Tom Riddle II
»Also erstmal möchte ich dir noch einmal versichern, dass ich für dich keinerlei Gefahr darstelle, Harry. Ich weiß, du hast schon viel über mich gehört, aber nur wenig davon ist wahr. Ich gehe davon aus, dass dir Severus und Regulus bereits erklärt haben, was es mit dem Tod deiner Eltern auf sich hat und mit den Todessern!?«, begann Tom ruhig. Er wollte Harry keinesfalls in die Ecke drängen, denn für diesen war ohnehin alles vollkommen verwirrend. Schließlich nahm er ein zögerndes Nicken wahr.
»Ich wurde am 31. Dezember 1926 geboren. Das heißt, ich bin also weit über sechzig Jahre alt, aber ohne zu prahlen, ich sehe nicht älter aus als ... na sagen wir knappe vierzig«, sagte Tom und lächelte. Auch Draco grinste. Harrys Miene blieb noch immer ängstlich, aber er schien sich langsam zu entspannen.
»Nun du musst wissen, Zauberer und Hexen werden ohnehin viel älter als Muggel, das liegt an der Magie in unseren Adern, aber ich altere noch deutlich langsamer, als gewöhnlich, denn ich bin ein Vampir«, sofort zuckte Harry heftig zurück und schien nach einem Ausweg zu suchen. Draco griff, ohne darüber nachzudenken, nach dessen Hand und statt zurückzuschrecken, schien es Harry zu beruhigen.
»Du musst keine Angst haben, wirklich nicht. Tom ist kein normaler Vampir, also nicht so einer, wie aus den Märchen der Muggel«, sagte Draco ruhig.
»Draco hat recht. Ich bin ein sogenannter Tagvampir oder weißer Vampir«, sofort blickte Harry auf. Davon hatte er gelesen, in dem Buch, welches ihm Regulus gegeben hatte.
»Ah ich sehe, die Begriffe sind dir nicht fremd. Also normale Vampire, wie du sie vielleicht kennst, existieren nicht so, wie man sich erzählt. Ja, sie trinken Blut, aber sie müssen es nicht unbedingt, es macht sie aber stärker. Sie sind, schnell, sehr stark, schwer zu töten und leben extrem lange. Sie zerfallen im Sonnenlicht nicht zu Staub, aber die Sonne beeinflusst ihre Kräfte. In der Nacht und im Schein des Mondes sind sie stärker, daher halten sie sich lieber im Dunkeln auf. Ein Tagvampir hat genau die gleichen Kräfte, wie ein Nachtvampir, mit dem Unterschied, dass wir im Sonnenlicht stärker sind und nachts nicht so gut sehen können, wie die anderen. Kommst du soweit mit?«, wollte Tom nun sanft wissen. Wieder nickte Harry und legte dann fragend den Kopf schief. Tom lächelte, er ahnte, was dem Jungen durch den Kopf ging.
»Du willst wissen, wie das passiert ist?«, wieder ein Nicken.
»Ich war gerade 18 Jahre alt und ging nach Hogwarts und ich hatte einen Freund. Er hieß Ian und ging wie ich nach Slytherin ...«
Rückblick
Hogwarts – Februar 1945
»Und was sagst du?«, Tom Riddle sah seinen Freund fragen an.
»Ich weiß nicht Tom. Das könnte ziemlich gefährlich werden«, Ian kratzte sich nachdenklich am Kopf. Sie standen in dicke Mäntel gewickelt auf dem Astronomieturm und sahen zum verbotenen Wald hinüber, dessen Bäume mit Schnee bedeckt waren.
»Wenn wir unseren Abschluss haben, ist es zu spät. Nur einmal und was soll uns schon passieren, wir sind beide ziemlich gute Zauberer«, sagte Tom Riddle grinsend.
»Mhm ... du vielleicht und immerhin bist du Vertrauensschüler, wenn Slughorn das rauskriegt, dann ...«
»Keiner wird etwas merken ... du vertraust mir doch?«, Tom ging näher und senkte seine Lippen auf die des anderen.
»Ja, natürlich«, seufzte Ian, als sie den Kuss gelöst hatten.
»Also heute Abend, wenn es dunkel wird, ziehen wir los. Ich will, solange ich hier bin, wenigstens ein Einhorn sehen«, sagte Tom und zog Ian mit sich wieder ins Innere des Schlosses.
Am Abend, als es im Schloss ruhiger wurde, schlichen zwei Jungen an den Mauern entlang, hinunter zum Verbotenen Wald. Tom sah zu Ian, der noch immer nicht überzeugt war, dass dies eine gute Idee war.
