Augen, nahm danach einen weiteren Minicroissant und stopfte ihn mir schnell in den Mund.
21. März
Frühjahrsball
"Meine Tochter ist die Schönste im ganzen Saal. Sie ist die lebende Barbie."
Purer Stolz spiegelte sich in den Augen meiner Mutter wider, während sie mit ihren reichen Freundinnen sprach und mich dabei in den höchsten Tönen lobte.
Bei meinem heutigen Aussehen hatte sie sich besonders viel Mühe gegeben. Ein dunkelrotes Meerjungfrauenkleid, das meine Taille betonte und dazu der V-Ausschnitt, welcher zusammen mit der Goldkette mein Gesamtoutfit vervollständigte.
Allem in allem ein wunderschönes Kleid - nur darin bewegen konnte ich mich kaum. Super.
So graziös wie ich nur konnte, bewegte ich mich langsam, zur Walzer Musik rhythmisch passend durch den Saal. Einige Gäste, welche sich um die tanzenden Paare versammelt hatten, blickten mir nach, als ich an ihnen vorbei und zur Wand lief.
Vor einem Bild blieb ich stehen. Gleichmäßig hob und senkte sich mein Brustkorb, während meine Gesichtszüge beim Betrachten des Gemäldes weicher wurden.
Eingerahmt von purem Gold, trafen auf der Leinwand die unterschiedlichsten Farben aufeinander. Gladiolen. Sie waren hauptsächlich rot, orange und violett, alle umgeben von einem saftigen grün.
"Dein Kleid sieht der Hammer aus."
Die tiefe Stimme des Mannes hallte so dicht neben meinem Ohr, dass sein warmer Atem direkt auf meinen Nacken traf. Sofort stellten sich jegliche Haare im betroffenen Bereich auf.
Erschrocken taumelte ich einige Schritte auf die Seite. Zu meinem Glück musste mein Highheel jedoch im Saum des schweren Kleides hängen geblieben sein, sodass ich mein Gleichgewicht verlor und drohte, vergleichbar mit einem Stock auf den Boden zu fallen.
Wie ein zappelnder Fisch griff ich nach allem, was mich vor dem Fallen retten konnte. So kam es, dass ich mit meiner Hand nach der Krawatte meines Hintermannes griff und nun an seinem Anzug klebte.
"Halt mich fest", rief ich laut im Eifer des Gefechts und drückte alle meine Augen und Zähne zusammen.
Plötzlich war es still im Saal.
Man hätte einen Glastropfen laut hallen gehört, wäre er vom Kronleuchter auf den Boden gefallen.
Vorsichtig öffnete ich die Augen und sah direkt in das Gesicht von Vicente García, welcher mit den Mundwinkeln zuckte.
"Keine Sorge, ich lass dich nicht mehr los."
Ich wollte gar nicht daran denken, wie diese Situation auf andere wirken musste. Ich klebte wortwörtlich an ihm und machte auch keine Anstalten, mich wieder zu lösen. Nein, stattdessen befand ich mich mit einem immer roter werdenden Kopf und Glotzaugen in einer Starre.
Ich hatte Angst, dass mein Herz augenblicklich aus meiner Brust springen würde, so schnell schlug es gegen meinen Brustkorb. Jegliche Luft war aus meiner Lunge gewichen.
Ein Blitzlicht ließ mich schließlich wieder aus meinem hundert jährigen Schlaf erwachen.
Ich musste mich beruhigen. Cool bleiben, professionell reagieren war nun angesagt.
Ich zog mich schnellstmöglich wieder auf die geradewegs sicheren Beine und stieß einen hohlen Räusperer aus. Mit erhobenem Kinn sah ich auf Vicente, welcher jede meiner Bewegungen verfolgte.
Mit meinem liebsten Lächeln sowie einem tiefen Blick in seine Augen strich ich den edlen Anzug meines Retters glatt. Kameras waren nämlich immernoch auf uns zwei gerichtet.
"Forderst du mich bitte zum Tanz auf? ", nuschelte ich ihm zu und sah abwechselnd in seine paralysierten Augen und zu der starrenden Herde Menschen.
Wieder gefasst und mit neutraler Miene nahm mein Gegenüber folgend meine Hand und zog mich vor aller Gäste gen Tanzfläche.
"Bei dir muss man echt aufpassen", schmunzelte der wieder aufgetaute Vicente, während er mich sanft hin und herwog, "Beim nächsten Mal bekomme ich wahrscheinlich noch eine Faust ins Gesicht."
"Dann hättest du dich nicht so an mich ranpirschen sollen, du Perversling", konterte ich und trat mit meinem HighHeel aus Versehen auf seinen schwarzschimmernden Schuh, "das war unanständig, wie nah du mir gekommen bist!"
"Tut mir leid", lachte er, "ich überleg mir was als angemessene Entschuldigung, versprochen!"
Mit gleichmäßigen Schritten führte er mich durch den Tanz, wobei es sich anfühlte als würden wir durch den Saal fliegen. Mit Leichtigkeit nutzten wir als einziges tanzendes Paar den ganzen Platz der Tanzfläche aus. Wir schwebten förmlich durch die Räumlichkeit.
Nach viel zu kurzer Zeit führte der Tanz auf seinen Höhepunkt zu.
Vicentes Hände wanderten nach unten an meine Hüfte, wodurch das Blut in Windeseile durch meine Adern schoss und wie wild in meinem Herzen pulsierte. Zur gleichen Zeit atmeten wir scharf ein und gaben uns somit gegenseitig das Startsignal für die Hebefigur.
Sicher hob mich Vicente hoch und drehte sich mit mir. Dann ließ er mich wieder runter, wobei sein Gesicht zum zweiten Mal nah an mir war, nur diesmal sah ich ihn von vorne.
Seine dunklen Augen, welche unberechenbar schienen.
Sein Duft nach Natur, wie ein frischer Wald, den man am frühen Morgen betrat, wenn noch alles schlief und nur der auf die Blätter tropfende Regen zu hören war.
Es beruhigte mich.
Meine Hände lagen derweil auf seinen Schultern und umschlossen seinen Hals. Eng umschlungen tanzten wir weiter und musterten uns gegenseitig, als wären wir Gemälde.
Ich hätte noch bis in die Nacht mit ihm tanzen können, jedoch findet alles irgendwann sein Ende - so auch dieser Abend.
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