Kapitel 44
Kapitel 44
„Travis!", schrie seine Schwester Tara aufgeregt, als Isanamis Sandteppich langsam zu Boden schwebte. Schon auf dem Rückweg hatte sie gesehen, dass sein Rudel sich gut verteidigt hatte. Zumindest sah es so aus.
Nachdem sie Finn und Ciira abgesetzt hatten, waren sie gleich weitergeflogen, obwohl die Feen die Göttin gerne willkommen geheißen hätten. Doch Isanami hatte es eilig gehabt und hatte das bisschen Zweisamkeit mit Travis genossen.
„Endlich seid ihr wieder da!", jubelte Tara und sprang ihren Bruder an. Dieser umarmte sie eng und Isanami sah, wie froh er war, wieder hier zu sein.
Die Göttin beobachtete Tara und ließ ihnen Zeit, während sie ihre Macht nutzte, um die Gegend zu betrachten. Das Territorium der Werwölfe war groß, hatte sich aber verkleinern müssen, weil sie nicht mehr genug waren, um dieses zu schützen. Ob eine Art Mauer reichen würde? So konnten sie einen Kampf aus dem Weg gehen.
Dabei bemerkte sie, dass die anderen sich um sie versammelten. Auch sie hatten die Ankunft ihres Alphas und der Göttin mitbekommen.
Sobald Tara fertig war, kam sie auf Isanami zu und verneigte sich tief vor ihr. „Wir sind so froh, Euch wohlbehalten wiederzusehen", sagte sie ernst. „Wir waren täglich am Tempel und haben für Euch gebetet."
Isanami lächelte sanft. „Die Reise ist gut verlaufen", sagte sie und versuchte, dankbar zu klingen. Allerdings war sie gedanklich noch bei ihrem Plan, die Wölfe zu schützen.
Dennoch lauschte sie den Erzählungen und berichten, die Tara ihrem Bruder gab. In der Zeit der Reise waren die Vampire wiedergekommen, doch nicht so viele wie zuletzt. Daher hatten sie sich gut verteidigen können, hatten jedoch auch Verluste einstecken müssen. Das Rudel war durch den Angriff weiter geschrumpft. Isanami wusste, dass das eine schlechte Nachricht war.
„Bringt mich bitte an die Grenzen", bat Isanami, da sie sich diese genau ansehen wollte.
„Ich bringe dich hin. Tara, du kommst mit. Ihr anderen bleibt hier", wies Travis ganz in seinem Element an.
Isanami bemerkte, dass er rennen wollte. Nicht umsonst verwandelte er sich. Womöglich fehlte es ihm, seinem inneren Tier nachzugeben.
Isanami stieg jedoch nicht auf. Stattdessen erhob sie sich leicht in die Luft. Sie war schon Ewigkeiten nicht mehr geflogen und vermisste es regelrecht.
Travis schien sie auch nicht zu drängen, sondern sprang geschickt durch die Felsspalten hin und her. Genau wie seine Schwester, die ihnen folgte. Und dann rannten sie los. Über die weite, karge Gerölllandschaft, die das Mondland ausmachte.
Isanamis Herz schmerzte, doch sie widerstand dem Drang, das Land zu begrünen. Später hatte sie dazu Zeit. Jetzt musste sie sehen, was sie an den Rändern des Territoriums tun konnte.
Auf ihrem Flug erkannte sie, dass die Vampire ganze Arbeit geleistet hatten. Sie hatten das Mondland regelrecht verwüstet und verkleinert.
Isanami wünschte sich, etwas tun zu können und spürte, wie ihre Magie begann zu wirken. Diese hielt sie jedoch zurück. „Sind das die äußeren Grenzen?", wollte Isanami wissen, als sie bemerkte, dass der Pfad der Verdammten, sich bis hierhin ausgebreitet hatte.
„Ja", bestätigte Tara, meinte jedoch, dass ihr Gebiet früher größer gewesen war. Seit dem letzten Angriff, der nicht einmal ein paar Tage zurücklag, war ihr Territorium erneut geschrumpft.
„Der Pfad breitet sich aus oder waren es die Vampire, die es zerstört haben?", wollte sie wissen. Sollte der Pfad sich wirklich ausbreiten, musste sie einen Zauber schaffen, der das verhinderte.
„Beides", erklärte die Wölfin traurig und Isanami spürte, wie Travis sich anspannte. Ihm schien es nicht zu gefallen, was hier in seiner Abwesenheit passiert war.
„Verstehe", murmelte Isanami und landete direkt vor dem Pfad. Dieser war deutlich sichtbar, denn das Gras war verdorrt und die Pflanzen gestorben. Als sich Isanami jedoch mit einem Fuß näherte, begann der Boden erneut Kraft zu schöpfen. „Zeigt mir, bis wohin euer Territorium ging", forderte sie ruhig, während sich von ihren Füßen aus Grün über die Landschaft ausbreitete.
Dass sich die beiden Wölfe einen Blick zuwarfen, konnte sie aus den Augenwinkeln erkennen. Travis trat neben Isanami und überholte sie, damit er ihr zeigen konnte, bis wohin sein ehemaliges Territorium gegangen war.