»Nun schau nicht so, es wird alles gut gehen, aber wenn du wirklich nicht willst, dann müssen wir es nicht tun«, Ian sah zu Tom und schüttelte den Kopf.
»Hey, ich vertraue dir, also los!«, sagte er, griff nach der Hand seines Freundes und gemeinsam betraten sie den Wald. Mit ihren Zauberstäben leuchteten sie, denn ohne das Licht des Mondes, welches bis hier nicht reichte, war es beinahe stockdunkel. Unheimliche Geräusche, das Knacken von Ästen und das Rauschen des Windes in den Bäumen begleitete sie. Beide wagten es nicht, zu sprechen. Bis Tom plötzlich etwas sah.
»Da, schau nur!«, flüsterte er und wies einige Meter vor sie. Tatsächlich verschwand gerade etwas Leuchtendes zwischen den Stämmen zweier mächtiger Bäume.
»Das muss eines sein! Komm...«, rief er Ian zu und rannte bereits voraus.
»Tom, warte doch«, Ian versuchte, seinem Freund zu folgen, aber dieser war bereits außer Sicht, als der junge Mann plötzlich einen Schrei und einen dumpfen Schlag hörte.
»Tom!!«, schrie er und rannte in die Richtung, in der er den anderen vermutete. Gerade noch rechtzeitig konnte er stoppen. Er stand unvermittelt an einer Art Klippe, wie tief es hinunter ging, konnte Ian nicht sagen.
»Tom! Tom, wo bist du?«, rief er in die Dunkelheit. Anfangs hörte er nichts, dann aber glaubte er, ein Stöhnen zu hören. Ian schloss die Augen und sammelte seine Kräfte, was in der Dunkelheit nicht so einfach war. Er wusste, dass ein Sprung ihn ihm hellen ohne Weiteres geglückt wäre, aber nachts, war es auch für ihn nicht ungefährlich. Aber wenn er Tom retten wollte, dann ging es nicht anders. Er schloss die Augen, nahm Anlauf und sprang. Sein Fall dauerte länger, als er geglaubt hatte, aber plötzlich landete er sicher auf der Erde. Sofort ließ er seinen Zauberstab wieder erleuchten und suchte den Boden ab.
»Tom!«, keuchte er, als er den anderen auf der Erde liegend fand. Tom Riddle, war blass und rührte sich kaum noch. Ian kniete sich zu ihm und strich seinem Freund über die Wange.
»Tom, komm schon. Mach die Augen auf«, flehte er unter Tränen, doch der andere reagierte nicht. Seine Atmung war nur schwach und Ian wusste, dass Tom lebensgefährlich verletzt war. Der Rand der Klippe ragte gute 30 Meter über ihnen in die Landschaft. Das der andere überhaupt noch am Leben war, war ein Wunder.
»Er stirbt«, kam es plötzlich von hinter Ian. Der junge Mann fuhr herum. Ein Zentaur stand vor ihm und betrachte Tom.
»N-nein er darf nicht sterben. Ich muss Hilfe holen...«, schluchzte Ian.
»Ihr seid Schüler, oben im Schloss?«
»J-Ja, bitte tun Sie uns nichts ... es war keine Absicht.«
»Ich tu euch nichts, aber der Junge wird sterben. Ich kann dich zurückbringen, aber ihn müssen wir dem Wald überlassen!«, sagte der junge Zentaur ernst.
»NEIN!«, schrie Ian und seine Augen nahmen für einen Moment ein tiefes Rot an. Der Zentaur schien nicht überrascht.
»Nun gut, dann rette ihn. Du weißt wie«, sagte er ruhig. Ian sah wieder zu Tom.
»D-Das kann ich nicht. Er würde mich hassen.«
»Würde er das? Aber gut, dann lass ihn sterben. Bevor Hilfe kommt, ist er längst tot. Du musst dich entscheiden«, sagte der Zentaur. Ian war in Tränen aufgelöst, aber er wusste, dass der Fremde recht hatte. Tom würde sterben, wenn er ihm jetzt nicht half. Auch wenn er ihn dann hassen würde, immerhin wäre er am Leben. Er beugte sich über Tom und flüsterte: »Verzeih mir!«, dann schlug er seine Zähne in das Fleisch seines Geliebten.
»E-Es dauerte eine Weile, bis es wirkt«, schluchzte er, als er sich zurückgezogen hatte.
»Du bist ein Tagvampir, nicht wahr?«, wollte der Zentaur wissen. Ian nickte matt.
»Nun gut, dann werde ich euch wärmen, bis der Tag anbricht«, sagte der Zentaur und legte sich neben Tom. Ian tat es ihm nach und wärmte so seinen Freund zusätzlich.
»Wie heißen Sie eigentlich?«, wollte er wissen, kurz bevor er einschlief.
»Firenze, mein Name ist Firenze«, sagte der Zentaur.
»Danke, Firenze«, sagte Ian und sank in einen tiefen Schlaf.
Rückblick Ende
»...als ich am nächsten Morgen erwachte, war Firenze bereits nicht mehr da. Ich war geheilt, aber zu dem Preis, ab jetzt ein Tagvampir zu sein. Natürlich hasste ich Ian nicht dafür. Er hatte mein Leben gerettet und ich liebte ihn. Wir kehrten in die Schule zurück, wo wir bereits gesucht wurden. Natürlich erzählten wir niemandem, was geschehen war, aber Dumbledore, der damals Lehrer war, ahnte, was geschehen war. Er sagte es uns auf den Kopf zu und so konnten wir es nicht verleugnen. Dass Ian ein Vampir war, wussten bisher nur die Lehrer, denn auch unter den Zauberern herrschte damals Angst vor diesen. Dabei taten sie nie jemandem etwas, alle Taten, die man ihnen anlastete, hatten Muggel begangen. Ich brauchte eine Weile, um mich an meine neuen Kräfte zu gewöhnen, aber ich mochte es und ich liebte Ian, mehr als mein Leben. Nach Ende der Schule blieben wir zusammen und dann ...«, Tom schluckte schwer und stand auf.
»Ein Jahr nachdem wir unseren Abschluss hatten, lebten wir gemeinsam in einem kleinen Dorf, außerhalb von London. In der Gegend hatten Wölfe über Nacht mehrere Schafe gerissen. Die Leute aber glaubten nicht an Wölfe, sondern an Vampire. Eine der Frauen hatte Ian, mit roten Augen gesehen. Wir hatten immer aufgepasst, aber es war nicht genug. Sie kamen in der Nacht und ... und sie töteten Ian. Ich konnte gerade rechtzeitig disapparieren. Später am Tag kehrte ich zurück und holte seine Leiche aus dem Haus. Ich begrub ihn am Meer auf einer Klippe, die er so liebte. Ich wollte alle Muggel in diesem Dorf töten, aber das hätte alles nur schlimmer gemacht, also entschloss ich mich dafür zu kämpfen, dass magische Wesen und Menschen gemeinsam leben konnten und dann geriet alles außer Kontrolle. Ian und ich versprachen uns, den anderen nie im Stich zu lassen. Es kam mir so vor, als hätte ich mein Versprechen gebrochen. Ich vermisse ihn jeden Tag bis heute, aber inzwischen habe ich Menschen in meinem Leben, die mir etwas bedeuten – eine Familie. Ich weiß, es ist alles sicher sehr verworren, aber Harry auch du bist nun Teil dieser Familie. Ich habe deine Eltern nicht getötet, aber ich fühle mich schuldig, aber wenn ich es gut machen kann, indem ich dich beschütze, dann will ich das tun. Bist du damit einverstanden?«, Tom war wieder näher gekommen und sah Harry fragend an.
Dieser sah zu Draco, der traurig lächelte. Zögernd stand Harry auf und ging auf Tom zu. Vor ihm stand der Mann, von dem er bis vor Stunden noch geglaubt hatte, dass er der Mörder seiner Eltern wäre und auch ihm nach dem Leben trachtete. Nun hatte dieser ihn in seine Familie aufgenommen, ihm versprochen ihn zu beschützen und auch wenn Harry alles Vertrauen in Erwachsene verloren hatte, so war es bei Tom plötzlich etwas anderes. Er wusste nicht warum, aber er vertraute dem Mann blind. Als er nur noch wenige Zentimeter entfernt war, blieb Harry stehen. Tom, der über 1 Meter 90 groß war, ging in die Hocke, um dem Kind in die Augen sehen zu können.
»Vertraust du mir?«, wollte er leise wissen. Harry schluckte schwer, nickte aber, ging noch näher und legte dem Mann seine Arme um den Hals. Tom war anfangs vollkommen überrascht, aber dann drückte er Harry, welcher inzwischen weinte sanft an sich und das erste Mal in all den Jahren, tröstet den Jungen jemand und gab ihm das Gefühl endlich sicher zu sein.
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