Sie folgte ihm mit langsamen Schritten und beobachtete die Umgebung dabei sehr genau. „Wir gehen die alte Grenze ab", bestimmte sie und würde einen Zauber wirken, der eine Dornenwand erschuf. Das würde die Vampire aufhalten und ihr alle Probleme in dem Gebiet melden.
Doch bis zur Grenze war es ein längerer Weg. Das zeigte ihr, wie weit die Vampire bereits eingefallen waren. Es machte sie wütend, aber sie war froh, endlich helfen zu können. Während sie Travis folgte, ließ sie ihre Gedanken Revue passieren. Wie er sie vor nicht allzu langer Zeit aufgesucht hatte.
In der Zeit war wirklich viel geschehen. Nicht nur Travis Tod, sondern auch seine Liebe zu ihr, hatten ihre Welt verändert.
Wie es aussah, würde sie von nun an hier mit ihm zusammen leben. Das, was er ihr gab, wollte sie ihm zurückgeben. Eine grenzenlose Liebe, die ungeachtet der Unterschiede zwischen ihnen wohl für immer halten würde. Das sorgte dafür, dass sich ein warmes Gefühl in Isanami ausbreitete.
Schließlich erreichten sie die Grenzen und sie konnte ihren Zauber wirken. Noch sah man nichts, doch während sie die Grenze entlanggingen, wuchsen kleine Dornenranken aus den Boden. Ein magischer Schutzwall für die Werwölfe.
Langsam und stetig wuchs die Mauer, die so dicht wurde, dass niemand hindurchsehen konnte. Gleichzeitig sprühte sie eine gewaltige Macht aus, die wohl alles in der näheren Umgebung fernhalten würde.
Kein Vampir würde diese Mauer je überwinden können. Das hieß es war genügend Zeit, sich darum zu kümmern, das Territorium wieder aufzubauen.
Während sie weiterlief und die Mauer verstärkte, spürte sie Travisˋ Hand an ihrem Rücken. „Erklärst du mir, was das in der Festung der Lust war? Das Licht, das von mir ausgegangen ist?", fragte er leise.
Isanami zögerte für einen Moment. Sollte sie es ihm sagen? „Das Fragment, das sich bei den Einhörnern befunden hat", flüsterte sie leise, in der Hoffnung er verstand die Antwort.
Leider schien es nicht so, denn er wollte es genauer wissen. Sein Blick war fragend und neugierig zugleich. „Was hast du getan?"
„Ich habe nichts getan", meinte sie leise. „Es ist während ... des Prozesses in dich übergegangen", erklärte sie murmelnd.
„Was ist auf mich übergegangen? Das Fragment?", fragte er deutlich verwirrt. „Wie ist so etwas möglich? Ich bin doch kein Gott."
„Das Fragment hat sich in der Magie der Einhörner manifestiert und diese ist auf dich übergegangen. Damit auch eine Menge meiner Magie", erklärte Isanami leise. „Somit ist dein Körper jetzt mit einem Teil meiner Macht ausgestattet. Das ging wohl nur, weil es viel Lichtmagie war und du ... tot."
Einen Moment lang sah Travis sie geschockt an, bevor sich seine Lippen zu einem Lächeln verzogen. Urplötzlich zog er sie an sich und legte seinen Kopf auf ihrem Haupt ab. „Meine Göttin ...", murmelte er. „Du hast einen Teil deiner Magie geopfert, um mich wiederzubeleben. Damit hast du dich selbst geschwächt", meinte er mit leichter Trauer in der Stimme.
„Das mag sein, aber du warst es mir wert", flüsterte sie und obwohl Tara sie deutlich sah, drückte sie Travis einen Kuss auf die Lippen.
Sie hörte, wie seine Schwester nach Luft schnappte. Liebevoll sah Travis Isanami an. „Du bist wahrlich meine Luna", flüsterte er.
Isanami kicherte, als wäre sie einfach nur eine junge, verliebte Frau. „Wenn das die Anziehung erklärt, dann auf alle Fälle", antwortet sie und küsste ihn erneut.
Travis lächelte und hob sie hoch, um sie an sich zu drücken. „Du bist unsere letzte Hoffnung. Nicht nur mit deinen Fähigkeiten. Ich hoffe, du wirst mir kräftige Kinder schenken", flüsterte er.
Isanami lachte. „Dann hoffe ich, dass du Kinder magst", meinte sie neckend. „Als Göttin der Natur bin ich sehr fruchtbar."
Der Alpha warf einen Blick zu Riri, die ihn neugierig ansah. „Ja, ich denke, ich mag Kinder", sagte er leicht lächelnd. Es war, als hätte er sich damit abgefunden, ein Geistermädchen zu haben. So nervig wie am Anfang war Riri nicht mehr.
„Wenn du möchtest, kümmere ich mich um Riri", bot sie an, würde aber zuerst den Wall beenden.
„Was meinst du? Was wirst du mit ihr machen?", fragte Travis vorsichtig und klang besorgt. Wie ein Vater.
„Sie von dir trennen", meinte Isanami. „So, dass sie hingegen kann, wohin sie will. Wenn ihr beide das wollt."
Der Blick, den Travis seinem Geist zuwarf, war undeutlich. „Was willst du, Riri?", fragte er direkt.
„Von was sprecht ihr?", fragte Tara neugierig, doch ihr Bruder winkte mit den Worten, es später zu erklären, ab.
Das Geistermädchen wirkte unruhig. „Darf ich hierbleiben, wenn ich das möchte oder muss ich gehen?", fragte sie und blickte beide traurig an.
„Du darfst bleiben", sagte Travis ernst, hob aber den Zeigefinger. „Ohne dich ständig einzumischen, versteht sich."
Isanami lachte leise. „Ich hätte durchaus gern Zweisamkeit ohne einen Geist an der Seite", gestand sie.
Ernst nickte Travis. „Wenn du bleibst, wollen wir auch Zweisamkeit. Du wirst gehorchen und nicht widersprechen. Versprich es mir und du darfst bleiben."
Riri strahlte. „Natürlich", sagte sie begeistert. Es schien ihr zu gefallen, bleiben zu dürfen.
Was Isanami aber auch freute. Obwohl Travis anfangs gar nicht begeistert gewesen war, hatte er sich mit seinem Schicksal abgefunden. Er respektierte den Geist wohl, da sie ihnen geholfen hatte, Isanami zu befreien. „Wie ist es, wenn du sie von mir befreist. Kann sie dann trotzdem hier sein oder wird sie gehen?", fragte Travis.
„Sie kann sein, wo auch immer sie sein will", meinte Isanami. „Unabhängig davon, wo du bist."
„Was willst du, Riri?", fragte er seinen Geist noch einmal.
„Wenn ich auch bleiben darf, dann möchte ich auch die Welt erkunden", sagte sie begeistert. Sie schien wirklich Lust zu haben, Neues zu entdecken.
Damit konnte Travis scheinbar eine Entscheidung treffen. „Dann befreie sie von mir, damit sie genau das tun kann", meinte er und kraulte Isanamis Nacken.
„Sobald der Wall fertig ist", bestätigte sie und blickte Riri dann fragend an. „Ich kann dich auch für einige Zeit für andere sichtbar machen."
Fragend legte das Mädchen ihren Kopf schief. „Warum? Was bringt das?", wollte sie sichtlich neugierig wissen. Sie schien davon nicht abgeneigt zu sein.
„Andere können dich sehen", meinte Isanami schulterzuckend und lehnte noch immer an Travis, während der Wall aus Ranken weiter wuchs.
„Können sie mit mir spielen?", fragte Riri noch neugieriger.
Isanami überlegte. „Ich denke, das kann ich einrichten."
Das Geistermädchen begann zu jubeln und flog rasend schnell um die beiden herum. „Ich will spielen!", rief sie glücklich und breitete ihre Arme aus. Tatsächlich schien sie glücklich zu sein. Genau wie Travis und Isanami, die sich liebevoll ansahen.
„Sie ist wie eine Tochter. Nervig, aber irgendwie süß", flüsterte er Isanami zu.
Die Göttin lachte. „Kümmern wir uns um unsere Arbeit, dann kümmern wir uns um Riri."
Seufzend drehte Travis sich um und starrte auf die Dornenmauer, die in der Zeit des Gesprächs gewachsen war. „Danke für deine Hilfe, Isanami. Mein Volk und ich schulden dir viel", sagte er und legte einen Arm um Tara, die zu ihm kam. Travis schien sich ein wenig zu entspannen und nachzudenken.
„Dieser Wall wird eure Grenzen schützen", erklärte Isanami. „Nur diejenigen, die ungefährlich sind, werden ihn durchqueren können."
„Das ist gut. So können wir das Rudel wieder aufbauen", sagte Travis sichtlich erleichtert und Isanami bemerkte, dass er sich irgendwie freute. Wohl auch, weil er seine Luna gefunden hatte.
„Genau und ich kümmere mich um die Natur", entschied sie, während sie sich wieder in Bewegung setzte.
Dass sie eigentlich gar nicht viel tun musste, wusste sie. Mondland war schon immer eine karge, steinige Landschaft gewesen, doch mit ihrer Macht konnte sie für eine Menge Nahrung sorgen. Das würde der Nachwuchs sicherlich brauchen.
Zudem fühlte sich Isanami in einem bewaldeten Gebiet wohler. Wölfe brauchten das auch, denn zu Mondland gehörten auch dichte Wälder. Zumindest war es früher so gewesen.
Wahrscheinlich würde das Rudel das auch begrüßen. „Ich freue mich darauf, mit dir ein Leben anzufangen", murmelte Travis mit dem Blick auf sein Territorium.
Isanami folgte seinem Blick und lächelte. Es würde ein anderes Leben werden und dafür war sie dankbar. Für sie war die Zukunft voller Abenteuer und neuer Dinge, die sie kaum erwarten konnte.
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